Rechtsbericht | Philippinen | Arbeitsrecht
Arbeitsrecht
Das philippinische Arbeitsrecht ist umfänglich geregelt und gilt als relativ arbeitnehmerfreundlich. Das Zusammenspiel der Vorschriften ist aber teilweise komplex.
04.10.2023
Von Dr. Marian Majer (Rödl & Partner) | Manila
Vergütung: Wird überwiegend vom Arbeitgeber festgesetzt, sofern die Mindestlohnvorschriften eingehalten werden. Grundsätzlich besteht Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt bei sogenannten "Rank and File" Mitarbeitenden. |
Mindestlohn: Wird von den Regional Tripartite Wages und Productivity Boards festgelegt und hängt von der jeweiligen Region, bestimmten Sektoren und gegebenenfalls der Anzahl der Mitarbeitenden der jeweiligen Firma ab. |
Wochenarbeitszeit: bis zu sechs Arbeitstage zu je acht Stunden. |
Zulässige Überstunden: Es gibt keine gesetzliche Obergrenze, aber eine höhere Entlohnung ist verpflichtend: Lohn plus mindestens 25 Prozent davon; an Ruhe-, Feier- und Spezialfeiertagen: regulärer Lohn plus mindestens 30 Prozent. |
Gesetzliche Feiertage: Die Feiertage werden auf Grundlage des Labor Code jedes Jahr durch Proklamation des Präsidenten festgelegt. Dabei ist zwischen regulären Feiertagen und sogenannten Special Less-Working Days zu unterscheiden. Hinzu kommen regionale und örtliche Feiertage. |
Urlaubsanspruch: Laut Gesetz sind nach einem Jahr Firmenzugehörigkeit fünf Tage Service Incentive Leave zu gewähren; in der Praxis sind es jedoch häufig bis zu 15 Tage. |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Außerhalb des Service Incentive Leave besteht kein gesonderter Anspruch auf bezahlte Krankheitstage; in der Praxis wird häufig ein höherer Anspruch gewährt. Ein Tagegeld bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Unfall kann von Arbeitnehmenden beim Social Security System beantragt werden. |
Probezeit: grundsätzlich maximal sechs Monate. |
Renteneintritt: mit Erreichung des 65. Lebensjahres (optional nach dem 60. Lebensjahr). |
Rentenvorsorge: Zusätzlich zur Rentenvorsorge des Social Security System und sofern keine tarifrechtlichen Sonderregelungen bestehen, haben Arbeitnehmende bei Renteneintritt gegen Arbeitgebende einen Anspruch auf mindestens ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Der Anspruch hängt zusätzlich von der Größe der Firma und teilweise dem Wirtschaftssektor ab. |
Bezahlter Mutterschaftsurlaub: 105 Tage, plus 15 Tage bei Alleinerziehenden; bei einer Fehlgeburt 60 Tage; optional 30 Tage unentgeltlich. |
Vaterschaftsurlaub: Sieben Tage für den zusammenlebenden Ehemann bei der Geburt der ersten vier Kinder. |
Erziehungsurlaub: Sieben Tage für Alleinerziehende und andere spezielle Personengruppen. |
Rechtsgrundlagen
Die Philippinen haben ein umfangreiches und umfassendes Arbeitsrecht, das im Kern im Arbeitsgesetzbuch der Philippinen von 1974 geregelt ist. Am 12. April 2023 erließ das Arbeitsministerium ein Rechtsinstrument zur Änderung der Regeln für die Anwendung von Arbeitsnormen.
Ergänzt wird das Arbeitsgesetz durch eine Vielzahl von Spezialgesetzen und (Verwaltungs-)Bestimmungen – beispielsweise zu Lohnfortzahlung, Mindestlohn, Arbeitssicherheit, Sozialabsicherung, Rentensystem, Gesundheitsversorgung und Streitbeilegung. Am 1. Juni 2018 ist das deutsch-philippinische Sozialversicherungsabkommen in Kraft getreten. Es betrifft vornehmlich kollisionsrechtliche Regelungen zur Koordination von Rentenversicherungsangelegenheiten mit parallelen Anknüpfungspunkten zu beiden Staaten. Grundsätzlich gelten danach die Rechtsvorschriften desjenigen Staates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird.
Im internationalen Vergleich werden die arbeitsrechtlichen Regelungen der Philippinen als "arbeitnehmerfreundlich" eingeordnet. Das Zusammenspiel zwischen rechtlichen Mindestvorschriften, behördlichen Befugnissen und Streitbeilegungsmechanismen ist komplex. Vor allem bei Kündigungsfragen ist eine professionelle Rechtsberatung notwendig.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Die normale Arbeitszeit darf acht Stunden pro Tag nicht überschreiten (Art. 83 Arbeitsgesetzbuch), wobei eine Ruhepause von mindestens 60 Minuten einzuhalten ist (Art. 85 Arbeitsgesetzbuch). Für Fachkräfte im Gesundheitswesen, die in Städten mit mindestens einer Million Einwohnern arbeiten, gelten besondere Vorschriften. Nach sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen ist eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden zu gewähren (Art. 91 Arbeitsgesetzbuch). Die gesetzlich maximale Wochenarbeitszeit beträgt 48 Stunden. In speziellen Fällen und unter speziellen Voraussetzungen kann zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden ein "Flexible Work Arrangement" vereinbart werden, welches eine höhere Tagesarbeitszeit auf eine verkürzte Arbeitswoche verteilt.
Überstunden sind zulässig. Sofern anwendbar, beträgt der Überstundenzuschlag 25 Prozent des regulären Arbeitslohns (Art. 87 Arbeitsgesetzbuch). Bei der Arbeit an Ruhe- oder Feiertagen hat in der Regel eine Überstundenvergütung von zusätzlich 30 bis 50 Prozent zu erfolgen (Art. 93 Arbeitsgesetzbuch). Wird zwischen 22 und 6 Uhr gearbeitet, ist ein Nachtarbeitszuschlag von 10 Prozent zu leisten (Art. 86 Arbeitsgesetzbuch). Üblicherweise wird für Büroangestellte eine 40 Stundenwoche (Montag bis Freitag) vereinbart.
Der Mindestanspruch auf bezahlte Urlaubs- und Krankheitstage beträgt bei einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr fünf Tage. In den Arbeitsvereinbarungen gewähren Arbeitgebende mit Zusatzleistungspakten in aller Regel höhere Ansprüche.
Die Arbeitsbedingungen finden nur auf reguläre Arbeitnehmende Anwendung. Spezielle Beschäftigtengruppen sind von einigen Mindestvorschriften ausgenommen. In anderen Fällen sind die Anforderungen nur auf bestimmte Sektoren oder ab einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitenden anwendbar.
Der philippinische Gesetzgeber ebnete durch den am 26. Januar 2019 in Kraft getretenen Telecommuting Act den Weg für privatrechtliche Arbeitsbestimmungen, die den Mitarbeitenden die Arbeit von alternativen Arbeitsplätzen ermöglichen. Solche Mitarbeitenden dürfen gegenüber jenen, die ihre Arbeit vom Firmenbüro aus erbringen, nicht diskriminiert werden.
Vertragsabschluss
Im philippinischen Arbeitsrecht gibt es keine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung über die Notwendigkeit eines schriftlichen Arbeitsvertrags. Dementsprechend ist ein Arbeitsvertrag unabhängig davon, ob er mündlich oder schriftlich geschlossen wurde, gültig, sofern er die wesentlichen Voraussetzungen der Zustimmung, des Zwecks und des Grundes erfüllt. Den Vertragsparteien steht es im Allgemeinen frei, die Vertragsbedingungen auszuhandeln, vorausgesetzt, sie entsprechen den gesetzlichen Mindeststandards und sind nicht ungünstiger als die im Arbeitsgesetzbuch vorgeschriebenen. Das Gesetz schreibt nicht vor, dass die Verträge in einer bestimmten Sprache abgefasst sein müssen.
Grundsätzlich zielt der Labor Code auf eine gesicherte Festanstellung ab. Es gelten daher verhältnismäßig restriktive Kündigungsbedingungen, weshalb meist eine Probezeit vereinbart wird. Diese darf grundsätzlich einen Zeitraum von sechs Monaten ab Arbeitsbeginn nicht überschreiten (Art. 296 Arbeitsgesetzbuch).
Innerhalb der Probezeit ist eine vereinfachte Kündigung des Arbeitsverhältnisses beidseitig möglich. Allerdings müssen den Mitarbeitenden spätestens bei Abschluss des Arbeitsvertrags, die während der Probezeit an sie zu stellenden Erwartungen genannt werden. Eine Verfehlung dieser Anforderungen ermöglicht die vereinfachte Kündigung. Erfolgt keine Kündigung während der Probezeit und erlaubt der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden nach Ablauf der Probezeit weiterzuarbeiten, ist die Person als festangestellt zu betrachten.
Vertragsbeendigung
Üblicherweise können reguläre Arbeitsverträge nur dann vom Arbeitgeber gekündigt werden, wenn ein gesetzlich vorgesehener Grund vorliegt (Art. 294, 297 Arbeitsgesetzbuch). Im Allgemeinen hängt ein solcher Grund mit dem Verhalten des Arbeitnehmers zusammen, wie vorsätzlicher Ungehorsam, Fahrlässigkeit oder Betrug. Es gibt jedoch auch sogenannte "Authorized Cause", die ebenfalls im Gesetz vorgesehen sind (Art. 294, 298, 299 Arbeitsgesetzbuch). Solche Kündigungsgründe sind in der Regel betriebsbedingte Gründe oder besondere Krankheitsgründe. In solchen Fällen muss dem Arbeitnehmer eine Entschädigung von mindestens einem halben bis einem vollen Monatsgehalt pro Dienstjahr gezahlt werden. Eine Kündigung ohne Erklärung oder ohne Vorliegen des gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsgrundes ist unzulässig.
Neben dem Vorliegen eines gültigen Rechtsgrundes für die Vertragskündigung müssen bestimmte verfahrensrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, da dies sonst zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen kann.