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Wirtschaftsumfeld | Malaysia | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Auf dem Weg zum Hocheinkommensland muss Malaysia neue Wege finden, um die benötigten Fachkräfte zu finden.

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

Die konjunkturellen Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt in Malaysia bleiben positiv, obwohl auch dort die Unsicherheit aufgrund der globalen Verwerfungen zunimmt. Im Jahr 2024 soll das Bruttoinlandsprodukt um 4,5 bis 5,0 Prozent zulegen. Die offizielle Arbeitslosenquote soll auf 3,4 Prozent zurückgehen. Im Jahr zuvor lag sie bei 3,6 Prozent.

Anfang 2024 stieg die Zahl der Beschäftigten auf knapp über 17 Millionen. Insgesamt gibt es etwa 24,5 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren in dem südostasiatischen Land. Größter Arbeitgeber ist traditionell der Dienstleistungssektor mit rund 65 Prozent der Beschäftigten - vor allem im Handel, bei Hotels und Restaurants und im Informations- und Kommunikationssektor -, gefolgt von der verarbeitenden Industrie mit knapp 17 Prozent. Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei beschäftigt ein Zehntel und die Bauwirtschaft 8 Prozent der arbeitenden Bevölkerung.

Fachkräftemangel, aber gleichzeitig zu wenig anspruchsvolle Arbeitsplätze

Unternehmen klagen schon seit einigen Jahren über Engpässe bei der Personalrekrutierung im mittleren und oberen Management. Dasselbe gilt für technische Professionen, vor allem für Arbeitskräfte mit Berufserfahrung, beispielsweise Ingenieure, Techniker, EDV- und Automatisierungsspezialisten sowie Produkt- und Designentwickler. Insbesondere in den Bereichen Finanztechnologie, App-Entwicklung und E-Commerce, die in den nächsten Jahren noch stärker wachsen dürften, suchen Unternehmen Fachkräfte.

Es ist Ziel der Regierung, die Produktivität im Land zu steigern und mehr Wertschöpfung zu generieren. Daher fördert sie die Ansiedlung höherwertiger Produktionen. Dienstleistungen und wissensbasierte Branchen gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Dafür werden qualifizierte Arbeitskräfte im Land benötigt. 

Malaysia ist allerdings Nettoexporteur von höher qualifizierten Arbeitskräften. Circa 1,9 Millionen malaysische Personen arbeiten im Ausland, davon 1,1 Millionen in Singapur. Ihnen standen Mitte 2023 rund 250.000 in Malaysia lebenden Expatriates (Expats) gegenüber. Aktuell müssen Expats ein monatliches Mindesteinkommen von 5.000 Malaysische Ringgit (rund 1.100 US-Dollar) verdienen, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.

Schon seit vielen Jahren ist der sogenannte "Brain-Drain", also die Abwanderung von gut ausgebildeten Arbeitskräften ins Ausland, ein Problem in Malaysia. Ursprünglich waren es vor allem Studierende aus den chinesisch- und indischstämmigen Minoritäten, die wegen der malaysischen Bumiputera-Politik (siehe Infobox) zum Studium ins Ausland gingen. Viele kommen nicht nach Malaysia zurück. Schuld daran ist die Diskriminierung, der sie sich dort ausgesetzt fühlen. Neuerdings wandern jedoch selbst Bumiputera ins Ausland ab, vor allem ins Nachbarland Singapur. Dort erhalten sie für die gleiche Arbeit eine deutlich bessere Entlohnung.

Im Rahmen der Bumiputera-Politik werden malaysische Ureinwohner (Malaien, Orang Asli und diverse andere ethnische Volksgruppen), sogenannte Bumiputera, positiv diskriminiert. Das heißt, sie werden in allen Bereichen des öffentlichen Lebens bevorzugt und erhalten zum Beispiel vereinfachten Zugang zu Universitäten, Bevorzugung bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst oder mehr Wohngeld. 

Neben dem Fachkräftemangel gewinnt ein weiteres Problem in Malaysia immer mehr an Bedeutung. Das Land strebt bereits seit mehreren Jahren an, in die Gruppe der "Hocheinkommensländer" vorzustoßen. Eine Studie von März 2024, die im Auftrag des Khazanah Research Institute erstellt wurde, legt nahe, dass dies unter anderem deshalb nicht gelinge, weil nicht genug Arbeitsplätze im Hocheinkommenssegment entstünden.

Die Zahl sogenannter "skilled-jobs" legte 2022 nur noch um 29,5 Prozent zu, während der Zuwachs 2016 noch 49,8 Prozent betragen hatte. Ihr Anteil am gesamten Arbeitsplatzangebot ist seit Jahren rückläufig. Zwischen 2015 und 2022 lag er gerade einmal bei 25 Prozent. 

Tatsächlich ist Malaysia für sehr arbeitsintensive Industrien am untersten Ende der Wertschöpfungskette zu teuer geworden, so dass diese in kostengünstigere Nachbarländer abwandern. Stattdessen dominieren Arbeitsplätzen im mittleren Einkommenssegment den Arbeitsmarkt und davon werden immer mehr geschaffen.

Niedriglohnsektor ist auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen

Aber auch am unteren Ende der Lohnskala - im Bausektor, auf den Plantagen und an den Industriefließbändern - besteht teilweise Arbeitskräfteknappheit. Die malaysische Bevölkerung ist immer weniger bereit, schweißtreibende und gering bezahlte Tätigkeiten zu übernehmen. Gastarbeitende aus den Nachbarländern füllen diese Lücke. Sie stammen überwiegend aus Indonesien, aber auch Nepal, Bangladesch und Myanmar. Der größte Teil ist mit 36 Prozent in der verarbeitenden Industrie tätig. Darüber hinaus beschäftigt die Baubranche 20 Prozent und die Plantagenwirtschaft 15 Prozent. Ein wichtiger Arbeitgeber ist auch der Dienstleistungssektor und dort vor allem die Gastronomie. 

Die Zahl der registrierten Gastarbeiter liegt bei circa 2 Millionen. Nach Schätzungen des Arbeitgeberverbandes Malaysian Employers Federation (MEF) gibt es aber mehrere Millionen, die nicht erfasst sind. Auf jeden registrierten Gastarbeiter sollen etwa zwei bis zweieinhalb Unregistrierte kommen. Das würde bedeuten, dass etwa 6 Millionen Gastarbeiter im malaysischen Niedriglohnsektor arbeiten.

Weniger Geringqualifizierte gewünscht

Die Regierung versucht seit Jahren, den Zustrom der geringqualifizierten Gastarbeiter zu drosseln und zu lenken. Sie möchte deren Tätigkeit vorwiegend auf die Bau- und Plantagenwirtschaft beschränken. Schätzungsweise knapp ein Drittel der Erwerbspersonen in Malaysia sind ausländische Arbeitskräfte. Ziel ist es, ihren Anteil auf 20 Prozent zu drücken. Daher hat die Regierung ein sogenanntes "One Stop Centre" eingerichtet. Seit April 2017 müssen ausländische Arbeitskräfte ihre Anträge über das Online-System stellen.

Die meisten Antragstellenden sind schlecht ausgebildet. Das steht dem Wunsch der Regierung nach einer höheren Produktivität im Weg. Sie argumentiert, die Verfügbarkeit von kostengünstigen Arbeitskräften halte die Unternehmen davon ab, ihre Produktion zu automatisieren. Insbesondere die Branchen mit einem hohen Anteil an Fremdarbeitern, wie die Landwirtschaft und das Gastgewerbe, hinken bei der Produktivität noch hinterher.

Malaysia im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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