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Wirtschaftsumfeld | Ägypten | Währung

Ägyptisches Pfund wird weiter fallen

Noch immer zahlt der Schwarzmarkt mehr ägyptische Pfund pro US-Dollar als die Banken - und das trotz mehrerer Abwertungen.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Innerhalb eines Zeitraums von etwa einem Jahr hat die ägyptische Zentralbank dreimal die Landeswährung abgewertet. Trotzdem konnte der offizielle Umtauschkurs des ägyptischen Pfundes (EGP) nicht zum Schwarzmarktkurs aufschließen. Letzterer liegt bei 35 EGP bis 36 EGP zum US-Dollar (US$), während der offizielle Kurs seit einem Monat bei knapp 31 EGP geradezu festgenagelt ist.

Devisen existenziell für importabhängiges Ägypten

In der gegenwärtigen Devisenkrise sind diese unterschiedlichen Kursnotierungen problematisch. Zahlt nämlich der Schwarzmarkt mehr Pfund pro Dollar als die Banken, geschieht folgendes: Wer Devisen hat, behält sie und wartet auf fallende Kurse oder tauscht sie zu einem besseren Kurs auf dem Schwarzmarkt um. In beiden Fällen wird der Wirtschaft harte Währung entzogen, die Ägypten aber dringend benötigt, um seine Importe zu zahlen. Angesichts eines Handelsdefizits von regelmäßig 10 Prozent der Wirtschaftsleistung sind Importe und Devisen von existenzieller Bedeutung für die Versorgung der mittlerweile 104 Millionen Menschen in Ägypten.

Um den Schwarzmarkt auszutrocknen und an Dollar zu gelangen, ließ Ägyptens Zentralbank die oben genannten Abwertungen des Pfundes zu. Jedes Mal sank dessen offizieller Kurs, allerdings auch und etwas tiefer der Schwarzmarktkurs. Letzteres, weil die Zentralbanker nach jeder Abwertung ganz offensichtlich wieder die Kontrolle über den Wechselkurs übernommen haben. Das taten sie übrigens entgegen ihrer Zusage vom vergangenen Oktober, das Pfund den Kräften von Angebot und Nachfrage zu überlassen. Und schließlich, weil die Faktoren, die das Pfund zuvor schon geschwächt haben, auch nach jeder Abwertung fortwirken.

Gegenwind für das Pfund kommt aus mehreren Richtungen

Ein solcher Faktor auf der Nachfrageseite ist das Handelsdefizit. Dieses führt zu einer strukturellen Belastung des Pfundes, die sich infolge des Devisenmangels verschärft. Denn nun bleibt die hohe Nachfrage nach Dollar auch noch ungedeckt. Der Vertreter eines in Ägypten tätigen Logistikunternehmens berichtet, dass die Situation an den Häfen trotz einiger Fortschritte immer noch kritisch sei, der Abbau des Warenstaus nur schleppend vorankomme, da es immer noch an Devisen fehle, um importierte Waren zu bezahlen. Diese stapeln sich nun seit circa einem Jahr an den Häfen Ägyptens. In der Folge fehlt es der Wirtschaft vom Vorprodukt bis zur Maschine an nahezu allem. Betroffen sind aber auch ausländische, unter anderem deutsche Lieferanten. Diese warten zum Teil seit fast einem Jahr auf ihr Geld und denken nun laut darüber nach, den ägyptischen Markt zu verlassen.

Auf der Angebotsseite setzten die Leitzinserhöhungen der US-amerikanischen Notenbank das ägyptische Pfund unter Druck. Mit ihrer geldpolitischen Straffung verknappen die Währungshüter aus Washington das Angebot an Dollar, das gegenüber dem Pfund immer stärker wird.

Nächste Abwertung wahrscheinlich nach Ramadan

Schließlich gibt es noch einen psychologischen Faktor, der das Pfund schwächt. Der Markt glaubt trotz anderslautender offizieller Aussagen gerade nicht an einen freien Wechselkurs. Mit dieser Wahrnehmung verbindet sich die Erwartung einer erneuten Abwertung - voraussichtlich jedoch erst nach Ende des Ramadan. Jetzt käme eine Abwertung mit ihren preistreibenden Effekten zur Unzeit. Erstens, weil während des Fastenmonats die Verbraucherpreise schneller als üblich steigen; zweitens, weil Ausgangspunkt weiterer Preisanstiege eine Inflation ist, die im vergangenen März fast 33 Prozent betrug.

Die Frage einer erneuten Abwertung ist daher nur noch eine des "Wann" und "Wie", aber keine des "Ob". Denn die Wahrnehmung des Marktes, das ägyptische Pfund werde nicht frei gehandelt, trifft zu. Dafür reicht ein Blick auf das Kurvendiagramm zur Wertentwicklung der Währung. Es zeigt eben nicht die übliche Kurve mit dem hektischen Zickzackmuster, sondern gleichmäßige, horizontale und diagonale Linien, die sich zu Stufen formieren. Ein solcher Verlauf wirkt unnatürlich und, bezogen auf die Echtheit der Kursfreigabe, unglaubwürdig.

Damit dürfte Ägypten auch über Kreuz mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) liegen. Ausweislich der Bedingungen für den Ende 2022 zugesagten Hilfskredit von 3 Milliarden US$ fordert der IWF eine vollständige Kursfreigabe. Da die Summe in mehreren Tranchen ausgezahlt werden soll, prüft der Fonds vor jeder Auszahlung die Einhaltung der Kreditbedingungen. Im Bewusstsein der sozialen Kosten einer vollständigen Liberalisierung des Wechselkurses wird der IWF das ägyptische Vorgehen wohl tolerieren und Ausnahmetatbestände in den Kreditbedingungen weit auslegen.

Silicon Valley Bank und Credit Suisse ziehen Kreise bis nach Ägypten

Jenseits der Diagrammschau gibt es noch inhaltliche Gründe, die gerade jetzt eine Überbewertung des ägyptischen Pfundes nahelegen. Dessen offizieller Umtauschkurs von circa 31 EGP hat sich auch im Zuge der jüngsten Bankenkrise in den USA und in Europa nicht verändert - soll heißen, dass Ägypten die Pleite beziehungsweise Übernahme der Silicon Valley Bank und Credit Suisse geradezu abgeschüttelt hat. Das ist aber unwahrscheinlich, handelt es sich doch in erster Linie um eine Vertrauenskrise, die Schwellenmärkte üblicherweise als erste zu spüren bekommen.

In derartigen Krisen kehren Investoren den Ländern den Rücken, die als riskant gelten. Ägypten ist ein solches Land. Und so kam es im Zuge der Bankenkrise zu einem Ausverkauf ägyptischer Staatsanleihen. In dessen Folge die Kosten stiegen, um Schulden des ägyptischen Staates gegen Zahlungsausfall zu versichern ("credit default swabs"). Dabei haben die Kosten der Ausfallversicherung den Deckel durchbrochen, von dem an Schulden als notleidend gelten.

Da auf dem Kapitalmarkt gegenwärtig nichts für Ägypten zu holen ist, muss es jetzt umso schneller beim Beteiligungsverkauf der Staatsunternehmen gehen. Vor allem muss Saudi-Arabien seine Investitionszusage in Höhe von knapp 10 Milliarden US$ umsetzen. Das Königreich wartet derweil auf die nächste Abwertung.   

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