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Äthiopiens Bausektor hofft auf Aufschwung
Nach Jahren der Krise sind die Bauunternehmen in Äthiopien wieder optimistisch. Die Gründe dafür sind vielfältig.
24.11.2022
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Nach enttäuschenden letzten Jahren kann Äthiopiens Bausektor wieder etwas zuversichtlicher auf das Jahr 2023 blicken. Marktkenner gehen von einer Zunahme der Bautätigkeit in den kommenden Jahren aus. Dies ist erstaunlich angesichts der aktuell eher mittelprächtigen wirtschaftlichen Aussichten Äthiopiens. Jedoch räumt die Regierung insbesondere Straßen- und Wasserbauprojekten hohe Priorität ein und stattet das Budget dafür entsprechend aus.
Weiter verbessern könnten sich die Perspektiven, wenn das im November 2022 vereinbarte Ende des Krieges in Tigray sich als nachhaltig erweist. Dann dürfte auch der Weiterbau der Transportprojekte, welche den Norden des Landes mit der Hauptstadt Addis Abeba verbinden, wieder aufgenommen werden. Insgesamt ist der Bedarf an Gebäuden und Infrastruktur in dem mit etwa 110 Millionen Menschen von der Bevölkerung zweitgrößten Markt Afrikas riesig. Jährlich wächst die Bevölkerung in Äthiopien um fast drei Millionen Menschen.
Chancen für Ingenieurberater und Zulieferer
Auch wenn inzwischen chinesische Bauunternehmen den Bausektor dominieren, bestehen diverse Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Dies weniger als Baudurchführer, aber allemal als Ingenieurberater - wie zum Beispiel bei staatlichen Infrastrukturprojekten, die von westlichen Gebern finanziert werden.
Hinzu kommen Zulieferchancen für Produzenten von Baumaschinen, Werkzeugen, Baustoffen und Armaturen. Die Vertriebskanäle für Anbieter solcher Produkte sind in Äthiopien reguliert. Anders als in Kenia, wo sich auch international agierende Vertriebspartner ansiedeln können, müssen in Äthiopien Importeure in äthiopischem Eigentum sein. Doch deren Kapitalausstattung ist mitunter gering.
Devisenknappheit und Währungsverlust erschweren den Handel
Der Markt ist jedoch extrem schwierig. Die massive Devisenknappheit im Land zwingt die Zentralbank, Devisen nur noch für prioritäre Importgüter wie Nahrungsmittel oder Medikamente zu vergeben. Wer über gute Beziehungen in Regierungskreise verfügt, kann eventuell einen Vorteil bei der Devisenzuteilung haben. Erschwerend hinzu kommt der massive Wertverlust der äthiopischen Währung Birr. Diese hat in den letzten zwei Jahren (seit November 2020) im Vergleich zum US-Dollar fast 30 Prozent an Wert verloren, was Importe stark verteuert.
Das macht eine lokale Produktion umso attraktiver, insbesondere von Baustoffen, sofern die Vorprodukte in Äthiopien vorhanden sind. Dazu zählt die Produktion von Zement, Stahl, Glas, Dachkonstruktionen, bestimmter Kunststoffteile sowie Farben und Lacke. Für deutsche Unternehmen könnte sich unter Umständen eine lokale Beteiligung an einem Baustoffproduzenten lohnen. Im Jahr 2018 erwarb MC Bauchemie den Mehrheitsanteil an einem äthiopischen Baustoffhersteller.
Händler | Baumaschinenhersteller | Kurzbeschreibung des Händlers |
Hitachi, Atlas Copco, Metso | Gegründet 1957; äthiopisches Unternehmen | |
Ultimate Motors | Bomag | Seit 1997; gut etablierter Handelsvertreter von Baumaschinen |
Komatsu, Wirtgen | Gegründet 1959; ist auch der Toyota-Händler und damit der größte Kfz-Händler in Äthiopien; gehört zu 90% der britischen Inchcape | |
Hyundai, Ammann, Dressta | Gegründet 1961; nis vor kurzem Exklusivhändler für Caterpillar | |
Kerchanshe Equipment (Webseite im Aufbau) | Caterpillar | Hat seit 2022 den Vertrieb von Caterpillar von Resco übernommen; gehört zu Mantrac. |
Liebherr, Atlas Weycor | Äthiopischer Vertreter für Baumaschinen |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Äthiopien, Rubrik „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Staatlicher Infrastrukturbau könnte wieder zunehmen
Laut Informationen von Branchenexperten werden derzeit eine Menge staatlicher Infrastrukturprojekte ausgeschrieben, insbesondere der Bau von Straßen, Sozialwohnungen und Dämmen. Eines der gegenwärtig größten Straßenprojekte ist der Bau des Mojo-Hawassa Expressways. Ein Teilstück wird derzeit von einer südkoreanischen Firma gebaut. Die Straße soll zu einer Verbindung zwischen Addis Abeba und Nairobi (Kenia) ausgebaut werden.
Speziell in der Hauptstadt Addis Abeba boomt der Hochbau aufgrund der immensen Nachfrage nach Wohnraum. Vor den Toren der Stadt entstehen riesige Hochhaussiedlungen nach chinesischem Vorbild. Dies können sowohl staatliche, sogenannte Low-Cost-Housing Projekte sein als auch private Investitionen. In Addis Abeba will ein Entwickler aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem „La Gare“-Projekt in Luxusimmobilien investieren. Das Vorhaben umfasst mehrere tausend Wohneinheiten und wird auf 1,9 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Danakil-Potasche-Projekt könnte Schwung in den Bergbau bringen
Bislang keine wesentliche Rolle bei den Bauaktivitäten spielte der Bergbau. Das könnte sich jedoch ändern, wenn der geplante Danakil-Potasche-Abbau umgesetzt wird, verbunden mit reichlich Bedarf unter anderem an Erdbewegungsmaschinen. Gleichwohl ist der Konzessionär Circum Minerals derzeit noch auf der Suche nach Investoren. Eine kurzfristige Realisierung erscheint aufgrund des schwierigen Investitionsumfelds eher unwahrscheinlich.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
Neuer Flughafen von Addis Abeba in Bishoftu | 5.000 | Geplant seit 2020 | Ethiopian Airlines |
Ethiopia-Djibouti Gas Pipeline, Verflüssigungsanlage und LNG-Terminal in Dschibuti | 4.200 | Geplant; im September 2022 wurde Poly-GCL von der äthiopischen Regierung die Lizenz entzogen | Derzeit kein Konzessionär; Vergabe der Konzession durch Ministry of Mines |
Wasserkraftwerk Koysha (2.160 MW) | 2.800 | Im Bau; jedoch mit Verzögerungen aufgrund von Finanzierungsproblemen | |
Danakil Potash Project | 2.300 | Oktober 2021 neue Machbarkeitsstudie: "1. Phase für 430 Mio. US$", sonst kein Projektfortschritt | |
„La Gare“ Luxury Integrated Community Development | 1.900 | Projekt wurde 2018 beschlossen; verzögert sich aber seitdem u.a. wegen Zementmangels | |
Geothermiekraftwerk Tulu Moye (150 MW) | 600 | März 2022: EPC-Vertrag über Phase I (50 MW, 100 Mio. US$); Bau sollte im September 2022 starten | IPP-Projekt; IPP heißt TMGO; Anteilseigner sind Meridiam und Reykjavik Geothermal (RG) |
Urban Water Supply and Sanitation Project II | 523 | Ausschreibungsphase: Präqualifizierung für Hauptvertrag | |
Ausbau der Stromversorgung – Access to Distributed Electricity & Lighting in Ethiopia (ADELE) | 500 | 2021 wurde Finanzierung von der Weltbank bereitgestellt; Beschaffungen von Beratungsleistungen u.a. laufen; Fokus auf Solar Mini Grids | Ministry of Water, Irrigation and Electricity, Ethiopian Electric Utility (EEU) |
Geothermiekraftwerk Corbetti, Phase I (50 MW) | 200 | zuletzt kein Projektfortschritt; USAID erhofft Finanzierungsabschluss für Oktober 2022 | IPP-Projekt; Konzessionäre sind Berkeley Energy und Reykjavik Geothermal (RG) |
138 | Finanzierung durch African Development Bank (AfDB); April 2022: AfDB stellt weitere 55 Mio. US$ zur Verfügung | Ethiopian Electric Power (EEP) und Électricité de Djibouti (EdD) |
Chinesische Baufirmen dominieren den Sektor
In Äthiopien gibt es neben lokalen auch viele ausländische Bauunternehmen. Weil die chinesische Regierung zahlreiche Projekte finanziert hat, siedelten sich in den letzten Jahren einige chinesische Baufirmen dauerhaft an und dominieren inzwischen den Sektor. Baufirmen aus anderen Ländern kommen in der Regel auf Projektbasis nach Äthiopien, wie Yapi Merkezi (Türkei) für den Bau einer Bahnlinie oder Razel-Bec (Frankreich) für das EU-finanzierte Bus Rapid Transit-Projekt in Addis Abeba.
Die führenden äthiopischen Kontraktoren dominieren den Hochbau. Ihr Professionalisierungsgrad ist unterschiedlich ausgeprägt. Die professionellen Firmen kaufen gute Qualität ein, hier verfügen auch deutsche Zulieferer über Chancen. Ausländische Kontraktoren legen ebenfalls Wert auf Qualität. Sie können mitunter zollfrei Baumaschinen einführen, kaufen aber lieber lokal aufgrund des Instandhaltungsservice. Chinesische Baufirmen importieren fast alles aus China und kaufen nur im Ausnahmefall Gerät oder Material von internationalen Anbietern.
Bauunternehmen | Spezialisierung |
Hoch- und Tiefbau | |
Hochbau | |
Tiefbau | |
Tiefbau | |
Defense Construction Enterprise (DCE), staatlich | Hoch- und Tiefbau |
Ethiopian Construction Works Corporation (ECWC), staatlich | Tiefbau |
Oromia Roads Construction Enterprise | Tiefbau |
Hoch- und Tiefbau | |
Hochbau | |
Hochbau | |
Yencomad (Äthiopien) | Hoch- und Tiefbau |
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Außenwirtschaft | |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Wichtige Behörden | |
Ministry of Urban Development & Construction | Für den Infrastrukturausbau zuständiges Ministerium; vergibt Lizenzen an Baufirmen |
Zentrale Beschaffungsstelle der Regierung | |
Für Wasser und Energie zuständiges Ministerium | |
Ethiopian Railway Corporation (ERC) | Unter dem Ministry of Transport agierende Bahnbehörde |
Unter dem Ministry of Transport agierende Straßenbaubehörde | |
Unter dem Addis Ababa City Government operierende Straßenbaubehörde | |
Unter dem Addis Ababa City Government operierende Häuserbaubehörde | |
Messen | |
19.-21. Januar 2023; Millennium Hall, Addis Abeba; findet zum vierten Mal statt | |
18.-20. Mai 2023; Millennium Hall, Addis Abeba | |
Verband | |
Verband der Bauwirtschaft Äthiopiens |