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Äthiopiens Bausektor ist wieder optimistischer
Dynamik beim Bau von Infrastruktur und viele neue Wohnungen: Das sind einige der Gründe für das Wachstum in Äthiopiens Baubranche. Risiken bleiben aber.
22.05.2023
Von Carsten Ehlers, Ulrich Binkert | Nairobi, Bonn
Nach abgeschwächter Dynamik wegen Krieg und Corona blickt Äthiopiens Bausektor wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Der Marktforscher Fitch erwartet aktuell bis 2030 reale Wachstumsraten von jährlich etwa 7 Prozent. In den 2010er Jahren hatte die Branche sogar teils mit 30 Prozent und mehr zugelegt. Die Regierung räumt insbesondere Straßen- und Wasserbauprojekten hohe Priorität ein.
Deutlich verbessern könnten sich die Perspektiven, wenn das im November 2022 vereinbarte Friedensabkommen im Tigray-Krieg hält und die anderen Konflikte im Land nicht weiter hochkochen. Dann dürfte auch der Bau der Transportprojekte, die den Norden mit der Hauptstadt Addis Abeba verbinden, wieder aufgenommen werden.
Wichtig wäre eine wieder stärkere Unterstützung durch ausländische Geber, die zum Beispiel im Stromsektor geschätzt 80 Prozent der Investitionen finanzieren. China vergibt inzwischen deutlich weniger Kredite als noch vor zehn Jahren. Der Bedarf an Gebäuden und Infrastruktur ist riesig in Äthiopien - mit geschätzt 120 Millionen Menschen hat das Land die zweitgrößte Bevölkerung Afrikas.
Chancen für europäische Ingenieurberater
Auch wenn inzwischen chinesische Bauunternehmen sehr breit in Äthiopien vertreten sind, bestehen Geschäftsmöglichkeiten für europäische Unternehmen: etwa als Ingenieurconsultant bei staatlichen Infrastrukturprojekten mit Krediten westlicher Geber. So berät die dänische Firma Ramboll die Stadt Addis Abeba bei ihrem weltbankfinanzierten Transportplan.
Die Vertriebskanäle sind in Äthiopien auch für Anbieter von Baumaschinen, Werkzeugen, Baustoffen oder Armaturen reguliert. Während sich im Nachbarland Kenia international agierende Vertriebspartner ansiedeln können, müssen in Äthiopien Importeure in äthiopischem Eigentum sein. Deren Kapitalausstattung ist mitunter gering.
Devisenknappheit erschwert den Handel
Der Markt ist jedoch extrem schwierig. Die massive Devisenknappheit zwingt die Zentralbank, Devisen nur noch für prioritäre Importgüter wie Nahrungsmittel oder Medikamente zu vergeben. Wer über gute Beziehungen verfügt, kann eventuell einen Vorteil bei der Devisenzuteilung haben. Importe verteuerten sich zudem stark durch den Wertverlust der äthiopischen Währung. Der Birr ist in Euro weniger als zwei Drittel so viel wert wie vor drei Jahren, auf dem Schwarzmarkt eher ein Drittel. Andererseits erhält die Immobilienbranche Geld von vermögenden Äthiopiern, die ihr Geld wegen der Devisenbewirtschaftung nicht aus dem Land bekommen.
Die teuren Importe machen eine lokale Produktion umso attraktiver. Ein Beispiel dafür ist die Schweizer Sika AG, die seit 2017 in Äthiopien produziert. Die deutsche MC Bauchemie erwarb 2018 den Mehrheitsanteil an einem äthiopischen Baustoffhersteller. Allgemein jedoch sind deutsche Investoren in Äthiopien rar.
Händler | Baumaschinenhersteller | Kurzbeschreibung des Händlers |
Hitachi, Atlas Copco, Metso, Deutz, Yanmar | Gegründet 1957; äthiopisches Unternehmen | |
Bomag | Seit 1997; gut etablierter Handelsvertreter von Baumaschinen | |
Komatsu, Wirtgen, New Holland | Gegründet 1959; ist auch der Toyota-Händler und damit der größte Kfz-Händler in Äthiopien; gehört zu 90% der britischen Inchcape | |
Hyundai, Ammann, Dressta | Gegründet 1961; bis vor kurzem Exklusivhändler für Caterpillar | |
Caterpillar | Hat 2022 den Vertrieb von Caterpillar von Resco übernommen; gehört zu Mantrac | |
Liebherr, Atlas Weycor | Äthiopischer Vertreter für Baumaschinen |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Äthiopien, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Viele Infrastrukturprojekte in Ausschreibung
Laut Informationen von Branchenexperten werden derzeit viele staatliche Infrastrukturprojekte ausgeschrieben, insbesondere der Bau von Straßen, Sozialwohnungen und Dämmen. Das Straßennetz ist heute dreimal so lang wie noch 2010. Im Eisenbahnbau tut sich hingegen wenig, auch wenn das Netz laut Regierungsplan 2021-2030 kräftig wachsen soll. Die bestehende Bahnlinie von Addis Abeba nach Dschibuti wird bislang nur mäßig genutzt, und die Fertigstellung des Abzweigs nach Norden (Awash-Kombolcha) stockt seit Jahren.
Speziell in der Hauptstadt boomt der Hochbau aufgrund der immensen Nachfrage nach Wohnraum. Im Großraum Addis Abeba entstehen riesige Hochhaussiedlungen nach chinesischem Vorbild. Dies können sowohl staatliche, sogenannte Low-Cost-Housing Projekte sein als auch private Investitionen. Es gibt mehrere Luxus-Immobilienprojekte mit Investoren aus den Golfstaaten. Zuletzt kündigte im September 2022 die führende äthiopische Unternehmensholding Midroc das Mahmadya Residential Village für knapp 1 Milliarde US-Dollar (US$) an.
Bergbau quo vadis?
Die Stromwirtschaft baut Leitungen aus, der Bau großer Wasserkraftwerke hingegen ist vorerst weitgehend abgeschlossen (GERD am Blauen Nil) oder stockt wegen fehlenden Geldes (Koysha). Bislang keine wesentliche Rolle bei den Bauaktivitäten spielt der Bergbau. An der Grenze zu Eritrea gibt es mehrere Großvorhaben für den Abbau von Kali, deren Umsetzung jeweils Milliarden kosten würde. Investoren sind weiter gesucht, eine Realisierung erscheint allerdings wegen des schwierigen Umfelds vorerst eher unwahrscheinlich. Die besten Aussichten hat das Colluli Potash Project der Firma South Boulder, glaubt die deutsche Firma K-UTEC, die an Voruntersuchungen der Vorhaben beteiligt war.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Neuer Flughafen von Addis Abeba in Bishoftu | 5.000 | Finanzierungsexperten halten Projekt derzeit für unrealistisch | Ethiopian Airlines |
Kaliabbau in der Danakil-Senke | k.A. | Planung; mehrere Projekte interessierter Firmen: Circum (gut 2 Mrd. US$ Investition), Yara, South Boulder, Allana | Circum Minerals u.a.; K-UTEC an Voruntersuchungen beteiligt |
"La Gare" Luxury Integrated Community Development | 1.900 | Projekt wurde 2018 beschlossen; verzögert sich aber | |
Mahmadya Residential Village | 950 | Luxus-Wohn- und Handelskomplex; im September 2022 angekündigt | |
Straße Modjo-Hawassa | 700 | Zweites Teilstück im Bau (südkoreanisch finanziert) | |
Mesob Tower: Hotels, Malls etc. | 681 | MoU vom Mai 2022; Projektpartner noch gesucht | |
Geothermiekraftwerk Tulu Moye (150 MW) | 600 | Stand: "commercial close"; März 2022: EPC-Vertrag über Phase I (50 MW, 100 Mio. US$) | IPP-Projekt; IPP heißt TMGO; Anteilseigner sind Meridiam und Reykjavik Geothermal (RG) |
Urban Water Supply and Sanitation Project II | 523 | Beschaffungen laufen; Finanzierung: Weltbank u.a. | |
Ausbau der Stromversorgung – Access to Distributed Electricity & Lighting in Ethiopia (ADELE) | 500 | Beschaffungen laufen; Finanzierung: Weltbank; Fokus auf Solar Mini Grids | Ministry of Water and Energy, Ethiopian Electric Utility (EEU) |
Geothermiekraftwerk Corbetti, Phase I (50 MW) | 200 | zuletzt kein Projektfortschritt | IPP-Projekt; Konzessionäre sind Berkeley Energy und Reykjavik Geothermal (RG) |
Übertragungsnetze im Süden (420 km) | 178 | Finanzierung: Korean Exim Bank; Vergabe an Hyosung im September 2022 | Ethiopian Electric Power (EEP), Hyosung |
138 | Finanzierung: African Development Bank (AfDB); April 2022: AfDB stellt weitere 55 Mio. US$ zur Verfügung | EEP, Électricité de Djibouti (EdD) |
Chinesische Baufirmen dominieren den Sektor
In Äthiopien gibt es neben einheimischen auch viele ausländische Bauunternehmen. Weil die chinesische Regierung zahlreiche Projekte finanziert hat, siedelten sich in den letzten Jahren einige chinesische Baufirmen dauerhaft an. Unternehmen aus anderen Ländern kommen in der Regel auf Projektbasis nach Äthiopien, wie Yapi Merkezi (Türkei) für den Bau einer Bahnlinie oder Razel-Bec (Frankreich) für das EU-finanzierte Bus Rapid Transit-Projekt in Addis Abeba.
Die führenden äthiopischen Kontraktoren dominieren den Hochbau. Die professionellen Firmen kaufen gute Qualität ein, hier haben auch deutsche Zulieferer Chancen. Ausländische Kontraktoren legen ebenfalls Wert auf Qualität. Sie können mitunter zollfrei Baumaschinen einführen, kaufen aber lieber lokal aufgrund des Instandhaltungsservice. Chinesische Baufirmen importieren fast alles aus China und kaufen nur im Ausnahmefall Gerät oder Material von internationalen Anbietern.
Bauunternehmen | Spezialisierung |
Größte Bauunternehmen 1) | |
Hoch- und Tiefbau | |
Ethiopian Construction Works Corporation (ECWC), staatlich | Tiefbau |
China State Construction (CSCEC) | Hoch- und Tiefbau |
Tiefbau | |
China Jiangsu International Economic and Technical Cooporation Group | Tiefbau |
Hoch- und Tiefbau | |
Weitere Bauunternehmen 2) | |
Hoch- und Tiefbau | |
Hochbau | |
Tiefbau | |
Tiefbau | |
Defense Construction Enterprise (DCE), staatlich | Hoch- und Tiefbau |
Oromia Roads Construction Enterprise | Tiefbau |
Hochbau | |
Hochbau | |
Yencomad (Äthiopien) | Hoch- und Tiefbau |
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Außenwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Wichtige Behörden | |
Ministry of Urban Development & Construction | Für den Infrastrukturausbau zuständiges Ministerium; vergibt Lizenzen an Baufirmen |
Zentrale Beschaffungsstelle der Regierung | |
Ministry of Water and Energy | Für Wasser und Energie zuständiges Ministerium |
Ethiopian Railway Corporation (ERC) | Unter dem Ministry of Transport agierende Bahnbehörde |
Unter dem Ministry of Transport agierende Straßenbaubehörde | |
Addis Ababa City Roads Authority | Unter dem Addis Ababa City Government agierende Straßenbaubehörde |
Construction & Housing Development Office | Unter dem Addis Ababa City Government agierende Häuserbaubehörde |
Messen | |
22.-24. Februar 2024; Millennium Hall, Addis Abeba; findet zum fünften Mal statt | |
16.-18. Mai 2024; Millennium Hall, Addis Abeba | |
Verband | |
Verband der Bauwirtschaft Äthiopiens |