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Algerien priorisiert lokalen Ausbau der Nahrungsmittelproduktion

Die Importsubstitution in Algerien trägt Früchte. Die Nahrungsmittelproduktion steigt und es werden regelmäßig Projekte mit ausländischer Beteiligung angekündigt.

Von Verena Matschoß | Tunis

Die algerische Nahrungsmittelindustrie entwickelt sich weiter überdurchschnittlich gut. Laut Statistikbehörde ONS (Office National des Statistiques) hat der Sektor im Jahr 2023 besser abgeschnitten als die Gesamtwirtschaft. Die Wertschöpfung in der Nahrungsmittelindustrie stieg um 4,7 Prozent, während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um real 4,1 Prozent zulegte. Und im 1. Halbjahr 2024 wuchs die Nahrungsmittelproduktion um weitere 11 Prozent. Dies ist vor allem auf die positive Entwicklung in der Milchwirtschaft zurückzuführen, die um 28 Prozent anstieg, sowie auf die Futtermittelproduktion, die nach einem schwachen Vorjahr um 75 Prozent zulegte. Die Verarbeitung von Getreide ging hingegen um 3,6 Prozent zurück. 

Mit einer Bevölkerung von etwa 46 Millionen Einwohnern ist der lokale Absatzmarkt in Algerien relativ groß. Rund 40 Prozent der Ausgaben der algerischen Haushalte entfällt laut Schätzungen auf Nahrungsmittel. Die Algerier greifen meist zu Grundnahrungsmitteln, deren Preise subventioniert und staatlich festgesetzt werden. Aber auch die algerische Mitteklasse wird immer größer, womit höhere Ansprüche an Qualität und Verfügbarkeit der Produkte einhergehen.

Derzeit deckt Algerien noch einen großen Teil seines Bedarfs an Lebensmitteln über Importe. Vor allem Getreide, Zucker, Hülsenfrüchte und Milchprodukte müssen eingeführt werden. Insgesamt entfielen über 20 Prozent der Gesamtimporte Algeriens in den Jahren 2017 bis 2022 auf Lebensmittel.

Im algerischen Export spielen Nahrungsmittel hingegen kaum eine Rolle, nur 1 Prozent der Exporte entfielen im selben Zeitraum auf Nahrungsgüter.

Erschwernisse für die Nahrungsmitteleinfuhr

Algerien setzt viel daran, die hohe Importrechnung bei Lebensmitteln zu reduzieren. So gehört der Ausbau der lokalen Herstellung von Nahrungsmitteln seit Jahren zu den Prioritäten algerischer Regierungen. 

Im Rahmen der Importsubstitution gibt es Förderprogramme der Regierung für lokale Hersteller, aber auch Importbeschränkungen, die sich mitunter kurzfristig ändern. Für die Einfuhr von Produkten mit tierischem Ursprung ist eine Einfuhrgenehmigung erforderlich

Im Jahr 2023 wurden die Einfuhrregeln für halal-zertifizierte Nahrungsmittel geändert. So hat die algerische Regierung entschieden, nur noch Halal-Zertifikate des islamischen Instituts der Großen Moschee von Paris (GMDP) zu akzeptieren. Das Institut soll nun nicht nur Importe aus Frankreich sondern aus ganz Europa und langfristig aus der ganzen Welt zertifizieren. Für Unternehmen aus der EU bedeutet dies zusätzlichen Aufwand und Kosten.

Wegen seit 2021 bestehender Beschränkungen für EU-Ausfuhren und -Investitionen hat die EU-Kommission schließlich Mitte Juni 2024 ein Streitbeilegungsverfahren gegen Algerien eingeleitet. 

Bei Zucker strebt Algerien Eigenversorgung an

Insgesamt will die Regierung durch die Reduzierung der Importe 1,5 Milliarden US-Dollar an Devisen einsparen. In der nationalen Roadmap 2020 bis 2024 ist beispielsweise verankert, dass die lokale Zuckerproduktion ausgebaut werden soll, um den Verbrauch mit rein lokaler Produktion abzudecken. 

In dem Segment gibt es immer wieder Ankündigungen und Projekte. So will die Cevital-Gruppe, der größte Zuckerproduzent in Algerien, Flächen von jeweils 200.000 Hektar in den Provinzen El Menia und Ouargla für den Anbau von Zuckerrüben nutzen. Die algerische Firma Tafadis, die ebenfalls Zucker herstellt, hat im Januar 2024 eine Absichtserklärung mit der US-amerikanischen Firma Reasol zur Zuckerproduktion unterzeichnet. Tafadis ist eine Tochtergesellschaft des staatlichen Industriekonzerns Madar.

Nahrungsmittelindustrie von Privatwirtschaft geprägt

Im Unterschied zu anderen Branchen der algerischen Wirtschaft dominiert in der Lebensmittelindustrie der Privatsektor. Neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen sind auch große Unternehmen wie die Cevital-Gruppe aktiv. Bei der Getreideverarbeitung ist wiederum die staatliche Agrodiv-Gruppe ein wichtiger Player. 

Das Interesse ausländischer Firmen am Sektor nimmt zu und es gab in letzter Zeit größere Ankündigungen von Kooperationen mit italienischen und US-amerikanischen Firmen. Für Unternehmen, die sich für einen Einstieg in den algerischen Markt der Nahrungsmittelproduktion interessieren, bietet sich eine Teilnahme an der Leitmesse Djazagro an. Die nächste Ausgabe findet vom 7. bis 10. April 2025 in der Hauptstadt Algier statt. 

Algerische Getränkeindustrie ist ein guter Kunde

Im April 2024 nahmen 20 deutsche Aussteller an der Messe teil, darunter zahlreiche Maschinen- und Anlagenbauer. Mit dabei war auch die KHS-Gruppe, einer der größten internationalen Hersteller von Getränke- und Abfüllanlagen. Der Dortmunder Konzern hat im März 2024 offiziell sein erstes Vertriebsbüro für Nord- und Westafrika eröffnet. Von Tunis aus wird der algerische Markt mit bearbeitet. Laut Walid Braham, dem Geschäftsführer vom Vertriebsbüro Nord- und Westafrika, ist Algerien sogar der größte Absatzmarkt für das Unternehmen in der Maghreb-Region. 

Deutsche Ausfuhren von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen nach Algerien steigenExporte in den wichtigsten Segmenten, in Millionen US-Dollar
Produkt

2022

2023

Maschinen zum Füllen, Verschließen, Versiegeln, Verkapseln oder Etikettieren von Flaschen, Dosen, Schachteln, Säcken oder anderen Behältnissen sowie zum Versetzen von Getränken mit Kohlensäure (HS 842230)

13,5

20,3

Maschinen zum industriellen Zubereiten oder Herstellen von Nahrungsmitteln oder Getränken (ausg. Maschinen und Apparate zum Gewinnen oder Aufbereiten von tierischen oder pflanzlichen Ölen, HS 8438)

7,9

9,8

Maschinen, Apparate und Geräte für die Geflügelhaltung (ausg. Brut- und Aufzuchtapparate, HS 843629)

5,3

2,6

Maschinen zum Verpacken oder Umhüllen von Waren (HS 842240)

2,1

1,1

Quelle: UN Comtrade 2024

Deutsche Maschinen und Anlagen für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie sind in Algerien präsent, aber die Konkurrenz aus Italien, Frankreich, China und der Türkei ist groß. Mittlerweile sind auch einige algerische Maschinenhersteller in der Branche aktiv.

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