Zollbericht ASEAN Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Die ASEAN-Freihandelszone (AFTA)
Die vielfältigen ASEAN-Freihandelsabkommen vereinfachen den internationalen Handel.
27.01.2020
Von Jürgen Huster | Bonn
Die ASEAN (Association of South East Nations) mit Sitz in Jakarta wurde 1967 gegründet.
Hintergrund und Gründungsmitglieder
Gründungsmitglieder sind Thailand, Malaysia, Indonesien, Philippinen und Singapur. Später kamen die Länder Brunei Darussalam (seit 1984), Vietnam (seit 1995), Burma und Laos (seit 1997) sowie Kambodscha (seit 1999) als Mitglieder hinzu. Nach der Phase einer beginnenden wirtschaftlichen Integration durch gegenseitige Zollbegünstigungen für bestimmte Waren in den 1980ziger Jahren trat Anfang 1993 das Abkommen über ein gemeinsames Präferenzschema (CEPT) für die ASEAN- Freihandelszone (AFTA) in Kraft. Dieses Abkommen umfasste nunmehr sämtliche Waren des Zolltarifs. Ursprünglich war ein stufenweiser Zollabbau auf eine Bandbreite von 0 bis 5 Prozent bis zum Jahr 2008 vorgesehen. In diesem Zeitraum wurden durch Zusatzprotokolle der Zollabbau beschleunigt, in dem Waren aus den vorübergehenden Ausschlusslisten sowie Listen der sensiblen Waren in den normalen Zollabbau integriert und schließlich die Vollendung der Freihandelszone durch kompletten Zollabbau bis Anfang 2010 für die fünf Gründungsmitgliedstaaten sowie Brunei Darussalam (ASEAN 6) vereinbart wurden. Ausnahmen vom Zollabbau bestehen lediglich für einige wenige als „hochsensibel“ eingestufte landwirtschaftliche Erzeugnisse wie z.B. Reis sowie Waren, die aus Gründen wie u.a. der staatlichen Sicherheit und Ordnung sowie Gesundheit auf den Ausschlusslisten (General Exception Lists) der einzelnen Mitgliedstaaten festgeschrieben sind.
Das Abkommen über den Handel mit Waren
dem Abkommen über den Handel mit Waren (ASEAN Trade In Goods – ATIGA), das am 17.5.2010 in Kraft getreten ist, wurden die einzelnen Abkommen zum Warenverkehr in den Bereichen Zollabbau und nichttarifäre Handelshemmnisse konsolidiert und erweitert. Den später der ASEAN beigetretenen Staaten Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam (CLMV) wurde eine Frist bis spätestens 2018 eingeräumt, die Zölle im Intrahandel abzuschaffen. Nach weiteren Integrationsschritten unter anderem in den Bereichen gemeinsamer Warenhandel, Dienstleistungen und Investitionen wurde dann die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft (AEC) Ende 2015 vollendet.
AEC: Eine Freihandelszone mit zehn Zollgebieten
Bei der AEC handelt es sich jedoch zolltechnisch (noch) nicht um einen gemeinsamen Binnenmarkt mit Zollunion sondern um eine Freihandelszone mit zehn Zollgebieten und Vereinfachungen bei den Förmlichkeiten und der Abfertigung im Binnenhandel.
So behält jeder Mitgliedstaat seine eigenen Außenzölle gegenüber Wareneinfuhren aus Drittländern bei. Die Nomenklatur der Importzolltarife ist vereinheitlicht. Um zu vermeiden, dass Drittlandswaren nun über den Staat mit den niedrigsten Einfuhrzöllen in der Freihandelszone zirkulieren können, kommen den Ursprungsregeln (Rules of Origin – ROO) der Freihandelszone eine wichtige Bedeutung zu, da nur jeweils Waren mit Ursprung in den Mitgliedstaaten der ASEAN zollfrei eingeführt werden dürfen.
Nach den Regeln des ATIGA besteht für nicht vollständig in den Ländern der ASEAN gewonnene oder hergestellte Waren grundsätzlich die Wahl zwischen einem 40% igem inländischem Fertigungsanteil (Regional Value Content – RVC) oder einem „Tarifsprung“ (Change in Tariff Classification - CTC) auf der 4-stelligen HS-Zolltarifpositionsebene bei der Verwendung von Vormaterialien ohne Ursprung. Unter anderem für bestimmte Nahrungsmittel, Textilien und Bekleidung, Holz- und Metallerzeugnisse gelten produktspezifische Regeln. Zur Erlangung der Zollpräferenz im Intra-ASEAN-Handel ist ein Ursprungsnachweis (Formblatt D – ATIGA Form D) erforderlich. Der Nachweis kann inzwischen auch elektronisch (e-ATIGA From D) zwischen den Zollverwaltungen der Länder Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand und Vietnam versendet werden. Mit einer Änderung des Ursprungsprotokolls zum ATIGA vom September 2018 sollen künftig auch registrierte Ausführer in den Staaten der ASEAN entsprechende Ursprungserklärungen auf der Handelsrechnung im vereinfachten Verfahren (ASEAN Wide Self Certification – AWSC) ausstellen dürfen.
Da es sich bei dem AEC nicht um eine Zollunion handelt, müsste eine Maschine mit Herkunft in einem Drittland (zum Beispiel EU oder USA) , die in Thailand zum zollrechtlich freien Verkehr unter Zahlung der Abgaben abgefertigt wurde, bei einer Weiterlieferung nach Malaysia noch einmal verzollt werden. Dagegen könnten Halbfertigwaren aus einem Drittland, die in einem ASEAN-Staat gemäß den Ursprungsregeln ausreichend be- und verarbeitet wurden, als Fertigprodukt zollfrei in ein anderes Land der Freihandelszone eingeführt werden.
Maßnahmen zur Vereinfachung des Warenaustausches
Weitere Maßnahmen zur Vereinfachung des Warenaustausches (ASEAN Trade Facilitation Framework) innerhalb der AEC sind:
ein gemeinsames Zollabkommen für die Vereinheitlichung von Zollverfahren und Zollabfertigungsprozessen
Ausarbeitung von gemeinsamen Normen für ausgewählte Wirtschaftsbereiche, Rahmenabkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Arrangements – MRA)unter anderem für elektronische und elektrotechnische Waren, Waren der Telekommunikation sowie kosmetische Erzeugnisse
eine beschleunigte Zollabfertigung durch Bündelung der für Wareneinfuhren zuständigen Behörden eines Landes in einem Punkt (ASEAN Single Window)
eine gemeinsame Datenbank mit den Einfuhrregelungen und den Rechtsgrundlagen der einzelnen Mitgliedstaaten (ASEAN Trade Repository) auf der Grundlage der entsprechenden Datenbanken der Mitgliedstaaten (National Trade Repositories)
Freihandelsabkommen der ASEAN
Die ASEAN hat Freihandelsabkommen mit folgenden Ländern geschlossen: China, Japan, Indien, Korea (Rep) sowie Australien und Neuseeland. Darüber hinaus verhandeln die ASEAN und die sechs genannten Staaten gemeinsam über ein umfassendes regionales Freihandelsabkommen (Regional Comprehensive Economic Partnership – RCEP), das nach fast sechs Jahren Verhandlungen bis Ende 2018 ausgehandelt und unterschrieben werden soll.