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Agrar- und Nahrungsmittelektor bietet viele Geschäftschancen
Initiativen der aserbaidschanischen Regierung kurbeln die Land- und Ernährungswirtschaft an. Priorität genießt der Aufbau von Agrarparks. Alle Sparten versprechen Geschäftschancen.
03.02.2022
Von Uwe Strohbach | Baku
Angestrebt wird ein hoher Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln. Frischen Schwung erhalten soll auch die traditionelle Ausfuhr von Gemüse, Obst (inklusive Haselnüssen) und weiteren unverarbeiteten Agrarerzeugnissen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf eine höhere Wertschöpfung gelegt.
Aktuell bringen vor allem drei Initiativen Bewegung in die Branche:
- der Auf- und Ausbau von 51 Agrarparks,
- sektorale Programme für die Agrarproduktion und
- die Wiederbelebung der Landwirtschaft in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach.
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Für den Agrarsektor sind im Staatshaushalt 2022 Subventionen und Fördergelder in Höhe von 587 Millionen US-Dollar (US$) eingestellt. Das sind 5,8 Prozent mehr als 2021. Davon entfallen jeweils rund 270 Millionen US$ auf die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und die Bewässerungswirtschaft.
Agrarparks sind wichtige Abnehmer von Landtechnik und Nahrungsmitteltechnologien
Die im Jahr 2016 gestartete Errichtung von Agrarparks verfolgt zwei Ziele:
- die Revitalisierung brachliegender Weiden und Ackerböden für die Agrarproduktion (240.000 Hektar) und
- die Schaffung effektiver Wertschöpfungsketten in der Ernährungswirtschaft.
Key Players sollen perspektivisch 51 landesweite Agrarparks sein. Darunter werden 35 schwerpunktmäßig in der Pflanzenproduktion angesiedelt sein, vorrangig beim Anbau von Getreide, Zuckerrüben, Futtermitteln, Ölkulturen und Kartoffeln. Bis Ende 2021 wurden 43 Parks geschaffen. Die meisten befinden sich noch in der Entwicklungsphase.
In die Parks flossen bisher private Investitionen im Umfang von 800 Millionen US-Dollar (US$). Hinzukommen erhebliche öffentliche Mittel für die lokale Infrastruktur (inklusive Bewässerung), neue Landtechnik und moderne Lebensmitteltechnologien. Viele geplante Projekte kommen aber noch nicht im gewünschten Tempo voran. Die Parks beschäftigen heute etwa 5.000 feste und ebenso viele saisonale Mitarbeiter.
Erzeugnis | Produktion (in t) |
---|---|
Mais | 126.600 |
Weizen | 124.300 |
Zuckerrüben | 90.400 |
Gerste | 64.600 |
Silomais | 45.500 |
Luzerne | 32.300 |
Milch | 27.400 |
Rohbaumwolle | 18.500 |
Äpfel | 12.000 |
Sojabohnen | 5.900 |
Fleisch | 3.300 |
Oliven | 394 |
Mandeln | 183 |
Granatäpfel | 166 |
Ende 2021 wurde im Landkreis Jewlach (Yevlax) der Startschuss für die Errichtung eines Agrarparks mit neuem Format gegeben. Ein Agrar-Industrie-Cluster soll etwa 100 kleinere Farmerwirtschaften und mehrere Verarbeitungsbetriebe vereinen. Produziert werden sollen Erzeugnisse aus Getreide, Obst, Gemüse, Futtermitteln inklusive Zuckerrüben und Saatgut. In das Vorhaben sind bisher 61 Millionen US$ geflossen (inklusive öffentlicher Gelder).
Pläne der Regierung sehen auch Agrarparks und smarte Tierzuchtkomplexe in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in Karabach vor. Dort sollen Smart- Farming-Technologien eingesetzt werden. Die Agentur für die Entwicklung von Wirtschaftszonen koordiniert den Ausbau öffentlich geförderter Industrie- und Agrarparks sowie die Gewinnung ausländischer Investoren.
Landwirtschaftliche Sektorprogramme stecken Produktionsziele ab
Die Regierung verabschiedete mittelfristige Programme für die Ausweiterung der Agrarproduktion und die Schaffung von Wertschöpfungsketten. Deren bisherige Ergebnisse liegen noch weit unter den Zielmarken. Dennoch lohnt sich ein Blick auf einzelne Produktgruppen.
Das japanische Unternehmen TET International Development steckt 2022 bis 2024 etwa 28 Millionen US$ in die Produktion und Verarbeitung von Tabak. Die Gesellschaft Tabaterra Leaf (Kontakt über Tabaterra) investiert ab 2022 mehrere Millionen US$ in die Modernisierung und den Ausbau des Tabakunternehmens Azertün. Sie ist seit Ende 2021 Mehrheitseigner von Azertün.
Die Europäischen Union kofinanziert den Anbau von Obst und Gemüse einschließlich Zitrusfrüchten in der Wirtschaftsregion Länkäran-Astara (Lənkəran-Astara) im Zeitraum 2021 bis 2024. Das Projektvolumen beträgt 16 Millionen US$.
Die russische Firmengruppe Abrau-Durso erwarb Ende 2012 die Weinfabrik in Scheki (Şəki). Sie investiert ab 2022 knapp 3 Millionen US$ in deren Modernisierung. Pläne des Landwirtschaftsministeriums sehen mittelfristig 15 bis 20 neue Getreidecluster vor. Ziel ist die Selbstversorgung mit Weizen. Bisher müssen zwei Fünftel des Bedarfs importiert werden. Forciert wird auch der Anbau und die Verarbeitung von Haselnüssen und Granatäpfeln.
Produktgruppe | Programmzeitraum | Aufkommen im Ausgangsjahr (2017) | Aufkommen im Zieljahr | Aufkommen im Jahr 2020 |
---|---|---|---|---|
Zitrusfrüchte *) | 2018 bis 2025 | 52.800 | 100.000 | 60.400 |
Weintrauben | 2012 bis 2020 | 137.000 (2011) | 500.000 | 208.000 |
Wein (in Mio. l) | 2018 bis 2025 | 11, 3 | 18,7 | 8,9 |
Export (Wein aus frischen Trauben; in Mio. $) | 6,0 | 30,0 | 4,0 | |
Tee | 2018 bis 2027 | 780 | 8.500 | 932 |
Tabak | 2017 bis 2021 | 3.600 (2016) | 12.000 | 6.900 |
Reis | 2018 bis 2025 | 16.200 | 40.000 | 9.900 |
Baumwolle | 2017 bis 2022 | 89.400 (2016) | 500.000 | 336.800 |
Kokons | 2018 bis 2025 | 245 | 6.000 | 447 |
Agrarproduktion ist noch wenig effizient
Die Fortschritte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im aserbaidschanischen Agrarsektor noch viel anzupacken gibt. Der Wirtschaftszweig beschäftigt 36 Prozent aller erwerbstätigen Personen. Er trägt aber nur knapp 7 Prozent zur Wertschöpfung bei (Angaben für 2020). Dies deutet darauf hin, dass die Agrarproduktion wenig effizient ist.
Die stark fragmentierten Agrarproduzenten als Folge der Privatisierung der früheren Sowchosen und Kolchosen sind einer der Hauptgründe. Größere Produktionseinheiten gründen sich nur in kleinen Schritten.
Die jährlichen Bruttoanlageinvestitionen in die Landwirtschaft sind mit im Schnitt knapp 400 Millionen USS (2017 bis 2020) immer noch vergleichsweise niedrig. 2022 dürften sie aber nach einer Flaute in den beiden Vorjahren wieder zulegen.
Strength (Stärken) | Weakness (Schwächen) |
große Pflanzenvielfalt dank neun Klima- und Vegetationszonen | geringe Produktivität durch stark fragmentierte Agrarflächen *) |
großes Arbeitskräftepotenzial und günstige Lohnkosten | schwache ländliche Infrastruktur (Dienstleistungen, Logistik) |
viele brachliegende Ressourcen für den Ausbau der Agrarproduktion | begrenzter Zugang zu günstigen Krediten für Agrarproduzenten |
günstige geografische Lage für den Exportausbau | schwache Expertise der Landwirte und häufig auch des Managements der Agrarparks |
wachsendes Interesse an einer Kooperationen mit ausländischen Partnern | hohe Abhängigkeit der Agrarerzeuger von staatlichen Hilfen einschließlich Subventionen |
breites, wachsendes Angebot an öffentlichen Förderinstrumenten inklusive Exportförderung | monopolistische Strukturen des Agrargroßhandels verzerren Erzeugerpreise |
bessere Bereitstellung branchenrelevanter Informationen (elektronische Informationssysteme) | anhaltender Investitionsstau in der Bewässerungswirtschaft |
Opportunities (Chancen) | Threats (Risiken) |
potenzielle Ressourcen für die Versorgung von mindestens 15 Millionen Menschen | zu wenige Erfolge beim Abbau der Subsistenzwirtschaft |
Wiederbelebung und Ausbau der Landwirtschaft in der Region Karabach | mangelnde Konsequenz bei der Umsetzung neuer Reformen |
Steigende Auslandsnachfrage nach Agrarerzeugnissen (GUS-Republiken, Golf-Staaten und andere Länder) | Investitions- und Modernisierungsstau in den Agrarparks und neuen Kooperativen |
wachsender Bedarf an Minitechnologien und effizienter Bewässerungstechnik | unzureichende Fortschritte bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften und Managern |
gute Chancen für Smart-Farming-Projekte und den Ausbau der Biolandwirtschaft | mangelndes Engagement gegen die Folgen des Klimawandels (vor allem im Kampf gegen Wasserknappheit) |
Starkes Interesse an Trainings-, Beratungs- und Ausbildungsprogrammen | ausbleibende Fortschritte beim Abbau wettbewerbsverzerrender Strukturen |
2015 | 2018 | 2019 | 2020 | |
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Produktion (in Mio. US$) | 2.662,6 | 1.874,1 | 2.206,6 | 2.369,6 |
Anteil der Agrarbetriebe an der Produktion (in %) | 4,8 | 8,2 | 8,6 | 10,9 |
Anteil selbstständiger Agrarwirte, bäuerlicher Familienbetriebe und Nebenwirtschaften an der Produktion (in %) | 95,2 | 91,8 | 91,4 | 89,1 |
Anbaufläche (in 1.000 ha) | 1.585,4 | 1.738,0 | 1.717,1 | 1.630,9 |
Produktion ausgewählter pflanzlicher Kulturen (in 1.000 t) | ||||
Getreide | 2.999,4 | 3.309,2 | 3.538,5 | 3.257,1 |
Gemüse | 1.275,3 | 1.521,9 | 1.714,7 | 1.738,9 |
Obst- und Beeren | 888,4 | 1.010,9 | 1.099,7 | 1.133,1 |
2015 | 2018 | 2019 | 2020 | |
---|---|---|---|---|
Tierproduktion (in Mio. US$) | 2.771,4 | 2.249,4 | 2.403,2 | 2.588,5 |
Anteil der Agrarbetriebe an der Produktion (in %) | 9,7 | 10,4 | 9,6 | 9,0 |
Anteil selbstständiger Agrarwirte, bäuerlicher Familienbetriebe und Nebenwirtschaften an der Produktion (in %) | 90,3 | 89,6 | 90,4 | 91,0 |
Produktion ausgewählter tierischer Erzeugnisse | ||||
Fleisch (Schlachtgewicht, in 1.000 t) | 298,6 | 326,0 | 335,7 | 346,0 |
Milch (in 1.000 t) | 1.924,5 | 2.080,4 | 2.150,8 | 2.192,5 |
Eier (in Mio. Stück) | 1.552,9 | 1.676,2 | 1.827,1 | 1.906,2 |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen *) | |
Ministerium für Landwirtschaft Aserbaidschans/ Agentur für landwirtschaftliche Dienste | oberste Behörde für die Sicherstellung und Förderung der landwirtschaftlichen Produktion, Aufsicht/Kontrolle - Veterinärwesen, Pflanzenschutzdienst, Agrarchemie und Förderung landwirtschaftlicher Dienste |
Gesellschaft (Fonds) für Export-und Investitionsförderung in Aserbaidschan AZPROMO | One-stop-shop für ausländische Investoren (untersteht dem Ministerium für Wirtschaft) *) |
staatliche Gesellschaft für die Versorgung der Landwirtschaft mit Mineraldünger, Pflanzenschutzmitteln, Landtechnik und Ersatzteilen zu Vorzugsbedingungen | |
staatliche Agentur für phytosanitäre und Veterinär-Dienste, Registrierung/Aufsicht in den Sektoren Saatgut und Landtechnik | |
jährliche Leitmesse für Landwirtschaft, 15. Jahrgang: 18. bis 20. Mai 2022 | |
jährliche Leitmesse für Nahrungsmittelindustrie, 27. Jahrgang: 18. bis 20. Mai 2022 |