Branchen | Aserbaidschan | Transport und Logistik
Aserbaidschan klinkt sich stärker in die neue Seidenstraße ein
Die Kaukasusrepublik plant höhere Investitionen in die Transportinfrastruktur. Sie will als Transitland mehr vom Warenverkehr zwischen Asien und Europa profitieren.
16.03.2022
Von Uwe Strohbach | Baku
Die Transport- und Logistikbranche gilt als ein perspektivreicher Wirtschaftszweig in Aserbaidschan. Experten prognostizieren für die nächsten Jahre eine Marktbelebung, welche die Investitionen in dem Sektor weiter ankurbeln wird. Folgende fünf Pfeiler stützen diese Entwicklung:
- forcierte Etablierung des Landes als Drehscheibe für den Transitgüterverkehr auf der Achse Asien – Europa,
- Wiederaufbau und Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach,
- perspektivreiche Straßen- und Gleisbauprojekte auf den zentralen Transportkorridoren,
- Ausbau der lokalen Transportinfrastruktur im Rahmen des Staatlichen Programms für die sozioökonomische Entwicklung der Provinzen (2019 bis 2023),
- Projekte für die Dekarbonisierung, Digitalisierung, Automatisierung und Rationalisierung des Transport- und Logistiksektors.
Deutsche Unternehmen als Berater bei Infrastrukturprojekten gefragt
Die Investitionspläne bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für eine Kooperation mit ausländischen Partnern. So erbringen die deutschen Ingenieurgesellschaften SSF Ingenieure AG und Kocks Consult GmbH Beratungsleistungen für Bahnprojekte (Designverifizierung, Bauleitung und -überwachung). Die AzVirt GmbH engagiert sich beim Straßen- und Flughafenbau. An der Gesellschaft sind die Martin Beteiligungs GmbH & Co KG und die Walz GmbH & Co KG mit insgesamt 50 Prozent beteiligt.
Die Transportagentur Baku kooperiert mit dem Programm IGLUS (Innovative Governance of Large Urban Systems) der Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL), Schweiz. Zusammen errichten sie ein Forschung- und Innovationslabor, in dem Spezialisten für smarte, energieeffiziente und sichere Mobilität ausgebildet werden. Schwerpunkt ist der Personenverkehr in der Hauptstadt Baku.
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | |
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Investitionen, insgesamt | 870 | 1.032 | 1.131 | 1.288 | 1.230 |
Lagerhaltung und Erbringung sonstiger Dienstleistungen für den Verkehr | 614 | 659 | 860 | 988 | 905 |
Straße, Bahn und Rohrfernleitungen *) | 216 | 74 | 180 | 222 | 229 |
Schifffahrt | 33 | 65 | 68 | 58 | 31 |
Luftfahrt | 6 | 234 | 23 | 20 | 65 |
Zwar liegen die mittelfristig erwarteten jährlichen Bruttokapitalanlagen von mindestens 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) noch weit unter den früheren Beträgen von 2 bis 3 Milliarden US$ (2014/2015). Hier ist aber zu beachten, dass die offizielle Investitionsstatistik das Anlagegeschehen unvollständig abbildet. Ausgaben für die Umstrukturierung der Unternehmen, Dienstleistungen, ökologische Projekte und die Aus- und Weiterbildung sind in dem Zahlenwerk kaum berücksichtigt.
Viele Aktivitäten im Straßen- und Gleisbau
In Aserbaidschan werden 2022 und 2023 voraussichtlich mehr als 2.500 Kilometer Fern-, Haupt- und Nebenstraßen gebaut, modernisiert oder repariert. Der Straßenbau in Aserbaidschan liegt im Kompetenzbereich der Staatlichen Agentur für Straßenwesen (AAYDA). Sie ist zuständig für etwa 17.500 Kilometer öffentliche Straßen, 1.600 Kilometer Straßenzüge in der Hauptstadt Baku und mehr als 1.400 Brücken und Tunnel.
Das Projektportfolio der Aserbaidschanischen Eisenbahn (ADY) konzentriert sich auf die Erneuerung und den Ausbau des Nord-Süd-Bahnkorridors und den Bau neuer Trassen in der Region Karabach. Ende 2020 startete die zweite Etappe einer umfassenden Reform und Restrukturierung der Bahn. Die Unternehmensstrategie bis 2030 umfasst unter anderem Projekte in den Feldern Management, Logistik, Verwaltung sowie Aus- und Weiterbildung.
Projekt | Länge (in Kilometer) | Details |
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Straßenbau | ||
Baku/Sumgait (Sumqayıt) - Guba/Quba - russische Grenze/Anschluss an die Kaukasus-Trasse R217 | 192 | Erste internationale Mauttrasse |
Jenikend/Yenikənd - Bilasuvar/Biləsuvar | 71 | geplantes 96-Millionen-US-Dollar-Projekt mit finanzieller Unterstützung der Weltbank |
Horadiz - Dschäbrajil/Cəbrayıl - Sängilan/Zəngilan - Agbend/Ağbənd | 124 | Wiederaufbau/Ausbau des Straßennetzes in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach inklusive der Errichtung des Sangesur-Straßentransportkorridors |
Süd-Nord-Straßenkorridors in der Autonomen Republik Nachitschewan/Naxçıvan (aserbaidschanische Exklave) | k.A. | |
Nachitschewan/Naxçıvan - Sadarak/Sədərək - Grenze zur Türkei | 189 | Projekte für Teiltrassen |
Baku - Schamach/Şamaxı - Jewlach/Yevlax | 280 | Projekte für Teiltrassen |
Gleisbau | ||
Sumgait/Sumqayıt – Yalama (Grenze zu Russland) | 192 | |
Rascht - Astara (Grenze zum Iran) | 170 | Teilstück des internationalen Nord-Süd-Transportkorridors, Kofinanzierung durch die Regierung Aserbaidschans |
Baku – Astara (Grenze zum Iran) | 300 | Projekte für Teilstrecken |
Horadiz- Agbend/Ağbənd (Grenze zu Armenien) | 110 | Bahnprojekt in der Region Karabach |
Füzuli - Schuscha/Şuşa | 83 | Bahnprojekt in der Region Karabach |
Barda/Bərdə - Agdam/Ağdam | 47 | Bahnprojekt in der Region Karabach |
Wiederbelebung der Personenzugverbindung von Nachitschewan/Naxçıvan nach Maschhad via Täbris (Iran) | 1.858 | |
Elektrifizierung der Bahntrasse Baku – Derbent (Russland) | 230 |
Mittelkorridor durch Aserbaidschan als Alternative zu Russland
Die geografische Lage Aserbaidschans an der Schnittstelle internationaler Transportkorridore ermöglicht es dem Land, sich zu einem Drehkreuz für den internationalen Warentransit zu entwickeln. Der transkaukasische und transkaspische intermodale Korridor gilt als Alternative zur Eurasischen Landbrücke von Westchina nach Europa via Kasachstan und Russland.
Es gibt mehrere Gründe dafür, dass der Korridor mehr ins Blickfeld des internationalen Transportmarktes rückt. Die Binnenländer Zentralasiens, darunter vor allem das wirtschaftlich aufstrebende Usbekistan, betrachten die Kaukasusregion zunehmend als Brücke für den Zugang zu europäischen Märkten. Die Route gewinnt auch angesichts der aktuell schwierigen Lage und künftiger wirtschaftspolitischer Unwägbarkeiten in Russland an Brisanz. Langfristig könnte sie die nördliche Asien-Europa-Strecke ersetzen. Hinzukommen neue Transportrouten, die über die Kaukasusregion führen. Hierzu zählen der Lapis Lazuli Korridor (Afghanistan - Turkmenistan - Aserbaidschan - Georgien - Türkei - Europa) und der geplante Nachitschewan-Korridor (Aserbaidschan - Armenien - Autonome Republik Nachitschewan - Türkei).
2020 | 2021 | |
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Güterumschlag, insgesamt | 35,5 | 39,6 |
Automobiltransport | 19,3 | 21,6 |
Bahntransport | 11,7 | 13,5 |
Seetransport | 4,5 | 4,5 |
Transite | 7,7 | 8,8 |
Kapazitäten und Frachtumschlag im Südkaukasus nehmen zu
Die Integration des Südkaukasus in regionale und globale Lieferketten weist erste Erfolge auf. Das gilt vornehmlich für die Transitgüterroute China - Europa via Kirgisistan, Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan und Georgien. Der Containertransport über den Kaspisee, die 846 Kilometer lange Bahnstrecke Baku - Tiflis (Georgien) - Kars (Türkei) und die georgischen Häfen in Poti und Batumi stieg von 129 TEU im Eröffnungsjahr 2019 auf 5.705 Einheiten im Folgejahr und auf 11.460 TEU im Jahr 2021.
Die für das 1. Halbjahr 2022 geplante Inbetriebnahme von zwei neuen Containerschiffen auf der Strecke Baku - Turkmenbaschi kurbelt den multimodalen Transit über den Kaspisee weiter an. Die Aserbaidschanische Eisenbahn legte 2021 beim Containertransport gegenüber 2020 um ein Drittel auf 42.000 TEU zu. Zusammen mit den Partnerländern des transkaspischen Korridors will Aserbaidschan die Bereiche Warenumschlag/Arbeitsabläufe, Zollabfertigung und Tarife koordinieren und harmonisieren.
In Aljat unweit von Baku wurde 2018 ein neuer Seehafen mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 15 Millionen Tonnen Fracht, inklusive 100.000 Standardcontainer (TEU), in Betrieb genommen. Der internationale Hafen Baku verfügt über 13 Liegeplätze und vier Terminals (inklusive eines Ölterminals in Dubendi). Auf mittlere Sicht strebt der Hafen einen jährlichen Containerumschlag von bis zu 80.000 TEU gegenüber heute 45.000 TEU an. Der Umschlag von TIR-Lkw soll von rund 40.000 auf 60.000 steigen. Sobald der jährliche Frachtumschlag ein Volumen von 10 bis 12 Millionen Tonnen erreicht, soll die Umschlagkapazität auf bis zu 25 Millionen Tonnen und 500.000 TEU pro Jahr erweitert werden. Das aktuelle und künftige Projektgeschehen des Hafenbetreibers basiert auf einer langfristigen Entwicklungsstrategie und umfasst vorrangig folgende Vorhaben:
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2019 | 2020 | 2021 | |
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Frachtumschlag insgesamt (in Mio. t) *) | 4,1 | 4,9 | 5,6 |
Umschlag von Containern (in TEU) | 35.152 | 40.345 | 45.025 |
Umschlag großer Transportmittel (in Einheiten; Transport von Waren im TIR-Verfahren) | 33.671 | 43.218 | 39.431 |
Baku - Turkmenbaschi (Turkmenistan) - Baku | 24.970 | 27.934 | 23.476 |
Baku - Kuryk (Kasachstan) - Baku | 8.701 | 15.284 | 15.955 |
Umschlag von Waggons im Fährterminal (in Einheiten) | 44.175 | 37.447 | 30.426 |
Baku - Turkmenbaschi (Turkmenistan) - Baku | 23.802 | 19.761 | 20.867 |
Baku - Kuryk/Aktau (Kasachstan) - Baku | 20.373 | 17.686 | 9.559 |
Umschlag von Trockengütern (in 1.000 t) | 253,9 | 711,7 | 1.183,1 |
Umschlag/Transport von Öl und Ölprodukten im Terminal Dubendi (in Mio. t) | 0,4 | 0,5 | 1,1 |
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Gesellschaft (Fonds) für Export- und Investitionsförderung in Aserbaidschan (AZPROMO) | One-Stop-Shop für ausländische Investoren (untersteht dem Ministerium für Wirtschaft) |
oberste Behörde für den Transportsektor, ihr unterstehen Agenturen für Automobiltransport (Güter- und Passagiertransporte), die See- und Hafenwirtschaft und den zivilen Flugverkehr | |
staatliche Straßenbaubehörde (Wartung, Reparatur, Modernisierung und Neubau von Straßen und Brücken) | |
Aserbaidschanische Eisenbahnen AG (ADY) | staatliche Bahngesellschaft, Tochterunternehmen für Güter- und Containertransporte (ADY Express und ADY Container) und den Bahntransport in der Autonomen Republik Nachitschewan |
Aserbaidschanische Kaspische Reederei AG (Azerbaijan Caspian Shipping Company CJSC/ASCO) | staatliche Reederei (umfasst die Handelsflotte, Schiffe für die Offshore Öl- und Gaswirtschaft sowie Kreuzfahrtschiffe) |