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Branchen | Aserbaidschan | Transport und Logistik

Aserbaidschan klinkt sich stärker in die neue Seidenstraße ein

Die Kaukasusrepublik plant höhere Investitionen in die Transportinfrastruktur. Sie will als Transitland mehr vom Warenverkehr zwischen Asien und Europa profitieren.

Von Uwe Strohbach | Baku

Die Transport- und Logistikbranche gilt als ein perspektivreicher Wirtschaftszweig in Aserbaidschan. Experten prognostizieren für die nächsten Jahre eine Marktbelebung, welche die Investitionen in dem Sektor weiter ankurbeln wird. Folgende fünf Pfeiler stützen diese Entwicklung:

  • forcierte Etablierung des Landes als Drehscheibe für den Transitgüterverkehr auf der Achse Asien – Europa,
  • Wiederaufbau und Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach,
  • perspektivreiche Straßen- und Gleisbauprojekte auf den zentralen Transportkorridoren,
  • Ausbau der lokalen Transportinfrastruktur im Rahmen des Staatlichen Programms für die sozioökonomische Entwicklung der Provinzen (2019 bis 2023),
  • Projekte für die Dekarbonisierung, Digitalisierung, Automatisierung und Rationalisierung des Transport- und Logistiksektors.  

Deutsche Unternehmen als Berater bei Infrastrukturprojekten gefragt

Die Investitionspläne bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für eine Kooperation mit ausländischen Partnern. So erbringen die deutschen Ingenieurgesellschaften SSF Ingenieure AG und Kocks Consult GmbH Beratungsleistungen für Bahnprojekte (Designverifizierung, Bauleitung und -überwachung). Die AzVirt GmbH engagiert sich beim Straßen- und Flughafenbau. An der Gesellschaft sind die Martin Beteiligungs GmbH & Co KG und die Walz GmbH & Co KG mit insgesamt 50 Prozent beteiligt.

Die Transportagentur Baku kooperiert mit dem Programm IGLUS (Innovative Governance of Large Urban Systems) der Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL), Schweiz. Zusammen errichten sie ein Forschung- und Innovationslabor, in dem Spezialisten für smarte, energieeffiziente und sichere Mobilität ausgebildet werden. Schwerpunkt ist der Personenverkehr in der Hauptstadt Baku.

Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen im Transportsektor Aserbaidschans (in Millionen US-Dollar)

2016

2017

2018

2019

2020

Investitionen, insgesamt

870

1.032

1.131

1.288

1.230

  Lagerhaltung und Erbringung sonstiger Dienstleistungen für den Verkehr

614

659

860

988

905

  Straße, Bahn und Rohrfernleitungen *)

216

74

180

222

229

  Schifffahrt

33

65

68

58

31

  Luftfahrt

6

234

23

20

65

*) vorwiegend Bau und Modernisierung von Straßen Quelle: Staatliches Statistikkomitee Aserbaidschans 2022

Zwar liegen die mittelfristig erwarteten jährlichen Bruttokapitalanlagen von mindestens 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) noch weit unter den früheren Beträgen von 2 bis 3 Milliarden US$ (2014/2015). Hier ist aber zu beachten, dass die offizielle Investitionsstatistik das Anlagegeschehen unvollständig abbildet. Ausgaben für die Umstrukturierung der Unternehmen, Dienstleistungen, ökologische Projekte und die Aus- und Weiterbildung sind in dem Zahlenwerk kaum berücksichtigt.

Viele Aktivitäten im Straßen- und Gleisbau

In Aserbaidschan werden 2022 und 2023 voraussichtlich mehr als 2.500 Kilometer Fern-, Haupt- und Nebenstraßen gebaut, modernisiert oder repariert. Der Straßenbau in Aserbaidschan liegt im Kompetenzbereich der Staatlichen Agentur für Straßenwesen (AAYDA). Sie ist zuständig für etwa 17.500 Kilometer öffentliche Straßen, 1.600 Kilometer Straßenzüge in der Hauptstadt Baku und mehr als 1.400 Brücken und Tunnel.

Das Projektportfolio der Aserbaidschanischen Eisenbahn (ADY) konzentriert sich auf die Erneuerung und den Ausbau des Nord-Süd-Bahnkorridors und den Bau neuer Trassen in der Region Karabach. Ende 2020 startete die zweite Etappe einer umfassenden Reform und Restrukturierung der Bahn. Die Unternehmensstrategie bis 2030 umfasst unter anderem Projekte in den Feldern Management, Logistik, Verwaltung sowie Aus- und Weiterbildung.

Aktuelle und geplante Straßenbau- und Bahnprojekte

Projekt

Länge (in Kilometer)

Details

Straßenbau

Baku/Sumgait (Sumqayıt) - Guba/Quba - russische Grenze/Anschluss an die Kaukasus-Trasse R217

192

Erste internationale Mauttrasse

Jenikend/Yenikənd - Bilasuvar/Biləsuvar

71

geplantes 96-Millionen-US-Dollar-Projekt mit finanzieller Unterstützung der Weltbank

Horadiz - Dschäbrajil/Cəbrayıl - Sängilan/Zəngilan - Agbend/Ağbənd

124

Wiederaufbau/Ausbau des Straßennetzes in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach inklusive der Errichtung des Sangesur-Straßentransportkorridors

Süd-Nord-Straßenkorridors in der Autonomen Republik Nachitschewan/Naxçıvan (aserbaidschanische Exklave)

k.A.

Nachitschewan/Naxçıvan - Sadarak/Sədərək - Grenze zur Türkei

189

Projekte für Teiltrassen

Baku - Schamach/Şamaxı - Jewlach/Yevlax

280

Projekte für Teiltrassen

Gleisbau

Sumgait/Sumqayıt – Yalama (Grenze zu Russland)

192

Rascht - Astara (Grenze zum Iran)

170

Teilstück des internationalen Nord-Süd-Transportkorridors, Kofinanzierung durch die Regierung Aserbaidschans

Baku – Astara (Grenze zum Iran)

300

Projekte für Teilstrecken

Horadiz- Agbend/Ağbənd (Grenze zu Armenien)

110

Bahnprojekt in der Region Karabach

Füzuli - Schuscha/Şuşa

83

Bahnprojekt in der Region Karabach

Barda/Bərdə - Agdam/Ağdam

47

Bahnprojekt in der Region Karabach

Wiederbelebung der Personenzugverbindung von Nachitschewan/Naxçıvan nach Maschhad via Täbris (Iran)

1.858

Elektrifizierung der Bahntrasse Baku – Derbent (Russland)

230

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Mittelkorridor durch Aserbaidschan als Alternative zu Russland

Die geografische Lage Aserbaidschans an der Schnittstelle internationaler Transportkorridore ermöglicht es dem Land, sich zu einem Drehkreuz für den internationalen Warentransit zu entwickeln. Der transkaukasische und transkaspische intermodale Korridor gilt als Alternative zur Eurasischen Landbrücke von Westchina nach Europa via Kasachstan und Russland.  

Es gibt mehrere Gründe dafür, dass der Korridor mehr ins Blickfeld des internationalen Transportmarktes rückt. Die Binnenländer Zentralasiens, darunter vor allem das wirtschaftlich aufstrebende Usbekistan, betrachten die Kaukasusregion zunehmend als Brücke für den Zugang zu europäischen Märkten. Die Route gewinnt auch angesichts der aktuell schwierigen Lage und künftiger wirtschaftspolitischer Unwägbarkeiten in Russland an Brisanz. Langfristig könnte sie die nördliche Asien-Europa-Strecke ersetzen. Hinzukommen neue Transportrouten, die über die Kaukasusregion führen. Hierzu zählen der Lapis Lazuli Korridor (Afghanistan - Turkmenistan - Aserbaidschan - Georgien - Türkei - Europa) und der geplante Nachitschewan-Korridor (Aserbaidschan - Armenien - Autonome Republik Nachitschewan - Türkei).   

Frachtumschlag im aserbaidschanischen Teil des Transportkorridors TRACECA (Europa-Kaukasus-Asien, in Millionen Tonnen)

2020

2021

Güterumschlag, insgesamt

35,5

39,6

  Automobiltransport

19,3

21,6

  Bahntransport

11,7

13,5

  Seetransport

4,5

4,5

  Transite

7,7

8,8

Quelle: Staatliches Statistikkomitee Aserbaidschans 2022

Kapazitäten und Frachtumschlag im Südkaukasus nehmen zu

Die Integration des Südkaukasus in regionale und globale Lieferketten weist erste Erfolge auf. Das gilt vornehmlich für die Transitgüterroute China - Europa via Kirgisistan, Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan und Georgien. Der Containertransport über den Kaspisee, die 846 Kilometer lange Bahnstrecke Baku - Tiflis (Georgien) - Kars (Türkei) und die georgischen Häfen in Poti und Batumi stieg von 129 TEU im Eröffnungsjahr 2019 auf 5.705 Einheiten im Folgejahr und auf 11.460 TEU im Jahr 2021.

Die für das 1. Halbjahr 2022 geplante Inbetriebnahme von zwei neuen Containerschiffen auf der Strecke Baku - Turkmenbaschi kurbelt den multimodalen Transit über den Kaspisee weiter an. Die Aserbaidschanische Eisenbahn legte 2021 beim Containertransport gegenüber 2020 um ein Drittel auf 42.000 TEU zu. Zusammen mit den Partnerländern des transkaspischen Korridors will Aserbaidschan die Bereiche Warenumschlag/Arbeitsabläufe, Zollabfertigung und Tarife koordinieren und harmonisieren. 

Seehafen Aljat will mehr Güter umschlagen

In Aljat unweit von Baku wurde 2018 ein neuer Seehafen mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 15 Millionen Tonnen Fracht, inklusive 100.000 Standardcontainer (TEU), in Betrieb genommen. Der internationale Hafen Baku verfügt über 13 Liegeplätze und vier Terminals (inklusive eines Ölterminals in Dubendi).


Auf mittlere Sicht strebt der Hafen einen jährlichen Containerumschlag von bis zu 80.000 TEU gegenüber heute 45.000 TEU an. Der Umschlag von TIR-Lkw soll von rund 40.000 auf 60.000 steigen. Sobald der jährliche Frachtumschlag ein Volumen von 10 bis 12 Millionen Tonnen erreicht, soll die Umschlagkapazität auf bis zu 25 Millionen Tonnen und 500.000 TEU pro Jahr erweitert werden.


Das aktuelle und künftige Projektgeschehen des Hafenbetreibers basiert auf einer langfristigen Entwicklungsstrategie und umfasst vorrangig folgende Vorhaben:      


  • Errichtung eines Terminals für den Umschlag von mineralischem Dünger aus Zentralasien mit einer jährlichen Kapazität von bis zu 2,5 Millionen Tonnen für den Weitertransport auf Exportmärkte (geplante Inbetriebnahme: Ende 2022/Anfang 2023),
  • Bau eines Terminals für den Umschlag von mindestens 2 Millionen Tonnen Getreide aus Zentralasien für den Weitertransport auf Exportmärkte (Projekt im Frühstadium),
  • Errichtung eines leistungsfähigen Dienstleistungsparks für Fahrzeuge, die Waren im TIR-Verfahren befördern (Parkplatzbewirtschaftung, Kfz-Instandhaltung/-wartung und -reparatur, Zollabfertigung, Serviceleistungen für Lkw-Fahrer),
  • Schaffung und Ausbau von Systemen für den Datenaustausch zwischen den kaspischen Häfen Baku, Aktau/Kuryk (Kasachstan) und Turkmenbaschi (Turkmenistan),
  • Ausbau der Kooperation mit ausländischen Häfen sowie Transport- und Logistikunternehmen in den Feldern: Hafentechnologie, Terminalbetrieb, Container-Transite, Digitalisierung der Hafenwirtschaft, Dekarbonisierung der Schifffahrt und fachliche Qualifizierung (Kooperationsvereinbarungen gibt es unter anderem mit den Häfen von Antwerpen/Belgien, Alexandria/Ägypten, Aktau/Kasachstan und Barcelona/Spanien, der Hamburger Hafen und Logistik AG (Tochter Metrans), der ÖBB Rail Cargo Group/Österreich und der Cabooter Group/Niederlande).  

 

Entwicklung des Frachtumschlags im Seehafen Baku

2019

2020

2021

Frachtumschlag insgesamt  (in Mio. t) *)

4,1

4,9

5,6

Umschlag von Containern (in TEU)

35.152

40.345

45.025

Umschlag großer Transportmittel (in Einheiten; Transport von Waren im TIR-Verfahren)

33.671

43.218

39.431

  Baku - Turkmenbaschi (Turkmenistan) - Baku

24.970

27.934

23.476

  Baku - Kuryk (Kasachstan) - Baku

8.701

15.284

15.955

Umschlag von Waggons im Fährterminal (in Einheiten)

44.175

37.447

30.426

  Baku - Turkmenbaschi (Turkmenistan) - Baku

23.802

19.761

20.867

  Baku - Kuryk/Aktau (Kasachstan) - Baku

20.373

17.686

9.559

Umschlag von Trockengütern (in 1.000 t)

253,9

711,7

1.183,1

Umschlag/Transport von Öl und Ölprodukten im Terminal Dubendi (in Mio. t)

0,4

0,5

1,1

*) jährlicher Anteil von Transitgütern: im Schnitt etwa 90 % Quelle: Seehafen Baku, Pressemeldungen 2022

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

Germany Trade & Invest/Aserbaidschan

Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

AHK Aserbaidschan

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

Gesellschaft (Fonds) für Export- und Investitionsförderung in Aserbaidschan (AZPROMO)

One-Stop-Shop für ausländische Investoren (untersteht dem Ministerium für Wirtschaft)

Ministerium für digitale Entwicklung und Transport

oberste Behörde für den Transportsektor, ihr unterstehen Agenturen für Automobiltransport (Güter- und Passagiertransporte), die See- und Hafenwirtschaft und den zivilen Flugverkehr

Staatliche Agentur für Straßenwesen

staatliche Straßenbaubehörde (Wartung, Reparatur, Modernisierung und Neubau von Straßen und Brücken)

Aserbaidschanische Eisenbahnen AG (ADY)

staatliche Bahngesellschaft, Tochterunternehmen für Güter- und Containertransporte (ADY Express und ADY Container) und den Bahntransport in der Autonomen Republik Nachitschewan

Aserbaidschanische Kaspische Reederei AG (Azerbaijan Caspian Shipping Company CJSC/ASCO)

staatliche Reederei (umfasst die Handelsflotte, Schiffe für die Offshore Öl- und Gaswirtschaft sowie Kreuzfahrtschiffe)

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