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Branchen | Armenien, Georgien, Aserbaidschan | Logistik

Der Südkaukasus wandelt sich zu zentralem Transport-Hub

Neue geopolitische Realitäten eröffnen dem Südkaukasus Chancen, zu einem attraktiven Wirtschaftsraum aufzusteigen. Die Region entwickelt sich zu einer wichtigen Logistikachse.

Von Uwe Strohbach | Eriwan, Tiflis, Baku

Es weht ein frischer Wind im Südkaukasus. Transitgeschäfte und Armeniens Initiative "Kreuzung des Friedens" sind die Motoren. Die südkaukasischen Länder Armenien, Aserbaidschan und Georgien werden international zunehmend als Wirtschaftsregion wahrgenommen. Dies gilt insbesondere für die Transport- und Logistikbranche. Deutschen Unternehmen bieten sich Chancen für Lieferungen, Investitionen und  Know-how-Transfer.

  • Südkaukasus kann Drehscheibe des Mittleren Korridors werden

    Der Südkaukasus ist stärker in den Blick internationaler Logistiker gerückt. Dazu beigetragen haben geopolitische Entwicklungen und Strukturreformen in Zentralasien.

    Immer mehr Logistikunternehmen weichen im landgestützten Transportgeschäft zwischen Asien und Europa von der nördlichen Route über Russland auf die Südkaukasusroute aus. Die eingeschlagene Entwicklung konsequent verfolgend könnte sich der Südkaukasus zu einem regionalen Verkehrsknotenpunkt und integralen Bestandteil der eurasischen Transportkorridore entwickeln. Um den Kapazitätsengpässen zu begegnen, investieren auch zentralasiatische Unternehmen in die Transportinfrastruktur. 

    Chance auf Überwindung der Wirtschaftsblockade

    Der im Jahr 2024 eingeleitete politische Normalisierungsprozess zwischen Armenien, Aserbaidschan und der Türkei lässt hoffen, dass die Wiederbelebung und der Ausbau neuer grenzüberschreitender Verkehrswege im Südkaukasus Wirklichkeit werden. Dies würde den bisherigen Konfliktparteien neue Chancen für ihre wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen. 

    Der ethnisch-territoriale Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien führte mit seiner Zuspitzung in den 1990er Jahren zum Abbruch sämtlicher Transport- und Wirtschaftsverbindungen zwischen den Nachbarstaaten Aserbaidschan und Armenien. 

    In den Konflikt involviert war bisher auch die Türkei, die mit dem öl- und gasreichen Aserbaidschan verbündet ist. Letzteres hat mit der Eroberung der selbsternannten – bis dahin mehrheitlich von Armeniern bewohnten – Republik Berg-Karabach im Herbst 2023 seine territoriale Integrität wiedererlangt. 

    Russlands Krieg gegen die Ukraine lenkt Warenströme auf die Südroute  

    Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine lenkt Warenströme verstärkt über den multimodalen Mittleren Transportkorridor von China über Zentralasien nach Europa über das Kaspische und das Schwarze Meer – und somit über Aserbaidschan und Georgien. Der Mittlere Korridor wurde im Jahr 2013 aus der Taufe gehoben und ist als Alternative zur nördlichen Route via Russland gedacht. 

    Gleich drei geopolitisch bedingte Faktoren forcieren die Warenströme über den Mittleren Korridor: 

    1. Als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine dürfen europäische Güter, die auf der Sanktionsliste der EU stehen, Russland nicht im Transit passieren. 
    2. Immer mehr Spediteure leiten ihre Güterverkehre zwischen China und Europa oder Teile dieser Transporte vom Nördlichen auf den Mittleren Korridor um. Sie reagieren so auf die Unsicherheiten im Transportgeschäft auf der Route via Russland und Belarus.
    3. Gefahren im Roten Meer als Folge der Konflikte im Nahen Osten lassen Spediteure nach Alternativen zum Schiffsverkehr auf der wichtigsten Asien-Europa-Route suchen – und finden diese auch im Mittleren Korridor. 

    Diversifizierung der zentralasiatischen Volkswirtschaften forciert Transporte nach Europa 

    Die zentralasiatischen GUS-Republiken (Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan) mit ihren 82 Millionen Einwohnern (1. Juli 2024) diversifizieren ihre Volkswirtschaften. Sie setzen dabei auf den Export. In diesem Prozess sind diese fünf Binnenländer auf neue und stabile Transportkanäle angewiesen. Sie betrachten die Südkaukasusregion als eine wichtige Brücke für den Zugang zu Märkten in Europa. 

    Auch führen über den Mittleren Korridor weitere alternative Transportrouten. Hierzu zählt beispielsweise der 2018 von Turkmenistan und Afghanistan ins Leben gerufene multimodale Lapislazuli-Korridor. Er verbindet Afghanistan über Turkmenistan, Aserbaidschan und Georgien mit der Türkei und Europa.   

    Zentralasiatische Investoren setzen auf Schwarzmeerhäfen 

    Zentralasiatische Logistikunternehmen reagieren auf die wachsende Nachfrage nach Verschiffungen durch das Schwarze Meer. Die kasachische PTC Holding beispielsweise errichtet für den Bedarf kasachischer und internationaler Kunden im Seehafen Poti einen eigenen Containerterminal. Kasachstan will einen größeren Teil seiner Ölexporte nach Europa über Häfen und Terminals in Georgien und später auch in Aserbaidschan transportieren.

    Usbekistan zeigt Interesse, einen Terminal in einem georgischen Hafen zu errichten oder anzumieten. Zudem prüft das Land die Schaffung einer eigenen Lagerinfrastruktur auf dem Gelände des internationalen Seehafens Baku in Aserbaidschan.

    Im Jahr 2022 legte der Warenumschlag usbekischer Waren in den georgischen Häfen und im Seehafen Baku im Vergleich zum Vorjahr um zwei Drittel auf jeweils 0,9 Millionen Tonnen zu. Für 2024 ist ein Umschlagvolumen von insgesamt etwa 2,5 bis 3 Millionen Tonnen zu erwarten. 

    Transport- und Logistikprojekte im Südkaukasus
    Projekt 

    Projektwert (Mio. US$)

    ProjektstandInvestor
    Tiefseehafen Anaklia (Georgien), 1. Ausbauphase (Liegeplätze mit einer Umschlagskapazität von 7,0 Mio. t Frachten, multimodaler Terminal für den jährlichen Containerumschlag von bis zu 600.000 TEU) 

    600 

    zz. detaillierte Projektabstimmung, Vorbereitung des Vertrages mit dem Konsortium, Baustart für die lokale Infrastruktur: Mitte 2024 Chinesisch-singapurisches Konsortium (China Communications Construction Company und China Harbor Investment)
    Gesamtprojekt Friedenskreuzung – vorrangig Modernisierung und Ausbau von Straßen und Bahntrassen in Armenien 

    mindestens 500

    Projekt im FrühstadiumKontaktpartner: Regierung Armeniens (Vergabe von Projekten an private Investoren)
    Neuer Containerterminal für den jährlich Umschlag von 600.000 TEU-Containern, Ausbau der jährlichen Umschlagkapazität insgesamt von 15 auf 25 Mio. t im Seehafen Baku 

    k. A.

    Realisierung des Containerterminals: 2024 bis 2027, zz. Erstellung des Designs für den Kapazitätsausbau des HafensPort of Baku 
    Neuer Liegeplatz inkl. Verladetechnik für den Umschlag von 1 Mio. t Frachten im Seehafen Poti

    36

    Baustart: Herbst 2024, geplante Fertigstellung: Ende 2026 Firmengruppe Pace Georgia/ Poti New Sea Port 
    Bau eines multimodalen Güterverkehrszentrums (Trockenhafen; Containerterminal - 286.000 TEU pro Jahr) in Tiflis, Georgien) 

    17 (Abu Dhabi Ports Company, Phase 1)

    Baustart für die 1. Projektphase: Oktober 2024 (96.500 TEU, 10.000 qm Lagerflächen)Tbilisi Dry Port (TDP/Georgien, Abu Dhabi Ports Company/ VAE) 
    Ausbau und Modernisierung des Schienengüterverkehrs (Modernisierung von Trassen und Lokomotiven) 

    70 

    Vorgesehene Investitionen in den Jahren 2024 und 2025 Aserbaidschanische Eisenbahn (ADY) 
    Bau eines multimodalen Güterverkehrszentrums (Trockenhafen, Containerterminal) inklusive Industriepark , Gjumri/Flughafen Schirak

    45 (Phase 1) 

    Projekt im Frühstadium; Suche nach interessierten privaten Investoren   Kontaktpartner: Regierung Armeniens 
    Errichtung von zwei Logistikzentren und eines Flughafens für Frachttransporte in der freien Wirtschaftszone Alat (Aserbaidschan) 

    k. A. 

    Realisierung: 2023 bis etwa 2026  (Logistikkapazitäten und Frachtterminal) Freizone AFEZ, Baku 
    Multimodaler Containerterminal im Seehafen Poti (in der Perspektive jährlicher Umschlag von bis zu 450.000 TEU)

    15

     

     

                         

    Baustart: Herbst 2023, Geplante Inbetriebnahme 1. Ausbaustufe (80.000 TEU): Herbst 2024 Kasachisch-georgisches Joint Venture Poti Transterminal 
    Bau oder Erwerb eines Bahnterminals in China 

    k. A.

    Projekt in Prüfung Aserbaidschanische Eisenbahn (ADY) 
    Wiederbelebung des Projekts Freie Wirtschaftszone für Logistik, Industrie und Handel (Meghri) an der iranischen Grenze/ Sjunik Zoll- und Logistikzentrum (SZLZ) mit Modernisierung der Grenz- und Zollabfertigung Meghri

    12 (SZLZ)

    Realisierung: 2023 bis 2026/2027 t   Regierung Armeniens, Zoll- und Steuerbehörde (SRC)
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Von Uwe Strohbach | Berlin

  • Mittlerer Korridor birgt Projekte für 18,5 Milliarden Euro

    Bis zum Jahr 2027 bauen die Anrainerstaaten des Mittleren Korridors ihre Transitkapazitäten massiv aus: Chancen für Lieferungen, Investitionen und Know-how-Transfer. (Stand: 01.08.2024)

    Die Bedeutung des multimodalen Mittleren Korridors, auch bekannt als Transkaspische Internationale Transportroute, wächst. "Zwar kann er die nördliche Landroute über Russland weder mittel- noch langfristig ersetzen. Doch dass perspektivisch bis zu gut einem Zehntel des Transitaufkommens zwischen China/Zentralasien und Europa über diese Route transportiert werden, ist realistisch", schätzen Experten der Vereinigung Transkaspische Internationale Transportroute (Association Trans-Caspian International Transport Route, TITR). 

    Kasachische Häfen unter starkem Investitionsdruck 

    Die Erwartung eines stark steigenden Frachtaufkommens auf dem Mittleren Korridor erfordert massive Investitionen in die Transport- und Logistikkapazitäten in allen Transitländern. Dies gilt besonders für die kasachischen Häfen am Kaspischen Meer. Gleichzeitig werden Frachtschiffe und Container benötigt. 

    Wachsende Warenströme erfordern zudem: 

    • eine bessere Vernetzung von Bahn, Straße und Seetransport auf allen Teilen der Trasse, 
    • eine koordinierte Investitions- und Tarifpolitik der beteiligten Partnerländer sowie 
    • eine Digitalisierung von Transport- und logistischen Prozessen.  

    Investitionsbedarf von 18,5 Milliarden Euro bis 2027 veranschlagt 

    Die Anrainerstaaten haben Durchlässigkeit und Schnelligkeit auf dem Mittleren Korridor bereits deutlich verbessert. Dennoch sind weiterhin Kapazitätsengpässe für den Warenumschlag sowie tarifäre und nichttarifäre Hemmnisse abzubauen.  

    Hierfür verabschiedeten hochrangige Vertreter Kasachstans, Aserbaidschans, Georgiens und der Türkei 2022 einen Plan. Dieser fokussiert den Abbau von Engpässen und bürokratischen Hürden auf der Route bis 2027. 

    TITR-Experten beziffern die aktuellen und bis 2027 geplanten Investitionen in mehr Kapazitäten auf mindestens 10 Millionen Tonnen und in eine effektivere Frachtabfertigung auf 6,5 Milliarden US-Dollar (US$). Eine 2023 als Flagship-Projekt der EU-Konnektivitätsinitiative Global Gateway veröffentlichte Studie schätzt die Gesamtkosten entlang des Mittleren Korridors auf weit höhere 18,5 Milliarden Euro.

    Anrainer schließen sich für effizientere Transittransporte zusammen

    Ende 2023 hatten die staatlichen Eisenbahngesellschaften von Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan ein Joint Venture gegründet, das multimodale Transporte auf dem Mittleren Korridor vereinfachen soll. Seitdem vereinbarten regionale Bahnunternehmen weitere Kooperationsprojekte, um den Transit-Schienengüterverkehr zu beschleunigen:

    • Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan sowie ein georgisch-aserbaidschanisches Joint Venture gründeten eine Gesellschaft für das Management und den Betrieb der 840 Kilometer langen internationalen Bahntrasse Baku (Aserbaidschan) - Tiflis (Georgien) - Kars (Türkei).
    • Aserbaidschan und China unterzeichneten Anfang Juli 2024 ein Memorandum, das die Kapazität von Containerzügen auf der transkaspischen Transportroute erweitern sowie deren Abfertigung und Verladung beschleunigen soll.
    • Aserbaidschan, Turkmenistan, Georgien und Rumänien kündigten im Juli 2024 die Errichtung einer stabilen und leistungsfähigen Seeroute über das Kaspische und Schwarze Meer an. Die Unterzeichnung einer entsprechenden Regierungsvereinbarung ist noch für 2024 in Bukarest geplant. 
    • Staatliche Eisenbahnen Georgiens (Georgian Railway, GR) und Bulgariens (Bulgarian State Railways, BDZ) sowie die bulgarische Schifffahrtsgesellschaft P.N.A. gaben im Juli 2024 bekannt, die Wiederinbetriebnahme des Fährverkehrs zwischen Georgien und Bulgarien vereinbart zu haben.

    Weltbank erwartet Verdoppelung des Warenumschlags bis 2030 

    Das Warenvolumen auf dem Mittleren Transportkorridor dürfte 2024 gegenüber dem Vorjahr um etwa 50 Prozent auf 4,3 Millionen Tonnen steigen, so die Prognose des kasachischen Transportministeriums. Für den erwarteten Anstieg spricht die wachsende Nachfrage nach Transporten, insbesondere per Container. Im 1. Halbjahr 2024 stieg das Transportvolumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um beachtliche 65 Prozent auf 2,1 Millionen Tonnen.     

    Die Weltbank prognostiziert auf dem Mittleren Korridor für 2030 ein Umschlagvolumen von mindestens 12 Millionen Tonnen, davon 4 Millionen Tonnen Containerfracht. Derzeit liegt die jährliche Durchleitkapazität des Korridors bei etwa 6 Millionen Tonnen.

    Das für 2030 erwartete Gesamtaufkommen von 12 Millionen Tonnen Fracht über den Mittleren Korridor kommt zu einem großen Teil aus Kasachstan. Die prognostizierte Gesamtfracht setzt sich laut Weltbank wie folgt zusammen: 

    • 6 Millionen Tonnen aus Kasachstan
    • 3 Millionen Tonnen aus der Transitroute China - Zentralasien - Südkaukasus - Europa 
    • 3 Millionen Tonnen aus Usbekistan, Aserbaidschan und Georgien

    Die Jahreskapazität für den Containerumschlag von gegenwärtig 80.000 TEU soll bis 2027 auf 300.000 TEU und bis 2030 auf 500.000 TEU steigen.

    Mittlerer Korridor zieht zunehmend internationale Unternehmen an – auch deutsche

    Immer mehr ausländische Transport- und Logistikunternehmen steigen in den Korridor ein und weiten ihre Umschlagskapazitäten auf der Trasse aus. 

    Das deutsche Speditionsunternehmen Hegelmann gründete im Frühjahr 2024 ein georgisches Tochterunternehmen: Hegelmann Multimodal Georgia bietet seinen Kunden Landtransporte auf der Achse China-Westeuropa via Georgien an.

    Der österreichische Bahnlogistiker Rail Cargo Group will ab Mitte 2024 jährlich bis zu 60.000 Tonnen Kupfer über die internationale Bahntrasse Baku-Tiflis-Kars von China nach Europa transportieren. Darüber informierte die Aserbaidschanische Eisenbahn (Azerbaijan Demir Yollari, ADY) am 14. Juni 2024 in einer Pressemitteilung. Bis Ende 2024 sollen bereits 250 Blockzüge auf der Trasse abgefertigt werden. 

    Das finnische Logistikunternehmen Nurminen Logistic baut nach Angaben der Managerin für Geschäftsentwicklung Zeyba Agalorova seine Transporte über den Mittleren Korridor aus. Zudem kündigt es in Kooperation mit Partnern aus den Anrainerstaaten Infrastrukturinvestitionen an.

    Von Uwe Strohbach | Berlin

  • Georgiens Transport- und Logistiksektor brummt

    Georgien profitiert vom Transit auf der Logistikroute Europa-Asien via Kaukasus. Wachsende Transportströme und Investitionen eröffnen viele Geschäftschancen. (Stand: 10.02.2025)

    Der Transport- und Logistiksektor zählt zu den perspektivreichsten Wirtschaftssektoren in dem kleinen Südkaukasusland Georgien. Vor allem die Hafenwirtschaft winkt mit investitionsträchtigen Projekten. Investoren, darunter aus Kasachstan und Usbekistan, planen neue Umschlag- und Logistikkapazitäten in georgischen Seehäfen.

    Georgischer Markt immer interessanter für ausländische Unternehmen

    Immer mehr ausländische Unternehmen entdecken Georgiens Geschäftspotenzial und eröffnen neue Niederlassungen. Bereits ansässige Branchenplayer setzen auf Expansion. Auch das deutsche Unternehmen Schmitz Cargobull, Hersteller von Trailern, Sattelaufliegern und Motorwagenaufbauten, eröffnete im Oktober 2023 eine georgische Tochter. Der Geschäftsbereich der Schmitz Cargobull Georgia mit Sitz in Gardabani nahe der Hauptstadt Tiflis erstreckt sich über den gesamten Südkaukasus. Die meisten der im bisherigen Jahresverlauf 2023 verkauften 130 Fahrzeugeinheiten fanden georgische Abnehmer, so der Vertriebsmanager Dimitri Kajaia.

    Entwicklung des internationalen Güterverkehrs in Georgien nach Verkehrsträgern (in Mio. t) *)

    Verkehrsträger 

    2019

    2020

    2021

    2022

    Straße 

    10,7

    11,0

    12,3

    13,9

    Eisenbahn

    9,1

    9,2

    10,3

    12,9

    Seehäfen Poti und Batumi

    11,9

    10,9

    11,0

    12,4

    * ohne Rohrleitungen, Binnenschifffahrt, Luftverkehr und spezialisierte Ölterminals an der georgischen Schwarzmeerküste.Quelle: Zusammengestellt nach Angaben des Ministeriums für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens 2023

    Der litauische Transportgigant Girteka Logistics, einer der größten europäischen Spediteure, nahm Mitte 2022 in Tiflis ein weiteres Global-Business-Services-Zentrum in Betrieb. Girteka Logistics will bis 2024 seine Dienstleistungspalette in Georgien deutlich ausweiten und plant weitere Investitionen. 

    Der georgische Logistiker Information and Communication Systems errichtet in Tiflis bis Mitte 2024 ein Logistikzentrum auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern. Das Unternehmen ist Lizenznehmer des US-amerikanischen Kurier- und Logistikunternehmens FedEx Corporation. 

    Auch die österreichischen Gebrüder Weiss setzen auf den georgischen Markt und planen, weitere Gelder in ihre lokale Infrastruktur zu stecken. Bisher haben sie etwa 16 Millionen Euro in ein Transport- und Logistikzentrum nahe des internationalen Flughafens in Tiflis investiert. 

    Neuer Tiefseehafen Anaklia bleibt Leuchtturmprojekt

    Die Hafenwirtschaft gilt in Georgien als Schlüsselelement für den Ausbau des Transport- und Logistikgeschäfts. Top-Vorhaben ist der Bau eines Tiefseehafens in Anaklia. Der am Schwarzen Meer gelegene Ort verfügt über einen natürlichen Tiefgang von 18 bis 20 Metern und bietet somit optimale Voraussetzungen. 

    Der einstige Flottenstützpunkt der sowjetischen Marine sollte bereits in mehreren Anläufen zu einem Hafen entwickelt werden. Sie liefen jedoch zunächst ins Leere. Im Jahr 2022 fiel der Startschuss für einen hoffnungsvollen Neubeginn. Im Rahmen von insgesamt neun Ausbauphasen soll Anaklia für den Güterumschlag von bis zu 100 Millionen Tonnen pro Jahr ertüchtigt werden.

    Nach vorbereitenden Studien und Ausschreibungen erhielt ein chinesisch-singapurisches Konsortium Ende Mai 2024 den Zuschlag für die das Anaklia-Projekt. Das Unternehmen übernahm 49 Prozent der Anteile; 51 Prozent hält der georgische Staat. Die Pläne für eine schrittweise Entwicklung sehen zunächst ein Aufkommen von 7,8 Millionen Tonnen Fracht (600.000 TEU) vor. Die Kosten für die erste Projektphase werden auf vorläufige 590 Millionen US-Dollar (US$) geschätzt. Für die zweite und dritte Phase werden 14 Millionen und 21 Millionen Tonnen angepeilt. Die Phasen zwei bis neun werden nur umgesetzt, wenn die Kapazität in der jeweils vorausgehenden Phase zu mindestens 80 Prozent ausgelastet ist.

    Seehafen Poti will Containerumschlagkapazität verdoppeln 

    Georgiens aktuell bedeutendster Seehafen in Poti mit insgesamt 15 Liegeplätzen befindet sich seit 2011 mehrheitlich im Besitz der Gesellschaft APM Terminals Poti (Teil der dänischen A.P. Møller-Mærsk Group). Sie investierte bisher 130 Millionen US$ in die Sanierung, Modernisierung und den Ausbau der Hafeninfrastruktur. 

    Auf der aktuellen Projektliste im Zeitraum 2024 bis 2026 stehen ein Wellenbrecher von 1.800 Metern und ein 400 Meter langer Mehrzweckkai mit einer Tiefe von 13,5 Metern sowie technische Anlagen für den Frachtumschlag (einschließlich Containerumschlag) und die Lagerung. In einer weiteren Projektphase sollen vor allem die Kapazitäten für den Containerumschlag kräftig auf jährlich bis zu 1 Million TEU ausgebaut werden.

    Entwicklung der Gütertransporte in den georgischen Seehäfen 1)

     

    2019

    2020

    2021

    2022

    Frachtumschlag, insgesamt (in Mio. t) 

    11,9

    10,9

    11,0

    12,4

    Containerumschlag, insgesamt (in 1.000 TEU) 

    647,8

    490,4

    401,3

    477,1 2)

      Seehafen Batumi 

     

     

     

     

      Frachtumschlag (in Mio. t) 

    8,6

    7,4

    7,1

    7,7

      Containerumschlag (in 1.000 TEU)

    531,7

    387,4

    302,1

    357,6

      Seehafen Poti 

     

     

     

     

      Frachtumschlag (in Mio. t) 

    3,3

    3,5

    3,9

    4,7

      Containerumschlag (in 1.000 TEU)

    116,1

    103,0

    99,2

    119,5

    1 ohne die Ölterminals Supsa und Kulevi; 2 1. Halbjahr 2023: 348.000 TEU (+57,8%).Quelle: Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens; Pressemeldungen 2023

    Kasachstan nimmt Kurs auf eigenen Containerterminal in Poti 

    Mitte August 2023 startete die private kasachische PTC Holding den Bau eines Containerterminals im Hafen Poti. Der Investor will hier mittels seiner Tochtergesellschaft Poti Transterminal JSC ab Mitte 2024 einen eigenen Terminal mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 80.000 TEU betreiben. Später sollen an dem Standort jährlich bis zu 450.000 TEU Container umgeschlagen werden.

    Auch Usbekistan zeigt Interesse, einen Terminal in den georgischen Häfen zu errichten oder anzumieten. Die Häfen des Schwarzmeerlandes werden für den internationalen Transport von Gütern aus zentralasiatischen Ländern immer wichtiger.

    Sektorstrategie und Aktionsplan stecken Schwerpunkte ab

    Eine "Nationale Strategie für den Transport- und Logistiksektor im Zeitraum 2023 bis 2030“ und ein Aktionsplan für 2023 und 2024 sollen es Georgien ermöglichen, sich als regionaler Transport- und Logistikhub weiter zu positionieren. Zugleich wird die Branche weiter in das Transportsystem der EU integriert. 

     

    Die beiden Dokumente fokussieren: 

    •  den Ausbau der Hafenwirtschaft und des Straßennetzes um 760 Kilometer, 

    • die weitere Anpassung des Transportsektors an internationale Standards, 

    • dessen Digitalisierung inklusive "Maritime Single Window“/vereinfachtes Meldeverfahren im Seeverkehr bis 2024, 

    • Reformen im Bahntransport und in der Binnenschifffahrt sowie 

    • einschlägige Aus- und Fortbildungen.

     

    Von Uwe Strohbach | Tiflis

  • Neue Wege, neue Chancen: Aserbaidschan baut Logistiksektor aus

    Die Kaukasusrepublik positioniert sich als bedeutendes Transitland im globalen Warenverkehr. Neue Initiativen fördern den Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur. (Stand: 20.02.2025)

    Aserbaidschan entwickelt sich zunehmend zu einem bedeutenden internationalen Logistikdrehkreuz. Durch den Ausbau der Verkehrsnetze stärkt das Land seine Rolle als Brücke zwischen Europa und Asien. Die Transport- und Logistikbranche des Südkaukasuslandes gilt als ein perspektivreicher Wirtschaftszweig mit vielfältigen Kooperations-, Liefer- und Investitionschancen.

    Aserbaidschans Logistiksektor erlebt Investitionsschub

    Die Investitionen in die Transport- und Logistiksektor haben in den letzten Jahren stark angezogen. Sie könnten sich mittelfristig auf 2,5 Milliarden bis 3,0 Milliarden US-Dollar einpegeln. Allerdings ist die offizielle Statistik unvollständig. Ausgaben für Unternehmensumstrukturierungen, Dienstleistungen, Umweltprojekte und den Wiederaufbau der Region Karabach sind nur unzureichend berücksichtigt.

    Zahlreiche staatliche und private Initiativen beleben die Investitionen in dem Sektor: 

    • ein Strategiedokument der Aserbaidschanischen Eisenbahn,
    • ein Aktionsplan für den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur,
    • Modernisierungs- und Ausbaupläne für Straßenbau und Seetransport,
    • Projekte für den Wiederaufbau und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Karabach und
    • neue Logistikprojekte privater Unternehmen.
    Aserbaidschans Logistiksektor wächst dank neuer InvestitionenEntwicklung der Bruttoanlageinvestitionen im Logistiksektor in Mio. US$
     

    2020

    2021

    2022

    2023

    Investitionen, insgesamt 1)

    1.166

    1.594

    2.661

    2.596

      Lagerei und sonstige Dienstleistungen für den Verkehr 2)

    905

    1.472

    2.520

    2.453

      Straße, Bahn, Schifffahrt  und Rohrfernleitungen

    261

    122

    141

    143

    1 ohne Luftfahrt; 2 vorrangig Güterabfertigung, Frachtumschlag und Spedition.Quelle: Staatliches Statistikkomitee Aserbaidschans 2025

    Chancen für deutsche Unternehmen 

    Die damit verbundenen Investitionspläne bergen vielfältige Anknüpfungspunkte für eine Kooperation mit ausländischen Partnern. Geschäftsfelder für deutsche Unternehmen bieten Beratung, Zulieferungen sowie Aus- und Weiterbildung. Deutsche Ingenieurgesellschaften wie SSF Ingenieure AG und Kocks Consult GmbH sind bereits aktiv. Die AzVirt GmbH, an der Martin Beteiligungs GmbH & Co. KG und Walz GmbH & Co. KG beteiligt sind, engagiert sich im Straßenbau und Flughafenbau.

    Deutsche Bahnunternehmen erkundeten im Oktober 2024 in Baku Geschäftsmöglichkeiten mit aserbaidschanischen Partnern. Die Firmen repräsentieren Produktgruppen wie Schienenverbindungen, Übergangssysteme für Bahnen sowie Zugsteuerungs- und Sicherheitssysteme. Die Gespräche fanden im Rahmen einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Geschäftsanbahnungsreise statt. 

    Strategische Lage und geopolitische Verschiebungen stärken Transitrolle

    Angesichts globaler Konflikte entlang traditioneller Transportwege, gewinnen der transkaukasische und transkaspische intermodale Korridor an Bedeutung. So hat Aserbaidschan aufgrund seiner günstigen Lage an diesen Transportwegen gute Chancen, sich zu einem Knotenpunkt für den Gütertransport zu entwickeln. 

    Aserbaidschan als Drehkreuz für internationalen Warentransit 

    Durch seine strategische Lage am Kaspischen Meer verbindet das Land Europa mit Asien und Russland mit dem Nahen Osten. 

    Eine zentrale Rolle dabei spielen zwei Transportkorridore, die Aserbaidschan queren und in deren Ausbau sich das Südkaukasusland verstärkt einbringen will: 

    1. der Mittlere Transportkorridor (Ost-West-Korridor) als Alternative zur nördlichen Route via Russland: von Südostasien/China nach Europa via Zentralasien, Kaspisches Meer, Aserbaidschan und Georgien und 
    2. der sich noch in einer frühen Entwicklungsphase befindende westliche Zweig des Nord-Süd-Transportkorridors als Alternative zum Suezkanal: von St. Petersburg/Russland nach Indien (Hafen Mumbai) via Aserbaidschan, Iran, Persischer Golf/Arabisches Meer.

    Transite bestimmen Frachtumschlag auf Transportkorridoren via Aserbaidschan Frachtumschlag in Millionen Tonnen

     

    2023

    2024 *)

    Frachtumschlag, insgesamt 

    32,8

    30,2

       Bahntransport

    14,8

    13,9

       Automobiltransport

    9,6

    9,1

      Seetransport

    8,5

    7,2

      Transite, insgesamt (Bahn, Lkw und See) 

    18,6

    17,3

         Anteil am gesamten Frachtumschlag in % 

    56,7

    57,3

    * Januar bis November 2024. Quelle: Staatliches Statistikkomitee Aserbaidschans 2024

    Geplanter Nord-Südkorridor verspricht hohe Transiteinnahmen

    Branchenkenner schätzen, dass Aserbaidschan allein aus dem Nord-Süd-Korridor ab 2030 jährliche Einnahmen von 2,5 Milliarden US-Dollar und mehr erzielen könnte. Weitere internationale Transportrouten sind geplant wie:

    • der Lapis-Lazuli-Korridor (Afghanistan - Turkmenistan - Aserbaidschan - Georgien/Türkei/Europa);
    • der Sangesur-Korridor (Aserbaidschan - Armenien - Exklave Nachitschewan - Türkei).

    Sangesur-Korridor verspricht 5 Millionen bis 8 Millionen Tonnen mehr Gütertransit 

    Aserbaidschan plant eine neue Transportroute, den Sangesur-Korridor (auch Nachitschewan-Korridor), von der Hauptstadt Baku über die südarmenische Region Sjunik in die zu Aserbaidschan gehörige Autonome Republik Nachitschewan und weiter in die Türkei. Diese Route soll die Exklave Nachitschewan besser an das Mutterland anbinden und in den Mittleren Korridor integriert werden. Durch diesen Verkehrsweg könnten zusätzlich 5 Millionen bis 8 Millionen Tonnen Güter über aserbaidschanisches Gebiet transportiert werden, so das aserbaidschanische Verkehrsministerium. 

    Ob die Route realisiert wird, ist unklar, da Aserbaidschan auf einen zollfreien Transit ohne Grenzkontrollen durch den 43 Kilometer langen armenischen Abschnitt besteht, was Armenien ablehnt. Eine Einigung ist bisher nicht in Sicht.

    Für China und Zentralasien ist Aserbaidschan Tor zu europäischen Märkten 

    2025 wird ein Meilenstein in den aserbaidschanisch-chinesischen Transportbeziehungen: Über 1.000 Containerzüge aus China sollen entlang des Mittleren Korridors jährlich Aserbaidschan erreichen (Transit- und Importgüter). Im Jahr 2024 waren es 358.

    Ein weiterer Trend, von dem das Land profitiert: Zentralasiatische Binnenländer sehen die Kaukasusregion als Brücke zu europäischen Märkten. Usbekistan plant eine eigene Lagerinfrastruktur und einen Terminal im internationalen Seehafen Baku. 

    Die Kasachische Eisenbahn, die chinesische Xi'an Free Trade Port Construction and Operation Co. Ltd. und der Seehafen Baku kündigten die Errichtung eines Cargoterminals mit einem eigenen Kai, Lagerkomplex und Containerhof mit Platz für mehr als 1.000 Container ab etwa Mitte 2025 an.

    Die 2017 eröffnete, rund 840 Kilometer lange Bahntrasse von Baku nach Kars (Türkei) über Tiflis (Georgien) ist eine Schlüsselkomponente des Mittleren Korridors. Bis Mai 2024 wurden 1,5 Millionen Tonnen Güter transportiert. Nach der Modernisierung Mitte 2024 stieg die jährliche Kapazität von 1 Millionen auf 5 Millionen Tonnen.

    Frachtaufkommen im Mittleren Korridor steigt jährlich
     

    2022

    2023

    2024

    2030

    Transportvolumen in Mio. t

    1,5

    2,8

    3,3

    12,0 1)

    Container in TEU in 1.000 Einheiten 2)

    33,6

    20,5

    56,5

    k.A. 

    1 darunter 4 Millionen Tonnen Containerfracht (Prognose der Weltbank); 2 TEU: Container mit 20 Fuß Länge.Quelle: Vereinigung Trans-Caspian International Transport Route/TITR 2025; Weltbank 2024

    Von Uwe Strohbach | Baku

  • Armeniens "Crossroads of Peace" soll neue Transportwege öffnen

    Als "Kreuzung des Friedens" will Armenien Teil des Mittleren Korridor werden. Ein Friedensabkommen mit Aserbaidschan birgt Hoffnung für grenzüberschreitende Transportwege.

    Im Oktober 2023 legte der armenische Premierminister Nikol Pashinyan ein Konzept vor, nach dem Armenien und seine Nachbarländer Aserbaidschan und die Türkei gemeinsam ein Transport- und Infrastrukturnetzwerk entwickeln könnten. 

    Das ambitionierte Projekt "Kreuzung des Friedens" (Crossroads of Peace) zielt darauf ab, die teils seit den 1990er Jahren blockierten Grenzen Armeniens mit seinen Nachbarn Aserbaidschan und Türkei endlich wieder zu öffnen. Es bietet die große Chance, die Länder im Südkaukasus für freie Transportwege auf der Nord-Süd-Achse (Russland-Georgien-Armenien-Iran) und auf der Ost-West-Achse (Zentralasien-Aserbaidschan-Armenien-Türkei) zu verbinden.    

    Friedensvertrag mit Aserbaidschan ist Voraussetzung für regionalen Neustart 

    Unabdingbare Voraussetzung für die Aufhebung der wirtschaftlichen Isolation Armeniens und seine Einbindung in bestehende und neue regionale Infrastrukturprojekte einschließlich der Global-Gateway-Initiative der EU ist der Abschluss einer Friedensvereinbarung zwischen Armenien und Aserbaidschan. 

    Die Initiative "Kreuzung des Friedens" der armenischen Regierung soll bestehende Straßen und Bahntrassen zu den Anrainerstaaten wiederbeleben. Zu letzteren zählen Aserbaidschan, die aserbaidschanische Exklave Autonome Republik Nachitschewan, Georgien, Türkei und der Iran. Gleichzeitig dient der Vorstoß als Impuls für den Bau neuer Verkehrswege.

    Geplant ist zudem der Ausbau von Pipelines und Stromleitungen, die an die entsprechende Infrastruktur der Nachbarstaaten angebunden werden sollen. Armenien will sich auch am internationalen Projekt für die Verlegung eines 1.000-Kilovolt-Unterseekabels zwischen Anaklia (Georgien) und Constanta (Rumänien) beteiligen, eines mehrerer Flagship-Projekte von Global Gateway in der Region.

    Armenien benennt erste Projekte für "Kreuzung des Friedens" 

    Zu den Projekten der "Crossroads of Peace" gehören unter anderem: 

    • neue Grenzübergänge für den Straßenverkehr, darunter fünf zu Aserbaidschan (Kayan, Sotk, Karahunj, Angeghakot und Yeraskh) und zwei zur Türkei (Akhurik und Margara)
    • neue Grenzübergänge für den Bahnverkehr, darunter vier an der Grenze zu Aserbaidschan (Nrnadzor, Agarak, Yeraskh und Kayan) und einer an der Grenze zur Türkei (Akhurik) 
    • neue und modernisierte Bahntrassen, darunter Nrnadzor-Agarak im Süden Armeniens (43 Kilometer) und Hrazdan-Kayan in Zentral- und Nordarmenien (80 Kilometer) sowie kurze Anbindungen an Nachitschewan via Yeraskh (1 Kilometer) und an die Türkei via Gjumri (6 Kilometer).

    Armenien betrachtet das Gesamtprojekt als seinen Beitrag zum Ausbau des Mittleren Transportkorridors. Schon im ersten Jahr der wiederbelebten oder neuen Straßen- und Bahntrassen könnten bis zu 4,7 Millionen Tonnen Güter und 300.000 Passagiere über armenisches Territorium transportiert werden. So lautet die optimistische Prognose der armenischen Regierung. 

    Russland will Partnerschaft mit Aserbaidschan stärken 

    Das Großprojekt "Kreuzung des Friedens" stößt auf unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessenslagen der Anrainer und Nachbarländer. Diese können Armeniens Spielraum für eigene Projektentscheidungen deutlich einengen oder gar zunichte machen.

    Russland strebt heute mehr denn je eine Partnerschaft mit Aserbaidschan an: Das Land braucht die südkaukasische Republik für alternative Transportrouten in Richtung Indischer Ozean via Iran und nicht minder als Partner für die regionale Sicherheit. Auch setzt Russland auf das rohstoffreiche Land samt der dort vorhandenen Pipeline-Infrastruktur für Gaslieferungen nach Europa.

    Allein das jährliche Volumen im Schienengüterverkehr zwischen Russland und dem Iran via Aserbaidschan über den Transportkorridor Nord-Süd soll dank massiver Investitionen in den Ausbau der Verkehrswege bis 2027 auf 15 Millionen Tonnen und bis 2030 auf bis zu 60 Millionen Tonnen expandieren. Im Jahr 2022 wurden diese auf 3 Millionen Tonnen geschätzt.

    Armenische Initiative in schwierigem regionalen Umfeld 

    Zudem werden Armeniens Ambitionen, sich stärker westlich zu orientieren und selbstbestimmt zu agieren, durch zwei Faktoren erschwert: 

    1. das Fehlen einer von Russland unabhängige Sicherheitsarchitektur
    2. die hochgradige Verflechtung mit dem Handels- und Investitionspartner Russland. 

    Russische Firmen stehen für die Hälfte des in Armenien investierten ausländischen Kapitals. Russland liefert zu günstigen Konditionen Gas, Ölprodukte und andere für die armenische Wirtschaft wichtige Waren, darunter beispielsweise Diamanten. Ein erheblicher Teil der systemkritischen Infrastruktur befindet sich in russischer Hand oder wird von Russland verwaltet. Dazu zählen die Gas-,  Strom- und Bahninfrastruktur.

    EU-Mittel bieten Chance für Infrastrukturinitiative

    Die EU kann mit ihren Kofinanzierungsangeboten einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Armenien seine Infrastrukturpläne der "Kreuzung des Friedens" realisieren kann. Auch kann die EU Armenien dabei unterstützen, vom Mittleren Korridor zu profitieren. Die weniger ressourcenreichen südkaukasischen Länder Armenien und Georgien sind dabei besonders auf EU-Mittel, etwa im Rahmen der Global-Gateway-Initiative der EU, angewiesen. 

    Für alternative Transportrouten auf der Achse China/Zentralasien – Kaukasus/Europa gibt es Finanzierungzusagen europäischer und internationaler Finanzinstitute in Milliardenhöhe. Im Februar 2024 vereinbarten die EU und Armenien, die Arbeit an einer neuen Partnerschaftsagenda aufzunehmen.

    Von Uwe Strohbach | Eriwan

  • Armenien drängt mit Großprojekten auf globale Transportachsen

    Mit Projekten wie der Nord-Süd-Autobahn und dem Sangesur-Korridor will Armenien Teil internationaler Transportrouten werden. Eine Hürde bleibt die Einigung mit Aserbaidschan. (Stand: 06.02.2025)

    Wieder durchlässige und ausgebaute Transport- und Versorgungsrouten sind für die kleine Kaukasusrepublik Armenien eine große Chance, sich als wichtiger Partner für Transport und Logistik im Südkaukasus zu positionieren. Schwierig bleibt jedoch das geopolitische Umfeld des Landes mit den beiden Nachbarn Aserbaidschan und Türkei sowie mit Russland.

    Die Beziehungen zu Aserbaidschan sind nach dessen Eroberung der Konfliktregion Berg-Karabach angespannt. Viele Fragen für die Neuordnung der bilateralen Beziehung sind noch nicht geklärt. Auch die weiterhin geschlossene Grenze zur Türkei behindert Armenien dabei, sich als attraktiver Wirtschaftspartner im Südkaukasus zu positionieren. Armenien und Aserbaidschan sind jedoch entschlossen, ihre Beziehungen zu normalisieren. Im Rahmen des gestarteten Entspannungsprozesses fanden zwischen den Sonderbeauftragen der zwei Nachbarländer bislang fünf Gespräche statt. Sichtliche Fortschritte in den Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien lassen jedoch noch auf sich warten.

    Armenien treibt Bau der Nord-Süd-Autobahn voran

    Aktuell setzt Armenien mit finanzieller Unterstützung von Geberbanken nur ein größeres international ausgerichtetes Projekt um: den Bau der 556 Kilometer langen Autobahn Nord-Süd. Die EU unterstützt das Vorhaben als Flagship-Projekt von Global Gateway. Die Autobahn grenzt im Norden an Georgien und im Süden an den Iran. Armenien verspricht sich über diese Trasse perspektivisch einen Zugang zum iranischen Hafen Chabahar. Dort erwägt es den Bau oder Erwerb eines Terminals. Die Verbindung böte über den Hafen Mumbai Transportmöglichkeiten bis nach Indien

    Bau des südlichen Abschnitts startet wohl 2024

    Baustart der Nord-Süd-Autobahn war bereits im Jahr 2012. Deren Gesamtkosten gibt das Transportministerium mit circa 3,5 Milliarden US-Dollar (US$) an. Davon entfallen etwa 1,5 Milliarden US$ auf den südlichen Abschnitt zwischen Kadscharan und Agarak an der Grenze zu Iran. Der Startschuss für diesen Teilabschnitt soll im 2. Halbjahr 2024 erfolgen. 

    Im Jahr 2024 fließen etwa 110 Millionen US$ in das Projekt. Das Transportministerium rechnet nicht vor 2030 mit dessen Fertigstellung, obwohl die Inbetriebnahme der gesamten Autobahn ursprünglich schon für 2019 vorgesehen war. 

    Bau des Nord-Südkorridors in Armenien beginnt abschnittsweiseBauabschnitte, Stand 1. August 2024
    AbschnitteLängeProjektkosten (Mio. US$)Projektstadium 
    Sisian-KadscharanGesamtlänge: 60 km (darunter 27 Brücken mit 4,7 km Länge und 9 Tunnel mit 12,5 km Länge) 920 (zugesagte Kofinanzierung durch EBRD über 236 Mio. Euro und Eurasischen Fonds für Stabilisierung und Entwicklung über 150 Mio. US$)Präqualifikationsrunde abgeschlossen, zz. Gespräche mit  weiteren potenziellen Kreditgebern    
    Kadscharan-TunnelLänge: 7 km250 (Kofinanzierung durch den Eurasischen Fonds für Stabilisierung und Entwicklung über 200 Mio. US$)Ausschreibung läuft
    Kadscharan-Agarak/ Grenze zum IranGesamtlänge: 32 km (17 Brücken, 2 Tunnel)215 (Kofinanzierung durch die Eurasische Entwicklungsbank über 150 Mio. US$)Bauausführung 2024 bis 2028: Abad Rahan Pars und Tunnel Sadd Ariana (Iran)
    Quelle: Armenisches Ministerium für territoriale Verwaltung und Infrastruktur 2024; Staatliche armenische Organisation Road Department 2024

    Armeniens Jahrhundertprojekt: ein umstrittener Korridor 

    Armenien dürfte insbesondere vom künftigen, durch Südarmenien führenden sogenannten Sangesur-Korridor profitieren. Es handelt sich dabei vor allem um eine armenische Bahn- und Straßentrasse, die in Ost-West-Richtung von Aserbaidschan über Armenien und die Autonome Republik Nachitschewan bis in die Türkei verlaufen soll.

    Die aserbaidschanischen Trassen als Zuwegung des Korridors nähern sich der Fertigstellung: Der Straßenabschnitt Baku-Horadis ist bereits gebaut. Der verbleibende 124 Kilometer lange Abschnitt Horadis-Dschäbrajil-Sangilan-Agbend an der Grenze zu Armenien dürfte gegen Ende 2024/Anfang 2025 in Betrieb gehen. Die Arbeiten an der 110 Kilometer langen Bahntrasse Horadiz-Agbend/ Grenze zu Armenien sind zu etwa 60 Prozent ausgeführt (Stand: 1. August 2024).

    Einigung beim Sangesur-Korridor steht noch aus

    Ob und wann der Korridor durch die südarmenische Region Sjunik errichtet wird, ist noch mit einem großen Fragezeichen versehen. Aserbaidschan besteht darauf, dass von ihm abgewickelte Transporte den armenischen Abschnitt der Trasse ohne Grenz- und Zollabfertigung passieren können. Armenien verweist zu Recht auf seine territoriale Souveränität. Anzeichen dafür, dass Aserbaidschan von seiner Forderung nach einer Route vom aserbaidschanischen Kernland in die Exklave Nachitschewan ohne Grenzkontrollen und Zoll durch Armenien abrückt, gibt es bisher nicht.

    Nachitschewan

    Die südwestlich des Sangesur-Bergkamms gelegene Autonome Republik Nachitschewan ist eine Exklave Aserbaidschans zwischen der Türkei, Iran und Armenien. Sie ist durch einen rund 50 Kilometer breiten armenischen Streifen vom aserbaidschanischen Kernland getrennt. Nachitschewan zählt 468.600 Einwohner, die gleichnamige Hauptstadt 97.000 Bewohner (1. Januar 2024). Die Exklave hat eine eigene Verfassung und ein eigenes Parlament. Ihr Anteil am jährlichen Bruttoinlandsprodukt Aserbaidschans beträgt circa 2,3 Prozent. 

    Die Lösung der Sangesur-Korridor-Frage gilt als eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluss einer Friedensvereinbarung zwischen Armenien und Aserbaidschan. Auch ist sie Bedingung für die Aufhebung der Transportblockade gegen Armenien durch Aserbaidschan und die Türkei. Der Text einer solchen Vereinbarung sei bereits zu 80 bis 90 Prozent abgestimmt, gab der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew Ende Juli 2024 offiziell bekannt. Sollte es zu einem Friedensvertrag kommen, will die EU den Bau eines Zoll- und Logistikzentrums an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze (Yerevan Customs and Logistics Centre) unterstützen. Es handelt sich dabei um ein Flagship-Projekt der EU-Initiative Global Gateway.

    Armenien und Aserbaidschan formulieren weitere Vorbedingungen für Einigung

    Es gebe aber – neben der Lösung der Modalitäten für die Errichtung des Sangesur-Transportkorridors – noch weitere offene Fragen: So fordert Alijew die Auflösung der Minsk-Gruppe (internationale OSZE-Initiative zur Lösung des Bergkarabach-Konflikts) sowie Änderungen in der armenischen Verfassung. Diese enthält strittige Passagen zu einer perspektivischen Vereinigung Armeniens mit der zu Aserbaidschan gehörenden Berg-Karabach-Region. Die armenische Seite wiederum verweist darauf, dass im Gegenzug zu möglichen Änderungen seiner Verfassung in offiziellen aserbaidschanischen Dokumenten sämtliche Verweise auf Armenien als feindlichem Nachbarn getilgt werden müssten.

    Der Abschluss des Friedensvertrages setzt zudem weitere Fortschritte bei der Demarkation der etwa 1.000 Kilometer langen Staatsgrenze zwischen Aserbaidschan und Armenien voraus. Bei der Festlegung des Grenzverlaufs lassen sich erste Fortschritte beobachten. 

    Armenien hat ungeachtet bisher noch ungelöster Fragen in den Beziehungen mit Aserbaidschan seine Bereitschaft zur Unterzeichnung des Friedensabkommens bekundet. Eine klare Antwort auf aserbaidschanischer Seite steht bisher aus. Unbestritten dürfte sein, dass das Friedenabkommen nur ein erster – wenn auch besonders wichtiger Schritt – für die Neuordnung der bilateralen Beziehungen darstellen wird. Viele Detailfragen, einschließlich einer möglichen Rückkehr der Berg-Karabach-Armenier in ihre Heimatregion, dürften wohl erst später auf die Agenda bilateraler Gespräche gelangen.

    Von Uwe Strohbach | Eriwan

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