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Neue Wege, neue Chancen: Aserbaidschan baut Logistiksektor aus
Die Kaukasusrepublik positioniert sich als bedeutendes Transitland im globalen Warenverkehr. Neue Initiativen fördern den Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur. (Stand: 10.02.2025)
Von Uwe Strohbach | Baku
Aserbaidschan entwickelt sich zunehmend zu einem bedeutenden internationalen Logistikdrehkreuz. Durch den Ausbau der Verkehrsnetze stärkt das Land seine Rolle als Brücke zwischen Europa und Asien. Die Transport- und Logistikbranche des Südkaukasuslandes gilt als ein perspektivreicher Wirtschaftszweig mit vielfältigen Kooperations-, Liefer- und Investitionschancen.
Aserbaidschans Logistiksektor erlebt Investitionsschub
Die Investitionen in die Transport- und Logistiksektor haben in den letzten Jahren stark angezogen. Sie könnten sich mittelfristig auf 2,5 Milliarden bis 3,0 Milliarden US-Dollar einpegeln. Allerdings ist die offizielle Statistik unvollständig. Ausgaben für Unternehmensumstrukturierungen, Dienstleistungen, Umweltprojekte und den Wiederaufbau der Region Karabach sind nur unzureichend berücksichtigt.
Zahlreiche staatliche und private Initiativen beleben die Investitionen in dem Sektor:
- ein Strategiedokument der Aserbaidschanischen Eisenbahn,
- ein Aktionsplan für den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur,
- Modernisierungs- und Ausbaupläne für Straßenbau und Seetransport,
- Projekte für den Wiederaufbau und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Karabach und
- neue Logistikprojekte privater Unternehmen.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | |
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Investitionen, insgesamt 1) | 1.166 | 1.594 | 2.661 | 2.596 |
Lagerei und sonstige Dienstleistungen für den Verkehr 2) | 905 | 1.472 | 2.520 | 2.453 |
Straße, Bahn, Schifffahrt und Rohrfernleitungen | 261 | 122 | 141 | 143 |
Chancen für deutsche Unternehmen
Die damit verbundenen Investitionspläne bergen vielfältige Anknüpfungspunkte für eine Kooperation mit ausländischen Partnern. Geschäftsfelder für deutsche Unternehmen bieten Beratung, Zulieferungen sowie Aus- und Weiterbildung. Deutsche Ingenieurgesellschaften wie SSF Ingenieure AG und Kocks Consult GmbH sind bereits aktiv. Die AzVirt GmbH, an der Martin Beteiligungs GmbH & Co. KG und Walz GmbH & Co. KG beteiligt sind, engagiert sich im Straßenbau und Flughafenbau.
Deutsche Bahnunternehmen erkundeten im Oktober 2024 in Baku Geschäftsmöglichkeiten mit aserbaidschanischen Partnern. Die Firmen repräsentieren Produktgruppen wie Schienenverbindungen, Übergangssysteme für Bahnen sowie Zugsteuerungs- und Sicherheitssysteme. Die Gespräche fanden im Rahmen einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Geschäftsanbahnungsreise statt.
Strategische Lage und geopolitische Verschiebungen stärken Transitrolle
Angesichts globaler Konflikte entlang traditioneller Transportwege, gewinnen der transkaukasische und transkaspische intermodale Korridor an Bedeutung. So hat Aserbaidschan aufgrund seiner günstigen Lage an diesen Transportwegen gute Chancen, sich zu einem Knotenpunkt für den Gütertransport zu entwickeln.
Aserbaidschan als Drehkreuz für internationalen Warentransit
Durch seine strategische Lage am Kaspischen Meer verbindet das Land Europa mit Asien und Russland mit dem Nahen Osten.
Eine zentrale Rolle dabei spielen zwei Transportkorridore, die Aserbaidschan queren und in deren Ausbau sich das Südkaukasusland verstärkt einbringen will:
- der Mittlere Transportkorridor (Ost-West-Korridor) als Alternative zur nördlichen Route via Russland: von Südostasien/China nach Europa via Zentralasien, Kaspisches Meer, Aserbaidschan und Georgien und
- der sich noch in einer frühen Entwicklungsphase befindende westliche Zweig des Nord-Süd-Transportkorridors als Alternative zum Suezkanal: von St. Petersburg/Russland nach Indien (Hafen Mumbai) via Aserbaidschan, Iran, Persischer Golf/Arabisches Meer.
| 2023 | 2024 *) |
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Frachtumschlag, insgesamt | 32,8 | 30,2 |
Bahntransport | 14,8 | 13,9 |
Automobiltransport | 9,6 | 9,1 |
Seetransport | 8,5 | 7,2 |
Transite, insgesamt (Bahn, Lkw und See) | 18,6 | 17,3 |
Anteil am gesamten Frachtumschlag in % | 56,7 | 57,3 |
Geplanter Nord-Südkorridor verspricht hohe Transiteinnahmen
Branchenkenner schätzen, dass Aserbaidschan allein aus dem Nord-Süd-Korridor ab 2030 jährliche Einnahmen von 2,5 Milliarden US-Dollar und mehr erzielen könnte. Weitere internationale Transportrouten sind geplant wie:
- der Lapis-Lazuli-Korridor (Afghanistan - Turkmenistan - Aserbaidschan - Georgien/Türkei/Europa);
- der Sangesur-Korridor (Aserbaidschan - Armenien - Exklave Nachitschewan - Türkei).
Sangesur-Korridor verspricht 5 Millionen bis 8 Millionen Tonnen mehr Gütertransit
Aserbaidschan plant eine neue Transportroute, den Sangesur-Korridor (auch Nachitschewan-Korridor), von der Hauptstadt Baku über die südarmenische Region Sjunik in die zu Aserbaidschan gehörige Autonome Republik Nachitschewan und weiter in die Türkei. Diese Route soll die Exklave Nachitschewan besser an das Mutterland anbinden und in den Mittleren Korridor integriert werden. Durch diesen Verkehrsweg könnten zusätzlich 5 Millionen bis 8 Millionen Tonnen Güter über aserbaidschanisches Gebiet transportiert werden, so das aserbaidschanische Verkehrsministerium.
Ob die Route realisiert wird, ist unklar, da Aserbaidschan auf einen zollfreien Transit ohne Grenzkontrollen durch den 43 Kilometer langen armenischen Abschnitt besteht, was Armenien ablehnt. Eine Einigung ist bisher nicht in Sicht.
Für China und Zentralasien ist Aserbaidschan Tor zu europäischen Märkten
2025 wird ein Meilenstein in den aserbaidschanisch-chinesischen Transportbeziehungen: Über 1.000 Containerzüge aus China sollen entlang des Mittleren Korridors jährlich Aserbaidschan erreichen (Transit- und Importgüter). Im Jahr 2024 waren es 358.
Ein weiterer Trend, von dem das Land profitiert: Zentralasiatische Binnenländer sehen die Kaukasusregion als Brücke zu europäischen Märkten. Usbekistan plant eine eigene Lagerinfrastruktur und einen Terminal im internationalen Seehafen Baku.
Die Kasachische Eisenbahn, die chinesische Xi'an Free Trade Port Construction and Operation Co. Ltd. und der Seehafen Baku kündigten die Errichtung eines Cargoterminals mit einem eigenen Kai, Lagerkomplex und Containerhof mit Platz für mehr als 1.000 Container ab etwa Mitte 2025 an.
Die 2017 eröffnete, rund 840 Kilometer lange Bahntrasse von Baku nach Kars (Türkei) über Tiflis (Georgien) ist eine Schlüsselkomponente des Mittleren Korridors. Bis Mai 2024 wurden 1,5 Millionen Tonnen Güter transportiert. Nach der Modernisierung Mitte 2024 stieg die jährliche Kapazität von 1 Millionen auf 5 Millionen Tonnen.
2022 | 2023 | 2024 | 2030 | |
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Transportvolumen in Mio. t | 1,5 | 2,8 | 3,3 | 12,0 1) |
Container in TEU in 1.000 Einheiten 2) | 33,6 | 20,5 | 56,5 | k.A. |