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Asiatische Entwicklungsbank gibt mehr Geld für neue Projekte
Die Bank will ihr Ausleihvolumen weiter steigern. Grenzüberschreitende Herausforderungen wie der Klimawandel stehen im Fokus und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist gefragt.
03.06.2024
Von Dorothea Netz | Bonn
Bei ihrer Jahrestagung Anfang Mai 2024 in der georgischen Hauptstadt Tiflis stellte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) ihre Ergebnisse für das Jahr 2023 vor und stimmte mit ihren 68 Mitgliedsländern die Ausrichtung für die Folgejahre ab.
Die Neuzusagen der ADB stiegen 2023 um 25 Prozent auf knapp 40 Milliarden US-Dollar (US$), nach zwei Jahren mit sinkenden Mitteln für neue Projekte. Die Bank rechnet sowohl Eigenmittel als auch Kofinanzierungen mit ein. Letztere stiegen sogar um 43 Prozent.
Durch eine Reform des Kapitalmanagements der Bank wird sich ihr jährliches Ausleihvolumen in den kommenden Jahren voraussichtlich um bis zu 40 Prozent erhöhen. Der Asiatische Entwicklungsfonds (ADF), aus dem Vorhaben für ärmere Staaten zu vergünstigten Konditionen finanziert werden, startet 2024 mit einer Rekordauffüllung von 5 Milliarden US$ in eine neue Phase.
Inhaltliche Schwerpunkte legt die Bank auf die Unterstützung ihrer Zielländer bei der Bewältigung grenzüberschreitender Krisen und Konflikte. Die ADB will dabei eng mit privaten Investoren, Unternehmen sowie anderen multilateralen Entwicklungsbanken zusammenarbeiten.
Einbindung der Privatwirtschaft für Dekarbonisierung
Prioritäres Thema der Bank ist der Klimawandel, dessen Folgen in Asien immer drastischer werden. Extremwettereignisse und Klimamigration nehmen zu, die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Im Jahr 2023 stellte die ADB Klimafinanzierung in Höhe von 9,8 Milliarden US$ bereit, ein neuer Höchstwert. 5,5 Milliarden US$ entfielen auf Minderungsmaßnahmen, 4,3 Milliarden US$ auf Projekte zur Anpassung an die Erderwärmung. Der Großteil davon geht an Regierungen der ausleihenden Mitgliedsstaaten für Projekte in den Bereichen nachhaltiger Transport, Energie sowie Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.
Die ADB analysiert, wie steigende Temperaturen und Hitzewellen den Alltag der Menschen in Asien beeinträchtigen. Besonders ärmere Bevölkerungsgruppen, Frauen aber auch Arbeiter und Arbeiterinnen sind gefährdet. Die Bank plant dies in ihren Projekten künftig noch stärker mitzudenken, zum Beispiel in den Bereichen Stadtplanung und sozialen Wohnungsbau.
An private Investoren vergab die ADB 2023 Kredite und Garantien in Höhe von 1 Milliarde US$. Bisher konzentriert sich die Bank dabei auf Energieprojekte. Zunehmend rücken auch Klimaprojekte im Industrie- und Agrarsektor in den Fokus, wie Suzanne Goboury, Direktorin des Privatsektorgeschäfts der ADB, auf einem Panel in Tiflis erklärte. Es gibt Leuchttürme in vielen Schwellenländern Asiens, die den Umbau ihres Energiesektors von fossilen zu erneuerbaren Quellen vorantreiben. In der Diskussion wurde Usbekistan als ein Beispiel genannt. Auch das Thema Dekarbonisierung in Lieferketten steht auf der Agenda der Bank.
Mithilfe innovativer Ansätze soll mehr privates Kapital für Transformationsprojekte mobilisiert werden. Wie dies besser gelingen kann, wurde auf der Jahrestagung intensiv diskutiert. Es herrschte Konsens darüber, dass in den nächsten Jahren Investitionen in Milliardenhöhe notwendig sind, um dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen. Öffentliche Mittel können nur einen kleinen Anteil davon ausmachen und als Anschubfinanzierung oder Derisking dienen.
Unternehmen als Lösungsanbieter gefragt
Die ADB möchte ihre Kooperation und die Netzwerke mit Unternehmen und privaten Investoren insgesamt ausbauen. Nicht nur als Kunden im Kreditgeschäft oder Partner in der Finanzierung von Klimaprojekten, sondern auch, um innovative Lösungen für die Dekarbonisierung in verschiedenen Wirtschaftssektoren zu finden und zu skalieren. Dies ist Teil der aktuellen Reformstrategie der Bank. Für Cleantech-Unternehmen stehen die Zeichen für einen Austausch mit den Spezialisten der Bank gerade gut, ob am Hauptsitz in Manila oder in den Länderbüros der ADB.
Konkrete Geschäftsmöglichkeiten gibt es bei Aufträgen im Rahmen von ADB-finanzierten Projekten in den ausleihenden Mitgliedsländern der Region. Im Jahr 2023 wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 14,5 Milliarden US$ beschafft. Auftraggeber sind öffentliche Stellen vor Ort, die Aufträge gemäß den Beschaffungsvorgaben der Bank vergeben.
Diese Vorgaben werden derzeit reformiert. Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien sowie Lebenszykluskosten nehmen einen immer höheren Stellenwert ein. Bereits 2017 veröffentlichte die ADB neue Regularien, die in den vergangenen Jahren weiter ergänzt wurden. Jeff Taylor, Chief Procurement Officer der ADB, erklärte in Tiflis, die Bank versuche, innovative Anbieter vor allem im Bereich Cleantech zu finden und den Markt künftig intensiver sondieren zu wollen. Im Laufe des Jahres 2024 will die ADB ein Punktesystem für Qualitätsaspekte als Standardverfahren einführen und entsprechende Richtlinien veröffentlichen. Auch die Safeguards der ADB werden gerade aktualisiert. Die Entwürfe befinden sich im Konsultationsprozess. Zu beiden Themen gibt es einen engen Austausch mit anderen Entwicklungsbanken.
ADB setzt Reformen in Kooperation mit anderen Entwicklungsbanken um
Gemeinsam mit anderen multilateralen Entwicklungsbanken durchläuft die ADB einen umfassenden Reformprozess, um das vorhandene Kapital noch effizienter einzusetzen und als Hebel zu nutzen. Die Ausleihkapazität der ADB für die Folgejahre wurde bereits im Rahmen einer Reform des Kapitalmanagements erhöht.
Synergien mit anderen Banken – wie der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) – sollen stärker genutzt werden. Ein Beispiel sind Due Diligence Prozesse, die oftmals von jeder Bank einzeln für dasselbe Projekt durchgeführt werden.