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Australien forciert den Abbau von seltenen Erden
Bei der Gewinnung von Seltenerdelementen hat das Land mehr als den klassischen Bergbau im Blick. Angeschlossene Weiterverarbeitungsketten sollen eine Alternative zu China bieten.
07.03.2023
Von Heiko Stumpf | Sydney
Australische Bergbauunternehmen wollen die Dominanz Chinas auf dem Weltmarkt für seltene Erden brechen. Nach Statistiken des U.S. Geological Survey war die Volksrepublik im Jahr 2022 für rund 70 Prozent der Minenproduktion von Seltenerdoxiden verantwortlich. Zudem werden große Teile aus der Förderung anderer Staaten zur Weiterverarbeitung dort hingeschickt. China dürfte deshalb etwa 80 bis 90 Prozent der raffinierten seltenen Erden kontrollieren.
"Australien bietet stabile Rahmenbedingungen und zahlreiche Minenprojekte für seltene Erden befinden sich im fortgeschrittenen Stadium", sagt Industrieveteran Alister Macdonald. Er berät mit seinem Unternehmen Technical Ceramic Marketing Services Projekte mit Bezug zu kritischen Mineralien:
"Für die europäische Industrie eröffnet dies zahlreiche Chancen, die Versorgung mit seltenen Erden zu diversifizieren und die Abhängigkeit von China zu reduzieren."
Weltweit größte Abbaustätte außerhalb Chinas wird ausgebaut
Fest etablierter Platzhirsch in Australien ist das Unternehmen Lynas Rare Earths. Mit Mount Weld im Bundesstaat Western Australia betreibt Lynas eine der weltweit größten und reichhaltigsten Minen für seltene Erden. Hauptprodukte sind die leichten seltenen Erden Neodym und Praseodym. Sie werden für die Herstellung von Permanentmagneten in Elektromotoren oder in Generatoren, beispielsweise für Windräder, benötigt.
Bis 2024 will Lynas die Jahresproduktion von 7.000 Tonnen auf 12.000 Tonnen Neodym-Praseodym (NdPr)-Äquivalent steigern. Das in Mount Weld geförderte Material verschifft das Unternehmen zu seiner Raffinerie bei Kuantan in Malaysia. Mit dieser Wertschöpfungskette ist es derzeit der einzige bedeutende Produzent von raffinierten seltenen Erden außerhalb Chinas.
Diese Sonderstellung dürfte Lynas jedoch schon bald verlieren. In Australien arbeiten mehrere Unternehmen mit Hochdruck daran, eigene Wertschöpfungsketten aufzubauen.
Zahlreiche Newcomer drängen in den Markt
Iluka Resources plant den Bau einer Raffinerieanlage für rund 830 Millionen US-Dollar (US$) in Eneabba. Nach der geplanten Inbetriebnahme im Jahr 2025 soll diese pro Jahr rund 17.500 Tonnen an Seltenerdoxid produzieren. Die Finanzierung erfolgt zu etwa 90 Prozent über Förderkredite der australischen Regierung. Versorgt werden soll die Anlage mit Seltenerdkonzentrat, das aus den Abraumhalden einer benachbarten Mine für Mineralsand gewonnen wird.
Das Unternehmen entwickelt zudem die Wimmera Lagerstätte im Bundesstaat Victoria. Auch gegenüber der Zusammenarbeit mit Dritten zeigt es sich offen. Bereits vereinbart ist eine Kooperation mit Northern Minerals, um seltene Erden aus der geplanten Browns Range Mine zur Weiterverarbeitung zu beziehen.
Für deutsche Unternehmen bieten sich Abnahmechancen
Noch im 1. Quartal 2023 will Arafura Rare Earths die finale Investitionsentscheidung für das Nolans Projekt treffen. Das Vorhaben im Northern Territory kombiniert eine Abbaustätte für seltene Erden mit einem angeschlossenen Weiterverarbeitungskomplex. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 1,1 Milliarden US$. Nach der für 2025 vorgesehenen Inbetriebnahme will Arafura pro Jahr durchschnittlich 4.400 Tonnen NdPr auf den Markt bringen.
"Unseren ersten bindenden Abnahmevertrag mit den koreanischen Autobauern Hyundai und Kia haben wir im November 2022 unter Dach und Fach gebracht", sagt Gavin Lockyer, Geschäftsführer von Arafura Rare Earths.
"Bislang haben wir aber erst 40 Prozent der Produktionsmenge verkauft, die wir über langfristige Abnahmeverträge anbieten können. Mit europäischen und deutschen Unternehmen verhandeln wir derzeit über weitere Verträge", so Lockyer.
Geschäftliche Beziehungen zu deutschen Unternehmen hat auch Hastings Technology Metals. Für die Abnahme von seltenen Erden aus dem Yangibana-Projekt bestehen bereits Rahmenverträge mit Thyssenkrupp und Schaeffler. Erste Vorarbeiten laufen bereits, so dass der Minenbetrieb Anfang 2025 starten kann.
In einer angeschlossene Aufbereitungsanlage in der Ortschaft Onslow wird Hastings pro Jahr rund 15.000 Tonnen des Zwischenprodukts Seltenerdkarbonat produzieren. Die anschließend erforderliche Weiterverarbeitung zu Seltenerdoxid müssen Drittunternehmen vornehmen. Dazu wird eine Kooperation mit Neo Performance Materials aus Kanada angestrebt.
Das Unternehmen Australian Strategic Materials wiederum schafft eine Wertschöpfungskette, die von der Mine bis fast zum Magneten reicht. Bereits Mitte 2022 ging im südkoreanischen Ochang eine Anlage zur Herstellung von Seltenerdmetallen in Betrieb. Diese kann Vorprodukte für Permanentmagnete wie Neodym-Eisen-Bor produzieren. Ab 2027 soll das Dubbo-Projekt im Bundesstaat New South Wales Seltenerdoxid an das koreanische Werk liefern.
Suche nach Vorkommen in ionischem Ton läuft
Die bislang in Australien entdeckten Vorkommen von seltenen Erden lagern in der Regel in harten Gesteinsformationen. Dies macht den Abbau kompliziert. Das Erz muss aus dem Fels gesprengt und aufwendig aufbereitet und weiterverarbeitet werden. Als eine Art heiliger Gral in der Welt der seltenen Erden gelten deshalb Vorkommen in ionischem Ton.
Diese enthält neben NdPr auch hohe Konzentrationen von schweren seltenen Erden wie Terbium und Dysprosium, die beim Bau von Permanentmagneten unentbehrlich sind. Zudem kann der Abbau mit einfachen Methoden im Tagebau erfolgen. Die Weiterverarbeitung kommt mit deutlich weniger Prozessschritten aus.
Allerdings werden seltene Erden aus ionischem Ton bislang nur in Asien, insbesondere in China und Myanmar abgebaut. Nun macht sich eine ganze Schar von Explorationsunternehmen daran, die begehrten Vorkommen auch in Australien aufzuspüren. Australian Rare Earths will das bereits fortgeschrittene Koppamurra Project (South Australia) 2025/2026 in Betrieb nehmen. Ein weiteres Cluster bildet sich bei Esperance (Western Australia) heraus.