Deutsche Wettbewerbsposition | Australien
Deutschland ist bedeutender Handelspartner
Hochwertige Lebensmittel oder Haushaltsgeräte aus Deutschland sind ebenso gefragt wie Spezialmaschinen. Das geplante Freihandelsabkommen wird den Handel vereinfachen.
17.02.2022
Von Heiko Stumpf | Sydney
Australien ist trotz seiner nur knapp 26 Millionen Einwohner nach China, Japan, Indien und Südkorea die fünftgrößte Volkswirtschaft im Raum Asien-Pazifik. Dies schlägt sich auch in der außenwirtschaftlichen Bedeutung für Deutschland nieder, die im Zuge der großen Entfernung häufig unterschätzt wird. So war Australien im Jahr 2020 der wichtigste Abnehmer deutscher Exporte in der Region Südostasien-Ozeanien, mit deutlichem Abstand vor einzelnen Staaten des Verbands Südostasiatischer Nationen ASEAN wie Singapur, Malaysia, Thailand oder Vietnam.
Dabei vereint Australien eine hohe Kaufkraft mit zahlreichen kapitalintensiven Wirtschaftszweigen wie Bergbau oder Landwirtschaft. Dies sorgt für eine diversifizierte Importnachfrage: Hochwertige Lebensmittel oder Haushaltsgeräte aus Deutschland sind ebenso gefragt wie schwere Spezialmaschinen.
Mit großen Produktionsstätten sind deutsche Unternehmen in Australien jedoch nicht vertreten. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf Niederlassungen für den Vertrieb und After-Sales-Service.
Australien importierte 2020 laut UN Comtrade Waren im Wert von 212 Milliarden US-Dollar (US$), davon stammten 4,6 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag das Land auf Rang 27 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte. |
Australien exportierte 2020 Waren im Wert von 245 Milliarden US$. Davon gingen 0,8 Prozent nach Deutschland – Rang 41 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte. |
Laut Deutscher Bundesbank waren 2019 rund 783 deutsche Unternehmen in Australien ansässig, hauptsächlich in den Bundesstaaten New South Wales und Victoria. Damit stellen deutsche Firmen etwa 103.000 Arbeitsplätze im Land. |
Geplantes Freihandelsabkommen wird deutsche Marktposition verbessern
China zog in den vergangenen Jahren an allen Konkurrenten vorbei und ist mit Abstand Australiens Hauptlieferant. Knapp 30 Prozent aller australischen Importe kamen 2020 aus der Volksrepublik. Dabei profitiert China von einer Schwäche Australiens: Die einst vorhandene breite industrielle Basis ging in den vergangenen drei Jahrzehnten Stück für Stück verloren. Fertigerzeugnisse müssen dadurch zu großen Teilen importiert werden. China kann seine Stärke als Werkbank der Welt voll ausspielen.
Deutschland hielt seinen Lieferanteil zuletzt relativ konstant bei knapp 5 Prozent und war damit im Jahr 2020 nach China, den USA, Japan und Thailand das fünftwichtigste Lieferland Australiens. Damit stehen vor Deutschland ausschließlich Länder, die allesamt bereits ein Freihandelsabkommen mit Australien abgeschlossen haben. Das sich in Verhandlung befindliche Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Australien dürfte die deutsche Wettbewerbssituation künftig verbessern.
Deutsche Maschinenexporte halten sich wacker
Das wichtigste deutsche Exportgut sind traditionell Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile. Infolge der Coronapandemie verlor diese Produktgruppe allerdings Anteile. Stattdessen waren 2020 Maschinen mit einem Anteil von 22,4 Prozent das wichtigste deutsche Exportgut.
Bei Maschinen konnte Deutschland 2020 seinen Marktanteil von etwa 10 Prozent behaupten und Japan vom dritten Platz verdrängen. Die Vereinigten Staaten mussten gegenüber China hingegen deutlich Federn lassen.
In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach in Deutschland gebauten Bergbau- und Baumaschinen gestiegen. Der deutsche Anteil an Australiens Importen 2020 betrug in dieser Produktgruppe 7,7 Prozent. Die Wettbewerbssituation für deutsche Unternehmen ist gut. Die Minenbetreiber setzen auf hohe Qualität und wollen maschinelle Ausfallzeiten um jeden Preis vermeiden. Zudem zieht der Investitionszyklus in der australischen Rohstoffindustrie wieder an. Die Nachfrage nach Baumaschinen profitiert von großen Infrastrukturprogrammen. Bei Landmaschinen kamen deutsche Fabrikate zuletzt auf einen Anteil von 17 Prozent.
Im Bereich der chemischen Erzeugnisse konnte Deutschland seinen Anteil steigern, Pharmazeutika bilden dabei den größten Ausfuhrposten.
Rang (2020) | Produkt | 2000 | 2010 | 2020 |
---|---|---|---|---|
Maschinen 2) | ||||
1 | China | 2,7 | 12,1 | 22,7 |
2 | USA | 32,5 | 25,9 | 21,0 |
3 | Deutschland | 9,9 | 10,1 | 9,9 |
Kfz und -Teile 3) | ||||
1 | Japan | 55,1 | 36,0 | 31,0 |
2 | Thailand | 5,4 | 15,3 | 17,7 |
3 | USA | 9,8 | 9,3 | 10,4 |
5 | Deutschland | 8,9 | 11,4 | 7,7 |
Chemische Erzeugnisse 4) | ||||
1 | USA | 28,3 | 18,6 | 17,8 |
2 | China | 2,7 | 8,0 | 16,4 |
3 | Deutschland | 7,9 | 7,3 | 9,6 |
Australien kann Beitrag zur Rohstoffsicherheit liefern
Dank seiner reichhaltigen Bodenschätze entwickelt sich Australien zu einem strategisch wichtigen Lieferanten für Batterierohstoffe und kritische Mineralien. Für Lithium ist Down Under bereits der weltweit größte Produzent. Hinzu kommen zahlreiche Projekte für Nickel, Kobalt, Kupfer oder Graphit.
Dabei bemühen sich australische Bergbauunternehmen um nachhaltige Produktionsprozesse. Durch den Einsatz von erneuerbarer Energie und emmissionsfreien Minenfahrzeugen soll der CO2-Fußabdruck bei der Förderung von Rohstoffen für Batterien reduziert werden. Dies eröffnet Potentiale zur Zusammenarbeit bei der grünen Ausgestaltung von Zulieferketten, beispielsweise für die Automobilindustrie.
Insbesondere im Bereich der seltenen Erden will sich Australien als alternativer Lieferant zu China etablieren. Dazu wird verstärkt in die direkte Weiterverarbeitung vor Ort investiert. Auch erste Abnahmeverträge mit deutschen Unternehmen wurden bereits geschlossen.