Deutsche Wettbewerbsposition | Singapur
Deutsche Exporteure beliefern über Singapur ganz Südostasien
Der Stadtstaat profitiert von seiner Lage als Drehscheibe für die ASEAN-Region. Deutsche Unternehmen liefern klassische Exportschlager und nutzen den Standort als Logistikhub.
06.05.2022
Von Katharina Viklenko | Bonn
Zwar verfügt Singapur mit nur knapp 6 Millionen Einwohnern über einen relativ kleinen Binnenmarkt. Aufgrund der hervorragend ausgebauten Infrastruktur und der vorteilhaften geographischen Lage fungiert das Land aber als bedeutender Warenumschlagplatz für Südostasien. Ein erheblicher Teil der eingeführten Erzeugnisse wird reexportiert. Traditionell gehen mehr als ein Viertel der deutschen Exporte in den Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) nach Singapur, von wo aus die Waren zum Großteil weiter in die Region verteilt werden. Innerhalb der Europäischen Union (EU) ist Deutschland der größte Handelspartner. Die deutschen Ausfuhren in den Stadtstaat beliefen sich 2021 auf etwa 7,2 Milliarden Euro.
Die singapurische Regierung betreibt eine strategische Industriepolitik und fördert systematisch die Ansiedlung von Zukunftsbranchen. Daher nutzen namhafte deutsche Unternehmen den Stadtstaat für Forschung und Entwicklung sowie als Innovationsstandort. Firmen wie BASF, Bosch, Continental, SAP, Evonik und DHL haben dort ihre regionalen Zentralen oder Innovationszentren angesiedelt. Innerhalb der ASEAN fließen die meisten deutschen Direktinvestitionen nach Singapur. Dabei stehen insbesondere die Bereiche Hightech sowie forschungs- und entwicklungsintensive Fertigung im Vordergrund. Durch Kooperationsfelder wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die stärkere Fokussierung auf gleichgesinnte Partner im Indo-Pazifik dürfte Singapur künftig an Bedeutung gewinnen.
Anteil deutscher Lieferungen bleibt konstant
Unter den fünf bedeutendsten Lieferanten des Stadtstaates hat insbesondere China kräftig Marktanteile ausgebaut und ist 2013 erstmals zum wichtigsten Bezugsland aufgestiegen. Positiv haben sich des Weiteren die Lieferungen aus Taiwan entwickelt, das 2020 Rang drei der wichtigsten Importländer belegte. Trotz der zunehmenden chinesischen Dominanz bezieht Singapur nach wie vor bedeutende Teile seiner Importe von verschiedenen Anbietern. Traditionell spielen das Nachbarland Malaysia, aber auch die USA und Japan eine wichtige Rolle.
Während die Einfuhren aus Deutschland zuletzt zurückgingen, ist ihr Anteil an den Gesamtimporten des Stadtstaates etwa konstant geblieben und belief sich 2020 auf rund 2,7 Prozent. Damit belegte Deutschland den zehnten Platz im Ranking der wichtigsten Lieferländer. In den letzten Jahren versendeten immer mehr deutsche Unternehmen ihre Fracht über Singapur in eine Reihe von asiatischen Ländern. Viele Spediteure und Logistiker haben Niederlassungen vor Ort gegründet. Als Zugang zu Südostasien und teils ganz Asien-Pazifik, einer der dynamischsten Regionen weltweit, ist Singapur für deutsche Exporteure sehr interessant. Zudem gilt der Hafen als sehr effizient und weist seit Jahren weltweit das zweitgrößte Umschlagvolumen nach Shanghai auf.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur (EUSFTA) war das erste bilaterale Abkommen mit einem ASEAN-Land und ist seit dem 21. November 2019 in Kraft. Damit sind auch die letzten Einfuhrzölle Singapurs für EU-Waren weggefallen und bürokratische Hürden wurden abgebaut. Dabei soll das EUSFTA der erste Schritt sein auf dem Weg zu einer Vereinbarung der EU mit dem gesamten Staatenverbund ASEAN. Seit dem 1. Januar 2022 findet außerdem das asiatische Abkommen Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) in Singapur Anwendung. Die Regierung erhofft sich durch RCEP vor allem die Vereinheitlichung von bereits bestehenden bilateralen Abkommen sowie eine stärkere regionale Integration.
Handelsdrehscheibe bezieht klassische deutsche Exportprodukte
Maschinen machen mit mehr als einem Fünftel an den gesamten deutschen Ausfuhrgütern nach Singapur den größten Warenposten aus. Des Weiteren werden chemische Produkte sowie Elektrotechnik und Elektronik im großen Stil in den Stadtstaat geliefert. Während Deutschland im Maschinenbau und in der Chemie Marktanteile einbüßte, konnten Exporteure von elektrotechnischen Erzeugnissen ihre Position im Zeitraum 2000 bis 2020 ausbauen. Bei den ersten beiden Warengruppen sind die USA ein bedeutender alternativer Anbieter.
Rang 2020 | Produkt | 2000 | 2010 | 2020 |
---|---|---|---|---|
Maschinenbau 2) | ||||
1 | USA | 27,2 | 33,0 | 34,9 |
2 | Vereinigtes Königreich | 3,4 | 6,6 | 10,4 |
3 | China | 3,4 | 7,3 | 9,5 |
6 | Deutschland | 7,0 | 7,2 | 5,7 |
Chemie 3) | ||||
1 | USA | 28,0 | 20,3 | 17,7 |
2 | Frankreich | 5,4 | 8,6 | 10,5 |
3 | Saudi-Arabien | 3,1 | 11,2 | 9,1 |
7 | Deutschland | 5,6 | 5,5 | 5,1 |
Elektrotechnik 4) | ||||
1 | China | 8,3 | 19,5 | 24,4 |
2 | Malaysia | 14,9 | 10,8 | 11,3 |
3 | Indonesien | k.A. | 12,2 | 11,2 |
6 | Deutschland | 4,0 | 5,5 | 5,5 |
Globaler Sourcing Hub für die ASEAN-Region
Als Beschaffungsmarkt dürfte der flächenmäßig kleinste Staat Südostasiens im Rahmen einer "China+1"-Strategie für Unternehmen interessanter werden. Die digitale Anbindung sowie das hohe Maß an rechtlicher Sicherheit rücken Singapur zunehmend in den Fokus europäischer Einkäufer. Wegen der knappen Ressourcen an Arbeitskräften und verfügbaren Produktionsflächen fokussiert sich das Land auf kapitalintensive Bereiche der Wirtschaft, die eine hohe Wertschöpfung erbringen. Dadurch wird Singapur zum attraktiven Beschaffungsmarkt für Hightech-Elektronik sowie Präzisionsmaschinen und hochwertige Bauteile. Zudem fungiert der Stadtstaat als Umschlagplatz für Waren aus anderen Volkswirtschaften Südostasiens.