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Deutsche Wettbewerbsposition | Serbien

China dürfte Deutschland als wichtigstes Lieferland ablösen

Noch ist Deutschland Serbiens wichtigstes Lieferland und Serbiens Importe aus der Bundesrepublik steigen. Trotzdem wird China voraussichtlich bald Platz Eins übernehmen.

Von Martin Gaber | Belgrad

Serbien gewinnt für die Bundesrepublik Deutschland als Wirtschaftspartner weiter an Bedeutung. Der bilaterale Handel zwischen den beiden Ländern hat sich seit 2015 nominal fast verdoppelt. Deutschland ist wichtigster Abnehmer serbischer Waren und wichtigstes Lieferland. Obwohl die serbischen Importe weiter zulegen, ist China auf dem Weg die Bundesrepublik bald von Platz Eins zu verdrängen. China setzt große Infrastrukturprojekte in dem Balkanstaat um und tätigt strategische Investitionen. Dabei kommen nicht nur die Arbeiter, sondern auch Maschinen und Ausrüstung aus China.

Neben der Rolle als Handelspartner hat sich Serbien auch zu einem wichtigen Investitions- und Sourcingstandort für die deutsche Wirtschaft entwickelt. Vor allem für die Autoindustrie. Namhafte Zulieferer wie Bosch, Continental, ZF oder Brose sind bereits vor Ort. Weitere Projekte befinden sich in der Planung oder sind gerade in der Umsetzung. Insgesamt gibt es schon rund 400 deutsche Unternehmen in Serbien.

Serbien gewinnt auch beim Thema Sourcing, also der Beschaffung von Waren, an Bedeutung. Die Coronapandemie hat in Europa eine Diskussion über die Vereinfachung globaler Lieferketten ausgelöst. Serbien und die gesamte Region Westbalkan bieten sich hier als Option an. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine könnte den Westbalkan noch stärker in den Fokus rücken.

Serbien auf einen Blick

Serbien importierte 2021 laut UN Comtrade Waren im Wert von 33,8 Milliarden US-Dollar (US$), davon stammten 13 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag das Land auf Rang 49 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte.

Serbien exportierte 2021 Waren im Wert von 25,6 Milliarden US$. 13 Prozent davon gingen nach Deutschland - Rang 47 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte.

Laut Deutscher Botschaft in Belgrad waren 2021 rund 400 deutsche Unternehmen in Serbien ansässig. Deutsche Investitionen sind über das gesamte Land verteilt. Lediglich die Region Vojvodina im Norden des Landes sticht etwas hervor. Damit stellen deutsche Firmen etwa 70.000 Arbeitsplätze im Land.

Importe aus China wachsen dynamisch

Deutschland ist seit 2014 wichtigstes Lieferland für Serbien. Die Bundesrepublik hat einen Anteil von rund 13 Prozent an Serbiens Importen. Seit September 2013 erleichtert das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union (EU) den Warenaustausch. Der bilaterale Handel ist damit nahezu zollfrei. Auch weitere Trends lassen die Importe steigen. So ziehen deutsche Investitionen in der verarbeitenden Industrie seit 2016 deutlich an. Maschinen und Anlagen dafür kommen häufig aus der Bundesrepublik. Zudem befindet sich Serbien im wirtschaftlichen Aufschwung.

Dennoch bröckelt die Führungsposition in der Lieferstatistik. China setzt im Zuge seiner Belt and Road-Initiative große Infrastrukturprojekte in Serbien um. Zudem investiert die Volksrepublik in die Industrie und in strategische Rohstoffe. Dazu gehören Projekte wie der Bau der Reifenfabrik des chinesischen Herstellers Linglong oder die Übernahme der Kupfermine in Bor durch Zijin Mining. Von Vorprodukten über Maschinen und Ausrüstungen bis hin zu den Arbeitern kommt das Meiste aus der Volksrepublik. Das lässt Serbiens Importe aus China dynamisch wachsen. Für 2022 ist ein Freihandelsabkommen mit China geplant. Der Abschluss dieses Abkommen würde die wirtschaftliche Verflechtung noch verstärken.

"Made in Germany" ist in Serbien weiter gefragt

Deutsche Lieferanten haben in den wichtigsten Absatzbranchen ihr Liefervolumen ausgebaut. So haben die Exporte von elektrischen Maschinen, Apparaten und Geräten seit 2015 um fast 200 Prozent zugelegt. Auch die Exporte in weiteren wichtigen Lieferbranchen, wie etwa Straßenfahrzeuge oder Nichteisenmetalle, haben sich in diesem Zeitraum mindestens verdoppelt. Produkte "Made in Germany" sind in Serbien nach wie vor gefragt. Trotz der deutlichen Zuwächse wird auch in diesen Bereichen die Konkurrenz aus Asien größer. Während Deutschland und China 2015 bei elektrischen Maschinen, Apparaten und Geräten noch gleichauf lagen, ist China nun mit deutlichem Abstand wichtigster Lieferant. Deutschland kann derzeit mit Chinas Dynamik nicht mithalten, wird seine Rolle als bedeutendes Lieferland aber weiter ausbauen.

Hauptlieferanten wichtiger Produkte (Anteil in Prozent) 1)

Rang

Produkt

2007

2010

2020

 Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte 2)

1

China

12,1

12,4

19,1

2

Deutschland

15,4

17,8

12,0

3

Südkorea

1,4

0,0

7,5

Straßenfahrzeuge 3)

1

Deutschland

36,8

32,1

24,5

2

Italien

12,9

9,5

13,7

3

Tschechische Republik

3,8

2,3

10,1

NE-Metalle 4)

1

Deutschland

8,1

6,9

34,7

2

Italien

4,3

1,7

11,3

3

Griechenland

6,0

2,9

8,4

1) Anteile der größten Liefernationen bei den für Deutschland bedeutendsten Exportprodukten nach Serbien; 2) SITC-Gruppe 77; 3) SITC-Gruppe 78; 4) SITC-Gruppe 68Quelle: UN Comtrade

Serbien bietet Chancen für deutsche Einkäufer

Serbien und der gesamte westliche Balkan gewinnen als Sourcingmarkt für Deutschland an Bedeutung. Die Region liegt vor den Toren der EU und damit für den deutschen Mittelstand quasi vor der Haustür. Neben der geografischen Lage sprechen auch weitere Faktoren für den Westbalkan. Dazu gehören wettbewerbsfähige Lohnkosten, verfügbare Fachkräfte und eine starke industrielle Basis. Mit der Einkaufsinitiative Westbalkan hat die Bundesregierung 2015 sogar eine eigene Veranstaltung für die Region ins Leben gerufen. Diese findet seitdem jährlich statt. Dabei treffen deutsche Einkäufer auf Lieferanten aus der Region. Die Sourcingchancen auf dem Westbalkan reichen dabei von der Autoindustrie bis hin zur Landwirtschaft.

Auch für strategisch wichtige Rohstoffe könnte Serbien an Bedeutung gewinnen: In Westserbien befindet sich die Jadar-Mine. Dort sollen die größten Lithiumvorkommen Europas liegen. Der Bergbaukonzern Rio Tinto hatte die Erschließung vorangetrieben. Mit dem Vorkommen in Jadar könnten laut Rio Tinto rund 1 Million Elektrofahrzeuge angetrieben werden. Nach Umweltprotesten kam das Projekt nun zum Erliegen. Wie es weitergeht, ist offen.

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