Wirtschaftsumfeld | Bangladesch | Public-private-Partnership
Bangladesch will Großprojekte mit Privatsektor realisieren
Beim Ausbau der Infrastruktur setzt Bangladesch auf private und ausländische Investoren. Das Potenzial für Public-private-Partnership ist groß, aber es gibt auch Hürden.
04.04.2023
Von Boris Alex | New Delhi
Bangladeschs Wirtschaft kann sich den globalen Krisen nicht entziehen. Im laufenden Finanzjahr 2022/2023 (1. Juli bis 30. Juni) dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real zwischen 5 und 6 Prozent zulegen. In der Vorperiode verzeichnete das südasiatische Land noch ein Plus von 7,1 Prozent. Langfristig bleiben die Wachstumsaussichten aber positiv.
Bis 2040 soll sich das nominale BIP von zuletzt 460 Milliarden auf 1 Billion US-Dollar (US$) mehr als verdoppeln, prognostiziert die Boston Consulting Group. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Bangladesch für private und ausländische Investoren attraktiver werden, so die Analyse der Unternehmensberatung.
Infrastrukturprojekte haben oft internationale Beteiligung
Mit einem Beitrag zum BIP von fast 70 Prozent wird das Wirtschaftswachstum nach wie vor stark von den Konsumausgaben der Haushalte getragen. Bei den Investitionen ist die öffentliche Hand die treibende Kraft. Große Infrastrukturprojekte wie der neue Terminal am Flughafen von Dhaka werden oft mit internationaler Hilfe realisiert. So übernimmt die Förderbank Japan International Cooperation Agency drei Viertel der Finanzierung des rund 2 Milliarden US$ teuren Terminals. Bauträger ist ein japanisch-koreanisches Konsortium bestehend aus Mitsubishi, Fujita und Samsung.
Im Januar 2023 gab die bangladeschische Regierung bekannt, dass der Betrieb und die Wartung des Terminals, der Anfang 2024 eröffnet werden soll, im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (Public-private-Partnership; PPP) erfolgen wird. Das Modell kommt vor allem im Infrastruktursektor verstärkt zum Einsatz. Im Jahr 2021 befanden sich 79 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 29 Milliarden US$ in der Pipeline, so die Daten der zuständigen Behörde "Public Private Partnership Authority". Davon befanden sich allerdings 60 noch im Genehmigungsverfahren oder erst im frühen Planungsstadium.
Unternehmen | Herkunftsland | Anzahl Public-private-Partnership-Projekte | Investitionssumme in Mio. US$ |
---|---|---|---|
Summit Corporation | Bangladesch | 9 | 1.191 |
Orion Group | Bangladesch | 3 | 705 |
General Electric | USA | 3 | 459 |
Marubeni Corporation | Japan | 1 | 370 |
Sembcorp Industries | Singapur | 1 | 293 |
Long King | China | 1 | 289 |
Aljomaih Holding | Saudi-Arabien | 3 | 269 |
1Malaysia Development Berhard | Malaysia | 2 | 266 |
SUEZ | Frankreich | 1 | 164 |
Veolia | Frankreich | 1 | 164 |
Investitionen bleiben hinter den Zielen zurück
Bangladesch schöpft das Potenzial für PPP aber bei Weitem nicht aus, so die Analyse der Asian Development Bank (ADB). Das Land will in den nächsten Jahren seine Infrastruktur ausbauen und modernisieren. Dafür müssten zwischen 2015 und 2030 PPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von 384 Milliarden US$ angeschoben oder realisiert werden. Von 1990 bis 2019 flossen aber gerade einmal knapp 7 Milliarden US$ in solche Vorhaben, so die Daten der Förderbank. Von einer jährlichen Investitionspipeline von 24 Milliarden US$ ist Bangladesch noch sehr weit entfernt. Um die Finanzierungslücke zu schließen, müsse die Regierung die Rahmenbedingungen für private Investoren weiter verbessern, empfiehlt die ADB.
Vor allem bei der Projektfinanzierung sieht die Entwicklungsbank noch viel Potenzial. So bieten bislang nur wenige spezialisierte Kreditinstitute langfristige Finanzierungsoptionen für PPP an. Aus diesem Grund werden die meisten Vorhaben über internationale Kreditgeber finanziert. Die ADB merkt zudem an, dass es keine sektorspezifischen Standardverträge oder einheitliche Ausschreibungsunterlagen gibt. Engpässe aufseiten der zuständigen Behörden können die Ausschreibungs- und Vergabeverfahren verzögern. Bei ausländischen Investoren gäbe es zudem Zurückhaltung bei der Bildung eines Konsortiums mit einem bangladeschischen Partner, da sie oft nicht die Leistungsfähigkeit des Unternehmens einschätzen können.
Öffentlich-private Kooperation bei Industrieprojekten
Die meisten PPP-Projekte entfallen auf den Infrastruktursektor und decken mit Verkehr, Gesundheit, Kreislaufwirtschaft, Energie, Telekommunikation und Wohnungsbau eine große Bandbreite ab. Vor allem im Straßenbau gibt es mehrere Schlüsselprojekte mit Investitionsvolumina von mehr als 1 Milliarde US$. Dazu zählt der knapp 50 Kilometer lange, vierspurige Dhaka Elevated Expressway, mit dem der Flughafen besser an das Stadtzentrum und die Schnellstraße zur Hafenmetropole Chattogram im Südwesten des Landes angebunden werden soll. Als privater Partner ist Italian-Thai Development an dem 1,3 Milliarden US$ schweren PPP-Projekt beteiligt.
Aber auch in der Industrie befinden sich eine Reihe von Vorhaben in der Pipeline. Unter anderem ist der Bau von 16 Textilfabriken im ganzen Land im Rahmen von PPP geplant. Auch beim Bau von Industrieparks und Sonderwirtschaftszonen setzt die Regierung auf das Engagement des Privatsektors. Eines der größten Projekte in diesem Segment ist die Mirsarai-Wirtschaftszone in Chattogram, mit einem Investitionsvolumen von 735 Millionen US$.
Nicht alle geplanten PPP-Vorhaben sind erfolgreich. Die Erweiterung des Technologieparks Bangbandhu Hi-Tech City war zunächst als PPP geplant. Das Modell stieß aber auf geringes Interesse bei privaten Investoren. Die Unternehmen entwickeln nun ohne öffentliche Beteiligung ihre Industrieflächen und Fabriken.
Regierung will Modell bei U-Bahnprojekten prüfen
Bei den anstehenden großen Infrastrukturprojekten hofft die Regierung weiter auf eine Beteiligung des Privatsektors sowie von ausländischen Investoren. Neben den bereits als PPP ausgelegten Vorhaben könnten weitere in die Pipeline aufgenommen werden. Der Transportsektor dürfte dabei auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Beim Aufbau von Schienennahverkehrsnetzen (Mass Rapid Transit) in Bangladeschs Ballungszentren könnte das Modell künftig zum Einsatz kommen.
In Dhaka wurde im Dezember 2022 die erste von insgesamt sechs geplanten U-Bahnlinien in Betrieb genommen. Diese wurde zwar nicht als PPP umgesetzt, aber im Rahmen der Machbarkeitsstudien für weitere Strecken soll geprüft werden, ob Bau sowie Betrieb und Instandhaltung als öffentlich-private Partnerschaft realisiert werden können. In Bangladeschs zweitgrößter Stadt Chattogram gibt es ebenfalls Pläne für ein U-Bahnnetz mit drei bis vier Linien. Laut Pressemeldungen haben China und Südkorea ihr Interesse an dem Vorhaben bekundet. Auch hier soll eruiert werden, ob sich das Projekt als PPP eignet.
Projekt | Investitionen | Projektdetails | Zuständige Behörde |
---|---|---|---|
Metro Rapid Transit Line 2, Dhaka | 3.479 | Bau, Betrieb und Wartung der 24 Kilometer langen U-Bahnlinie 2 der Dhaka Metro; Planungsphase, Fertigstellung bis 2030 | |
Multimodal Hub Biman Bandar Railway Station, Dhaka | 2.595 | Entwicklung des Bahnhofs Biman Bandar in Dhaka zu einem multimodalen Hub für den Flughafen-, Schienen- und Nahverkehr; Planungsphase | |
Bay Terminal, Chattogram | 2.089 | Bau von drei Terminals im Hafen von Chattogram; erster Terminal im Bau, Vergabe der Übrigen als PPP geplant | |
Dhaka Outer Ringroad | 1.529 | Bau, Betrieb und Wartung einer 129 Kilometer langen Ringautobahn um Dhaka; Machbarkeitsstudie | |
2. Padma Multipurpose Bridge | 1.500 | Bau einer Brücke für den Auto- und Schienenverkehr in Paturia nordwestlich von Dhaka; Planungsphase | |
Jhilmil Residential Project, Dhaka | 920 | Bau eines Wohngebiets mit 13.720 Wohneinheiten; Projekt verzögert sich, Baubeginn für 2023 geplant | |
Purbachal New Town, Dhaka | 500 | Bau eines neuen Wohngebiets im Norden Dhakas mit 62.000 Wohneinheiten; Bauphase, Fertigstellung 2024 | |
Gabtoli-Nabinagar Road | 340 | Erweiterung der Autobahn von zwei auf vier Spuren; Planungsstadium |