Wirtschaftsumfeld | Bosnien und Herzegowina | Geschäftspraxis
Deutschland ist ein bewährter Geschäftspartner
Bosnien und Herzegowina ist eng mit dem deutschen Markt verbunden. Auslandsinvestitionen sind im Land gern gesehen, wobei Deutschland großes Vertrauen genießt.
17.03.2023
Von Azra Ramić (Delegation der Deutschen Wirtschaft in Bosnien und Herzegowina) | Sarajewo
Bosnien und Herzegowina (BuH) hat großes Interesse an deutschen Technologien und Produkten, und das nicht nur, weil Deutschland zu den wichtigsten Exportmärkten zählt.
Laut der Zentralbank BuH beliefen sich die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Bosnien und Herzegowina 2021 auf rund 497 Millionen Euro. Im Vorjahr stiegen diese um 32 Prozent, und waren somit die höchsten seit 2009. Hinter Österreich, Kroatien, Serbien und Slowenien investierte Deutschland seit 1994 den höchsten Betrag von rund 471 Millionen Euro. Von den gesamten ausländischen Direktinvestitionen flossen 36 Prozent in die Produktion (Bergbau, Landwirtschaft und Fischerei, Industrie- und Stromerzeugung), gefolgt vom Bankensektor mit 23 Prozent, Handel 13 Prozent und Telekommunikation 12 Prozent. Die Zunahme ausländischer Direktinvestitionen bestätigt, dass BuH als Standort immer attraktiver wird.
Gleichzeitig lag BuH im Ease of Doing Business Index 2020 der Weltbank lediglich auf Platz 90 von 190 Ländern. Das liegt vor allem daran, dass im Land komplizierte und langwierige Verwaltungsprozeduren die Geschäftstätigkeit negativ beeinflussen. Korruption, der Mangel an Digitalisierung und unzureichende Infrastruktur gilt es ebenfalls zu überwinden. Letztlich aber beweisen die bestehenden Investitionen, dass sich die Mühe lohnt. Mehr als die Hälfte der Investoren plant eine Reinvestition und über 90 Prozent würden BuH als Standort, laut dem Business Barometer 2021 des FIC (Foreign Investors Council), empfehlen.
Von starken Netzwerken profitieren und persönliches Engagement investieren
Seit 25 Jahren unterstützt die Delegation der Deutschen Wirtschaft in BuH deutsche Unternehmen bei dem Markteintritt in BuH und vernetzt beide Märkte durch zahlreiche Aktivitäten und 110 Mitgliedsunternehmen. Investoren profitieren ebenfalls von der gut vernetzten deutschen Community vor Ort. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), das Goethe-Institut sowie zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und politische Stiftungen sind in BuH ansässig. Auf dem Markt in BuH sind viele deutsche beziehungsweise westeuropäische Marken und Geschäfte vertreten (Obi, dm, H&M, Zara, Lidl ist bereits registriert und soll in Kürze die erste Filiale eröffnen, DHL, Porsche, Volkswagen etc.).
Die Mehrheit der jungen Bevölkerung in BuH spricht Englisch und/oder Deutsch. Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden erfolgt aber vor allem in lokaler Sprache (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch). Die Wertesysteme und Zukunftsaussichten des Landes orientieren sich in Richtung EU, seit Ende 2022 ist das Land Beitrittskandidat. Komplexe politische Strukturen und fehlende gesamtstaatliche Interessen erschwerten den Weg in die EU bisher allerdings erheblich. BuH kann aber trotzdem im Kontext der Nearshoring-Bestrebungen als Standort punkten. Die Angrenzung an die EU und die damit verbundenen kurzen Transportwege ermöglichen zuverlässige Liefertermine. Kulturelle Nähe und traditionelle Verbundenheit erleichtern die Kommunikation mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern. Im regionalen Vergleich konkurrenzfähige Lohn- und Energiekosten verschaffen Standortvorteile.
Fristen großzügig ansetzen und zeitliche Puffer einbauen
Erfolgreiche Verhandlungen und Geschäftsbeziehungen sind durch kontinuierlichen Austausch und ein Vertrauensverhältnis geprägt. Termine werden nicht selten in Cafés und Restaurants organisiert, da persönlicher Kontakt wesentlich beliebter ist als Videokonferenzen und Telefongespräche.
Es sollte stets im Voraus und mit zeitlichen Puffern geplant werden. Scheinbar erreichte mündliche Absprachen und Zusagen können sich bis zur Umsetzung erheblich verkomplizieren. Schriftliche Bescheide und Antworten von öffentlichen Behörden können lange auf sich warten lassen, obwohl alle Voraussetzungen erfüllt sind.