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Wirtschaftsumfeld | Brasilien | Vertrieb

Handelsvertreter

Unternehmen sollten nicht voreilig Handelsvertreter verpflichten. Wichtig ist es, zunächst die rechtlichen Bedingungen und alternative Strategien für den Markteintritt zu prüfen.

Von Johannes Dimas | Rio de Janeiro

Einsatz eines Handelsvertreters

Jeder Markteintritt in Brasilien erfordert eine umfassende Beratung hinsichtlich rechtlicher und steuerlicher Aspekte. Die Verpflichtung einer Handelsvertretung macht da keine Ausnahme. Nicht selten missverstehen deutsche Firmen Absatzhelfer auf Provisionsbasis als vereinfachte Form des Markteintritts.

Die Grundlagen einer Handelsvertretung (representante comercial autônomo) sind in Brasilien gesetzlich geregelt. Dabei werden die Rechte der Handelsvertretung weitreichend abgesichert. Ein Vertrag über eine Handelsvertretung muss sich in diesem Rahmen bewegen. Verträge nach deutschem Recht sind untauglich – auch mit deutschen Staatsangehörigen.

Ob eine Handelsvertretung zweckmäßig ist, hängt vom Produkt und Marktumfeld ab. Der gesamte Markteintritt einschließlich Lieferkette und Kundendienst muss mitgedacht werden. Das komplizierte Steuersystem, anspruchsvolle Bestimmungen zum Import und zeitraubende Produktprüfungen sprechen vielfach gegen eine Handelsvertretung. Ein alternativer Vertriebsweg sind Vertragshändler mit bestehendem Kundenstamm und etablierten Vertriebswegen. Sie kaufen Waren auf eigenes Risiko zum Wiederverkauf.

Lokale Besonderheiten

Ein eigener Vertrieb mit landesweiter Abdeckung ist wegen der Größe Brasiliens, der begrenzten Infrastruktur und der ungleichen Verteilung der Kunden oft nicht sinnvoll. Das wirtschaftliche Zentrum befindet sich im Süden, insbesondere in der Metropolregion São Paulo. Insofern bietet sich für viele Produktgruppen hier der Einstieg in den brasilianischen Markt an.

Gute Englischkenntnisse können bei Partnern und Kunden nicht immer vorausgesetzt werden. Neben Sprachbarrieren sind auch kulturelle Unterschiede nicht zu unterschätzen. Gute Geschäftsbeziehungen basieren in Brasilien auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis. Die Geschäftsanbahnung braucht seine Zeit. Diese sollte der Handelsvertretung eingeräumt werden.

Das gemeinsame Verständnis von getroffenen Vereinbarungen kann auf allen Ebenen durch regelmäßige persönliche Kontakte aufgefrischt werden. Für erfolgreiche Geschäfte können Kundentreffen auf höherer Managementebene erforderlich werden. In Brasilien sind private Treffen zwischen Geschäftspartnern nicht ungewöhnlich.

Handelsvertreter auswählen 

Die Suche nach einer passenden Handelsvertretung erfordert Kenntnisse über den Zielmarkt. Neben direkten Empfehlungen sind Messen und andere Veranstaltungen der Branche sowie Fachzeitschriften und Online-Portale gute Ansatzpunkte. Besondere Bedeutung kommt sozialen Netzwerken wie LinkedIn zu.

In jedem Fall empfiehlt sich der Kontakt zu den regionalen Auslandshandelskammern (AHK). Hier kann auch die Infoschrift "Handelsvertretung und Vertrieb in Brasilien" aus der Reihe "So geht’s in Brasilien" bezogen werden. Sie geht auf die rechtlichen Aspekte von Handelsvertretungen und Vertriebshändlern ein.

Eine Handelsvertretung kann von natürlichen und juristischen Personen wahrgenommen werden. Die Autonomie der Handelsvertretung muss gewahrt bleiben, um nicht ungewollt ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die Handelsvertretung vermittelt den Abschluss von Geschäften oder schließt sie im Namen und auf Rechnung ihres Auftraggebers. Sie unterliegt keinen Weisungen und wird auf Provisionsbasis tätig.

Vertraglich zu regeln sind:

  • Vertragsdauer
  • Vertragsgebiete
  • Exklusivität
  • Provision
  • Vertretungsrechte
  • Gewährung von Preisnachlässen 
  • weitere Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Sehr wichtig sind die Regelungen zur Beendigung des Vertrags samt fälliger Ausgleichszahlungen. Der Vertragsfreiheit sind durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen enge Grenzen gesetzt. Eine individuelle Rechtsberatung ist unverzichtbar. Markenrechte und Internet-Domains sollten frühzeitig gesichert werden.

Die Handelsvertretung muss sich innerhalb einer bestimmten Frist beim regionalen Berufsverband CORE (Conselho Regional dos Representantes Comerciais) registrieren und trägt die jährlichen Gebühren. Sie muss bestimmte Anforderungen erfüllen, sofern zutreffend zum Beispiel der Wahl- und Wehrpflicht nachgekommen sein. 

Handelsvertreter managen

Ein Markteintritt in Brasilien ist in den seltensten Fällen ein Selbstläufer. Die zuvorkommende Art der Brasilianer macht Netzwerken einfach. Vergleichsweise langwierig ist es, zu einem Geschäftsabschluss zu kommen. Insofern sollten die Erwartungen an eine neue Handelsvertretung für die Anfangsphase nicht zu hochgesteckt werden. Gerade bei Durststrecken ist der persönliche Kontakt wichtig, um die Handelsvertretung bei der Stange zu halten.

Das deutsche Unternehmen sollte bereit sein, sowohl seine Vertriebsstrategie als auch seine Produkte und Konditionen an den brasilianischen Markt anzupassen. Dafür sind ein enger Kontakt und Austausch mit der Handelsvertretung hilfreich. Auch wenn die gesetzlich vorgeschriebene Autonomie der Handelsvertretung gewahrt bleiben muss, sollten die eigenen Compliance-Regeln darüber nicht aus dem Auge verloren werden.

Es bietet sich an, den Vertrieb mit Werbung, Produktinformationen und einem Internetangebot in Portugiesisch zu unterstützen. Messebesuche, Vorträge, Webinare, Kooperationen mit Universitäten und Mitgliedschaften in Branchenverbänden sind weitere mögliche Schritte.

Kontaktadressen 

Bezeichnung

Anmerkung

AHK BrasilienAuslandshandelskammern in Brasilien
AHK-Infoschriften "So geht’s in Brasilien"u.a. Handelsvertretung und Vertrieb in Brasilien
GTAI-ExportguideAußenwirtschaftsportal

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