Zollbericht Chile Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Interimshandelsabkommen (ITA) zwischen der EU und Chile
Das EU-Chile Interimshandelsabkommen beseitigt die meisten der verbleibenden Zölle und führt moderne Ursprungsregeln ein.
05.03.2025
Von Andrea González Alvarez | Bonn
Zwischen der EU und Chile besteht seit 2003 ein Assoziierungsabkommen. Deutsche Unternehmen können seither eine Vielzahl von gewerblichen und landwirtschaftlichen Waren zollfrei in Chile einführen. Das bestehende Abkommen wird durch ein fortgeschrittenes Rahmenabkommen (Advance Framework Agreement - AFA) ersetzt. Damit wollten die Handelspartner ihre bestehende Partnerschaft ausbauen und die Möglichkeiten für nachhaltigen Handel und Investitionen erweitern. Das AFA setzt sich aus zwei Rechtsinstrumenten zusammen:
- dem fortgeschrittenen Rahmenabkommen, das aus den Säulen "Politischer Dialog und Zusammenarbeit" und "Handel und Investitionen" besteht, einschließlich Investitionsschutzbestimmungen
- dem Interimshandelsabkommen (ITA) das nur die Säule "Handel und Investitionen" des AFA abdeckt; es enthält die wesentlichen Bestimmungen des Handelsteils des Rahmenabkommens, ohne Investitionsschutzbestimmungen
Das ITA ist in Kraft. Das AFA muss noch ratifiziert werden
Das ITA ist am 01. Februar 2025 in Kraft getreten. Da die EU-Handelspolitik in der alleinigen Zuständigkeit der EU-Kommission fällt, musste das ITA nicht von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden, sondern ist im Rahmen des EU-eigenen Ratifizierungsverfahrens angenommen worden. Ende März 2024 hat der Rat das ITA gebilligt. Der Beschluss kennzeichnete das Ende des internen Ratifizierungsverfahrens der EU. Das AFA durchläuft aktuell die Ratifizierungsverfahren in den einzelnen EU-Staaten. Es muss von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Wenn alle EU-Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Ratifizierungsverfahren abgeschlossen haben, tritt das AFA in Kraft. Mit dessen Inkrafttreten läuft das ITA aus.
Mitte 2024 wurden das AFA und das ITA in den chilenischen Nationalkongress eingebracht. Chile schloss die Ratifizierung der beiden Rechtsinstrumente am 13. November 2024 ab.
Vollständige Zollfreiheit für die meisten EU-Ausfuhren
Mit dem ITA fallen die Zölle für 99,9% der EU-Ausfuhren weg. Fast alle EU-Waren unter anderem Milchprodukte und Lebensmittelzubereitungen können zollfrei nach Chile eingeführt werden. Zucker ist jedoch von der Zollliberalisierung ausgeschlossen. Ferner wird das bestehende Zollkontingent für EU-Käse endgültig abgeschafft. Darüber hinaus sind empfindliche EU-Agrarprodukte von der vollständigen Liberalisierung ausgenommen. Dazu gehören zum Beispiel Rind-, Geflügel-, Schweine- und Schaffleisch, bestimmte Obst- und Gemüsesorten unter anderem Knoblauch, Apfelsaft und Traubensäfte sowie Olivenöl. Für die sensiblen landwirtschaftlichen Waren sind Zollkontingente vorgesehen (Anhang 2, Abschnitt B, Unterabschnitt 2 ITA).
Chilenische Exporteure können weiterhin alle Industriegüter in die EU zollfrei importieren. Überdies erhalten Agrarprodukte aus Chile im Rahmen der Zollkontingenten bessere Marktzugangsbedingungen in der EU.
Ursprungsregeln wurden vereinfacht und flexibler gestaltet
Ursprungserzeugnisse
Damit eine Präferenzbehandlung in Frage kommen kann, muss das Produkt den im ITA vorgesehenen Ursprungsregeln entsprechen. Als Ursprungszeugnisse gelten Waren, die vollständig in einer der beiden Vertragsparteien gewonnen oder hergestellt wurden, sowie Waren, die ausländische Vorleistungen enthalten, wenn sie den Ursprungsregeln entsprechend ausreichend be- oder verarbeitet wurden (produktspezifische Regeln). Ferner können Vormaterialien aus Chile als EU-Ursprungserzeugnisse gelten und umgekehrt, sowie auch alle Be- und Verarbeitungen von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die einer der beiden Vertragsparteien vorgenommen wurden (bilaterale Kumulierung). Für Waren, die den produktspezifischen Regeln nicht entsprechen, gilt eine zusätzliche Toleranz von zehn Prozent des Wertes. Dies gilt für alle Produkte bis auf Textilien und Bekleidung, für die eine besondere Toleranz gilt.
Welche konkreten Ursprungsregeln Anwendung finden, ist vom jeweiligen Produkt abhängig. Mithilfe des Informationssystems WuP-Online lassen sich produktspezifische Ursprungsregeln anhand der Zolltarifnummer einer Ware ermitteln. Nachdem die produktspezifische Ursprungsregel ermittelt wurde, kann geprüft werden, ob das jeweilige Produkt präferenzbegünstigt eingeführt werden kann.
Präferenznachweise
Um eine Zollpräferenzbehandlung im Rahmen des ITA in Anspruch nehmen zu können, wird ein entsprechender Präferenznachweis gefordert. Gemäß Art. 3.16 Abs. 2 ITA sollen sich Anträge auf Präferenzursprung auf eine Erklärung zum Ursprung beziehungsweise die Gewissheit des Einführers stützen.
Gewissheit des Einführers
Im Rahmen dessen können Importeuren die Zollpräferenz auf Basis von Informationen und Unterlagen beanspruchen, die ihnen vorliegen beziehungsweise aus denen hervorgeht, dass die Waren die im ITA vorgesehenen Ursprungsregeln erfüllen (Art. 3.19 ITA). In der Regel stellt der Ausführer beziehungsweise Hersteller diese Informationen dem Einführer zur Verfügung.
Erklärung zum Ursprung
Dabei erklären EU-Ausführer den Ursprung selbst, indem sie eine Erklärung zum Ursprung ausstellen. Bei Warensendungen mit einem Wert von mehr als 6.000 Euro, sollen sich EU-Ausführer im REX-System registrieren. Die Erklärung zum Ursprung stellen EU-Ausführer laut dem im Anhang 3-C des Abkommens vorgeschriebenen Wortlaut auf der Rechnung oder einem anderen Handelsdokument etwa Packliste und Proformarechnung wie folgt aus:
Zeitraum: von ... bis ... (1)
Der Ausführer (Referenznummer des Ausführers ... (2) der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht, erklärt, dass diese Waren, soweit nichts anderes angegeben, präferenzbegünstigte Ursprungswaren … (3) sind.
Ort und Datum (4)
Name und Unterschrift des Ausführers (5)
In Feld 2 ist die Referenznummer zur Identifizierung des Ausführers anzugeben; EU-Ausführer geben dort ihre REX-Nummer an, chilenische Exporteure ihre Steueridentifikationsnummer RUT (Rol Único Tributario).
Darüber hinaus kann eine Ursprungserklärung gemäß Art. 3.17 Ab. 5 ITA für eine einzige Warensendung oder für mehrere Sendungen identischer Produkte unter bestimmten Bedingungen ausgestellt werden. Für die Richtigkeit der Angaben in der Ursprungserklärung ist der Ausführer verantwortlich. Ihre Gültigkeit beträgt zwölf Monate.
Quellen und weitere Informationen:
- Interimshandelsabkommen (ITA); ABl. L vom 12. Dezember 2024
- Fortgeschrittenes Rahmenabkommen (Advance Framework Agreement - AFA) zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, ABl. L vom 30. Juli 2024
- "Access2Markets“: EU-Chile Interimshandelsabkommen
- Fragen und Antworten zum EU-Chile Interimshandelsabkommen (EU-Kommission)
- Leitfaden für die Ursprungsregeln für das ITA (Englisch)