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Zollbericht Deutschland Kaufrecht

Internationale Regeln für internationale Sachverhalte

Das UN-Kaufrecht - ein unmittelbar auf internationale Sachverhalte anwendbares Regelwerk.

Von Dr. Achim Kampf | Bonn

Ein deutsches Unternehmen exportiert Autos nach London. Der britische Händler entdeckt nun Mängel und nimmt das deutsche Unternehmen in Regress. Dann drängt sich die Frage auf, welches Recht anwendbar ist: Deutsches oder Englisches? Bestehen internationale Regeln für einen solchen internationalen Sachverhalt, erübrigt sich dies. Denn dann gibt es ja bereits spezielle Vorschriften, die unmittelbare Antworten liefern, ohne dass zu entscheiden ist, ob etwa die Regeln des BGB/HGB oder - in dem genannten Beispiel - der englische Sale of Goods Act anwendbar sind. Weitgehend anerkannt ist, dass solche "sachrechtlichen“ Vorschriften, welche Sachverhalte unmittelbar regeln, den Kollisionsregeln (die entscheiden, das Recht welchen Landes anwendbar ist) vorgehen.

Das UN-Kaufrecht

Ein derartiges unmittelbar auf internationale Sachverhalte anwendbares Regelwerk ist das UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (Vienna, 1980) (CISG)). Es handelt sich um einen von der UN-Kommission für internationales Handelsrecht in Wien (UNCITRAL) ausgearbeiteten völkerrechtlichen Vertrag, zu dessen Vertragsparteien seit dem 1. Januar 1991 auch die Bundesrepublik Deutschland gehört. Mittlerweile ist er von mehr als 90 Staaten ratifiziert.

Gemäß seines Art. 1 ist das ratifizierte UN-Kaufrecht anwendbar auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben und diese Staaten Vertragsstaaten sind oder die Regeln des internationalen Privatrechts die Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates vorsehen.

Das UN-Kaufrecht definiert den Begriff Waren nicht näher. Nach überwiegender Ansicht zählt hierzu neben beweglichen körperlichen Gegenständen auch abgefülltes oder sonst transportables Gas sowie Standardsoftware. Nicht erfasst sind dagegen Rechte, Forderungen, Patente, Lizenzen, Sendezeit, Geschäftsanteile einer GmbH oder auch Know-How.

Räumlich müssen alternativ zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Entweder haben die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten und diese Staaten sind Vertragsstaaten oder die Regeln des internationalen Privatrechts sehen die Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates vor. Eine "Niederlassung“ in einem Vertragsstaat hat ein Unternehmen nicht nur dann, wenn sich dort der Hauptverwaltungssitz befindet. Dies können auch rechtlich unselbstständige Außenstellen sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die Außenstelle über eine gewisse Selbstständigkeit und Kompetenz im Hinblick auf den Abschluss und die Durchführung von Kaufverträgen verfügt.

Anwendbar auf nahezu jeden deutschen Warenexport

Das formulierte Zusammenspiel mit den Regeln des internationalen Privatrechts führt dazu, dass auch Exporte in Staaten, die dem UN-Kaufrecht nicht beigetreten sind, diesen Vorschriften unterliegen können. In dem oben genannten Beispiel führt dies dazu, dass ein deutscher Exporteuer, der seine Waren ins Vereinigte Königreich verkauft, dem UN-Kaufrecht unterliegt, obwohl UK (bis heute) kein Vertragsstaat des UN-Kaufrechts ist. Denn die innerhalb der EU maßgeblichen Regeln des internationalen Privatrechts (europäische Verordnung "Rom I“, 593/2008) stellen auf das Recht des Staates ab, in dem diejenige Vertragspartei ihren Sitz hat, welche die vertragstypische Leistung erbringt. Dies ist der Verkäufer. Da dieser in dem Beispiel aber seinen Sitz in Deutschland hat, kommt deutsches Recht zur Anwendung, mithin das Recht eines Vertragsstaates mit der Folge, dass das UN-Kaufrecht heranzuziehen ist. Das Prinzip des Rechtes des Verkäuferstaates findet sich auch in vielen anderen außereuropäischen Rechtsordnungen.

Vorbehalte beachten

Zu beachten ist, dass die Art. 92 ff. UN-Kaufrecht den Vertragsstaaten die Erklärung diverser Vorbehalte einräumen. Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden haben von dem Vorbehalt gemäß Art. 94 UN-Kaufrecht Gebrauch gemacht. Hiernach findet das UN-Kaufrecht auf Kaufverträge und ihren Abschluss keine Anwendung, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassung in diesen Staaten haben. Soweit diese Staaten auch einen Vorbehalt nach Art. 92 UN-Kaufrecht angebracht hatten, haben sie diesen zwischenzeitlich zurückgenommen.

Ausschluss wirksam - aber Vorsicht!

Das UN-Kaufrecht ist nicht zwingendes Recht. Den Vertragsparteien steht es frei, einzelne Bestimmungen zu modifizieren oder das UN-Kaufrecht auch gänzlich auszuschließen. Hierbei ist aber auf Folgendes zu achten:

Die Formulierung "auf den Vertrag sind die Regelungen des deutschen Rechts anwendbar“ nach ganz überwiegender Meinung1 nicht ausreichend ist.

Denn zum "deutschen Recht“ gehört auch das von Deutschland ratifizierte UN-Kaufrecht, welches in seinem Art. 1 die Anwendungsvoraussetzungen seiner einzelnen Regelungen festlegt. Hiernach sind diese aber (auch) dann anwendbar, wenn durch zulässige Rechtswahl deutsches Recht vereinbart ist. Die Vereinbarung der Anwendbarkeit "deutschen Rechts“ schließt das UN-Kaufrecht somit nicht aus, sondern führt – ganz im Gegenteil – zur Anwendbarkeit seiner einzelnen Regelungen. Erforderlich ist für einen wirksamen Ausschluss daher stets der Zusatz "mit Ausnahme des UN-Kaufrechts“. Eine das UN-Kaufrecht wirksam ausschließende Klausel könnte daher lauten: "Auf den Vertrag sind die Regelungen des deutschen Rechts mit Ausnahme des UN-Kaufrechts anwendbar“. Eine andere Frage ist freilich, ob ein solcher Ausschluss sinnvoll ist.

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Bitte beachten Sie die folgende Fußnote:

1 Das OLG München vertritt in einer Entscheidung (IHR 2014,68) die Ansicht, dass bereits die Vereinbarung deutschen Rechts (als solche) zum Ausschluss des UN-Kaufrechts führt. Dies stellt jedoch (zumindest bislang) eine absolute Mindermeinung dar.

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