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Wirtschaftsausblick | Ecuador

Neuer Präsident Ecuadors blickt auf schwache Konjunkturprognosen

Ecuador hat sich bei der Präsidentschaftswahl für die wirtschaftsfreundliche Option entschieden. Die neue Regierung muss viele Probleme lösen und hat dafür nur wenig Zeit. 

Von Janosch Siepen | Bogotá

Top-Thema: Ecuador wählt wirtschaftsliberalen Präsidenten

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2023 ging der marktliberale Daniel Noboa als Sieger hervor. Der Sohn eines der reichsten Unternehmer des Landes will ausländische Investoren anziehen, die genaue Richtung seiner Politik ist aber noch unklar. Anleger sehen den Wahlausgang als positives Signal. Nach der Abstimmung werteten die Staatsanleihen des südamerikanischen Landes auf.

Gleichzeitig steht Ecuador vor vielen Herausforderungen: Zwar ist das Haushaltsdefizit mit rund 2 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) vergleichsweise gering, doch der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt ist eingeschränkt. Zudem macht die Dollarisierung – die Landeswährung Ecuadors ist der US-Dollar – die Wirtschaft unflexibel, und eine teilweise dramatische Sicherheitslage dämpft die Investitionsbereitschaft.

Noboa ist Nachfolger des im Mai 2023 abgetretenen Präsidenten Guillermo Lasso. Er hat nur 17 Monate Zeit bis zur nächsten Wahl 2025 – bis zum Ende der ursprünglichen Amtszeit Lassos. Beobachter gehen davon aus, dass die neue Regierung gleich im Wahlkampfmodus bleiben und kaum umfassende Strukturreformen durchführen wird. Unternehmen dürften daher mit Investitionsentscheidungen zögern. 

Wirtschaftsentwicklung: Niedriges Wachstum in kommenden Jahren

Der Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet 2023 und 2024 nur mit einem verhaltenen Wachstum des BIP von 1,2 beziehungsweise 0,7 Prozent. Den Grund dafür sieht die EIU vor allem in der Schließung eines wichtigen Ölfeldes.

 

Analysten erwarten mittelfristig nur schwaches Wachstum der Investitionen

Hohe Zinsen, die teilweise sehr schlechte Sicherheitslage und Widerstand der Bevölkerung gegen Projekte in den Schlüsselbranchen Bergbau und Erdölförderung dämpfen die Bruttoanlageinvestitionen. Nach Einschätzung der EIU werden sie 2023 um 0,3 Prozent sinken und 2024 stagnieren, ehe sie 2025 bis 2027 wieder um 2,5 Prozent pro Jahr steigen. Allerdings könnte eine wirtschaftsfreundliche Politik von Noboa das Investitionswachstum positiver ausfallen lassen als erwartet.

Auch die Höhe der öffentlichen Ausgaben in den kommenden Jahren hängt von den Prioritäten der Regierung ab. Noboa kündigte an, die Schuldentilgung mit den Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang bringen zu wollen. Trotz leerer Kassen könnte er die Ausgaben in den kommenden Monaten anheben, um die Chancen auf eine Wiederwahl zu erhöhen.

Privatverbrauch bleibt Konjunkturstütze

Das Wachstum des privaten Konsums schwächt sich ab. Die EIU erwartet 2023 und 2024 Zuwächse von etwa 2 Prozent pro Jahr. Geringe Reallohnsteigerungen und nachlassende Investitionsausgaben bremsen den Konsum.

Andererseits stabilisieren verschiedene Faktoren den Verbrauch: Als dollarisierte Wirtschaft fiel die Inflation in Ecuador in den letzten Jahren deutlich geringer aus als bei den Nachbarn Peru und Kolumbien. Zusätzlich senkt eine Steuerreform vom Juni 2023 effektiv die Einkommenssteuer. Der private Konsum war ein entscheidender Faktor bei der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie.

Ölexporte sinken

Die EIU rechnet damit, dass Ecuadors bisheriger Handelsbilanzüberschuss 2024 wegen sinkender Erdölexporte deutlich abschmilzt, denn die Mehrheit der Bevölkerung stimmte im August 2023 für die Schließung des ITT-Ölfelds im Nationalpark Yasuní. Dadurch verringert sich die landesweite Ölproduktion um 12 Prozent.

Dagegen könnten steigende Exporte von Kupfer, Gold und Silber die Handelsbilanz mittelfristig stützen. Die noch junge Bergbaunation Ecuador profitiert von großen Funden in den vergangenen Jahren und bietet einige Standortvorteile. Rechtliche Ungewissheit und Proteste der Bevölkerung bergen allerdings Risiken.

Ein kürzlich unterzeichnetes Freihandelsabkommen mit China dürfte dazu beitragen, die Exporte langfristig zu diversifizieren. Tritt Ecuador zusätzlich dem Trans-Pazifik-Abkommen CPTTP bei, stärkt das den Handel mit Ostasien weiter, unter anderem bei Fischereiprodukten.

Deutsche Perspektive: Arzneimittelhersteller investiert 30 Millionen US$

Die deutschen Direktinvestitionen in Ecuador betragen derzeit etwa 700 Millionen US-Dollar (US$). Das Pharmaunternehmen Grünenthal aus Aachen kündigte 2023 an, eine Fabrik für 30 Millionen US$ in der Hauptstadt Quito bauen zu wollen. Dort sollen Medikamente für den Export nach Europa produziert werden.

Laut dem AHK World Business Outlook von Frühjahr 2023 sehen die Mitgliedsunternehmen der deutsch-ecuadorianischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ecuador) ihre Geschäftserwartungen deutlich positiver als der Durchschnitt der befragten Kammern in Süd- und Mittelamerika. Auch bei dem Punkt "Investitionsabsichten" liegt Ecuador über dem Durchschnitt. Hohe Risiken sehen die befragten Unternehmen aber in den Bereichen "wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen", "Rechtssicherheit" und "Finanzierung".

Chancen für deutsche Investoren sieht Jörg Zehnle, Geschäftsführer der AHK Ecuador, in den Bereichen Agroindustrie, Logistik und Infrastruktur sowie bei Umwelttechnologien, erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff. Konkurrenz komme derweil aus Spanien und Frankreich, gerade bei den Erneuerbaren. Auch Südkorea werde stärker. 

„Nach dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen blicken Unternehmen in Ecuador optimistisch in die nähere Zukunft."

Jörg Zehnle Geschäftsführer der Deutsch-Ecuadorianischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ecuador)

Aufgrund seiner Größe liegt Ecuador nur auf Rang 82 der deutschen Absatzmärkte, deutlich hinter anderen Ländern der Region. Die Bundesrepublik liefert vorwiegend Chemieprodukte und Maschinen. Informationen zu Einfuhrbestimmungen in Ecuador bietet die GTAI-Publikation "Zoll und Einfuhr kompakt".

Laut Daten der ecuadorianischen Zentralbank lag der Anteil Deutschlands an den Importen des Landes in den vergangenen zehn Jahren relativ konstant bei rund 2 Prozent. Im selben Zeitraum sind China und Bolivien wichtiger geworden. Italien und Kanada haben nach der Pandemie ihre Marktanteile unter den Lieferanten ausgebaut.

Weitere Informationen zu Ecuador finden Sie auf unserer Länderseite.

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