Für die Gründung einer estnischen Offenen Handelsgesellschaft (estnisch: „täisühing“, kurz: „TÜ“; englisch: „general partnership“, §§ 79-124 HGB) ist ein Gesellschaftsvertrag (§ 82 HGB) erforderlich, für den aber keine besonderen Formerfordernisse gelten. Ein gesetzliches Mindestgesellschaftskapital besteht nicht. Die Gesellschafter der OHG haften gesamtschuldnerisch mit ihrem Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
Die Kommanditgesellschaft anch estnischesm Recht (estnisch: „usaldusühing“, kurz: „UÜ“; englisch: „limited partnership“, §§ 125-134 HGB) folgt ebenfalls den OHG-Vorschriften. Sie darf nicht weniger als zwei Gesellschafter haben, wobei mindestens ein Gesellschafter (Komplementär, estnisch: „täisosanik“; englisch: „general partner“) persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der KG haftet. Mindestens ein weiterer Gesellschafter (Kommanditist, estnisch: „usaldusosanik“; englisch: „limited partner“) haftet in Höhe seiner übernommenen Einlage für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die Höhe dieser Einlage ist bei der Anmeldung zum Handelsregister anzugeben.
Die estnische Aktiengesellschaft („aktsiaselts“, kurz: „AS“, §§ 221-338 HGB) wird durch Gesellschaftsvertrag („asutamisleping“), dem die festgestellte Satzung („põhikiri“) beizufügen ist, gegründet. Beide Urkunden (Mindestinhalt: §§ 243, 244 HGB) müssen von allen Gründern unterzeichnet und notariell beurkundet sein. Das Mindestgrundkapital einer AS beträgt 25.000 Euro. Sacheinlagen sind möglich (§§ 246 ff HGB).
Organe einer AS sind die Hauptversammlung der Aktionäre (estnisch: „Üldkoosolek“; englisch: „General Meeting“, §§ 290-305 HGB), der aus einer oder mehreren natürlichen Personen bestehende Vorstand (estnisch: „juhatus“; englisch: „Management Board“, §§ 306-315 HGB) und der Aufsichtsrat (estnisch: „nõukogu“; englisch: „Supervisory Board“, §§ 316-327 HGB). Die Rechte und Pflichten der Aktionäre sind in den §§ 272-2892 HGB normiert.
Schließlich können nach estnischem Gesellschaftsrecht alle natürlichen Personen (typische Beispiele: Handwerker, Landwirt, aber auch freie Berufe nach deutschem Verständnis) Einzelunternehmer sein („füüsilisest isikust ettevotja“, kurz: „FIE“, §§ 3, 8 HGB). Sie haften dabei persönlich und unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens.
Lediglich in Estland als MwSt.--Mehrwertsteuer-Zahler registrierte Einzelunternehmer sind zur Eintragung in das estnische Handelsregister („Registriosakond“) verpflichtet. Ein Einzelunternehmen muss unter dem vollständigen Namen seines Inhabers firmieren; Rechtsformzusätze sind unzulässig.
Ausländische Unternehmen können gemäß §§ 384-390 HGB Zweigniederlassungen („filiaal“) in Estland eröffnen, über die sie ständig in Estland Waren bzw.--beziehungsweise Dienstleistungen anbieten dürfen. Zweigniederlassungen sind keine juristischen Personen; für die Verbindlichkeiten einer Zweigniederlassung haftet die ausländische Gesellschaft. Zweigniederlassungen müssen dennoch in das Handelsregister eingetragen werden (§§ 386-387 HGB). Eine Zweigniederlassung kann einen oder mehrere Leiter haben (§ 385 HGB).
Auch die Gesellschaftsformen der Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE; estnisch: „Euroopa äriühingu SE“) sowie der Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV, estnisch: „Euroopa majandushuviühingule“) sind im Wege von Sondergesetzen in die estnische Rechtsordnung eingeführt worden.