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Rechtsbericht | EU | Sorgfaltspflichten

Europäische Lieferketten-Richtlinie im Amtsblatt veröffentlicht

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) wird auch in Deutschland mehr Pflichten und größere Haftungsrisiken für mehr Unternehmen schaffen.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Die Richtlinie (EU) 2024/1760 des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (die Richtlinie) wurde am 5. Juli 2024 im Amtsblatt veröffentlicht. Sie tritt somit am 26. Juli 2024 in Kraft. Da es sich um eine Richtlinie handelt, muss sie in nationales Recht umgesetzt werden, damit sie ihre volle Gültigkeit entfaltet. Dafür gibt es eine zweijährige Frist ab Inkrafttreten, die am 26. Juli 2026 ablaufen wird. Voraussichtlich wird Deutschland die Richtlinie durch Änderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) implementieren.

Abgestufte Anwendbarkeit

Unbeschadet der Tatsache, dass die Richtlinie und die nationalen Umsetzungsnormen an einem bestimmten Zeitpunkt in Kraft treten, gilt die Richtlinie nicht von Anfang an für alle erfassten Unternehmen. Sie wird abgestuft anwendbar (Artikel 37):

Bis Juli 2026:

(2 Jahre nach Inkrafttreten)

Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben.

2027

(3 Jahre nach Inkrafttreten)

Die Richtlinie gilt für Unternehmen mit

  • Mehr als 5.000 Beschäftigten
  • Mehr als 1,5 Milliarden EUR weltweitem Nettojahresumsatz

2028

(4 Jahre nach Inkrafttreten)

Die Richtlinie gilt für Unternehmen mit

  • Mehr als 3.000 Beschäftigten
  • Mehr als 900 Mio. EUR weltweitem Nettojahresumsatz

2029

(5 Jahre nach Inkrafttreten)

Die Richtline gilt für Unternehmen mit

  • Mehr als 1.000 Beschäftigten
  • Mehr als 450 Mio. EUR weltweitem Nettojahresumsatz

Die Schwellenwerte ermittelt man anhand der Werte des letzten Geschäftsjahres, für das ein Jahresabschluss angenommen wurde oder hätte angenommen werden müssen. Der Nettojahresumsatz bezieht sich dabei auf den weltweiten Umsatz. Die Schwellenwerte gelten entweder für das Unternehmen selbst (Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie), oder durch Tochtergesellschaften einer Gruppe, deren Muttergesellschaft es ist (ebendort, Buchstabe b). Die Richtlinie gilt zum einen für in der EU gegründete Unternehmen, aber zum anderen auch für in Drittstaaten gegründete Unternehmen, die die genannten Umsatzschwellen in der Europäischen Union überschritten haben.

Zum Vergleich: Das aktuell geltende deutsche LkSG gilt für Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten, allerdings ohne Mindestumsatz. Daher ist die Zahl der betroffenen Unternehmen aktuell deutlich höher. Allerdings steht es dem nationalen Gesetzgeber frei, den Anwendungsbereich weiter zu fassen als in der Richtlinie vorgesehen.

Welche Pflichten bringt die Richtlinie?

Ein wichtiger Unterschied zum LkSG betrifft den Umfang des Verantwortungsbereichs. Gegenwärtig wird die Lieferkette nur „upstream“ betrachtet, also neben dem eigenen Unternehmen die unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer (§ 2 Absatz 5 LkSG). Mit Geltung der Richtlinie wird sich dies ändern. Die Lieferkette, dort als „Aktivitätskette“ bezeichnet, umfasst nicht nur die Tätigkeiten der vorgelagerten (upstream), sondern auch diejenige der nachgelagerten (downstream) Geschäftspartner (Artikel 3 Absatz 1 g) der Richtlinie), sofern diese Tätigkeiten im Auftrag des Unternehmens ausgeführt werden. Hier sind also nicht nur Aktivitäten wie zum Beispiel die Produktion von Waren oder die Gewinnung von Rohstoffen umfasst, sondern beispielsweise auch Vertriebsaktivitäten und die Beförderung und Lagerung des Produkts.

Die Richtlinie schützt Umwelt und Menschen in der Lieferkette. Was genau darunter zu verstehen ist, ist in Teil I des Anhangs der Richtlinie aufgeführt. Auch hier gibt es eine große Schnittmenge mit dem LkSG, wobei der Fokus der Richtlinie etwas stärker auf Umwelt- und Klimabelangen zu liegen scheint.

Die Pflichten selbst sind in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie geregelt: Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in Unternehmenspolitik und Risikomanagement; Ermittlung und Bewertung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen und erforderlichenfalls Priorisierung solcher Auswirkungen; Verhinderung und Minderung potenzieller negativer Auswirkungen, Abstellung tatsächlicher negativer Auswirkungen und Minimierung ihres Ausmaßes; Leistung von Abhilfe für tatsächliche negative Auswirkungen; sinnvolle Einbeziehung von Interessenträgern; Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Meldemechanismus und Beschwerdeverfahrens; Überwachung der Wirksamkeit der Strategien und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht; öffentliche Kommunikation über die Sorgfaltspflicht. Entscheidende Unterschiede zu der entsprechenden Norm des § 3 LkSG gibt es insofern nicht.

Zivilrechtliche Haftung, Geldbußen und sonstige Sanktionen

Gemäß Artikel 29 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass im nationalen Recht Haftungstatbestände eingeführt werden, die eine Nichterfüllung der Pflichten aus den Artikeln 10 und 11 zivilrechtlich sanktionieren - und zwar sowohl bei vorsätzlichen als auch bei fahrlässigen Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten. Anspruchsberechtigt ist eine natürliche oder juristische Person, die wegen der Pflichtverletzung einen Schaden erlitten haben. Der Anspruch richtet sich nach nationalem Recht, wobei die Verjährungsfrist nicht kürzer als fünf Jahre sein darf.

Zusätzlich gibt es öffentlich-rechtliche Sanktionen, die nach nationalem Recht verhängt werden und „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen (Artikel 27 Absatz 1). Werden Zwangsgelder verhängt, müssen sich diese nach dem weltweiten Nettoumsatz des Unternehmens richten. Das Höchstmaß beläuft sich auf 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens im Geschäftsjahr vor der Entscheidung über die Verhängung des Zwangsgelds (Artikel 27 Absatz 4).

Verbandsklagen, zum Beispiel durch NGOs im Namen der Opfer, sind zulässig, Artikel 29 Absatz 3 d). Sanktionen gegen Unternehmen wegen Verstößen gegen die Vorschriften der Richtlinie werden öffentlich gemacht (Artikel 27 Absatz 5). Schließlich können sowohl die Einhaltung als auch Verstöße gegen die Vorschriften der Richtlinie zu Konsequenzen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge führen (Artikel 31 und Erwägungsgrund 92).

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