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Ausländisches Wirtschaftsrecht | EU | Gewährleistungsrecht

Europäische Union stärkt Verbraucherrechte

Die Warenkauf- und Digitale-Inhalte-Richtlinien ersetzen die bisher geltende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Die neuen nationalen Regelungen treten zum 1. Januar 2022 in Kraft.

Von Nadine Bauer, Marcelina Nowak | Bonn

Dieser Beitrag bietet Ihnen neben einer allgemeinen Einführung einen Überblick über die Umsetzung der betreffenden Richtlinien in ausgewählten Mitgliedstaaten.

  • Neue EU-Richtlinien weiten die Gewährleistung aus

    Ab 1. Januar 2022 gelten erweiterte Rechte bei Verbraucherverträgen: neue Begriffsbestimmungen, Aktualisierungspflicht und Ausdehnung der Beweislastumkehr sollen das Kaufrecht digitaler machen.

    Den rechtlichen Rahmen bilden die Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte vertragliche Aspekte des Warenkaufs (Warenkaufrichtlinie – WKRL) sowie die Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Digitale-Inhalte-Richtlinie – DIDRL). Diese verfolgen das Ziel, die nationalen Märkte innerhalb der Europäischen Union zu einem gemeinsamen digitalen Markt zu vereinen und einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten.

    Durch diese Harmonisierung der Gewährleistungsrechte im Bereich Online- und Offline-Warenkauf soll eine Stärkung des Verbraucherschutzes vor allem bei grenzüberschreitenden Käufen erzielt werden. Neben dem klassischen Warenbegriff sind nunmehr erstmals auch Waren mit digitalen Elementen, beispielsweise Smartwatches oder Smart TVs, ausdrücklich erfasst (Art. 2 Nr. 5 b WKRL).

    Beide Richtlinien stellen sowohl subjektive als auch objektive Anforderungen an die Beschaffenheit der Ware und die Bereitstellung der Inhalte und Dienstleistungen. Der Mangelbegriff wird insofern ausgedehnt, die konkreten Anforderungen finden sich in Art. 6 f. WKRL und Art. 7 f. DIDRL.

    Die neuen Regelungen gelten für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden.

    Harmonisierung der Regeln für den Warenkauf

    Die Warenkaufrichtlinie ersetzt die bisher maßgebliche Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (1999/44/EG). Sie verfolgt das Ziel der Vollharmonisierung, das heißt, die europäischen Mitgliedstaaten dürfen bei der Umsetzung grundsätzlich nur das Verbraucherschutzniveau wählen, das von der Richtlinie vorgesehen ist. Strengere oder auch weniger strenge Regelungen sind nur in ausdrücklich genannten Fällen erlaubt, Art. 4 WKRL.

    Zu den wichtigsten Neuregelungen durch die Richtlinie zählen:

    Verkäufer haften grundsätzlich für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung besteht und innerhalb von zwei Jahren nach diesem Zeitpunkt offenbar wird, Art. 10 Abs. 1 WKRL. Beim Verkauf gebrauchter Waren muss deren Vertragsmäßigkeit für mindestens ein Jahr garantiert werden (Abs. 6).

    Von großer praktischer Bedeutung ist die Regelung in Art. 11 WKRL: Danach muss die Beweislastumkehr zugunsten der Verbraucher bezüglich der Mangelfreiheit von Waren mindestens ein Jahr ab Lieferung betragen. Die in Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltene gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel der Kaufsache, der sich innerhalb von sechs Monaten zeigt, bereits beim Kauf vorlag, wird dadurch ausgeweitet. Besonders verbraucherfreundliche Mitgliedstaaten können die Frist auf bis zu zwei Jahre erhöhen.

    Neue Regelungsmaterie aufgrund fortschreitender Digitalisierung

    Die Warenkaufrichtlinie wird durch die Digitale-Inhalte-Richtlinie ergänzt. Diese widmet sich erstmalig Verbraucherverträgen, die digitale Inhalte und Dienstleistungen umfassen. Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden. Hierunter fallen beispielsweise Computersoftware und E-Books. Digitale Dienstleistungen sind Dienstleistungen, die den Verbrauchern die Erstellung, Speicherung, Verarbeitung von oder den Zugang zu Daten ermöglichen oder das Teilen, den Zugriff und die Interaktion mit Daten anderer Nutzenden des Dienstes ermöglichen. Dies gilt zum Beispiel beim Streaming, bei der Nutzung von Cloud-Diensten oder sozialen Netzwerken.

    Die Richtlinie gilt gemäß Art. 3 Abs. 1 DIDRL für entgeltliche Verträge sowie für Verträge, bei denen die Käufer neben oder an Stelle der Zahlung personenbezogene Daten bereitstellen (beispielsweise im Rahmen der Nutzung von Social-Media-Diensten). Personenbezogenen Daten wird somit ein Verkehrswert im Sinne einer Gegenleistung zugeschrieben, sofern das Unternehmen diese Daten kommerziell nutzen will und die Daten nicht allein zur Bereitstellung der digitalen Inhalte notwendig sind. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist allerdings nicht eröffnet, wenn die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 und 5 DIDRL vorliegen. Dies ist insbesondere bei Waren, die digitale Inhalte/Dienstleistungen enthalten, der Fall. Diese unterfallen dem Geltungsbereich der Warenkaufrichtlinie.

    Die Pflicht zur Bereitstellung der digitalen Inhalte und Dienstleistungen ist erfüllt, wenn diese den Verbrauchern körperlich oder virtuell zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht wurden, Art. 5 DIDRL.

    Updates werden zur Pflicht

    Neu ist die Pflicht der Unternehmen, notwendige Aktualisierungen bereitzustellen. Diese ergibt sich aus Art. 7 Abs. 3 WKRL beziehungsweise aus Art. 8 Abs. 2 DIDRL. Die Aktualisierungspflicht umfasst funktionserhaltende Updates und vor allem Sicherheitsupdates. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die durch die Verbraucher erworbenen digitalen Produkte vertragsgemäß bleiben. Notwendige Aktualisierung bedeutet aber nicht zwingend gleichzeitige Verbesserung: Denn es besteht grundsätzlich keine Pflicht, die Funktionen der Waren, der digitalen Inhalte oder Dienstleistungen durch diese funktionserhaltenden Updates zu verbessern oder gar auszuweiten (Erwägungsgründe 30 WKRL und 47 DIDRL). 

    Die Updatepflicht gilt zumindest so lange, wie Verbraucher dies unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags vernünftigerweise erwarten können. Dabei nennen die Erwägungsgründe der Richtlinie einen Mindestzeitraum von zwei Jahren. Im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erstreckt sich die Pflicht auf den gesamten Vertragszeitraum.

    Verbraucher sind allerdings nicht verpflichtet, die bereitgestellten Updates auch zu installieren. In diesem Fall haften die Verkäufer nicht mehr für eine daraus resultierende Verschlechterung der Ware beziehungsweise der digitalen Inhalte oder Dienstleistungen (Art. 7 Abs. 4 WKRL und Art. 8 Abs. 3 DIDRL).

    Zum Thema:

    Von Nadine Bauer | Bonn

  • Änderungen im dänischen Verbraucherschutzrecht ab 2022

    Auch Dänemark kommt der Umsetzungspflicht der neuen EU-Richtlinien 2019/771 und 2019/770 zum 1. Januar 2022 durch mehrere Gesetzesänderungen nach.

    Dänemark hat die europäische Warenkauf- und die Digitale-Inhalte-Richtlinie per Änderungsgesetz (Lov om ændring af købeloven og lov om markedsføring) in nationales Recht überführt. Dadurch ergeben sich neue Bestimmungen im dänischen Kaufgesetz (købeloven) sowie im Marketinggesetz (markedsføringsloven).

    Zum einen wird der Anwendungsbereich der Vorschriften über Verbraucherkäufe im Kaufgesetz explizit auf den Kauf digitaler Inhalte und Dienstleistungen ausgeweitet. Auch der Fall, dass der Verbraucher die Leistung mit seinen persönlichen Daten bezahlt, ist nun erfasst (§ 4a Abs. 3 købeloven). Zum anderen werden gesetzliche Anpassungen im Zusammenhang mit dem Mangelbegriff vorgenommen: wann eine Ware mangelhaft ist (subjektive und auch objektive Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit nach §§ 75a – 76 købeloven), welche Rechte der Verbraucher im Falle eines Mangels gegenüber dem Verkäufer hat (Ersatzlieferung, Nachbesserung, Preisminderung und Rücktritt, §§ 78 ff. købeloven) und die Ausdehnung der Beweislastumkehr auf ein Jahr (§ 77a Abs. 2 købeloven).

    Die Änderungen im Marketinggesetz betreffen verschärfte Anforderungen an die gewerbliche Garantie. Gemäß § 17 Abs. 1 markedsføringsloven ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher die Garantieerklärung spätestens bei der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, Abs. 2 nennt deren Mindestinhalt. 

    Von Nadine Bauer | Bonn

  • Neuerungen im österreichischen Gewährleistungsrecht zum Jahreswechsel

    Zum 1. Januar 2022 gilt das neue Verbrauchergewährleistungsgesetz. Österreich kommt damit den Vorgaben auf europäischer Ebene nach. 

    Die europäische Warenkauf- sowie die Digitale-Inhalte-Richtlinie werden durch das Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz in nationales Recht umgesetzt. Wichtige Neuerungen sind dabei:

    • die Schaffung des Verbrauchergewährleistungsgesetzes (VGG) und
    • Änderungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) sowie des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG).

    Das VGG gilt für Verträge zwischen Unternehmer und Verbraucher (B2C). Es umfasst sowohl den Kauf von Waren (einschließlich Werklieferungen), als auch die Bereitstellung digitaler Leistungen. Eine wichtige Neuerung ist die Verlängerung der Vermutungsfrist (Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers) von sechs Monaten auf ein Jahr. Im Anwendungsbereich des ABGB bleibt es allerdings weiterhin bei einer Frist von sechs Monaten.

    Neu ist die Einführung einer Aktualisierungspflicht für Waren mit digitalen Elementen und für digitale Leistungen, die gemäß § 1 Abs. 3 VGG ausnahmsweise auch im B2B-Bereich gilt. Der Kunde hat danach das Recht, die Updates zu erhalten, die notwendig sind, damit die Ware oder die digitale Leistung weiterhin dem Vertrag entspricht (§ 7 VGG).

    Es kommt auch eine neue Frist zum Tragen: § 28 Abs. 1 VGG und § 933 Abs. 3 ABGB sehen vor, dass nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eine zusätzliche Verjährungsfrist von drei Monaten greift, innerhalb derer ein Mangel gerichtlich geltend gemacht werden muss. Die allgemeinen Gewährleistungsfristen bleiben hingegen unverändert. Sie betragen bei beweglichen Sachen zwei und bei unbeweglichen Sachen drei Jahre.

    Von Nadine Bauer | Bonn

  • Tschechisches Zivilrecht bietet ab 2022 mehr Verbraucherschutz

    Für Kaufverträge gelten ab dem 1. Januar 2022 neue Regeln. Die Rechte der tschechischen Verbraucher werden dadurch gestärkt.  

    In der Tschechischen Republik haben die zwei europäischen Richtlinien Warenkaufrichtlinie und die Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB; Zákon č. 89/2012 Sb.) geändert. Zum Jahresbeginn 2022 werden sich zum einen die Regeln der gesetzlichen Garantie ändern und zum anderen wird die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen neu geregelt werden. 

    Ab dem neuen Jahr müssen Unternehmen jetzt vermehrt darauf achten, ob sie ihrer Informationspflicht vor dem Vertragsschluss nachkommen. Die Liste der notwendigen Informationen hat sich geändert. In § 1811 Absatz 2 des BGB ist nunmehr zu finden, dass Unternehmen ausdrücklich verpflichtet werden, zusätzlich ihre Telefonnummer und E-Mail-Adresse zur Identifizierung anzugeben.

    Beim Vertragsabschluss über einen Online Shop müssen die Verbraucher vor der Bestellung eindeutig über alle wesentlichen Merkmale der Ware/Dienstleistung informiert werden. Darüber hinaus auch über die Vertragslaufzeit und die Kündigungsbedingungen. Auch muss sichergestellt werden, dass der Verbraucher die Zahlungspflicht bei der Bestellung ausdrücklich anerkennt.

    Das tschechische BGB hat jetzt auch den Zeitraum der gesetzlichen Beweislastumkehr ausgeweitet. Gemäß § 2161 wird ab Januar 2022 der ursprüngliche Zeitraum der Beweispflicht von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Es ist dann Sache des Verkäufers nachzuweisen, dass er eine mangelfreie Ware geliefert hat. 


    Von Marcelina Nowak | Bonn

  • Erweiterter Verbraucherschutz gilt in Ungarn ab 2022

    Ab 1. Januar 2022 müssen sich Unternehmen auf wesentliche Änderungen der Verbraucherverträge über den Verkauf von Waren und die Erbringung digitaler Dienstleistungen einstellen. 

    Die ungarischen Verbraucherschutzvorschriften wurden durch die europäische Warenkaufrichtlinie und die Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen verändert. Ins nationale Recht wurden die beiden Richtlinien durch den Regierungserlass 373/2021 (30.VI.) umgesetzt.

    In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass der Regierungserlass nur eine gesetzliche Regelung des Verbraucherschutzes darstellt. Zusätzlich zu den neuen Vorschriften muss bei Verträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher (B2C)

    Beachtung finden. 

    Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Erweiterung der Vermutungsfrist von sechs auf zwölf Monate (§ 11 Abs. 2 Regierungserlass 373/2021 (30.VI.). Danach ist bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass der innerhalb eines Jahres nach dem Tag der Erfüllung der Ware festgestellte Mangel zum Zeitpunkt der Ausführung der Ware bereits bestand.  

    Zudem muss beim Verkauf von Waren, die digitale Elemente enthalten, das Unternehmen sicherstellen, dass der Verbraucher über die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen informiert wird und Aktualisierungen, einschließlich Sicherheitsupdates, erhält (§ 17 Abs. 3 Regierungserlass 373/2021 (30.VI.).


    Von Marcelina Nowak | Bonn

  • Belgien modernisiert sein Verbraucherschutzrecht

    Mit Gesetz vom 20. März 2022 hat Belgien das Gewährleistungsrecht für Kaufverträge mit Verbrauchern (B2C) geändert und an europäische Vorgaben angepasst.

    Die belgische Umsetzung der Richtlinien 770 (digitale Inhalte) und 771 (Kaufverträge) aus 2019 in nationales Recht, die eigentlich bis Ende 2021 hätte geschehen müsse, tritt nun zum 1. Juni 2022 in Kraft.

    Geändert werden die Artikel 1649bis bis 1649octies des alten Code Civil, für die Aufnahme der neuen Regeln zu digitalen Inhalten wird ein neuer Titel VIbis eingefügt. Ebenfalls geändert wurde Artikel 589 der belgischen Zivilprozessordnung, der die Zuständigkeit für Streitfälle aus den neuen Regeln den Unternehmensgerichten (tribunaux d’entreprises) zuweist. Im ebenfalls ergänzten Buch XV des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs wurde der „Inspection economique“ das Recht gegeben, Verstöße gegen die neuen Regeln öffentlich-rechtlich zu ahnden und zu sanktionieren.

    In inhaltlicher Hinsicht hat sich Belgien dafür entschieden, die Umkehr der Beweislast für das Vorliegen des Mangels bei Übergabe nicht nur für die in der Richtlinie als Mindestmaß vorgeschriebenen zwölf Monate, sondern für zwei Jahre vorzuschreiben.

    Die Vorschriften des neuen Kaufrechts gelten für Verträge, die ab dem 1. Juni 2022 geschlossen werden. Im Gegensatz dazu beginnen die neuen Vorschriften betreffend digitale Inhalte auch für schon laufende Verträge am 1. Juni, sofern ab diesem Tag digitale Dienste bereitgestellt werden.

    Zum Thema:

    Von Karl Martin Fischer | Bonn

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