Zollbericht EU Kaufrecht
Das anwendbare Recht im internationalen Wirtschaftsverkehr
Welches Recht findet Anwendung, wenn Vertragspartner aus unterschiedlichen Staaten miteinander Verträge abschließen?
30.11.2020
Von Dr. Achim Kampf | Bonn
Schließen Vertragspartner aus unterschiedlichen Staaten miteinander Verträge ab, stellt sich zunächst die Frage, das Recht welchen Staates anwendbar ist. Dies wiederum richtet sich nach den Regeln des internationalen Privatrechts. Dabei handelt es sich nicht (wie der Name vermuten lassen könnte) um internationale Regeln, sondern um (grundsätzlich) nationale Regeln, die sich aber mit internationalen Sachverhalten und der Frage, welches (nationale) Recht anwendbar ist, befassen. Die Frage des anwendbaren Rechts stellt sich indes gar nicht erst, soweit Regelungen existieren, die grenzüberschreitende Sachverhalte unmittelbar betreffen. Denn dann gibt es ja bereits auf internationale Sachverhalte abgestimmte Normen. So regelt das UN-Kaufrecht, ein völkerrechtliches Übereinkommen, das mittlerweile mehr als 90 Staaten ratifiziert haben, die Rechte und Pflichten eines internationalen Warenkaufs. Es ist jedoch nicht zwingend, sondern kann wirksam ausgeschlossen werden. In diesem Fall kommt man nicht umhin, sich mit den Regeln dies internationalen Privatrechts, dem sogenannten Kollisionsrecht, näher zu befassen.
Rechtswahl will gut überlegt sein
Innerhalb der EU ist die EU-Verordnung 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) maßgeblich. Sie enthält den Grundsatz des Rechtes des Verkäuferstaates. Das heißt, dass Kaufverträge dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Verkäufers einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Im Falle von Unternehmen ist dies der Ort der Hauptverwaltung. Die EU-Verordnung lässt jedoch eine Rechtswahl zu. Das bedeutet: Die Vertragsparteien können auch die Anwendung des Rechts eines anderen Staates vereinbaren. Denkbar ist auch, das Recht zwischenstaatlicher Abkommen zu vereinbaren, wie zum Beispiel auch das UN-Kaufrecht (sofern es nicht ohnehin anwendbar ist, was bei nahezu jedem deutschen Export der Fall ist). Auch nichtstaatliche Regelwerke wie die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts oder die Principles of European Contract Law sind vereinbar. Diese sogenannte Rechtswahl ist zwar im internationalen Geschäftsverkehr verbreitet. Dabei ist aber Folgendes zu bedenken: Zum einen ist es eine Frage der Marktmacht, ob der deutsche Exporteur das ihm wohlvertraute deutsche Recht durchsetzen kann. Üblich ist im internationalen Wirtschaftsverkehr eher das Recht aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. Darüber hinaus erkennen auch nicht alle Rechtsordnungen weltweit die Wirksamkeit einer Rechtswahl an. Die innerhalb der EU eingeräumte kollisionsrechtliche Möglichkeit, das Recht frei zu wählen, ist nicht auf alle Teile der Welt übertragbar. Wenn ein Fall nun vor Gerichten landet, dessen Staat nicht die Möglichkeit einer solchen Rechtswahl vorsieht, so hilft diese auch nicht weiter. Schließlich ist auch ins Kalkül zu ziehen, dass nationale Rechte in erster Linie auch nationale Sachverhalte im Blick haben. Die Anwendung eines nationalen Rechts auf internationale Sachverhalte führt daher auch nicht unbedingt zu sachgerechten Ergebnissen. Dies ist ein Grund mehr, sich einen Ausschluss des UN-Kaufrechts, das ja für internationale Sachverhalte konzipiert ist, gut zu überlegen.
Ermittlung des anwendbaren Rechts kann schwierig sein
Ist das anwendbare Recht für Kaufverträge mit grenzüberschreitenden Bezügen wegen des Verkäuferstaatsprinzips noch relativ klar geregelt, kann sich für einzelne Vertragsarten die Ermittlung des anwendbaren Rechts kompliziert gestalten.
Bezüglich des Exportkontrollrechtes sind die Ausfuhrvorschriften des Staates anzuwenden, von dessen Gebiet aus die Ware ausgeführt wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch unter bestimmten Vorschriften auch ausländische Vorschriften anzuwenden sind, wenn diese extraterritoriale Geltung beanspruchen. So sind unter der Voraussetzung, dass ein bestimmter Bezug zu den USA besteht (sogenannter "nexus“) auch Vorschriften des US-Exportkontrollrechts zu beachten, obwohl die Ware gar nicht von US-amerikanischem Territorium ausgeführt wird.
Zu beachten sind zwei grundsätzliche Ausnahmen bezüglich der Anwendung ausländischen Rechts. Gemäß dem "ordre public-Grundsatz“ ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates dann nicht anzuwenden, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts nicht vereinbar ist. Darüber hinaus sind sogenannte Eingriffsnormen relevant. Das sind zwingende Vorschriften, deren Einhaltung ein Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses ansieht, dass sie auch dann anzuwenden sind, wenn (auf einen bestimmten Sachverhalt) im Übrigen die Vorschriften eines anderen Staates anwendbar sind. Im Einzelnen kann eine entsprechende Einordnung schwierig sein.