Zollbericht EU Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Die Paneuropa-Mittelmeer-Zone
Ab dem 1. Januar 2025 treten im PEM-Raum vereinzelt modernisierte Ursprungsregeln in Kraft. Übergangsbestimmungen sind aber weiterhin zu beachten.
29.11.2024
Von Dr. Melanie Hoffmann, Dr. Achim Kampf | Bonn
Die Paneuropa-Mittelmeer-Zone entspricht nicht dem klassischen Typ einer Freihandelszone, in der zwei oder mehr Vertragsparteien auf der Grundlage eines Freihandelsvertrages die Schaffung einer Freihandelszone vereinbart haben. Sie zeichnet sich vielmehr durch ein Netzwerk von mehr als 60 Präferenzabkommen aus, die die beteiligten Länder untereinander abgeschlossen haben. Soweit als Bindeglied einheitliche Ursprungsregeln bestehen, führt dies zu weitreichenden Zollvergünstigungen.
Beteiligte Länder
Die Paneuropa-Mittelmeer-Zone als Kumulierungszone
Staaten schließen untereinander Präferenzabkommen, um Zollvergünstigungen zu erhalten oder sogar zollfrei Waren auszutauschen. Die Inanspruchnahme von Zollpräferenzen innerhalb einer Freihandelszone setzt voraus, dass es sich bei den Erzeugnissen um Ursprungswaren handelt. Die Kriterien hierfür sind im Ursprungsprotokoll des jeweiligen Präferenzabkommens geregelt. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Regelungen zur sogenannten Kumulierung von Waren.
Bei der Kumulierung werden Vormaterialien mit Ursprung in einem oder (jeweils) mehreren Ländern den Vormaterialien mit Ursprung in einem anderen Land zugerechnet (kumuliert). Voraussetzung für eine solche uneingeschränkte Kumulierung innerhalb der Paneuropa-Mittelmeer-Zone ist, dass das Land der Endfertigung und das Endbestimmungsland mit allen Ländern, in denen die verwendeten Vormaterialien ihren Ursprung haben, Freihandelsabkommen mit denselben Ursprungsregeln geschlossen haben.
Dieses Prinzip der sogenannten variablen Geometrie wird ausdrücklich in den Erläuterungen zu den Ursprungsprotokollen Pan-Europa-Mittelmeer (ABl. 2007/C/83/01) erwähnt und ergibt sich auch aus dem Regionalen Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer Präferenzursprungsregeln (im Folgenden: PEM-Übereinkommen) (Abl. 2013/L/54/1 vom 26.2.2013).
Ziel des PEM-Übereinkommens ist es, die Einheitlichkeit der Ursprungsregeln zu vereinfachen und eine effizientere Verwaltung der Regeln zu ermöglichen. Auf der Grundlage des PEM-Übereinkommens (als einheitliche Ursprungsregeln) ist eine uneingeschränkte Kumulierung nur möglich, wenn dieses Übereinkommen die bisherigen Ursprungsprotokolle der Freihandelsabkommen zwischen den Staaten jeweils ersetzt. Dies erfolgt durch eine Verweisung auf das Übereinkommen in den jeweiligen Präferenzabkommen. Änderungen des Übereinkommens wirken sich dann gleichzeitig auf die Abkommen aus, ohne dass jeweils im Einzelnen die Ursprungsprotokolle geändert werden müssen. Da der Übergang zum PEM-Übereinkommen nicht gleichzeitig für alle Vertragsparteien der Pan-Euro-Med-Zone erfolgt, können zur Vermeidung von Nachteilen weiterhin auch die einschlägigen Artikel zur Kumulierung der früheren Ursprungsprotokolle angewendet werden.
Die EU-Kommission veröffentlicht in aktuellen Mitteilungen jeweils eine Übersicht über die zwischen den Mitgliedern der Pan-Euro-Med-Zone möglichen Kumulierungen (Matrix).
Zollvergünstigungen für Ursprungswaren
Hinsichtlich der Ursprungsregeln/-systematik unterscheidet sich das PEM-Übereinkommen kaum von anderen Ursprungsprotokollen. Auch hiernach müssen Ursprungserzeugnisse entweder vollständig in der Freihandelszone gewonnen, hergestellt oder in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet sein. Bei der Mehrzahl der Erzeugnisse ist ausreichende Be- und Verarbeitung der eingesetzten Vormaterialien ohne Ursprung definiert als Positionswechsel, Wertkriterium (häufig max. 30 bzw. 40 Prozent des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware) oder einer Kombination aus beiden. Für einige Erzeugnisse gelten Sonderregelungen (zum Beispiel doppelter Positionswechsel bei Textilien). Einzelheiten enthält Anhang II des PEM-Übereinkommens. Wichtig für das Funktionieren der Freihandelszone sind die weitreichenden Kumulierungsregeln.
Die Länder 1 und 2 unterhalten ein bilaterales Freihandelsabkommen (FHA). Land 1 liefert Vormaterialien an Land 2. Dort findet eine Weiterverarbeitung statt. Die Fertigware wird danach zurück an Land 1 verkauft. Wegen der Zulieferung aus Land 1 wurde die Ware nicht vollständig in Land 2 erzeugt. In diesem Fall kann dennoch darauf verzichtet werden, zu prüfen, ob die Ursprungsregeln erfüllt sind. Denn die in Land 1 erfolgten Verarbeitungsschritte werden denjenigen in Land 2 hinzugerechnet (bilaterale Kumulation). Hätte Land 2 die Vormaterialien aus Land 3 bezogen, mit dem kein FHA besteht, so wäre zu prüfen gewesen, ob die Vormaterialien den Ursprungsregeln entsprechend ausreichend be- oder verarbeitet wurden. Falls nicht, wäre die Fertigware in Land 1 nicht präferenzberechtigt gewesen. Wenn nun aber Land 3 ebenfalls ein FHA mit den Ländern 1 und 2 mit gleichlautenden Ursprungsprotokollen unterhält, können die Fertigwaren präferenzberechtigt nach Land 1 exportiert werden. Die Vormaterialien aus Land 3 wirken sich nicht ursprungsschädlich aus (diagonale Kumulierung). Das Pan-Euro-Med-Abkommen sieht die diagonale Kumulierung vor. Dabei werden Vormaterialien aus verschiedenen Ländern innerhalb der Präferenzzone verwandt und das hergestellte Ursprungserzeugnis wird sodann an eine andere Vertragspartei aus der Präferenzzone, die nicht an der Vorlieferung beteiligt war, geliefert. Bezogen auf die Grafik liefert Land 1 Vormaterialien mit Ursprung in Land 1 an Land 2. Land 2 ist ebenfalls Partner der Präferenzzone bzw. des Abkommens und übernimmt den Herstellungsprozess des Enderzeugnisses. Die Ware hat folglich ihren Ursprung in Land 2 und wird anschließend an Land 3, welches ebenfalls Teil der Präferenzzone ist, geliefert. |
PEM-Raum im Umbruch
Der Gemischte Ausschuss des PEM-Übereinkommens (PEM = Pan-Europa-Mittelmeer/Pan-Euro-Mediterranean) hat Anfang Dezember 2023 die neuen und modernisierten Ursprungsregeln verabschiedet. Diese sollten am 1. Januar 2025 in Kraft treten und von da an für einen modernisierten, vereinfachten und zugleich flexibilisierten Handel zwischen den 24 Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens sorgen. Aufgrund langwieriger Gesetzgebungsverfahren in den einzelnen Ländern können bis Ende 2024 nicht alle Freihandelsabkommen angepasst werden, sodass auch nach dem 1. Januar 2025 voraussichtlich noch zwei Sets an Regeln bestehen.
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