Zollbericht EU WTO
Streit um Indiens Zölle geht in die nächste Runde
EU leitet Konsultation zum Streit mit Indien über Zölle auf bestimmte Waren der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ein.
03.12.2024
Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn
Seit 2014 führte Indien sukzessive Zölle in Höhe von bis zu 20 Prozent auf ausgewählte IKT-Produkte wie zum Beispiel Mobiltelefone und Mobiltelefonzubehör, Fernsprechgeräte, Basisstationen, Stromrichter und Elektrodrähte ein. Für die Europäische Union (EU) haben die erhöhten Zölle erhebliche Auswirkungen, denn die von den Maßnahmen betroffenen EU-Ausfuhren belaufen sich auf rund 600 Millionen Euro jährlich.
Verstoß gegen die Grundprinzipien der WTO
Die EU klagte bereits im Jahr 2019 bei der WTO und forderte das WTO-Streitbeilegungsgremium auf, sich dieser Maßnahme anzunehmen. Der Grund für die Einleitung des Streitbeilegungsverfahrens sei ein unmittelbarer Verstoß gegen die WTO-Grundprinzipien, primär gegen Art. II GATT. Dieser Artikel sieht vor, dass alle WTO-Mitgliedstaaten Listen mit Maximalzöllen (sogenannte Schedules of Concessions) festlegen. Die Überschreitung des maximalen Zollsatzes (bound tariff) ist nicht gestattet, eine Unterschreitung dagegen schon.
Die von Indien geforderten Zölle betragen bis zu 20 Prozent auf bestimmte IKT-Produkte. Damit übersteigen sie die in Indiens Liste festgehaltenen Maximalzölle für solche Waren. Indien hat sich zu einem Null-Zollsatz auf solche Waren verpflichtet.
Panel erklärt Indiens Zölle für rechtswidrig
Das Panel übermittelte am 17. April 2023 den Abschlussbericht zum von der EU eingeleiteten Verfahren. Darin heißt es, dass sich Indiens Zölle aus keinem der von Indien angeführten Gründe rechtfertigen lassen. Weder das Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie (ITA) noch der Versuch, neuere IKT-Waren von der Verpflichtung zum Null-Zollsatz auszuschließen, rechtfertigen Indiens Maßnahmen.
Das Panel hält fest, dass weder bei der Festlegung der Zollverpflichtungen noch bei der Aktualisierung der Nomenklatur Fehler gemacht wurden. Aus diesem Grund lehnte das Panel, Indiens Antrag auf Berichtigung seiner Zollverpflichtungen zu prüfen, ab.
Das Panel empfiehlt, die Maßnahmen mit den Verpflichtungen des GATT 1994 in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass Indien die Zölle aufheben muss.
Die Abschlussberichte zu den parallelen Verfahren, die durch Taiwan und Japan eingeleitet wurden, übermittelte das Panel ebenfalls am 17. April 2023.
Indien legte am 8. Dezember 2023 Berufung gegen den Panelbericht ein.
EU leitet Konsultation ein
Da Indien die endgültige und verbindliche Beilegung des Streits im Rahmen der WTO blockiert hat, leitet die EU auf Grundlage der EU-Durchsetzungsverordnung eine Konsultation zu den Auswirkungen der WTO-widrigen indischen Zölle auf IKT-Güter auf die wirtschaftlichen Interessen der Union ein.
Die EU verabschiedete 2021 die Verordnung (EU) Nr. 2021/167. Die EU soll mit diesen Vorschriften die Möglichkeit erhalten, eigene Handelsinteressen gegen illegal handelnde Partner zu schützen. Der EU wird es damit ermöglicht, Gegenmaßnahmen gegen die Länder zu ergreifen, die Handelsregeln verletzen und gleichzeitig die Beilegung von Streitigkeiten blockieren.
Nächste Schritte
Bis zum 10. Februar 2025 können betroffene Parteien Informationen und Stellungnahmen zu dieser Konsultation einreichen. Diese Beiträge sollen bei der Prüfung möglicher verhältnismäßiger handelspolitischer Maßnahmen als Reaktion auf die WTO-widrigen Zölle Indiens berücksichtigt werden. Ferner ist die EU an einer einvernehmlichen Lösung sowie Teilnahme Indiens an der Mehrparteien-Schlichtungsvereinbarung (MPIA) interessiert.
Quellen und weitere Informationen:
Übersicht der Panel-Reports: