Branchen | Finnland, Estland, Lettland , Litauen | Holzbau
Holzverarbeiter suchen neue Absatzmärkte im Ausland
In der Holzverarbeitung ist die Region groß: Rund 10 Prozent der europäischen Branchenleistung wird hier erwirtschaftet, doch viele Einkäufer haben den Markt noch nicht entdeckt.
14.03.2025
Von Niklas Becker | Helsinki
In keiner Region der EU spielt die Holzverarbeitung eine so große Rolle wie in Finnland, Estland, Lettland und Litauen. Das zeigen die neusten verfügbaren Daten von Eurostat. Die vier Länder belegen in der EU-Statistik zum Anteil der Herstellung von Holzwaren an der nationalen Bruttowertschöpfung die ersten vier Plätze.
Aber auch für die europäische Wirtschaft ist die Holzverarbeitung aus der Region entscheidend. Die vier Länder erwirtschaften trotz ihrer vergleichsweise kleinen Einwohnerzahl einen großen Beitrag zur europäischen Branchenleistung. Besonders Lettland und Estland stechen im EU-Vergleich hervor.
der gesamten Bruttowertschöpfung der holzverarbeitenden Industrie (ohne Möbel) in der EU wurden 2022 in Finnland, Estland, Lettland und Litauen erwirtschaftet.
Wie Detailzahlen zeigen, spielt der Export der Waren für alle vier Länder eine sehr große Rolle. In den drei baltischen Staaten lagen die Exportquoten der Holzverarbeiter bei über 70 Prozent.
Die im europäischen Vergleich große exportorientierte Branche ist für ausländische Einkäufer ein interessanter Markt. Zumal die Holzverarbeiter aktiv auf der Suche nach alternativen Absatzmärkten im Ausland sind. Dabei nehmen sie Deutschland stärker in den Fokus, denn die Holzindustrie in den vier Ländern leidet unter der Flaute in der europäischen Baubranche. Besonders der skandinavische Wohnungsbau ist für die Firmen ein wichtiger Abnehmer. Dieser stockte aber zuletzt massiv.
Automatisierung auf dem Vormarsch
Estland ist bekannt für sein digitales Know-how. Das spiegelt sich auch in der Holzindustrie wider. Hier werden Prozesse zunehmend automatisiert, um Flexibilität, Effizienz und wettbewerbsfähige Preise zu ermöglichen. Immer mehr estnische Firmen sind in der Lage, das Holz zu veredeln und Wertschöpfungsprodukte wie Thermoholz, Biomaterialien, modulare Gebäude herzustellen.
Laut der staatlichen Handelsagentur Enterprise Estonia ist Estland der größte Exporteur von vorgefertigten Holzhäusern in Europa. Die Branche sieht vor allem in diesem Bereich noch Potenzial, stärker auf dem deutschen Markt vertreten zu sein.
Ein Best-Practice-Beispiel ist das estnische Unternehmen Matek. Der Hersteller von Holzrahmen- und Modulhäusern sowie Fassadenelementen aus Holz produziert in Estland, bietet seine Waren aber bereits seit mehreren Jahren auf dem deutschen Markt an.
"Ein weiterer bedeutender Aspekt der estnischen Holzindustrie ist die Biochemie, die das Engagement Estlands unterstreicht, das volle Potenzial von Holz auszuschöpfen", berichtet Enterprise Estonia.
Holzverarbeiter forschen nach neuen Produkten
Auch die finnische Branche hat sich vorgenommen, das volle Potenzial des Rohstoffes Holz auszunutzen. Die Branche ist im Strukturwandel hin zu einer Biowirtschaft und forscht, welche Produkte noch aus Holz und aus den Abfallströmen bei der Holzverarbeitung entstehen können. Beispiele sind Kosmetika, pharmazeutische Produkte und Lebensmittel.
Zu den Innovationen der Branche gehören Verbundwerkstoffe aus Holz und Kunststoff sowie verschiedene Biochemikalien und Biopolymere, die in der Chemie-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie benötigt werden. Neue Verfahren ermöglichen in Finnland auch die Verwendung von aus Holz gewonnenen Rohstoffen zur Herstellung von Kleidung, Kunststoff, Asphalt oder Tierfutter.
Papier, Pappe, Karton und Zellstoff aus Finnland
Finnland hat eine lange Tradition in der Holzverarbeitung. Mehr als 75 Prozent der finnischen Landfläche sind bewaldet. Im Verhältnis zur Fläche ist das nordische Land das waldreichste in Europa.
In Finnland spielt neben der Holzverarbeitung auch die Herstellung von Papier, Pappe, Karton und Zellstoff eine wichtige Rolle. Der Rückgang der Nachfrage nach Papier hat zu Schließungen von Papierfabriken im Land geführt. Der boomende Online-Handel lässt hingegen die Nachfrage nach Pappe und Karton steigen.
Die finnische Holzindustrie importiert rund 5 Prozent des Rohholzes. In der Vergangenheit hat russisches Holz dabei eine wichtige Rolle gespielt. Infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist der Import jedoch zum Erliegen gekommen. Ersetzt werden die Einfuhren aus Russland durch einen stärkeren Einschlag der nationalen Wälder sowie durch höhere Importe von Holz aus anderen Ländern, allerdings zu höheren Preisen. Insbesondere aus Estland, Lettland und Litauen, aber auch aus Schweden importiert Finnland Rohholz.