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Frankreich bleibt wichtiger Markt für deutsche Labortechnik
Eine starke Forschungsinfrastruktur und ein gut ausgebauter medizinischer Sektor treiben die Nachfrage nach Labortechnik an. Aber der Modernisierungs- und Kostendruck steigt.
20.12.2024
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Frankreich ist für Deutschland einer der wichtigsten Absatzmärkte für Labortechnologie. Jährlich verkaufen deutsche Hersteller hier Labortechnik im Wert von gut 1,5 Milliarden Euro. Dies dürfte auch in Zukunft so bleiben. Denn im Bereich der Bioanalyse erwartet der Marktanalyst Xerfi bis 2026 ein jährliches Wachstum von mehr als 1,5 Prozent. Roland Berger geht davon aus, dass das Auftragsvolumen im Bereich In-Vitro-Diagnostik und medizinische Laborleistungen 2025 um 7,5 Prozent steigen wird.
Die staatliche Forschungsinfrastruktur auf internationalem Höchstniveau und das aktive unternehmerische Forschungs- und Entwicklungsumfeld sind fortlaufend auf modernste Labortechnologien angewiesen. Im Alltag der medizinischen Labore und Forschungseinrichtungen hingegen gewinnen beispielsweise Analysemethoden aus dem Bereich der Molekularbiologie oder Technologien wie Next Generation Sequencing stetig an Gewicht.
Aber öffentliche und private Forschungs- und Analyseeinrichtungen stehen unter massivem Kostendruck. Labore müssen ihre Kosteneffizienz und Produktivität steigern. Dabei setzen die, die es sich leisten können, auf Digitalisierung und Robotik. Gerade im Bereich der industriellen, pharmazeutischen und universitären Forschung führt an Anwendungen künstlicher Intelligenz kein Weg mehr vorbei, um Forschungszeiten zu verkürzen und Kosten einzusparen.
Französische Forschung braucht moderne Labore
Forschung und Entwicklung werden in Frankreich groß geschrieben. Bei den Forschungsausgaben liegt Frankreich weltweit auf Rang 6. In Europa gibt nur Deutschland noch mehr Geld dafür aus.
Ein wichtiger Kunde von hochmoderner Analyseausstattung ist der starke staatliche Forschungs- und Entwicklungssektor, der durch eine gut ausgebaute universitäre Infrastruktur geprägt ist. Rund 3.000 universitäre Forschungslabore sind landesweit in Betrieb. Allein der Pariser Großraum beherbergt im Rahmen des Bündnisses Paris Tech, eines Zusammenschlusses von sieben Eliteuniversitäten in Kooperation mit Forschungseinrichtungen von Weltrang, 74 Labore.
Frankreich ist zudem wichtiger Forschungs- und Entwicklungsstandort für international aufgestellte Unternehmen, insbesondere im Bereich Pharma. Mit Sanofi beherbergt Frankreich einen der weltweit größten Pharmakonzerne. Aber auch Giganten der Branche wie Pfizer, Astra Zeneca oder GSK sind im Land aktiv und weiten ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten hier aus. Der Bereich grüner Technologien wie Wasserstoff und Batterien expandiert und investiert in Produktionsanlagen und angeschlossene Laboreinrichtungen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Investoren |
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Aufbau einer Raffinerie zur Herstellung von Lithium in Batteriequalität (Le Havre, Seine-Maritime) | 1.200 | Projektankündigung November 2023, Inbetriebnahme geplant 2028 | Livista (Luxemburg) |
Ausbau einer Produktion monoklonaler Antikörper (Vitry, Val-de-Marne) | 1.000 | Projektankündigung Mai 2024 | Sanofi (Frankreich) |
Produktion von E-Methanol (Origny-Sainte-Benoite, Aisne) | 850 | Projektankündigung Oktober 2024, Inbetriebnahme geplant 2029 | Verso Energy /Tereos (Frankreich) |
Investition in Forschung und Entwicklung in Bereichen wie Onkologie und Hämatologie der pharmazeutischen Produktion (landesweit) | 500 | Ankündigung Mai 2024, Umsetzung laufend bis 2029 | Pfizer (USA) |
Aufbau einer Produktion von Nuklearmedizin (Bessines-sur-Gartempe, Haute-Vienne) | 250 | Baubeginn November 2024, Inbetriebnahme 2027 | Orano (Frankreich) |
Ausbau einer Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe; Ausbau Qualitätskontrolle und Forschung und Entwicklung (Avrillé, Maine-et-Loire) | 86 | Projektankündigung Mai 2024, Inbetriebnahme geplant 2028 | Zach System (Italien) |
Der französische Staat fördert Forschung und Entwicklung im Rahmen seines Innovationsprogramms France 2030 und mit großzügigen Steuer- und Abgabenerleichterungen wie der Steuergutschrift für Forschung und Entwicklung. Frankreich aber ist stark verschuldet. Die neue Regierung muss sparen. Das aktuell diskutierte Budget für das Jahr 2025 sieht daher auch bei der Forschungs- und Innovationsförderung Einschnitte vor.
Bioanalytische Labore profitieren von zunehmenden Analysepflichten
Einer der Sektoren, der derzeit am stärksten von den Entwicklungen profitiert, ist der der Bioanalytik. Er erreichte 2023 ein Marktvolumen von 1,5 Milliarden Euro. Zwar erzielte der Sektor damit nur eine recht geringe Steigerung von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr - für die kommenden Jahre erwartet das Marktanalyseinstitut Xerfi allerdings ein deutliches Anziehen der Nachfrage nach bioanalytischen Laborleistungen.
Vor allem die Chemie-, Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie dürften den Bedarf an bioanalytischen Laborleistungen antreiben. Denn sie sehen sich mit immer mehr gesetzlich vorgeschriebenen Analyse- und Berichtspflichten konfrontiert. So intensiviert die am 1.1.2024 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die Anreize für die Erstellung von Umweltanalysen. Ab 2026 werden zusätzliche Analysenpflichten in Bezug auf Luftreinhaltung und Ewigkeitschemikalien in Kraft treten. Auch die nunmehr mögliche Wiederverwendung von Gebrauchtwasser erhöht Überwachungs- und Analysepflichten in der Industrie.
Mehrarbeit für medizinische Labore
Der französische Sektor der medizinischen Laboratorien ist gut ausgebaut und die umsatzstärkste Zielgruppe für Labortechnologie. Rund 3.800 Labore sind landesweit im Einsatz und erzielten im - noch von Coronatests geprägtem Jahr 2022 - Umsätze in Höhe von gut 6 Milliarden Euro. Für die kommenden Jahre erwarten Akteure des Gesundheitswesens auch unabhängig von einer Pandemie einen steigenden Bedarf an medizinischen Laborleistungen. Eine alternde Bevölkerung und die stärkere Förderung von Vorsorgeuntersuchungen schieben die Nachfrage beständig an.
Allerdings arbeitet die staatliche Krankenkasse im Defizit. Um zu sparen, hat sie für das Jahr 2025 angekündigt, die Erstattung von Laborleistungen zu kürzen. Insgesamt sind die Umsätze medizinischer Laboreinrichtungen bereits seit 2022 stark rückläufig, eine Folge der Eindämmung der Coronapandemie.
Im Angesicht dieser Herausforderungen geht das Beratungsunternehmen Roland Berger davon aus, dass sich der Sektor weiter konsolidieren wird. Bereits heute ist der Bereich der privaten In-Vitro-Diagnostik extrem konzentriert. Die sechs größten in Frankreich aktiven Unternehmensgruppen (Biogroup-LCD, Cerba, Inovie, Synlab, Unilabs und Eurofins) machen laut Angaben der staatlichen Krankenversicherung Ameli über 60 Prozent des privaten Angebots aus.
Deutschland ist der wichtigste Lieferant von Labortechnik
Frankreich verfügt mit Unternehmen wie Biomérieux und Air Liquide sowie einer Vielzahl an kleineren und mittleren Unternehmen über eine eigene, wenn auch insgesamt kleine Industrie für Labortechnologie.
Deutsche mittelständische Branchenunternehmen, aber auch internationale Größen wie Sartorius oder Schott sind im Land stark vertreten und teils mit eigenen Produktionen vor Ort. Bei Zulieferungen von Labortechnologie aus dem Ausland sind deutsche Anbieter führend.
Bezeichnung | Anmerkung |
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Germany Trade and Invest | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
AHK Frankreich | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Assurance Maladie (Ameli) | Staatliche Krankenversicherung |
Comité Interprofessionnel des Fournisseurs du Laboratoires (CIFL) | Berufsverband der Anbieter von Laborprodukten, -dienstleistungen und -instrumenten |
Syndicat de l'Industie du Diagnostic In Vitro (SIDIV) | Verband der In-vitro-Diagnostik-Industrie |
Forum Labo Paris | Fachmesse für Labortechnik aus den Bereichen Forschung, Produktion und Kontrolle; jährliche Fachmesse im Wechsel in Paris und Lyon; nächster Termin: 25. bis 27. März 2025 in Paris |