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Branche kompakt | Frankreich | Automobilsektor

Frankreichs Autobauer umwerben die Mittelschicht

Der Automobilsektor in Frankreich gewinnt nach schwierigen Jahren wieder etwas Schwung. Die Autokonzerne Renault und Stellantis schwenken auf E-Mobilität für alle um. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Ausblick der Kfz-Branche in Frankreich

Bewertung:

  • Produktion und Zulassungen liegen noch unter Vorcoronaniveau.
  • Elektromobilität entwickelt sich gut, angeschoben durch großzügige Kaufanreize.
  • Automobilhersteller und Zulieferer schwenken auf E-Mobilität um.
  • Hoher Investitionsbedarf belastet Zulieferindustrie.
  • Beim Neukauf von Verbrennern sind Verbraucher zurückhaltend.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Juli 2024 

  • Markttrends

    Frankreichs Autoindustrie hat die Coronatalsohle durchschritten. Hersteller und Zulieferer richten sich auf Elektromobilität aus. Die Nachfrage nach Neuwagen aber bleibt schwach.

    Der französische Automobilmarkt erholt sich nach schwierigen Jahren, steht aber nach wie vor unter Druck. Produktion und Zulassung von Neufahrzeugen ziehen wieder an, erreichen allerdings noch nicht das Niveau von 2019. Hersteller und Zulieferer haben sich auf das EU-Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035 eingestellt und die Kehrtwende hin in Richtung E-Mobilität vollzogen. Die beiden französischen Großkonzerne Stellantis und Renault investieren massiv in Umbau und Verschlankung der Produktion. Auch die Zulieferindustrie steht im Transformationsprozess. Insbesondere im Batteriesektor kommen neue Akteure auf den Markt und investieren in Gigaproduktionen. Großzulieferer wie Forvia und OPMobility (ehemals Plastic Omnium) erweitern ihre Aktivitäten hin in Richtung Wasserstoffmobilität.  

    69 %

    der Neuzulassungen von Pkw / leichten Lkw im Jahr 2023 sind Modelle der französischen Gruppen Stellantis und Renault.

    Schwache Nachfrage hemmt Produktion und Absatz von Neuwagen

    Die Zulassungen in den Jahren 2023 und 2024 erreichen ein höheres Niveau als 2021 und 2022, bleiben allerdings noch hinter den Zahlen aus dem Vorcoronajahr 2019 zurück. Verbraucher bleiben angesichts hoher Finanzierungskosten und einer unsicheren wirtschaftlichen und politischen Gesamtlage zurückhaltend beim Kauf von Neuwagen. Der französische Fuhrpark altert zusehends. Das Durchschnittsalter der französischen Pkw-Flotte liegt bei knapp 12 Jahren.

    Fahrzeuge der beiden französischen Autokonzerne Stellantis und Renault sind nach wie vor in Frankreich am beliebtesten. Knapp 54 Prozent aller in Frankreich verkauften Kfz kommen aus den Werken der französischen Schmieden. Am besten verkaufen sich Kleinwagen wie der Peugeot 208 oder der Renault Clio. Auch Fahrzeuge von Toyota laufen anhaltend gut. Erfolgreichster deutscher Autobauer ist Volkswagen, der mit den Modellen T-Roc, dem Golf oder dem Polo jeweils einen Marktanteil von einem Prozent abdeckt.

     

     

    Neuzulassungen von Pkw nach Herstellern in Frankreich 2023Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent

    Hersteller

    Absatz

    Veränderung 2023/2022

    Marktanteil Jahr

    Renault (Gruppe Renault)

    277.914

    17,6

    15,7

    Peugeot (Gruppe Stellantis)

    241.512

    -1,7

    13,6

    Dacia (Gruppe Renault)

    156.390

    19,5

    8,8

    Citroen (Gruppe Stellantis)

    125.932

    -3,0

    7,1

    Toyota

    107.950

    7,7

    6,1

    Quelle: PFA 2024

     

    In der Produktion sind Probleme wie Chipmangel und Lieferketten nicht mehr von Bedeutung, nunmehr hemmt die schwache Nachfrage die Produktion. Zwar zieht diese im Jahr 2023 im Vorjahresvergleich um 8 Prozent an und erreicht gut 1,5 Millionen Fahrzeuge. Dennoch wurden 2023 immer noch 31 Prozent weniger Fahrzeuge gebaut als im Jahr 2019. 

    Hybridfahrzeuge gewinnen an Käufergunst

    Verbrennerfahrzeuge verlieren an Marktanteilen. Gerade Dieselfahrzeuge verkaufen sich zusehends schlechter. Dafür gewinnen Hybridfahrzeuge, aber auch E-Autos neue Kundschaft. In den ersten fünf Monaten 2024 erreichten aufladbare Hybride und E-Fahrzeuge laut dem französischen Automobilverband PFA einen Marktanteil bei den Neuzulassungen von 26 Prozent. Hybridfahrzeuge profitieren zwar nicht mehr von Kaufboni wie Elektroautos, sind aber günstiger und reichweitenstärker als E-Autos und ausreichend emissionsarm, um auch in Zeiten verschärfter Abgasnormen in den Umweltzonen der großen städtischen Agglomerationen Paris, Lyon oder Straßburg fahren zu können. 

    Sonderaktionen wie das von der Regierung in den Monaten Januar und Februar 2024 angebotene staatlich geförderte Sozialleasing befeuern zu Beginn des Jahres 2024 den Absatz von E-Autos. Zur Mitte des Jahres hingegen stagnieren die Absätze von E-Fahrzeugen. Verbraucher warten auf die für Ende 2024, Anfang 2025 angekündigten Kleinmodelle von Renault und Stellantis, die bei Anrechnung von Kaufprämien einen Preis von unter 20.000 Euro erreichen sollen.

    Autoindustrie schwenkt auf dekarbonisierte Mobilität um

    Wie die deutsche steht auch die französische Industrie in der rasanten Transformation hin in Richtung dekarbonisierte Mobilität. Standen noch 2022 auch französische Autobauer dem EU-Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035 ablehnend gegenüber, haben sie ihre Geschäftsmodelle nunmehr auf die E-Sparte hin verlagert. Die Entwicklung erschwinglicher E-Autos, die auch gegenüber der chinesischen Konkurrenz nicht nur bestehen, sondern auch führen können, steht bei den beiden französischen Autobauern Stellantis und Renault im Fokus.

    Die traditionelle Zulieferindustrie hingegen leidet. Zulieferer versuchen, sich in Richtung E- und Wasserstoffmobilität hin umzuorientieren oder erschließen sich neue Geschäftsfelder wie den Verteidigungssektor. 

    Wasserstoffmobilität steht noch in zweiter Reihe

    Das Thema Wasserstoff gewinnt insbesondere im Bereich der Schwermobilität an Zugkraft. Zulieferer und Automobilhersteller arbeiten an Zukunftslösungen. Allerdings ist hier die Stimmung in der Branche noch abwartend. Aufgrund unsicherer Aussichten hinsichtlich der mittelfristigen Rentabilität von Wasserstoffprojekten bleiben Geldgeber und Investoren zögerlich, Entwicklungen in hohem Tempo voranzutreiben. Zudem fokussieren Autobauer und Zulieferer ihre Investitionen vorerst auf die Entwicklung der E-Mobilität. 

    Mobilitätsdaten werden rentables Geschäftsmodell

    Das Geschäft mit Fahrzeugsoftware gewinnt an Gewicht. Renault und Stellantis verstärken ihre Kooperationen mit Technologieanbietern wie Amazon und Google. Das Auto wird vom reinen Fortbewegungsmittel zum rollenden Computer und Generator multipler Datensätze. Stellantis baut den Digitalbereich zu einem wichtigen Standbein seiner Geschäftstätigkeiten aus und will sich vom reinen Autobauer hin zu einem Technologieunternehmen der Mobilität entwickeln. Ab 2030 soll Digitalisierung und Datenkommerzialisierung laut Unternehmensmeldungen jährliche Umsätze von 20 Milliarden Euro generieren. 

     

     

     

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

  • E-Mobility

    Frankreichs Autobauer haben auf E-Mobilität umgeschwenkt. E-Fahrzeuge gewinnen in der Bevölkerung an Akzeptanz. Großzügige Kaufprämien unterstützen und lenken den E-Automarkt. 

    Frankreichs Regierung hat große Pläne im Bereich E-Mobilität. Bereits im Jahr 2027 sollen pro Jahr 800.000 E-Fahrzeuge verkauft werden, eine deutliche Steigerung gegenüber den Verkaufszahlen von knapp 300.000 im Jahr 2023. Ab 2030 sollen 15 Prozent aller auf französischen Straßen fahrenden Pkw elektrisch betrieben sein. Obwohl der französische Gesamtautomarkt noch schwächelt, entwickelt sich der Bereich E-Mobilität lebendig. Der Verein zur Förderung der Elektromobilität Avere schätzt, dass Ende Mai 2024 bereits knapp 1,8 Millionen Elektrofahrzeuge und aufladbare Hybride auf Frankreichs Straßen fuhren, eine Steigerung gegenüber Mai 2023 von 40 Prozent. 

    Neuzulassungen von elektrischen und hybriden Pkw (Stückzahlen; Veränderung in Prozent)

    2021

    Veränderung 2021/2020 

    Januar bis November  2022

    Veränderung Januar bis November 22 / Januar bis November 2021 

    Elektrofahrzeuge

    162.106

    46,2

    178.134

    28,2

      davon Wasserstoff

    k.A.

    k.A.

    151

    -

    Hybridautos

    427.537

    75,5

    408.377

    5,7

      davon aufladbare Hybridautos

    141.012

    89,0

    112.004

    -10,8

    Gesamt

    589.643

    66,3

    586.511

    11,6

    Quelle: PFA Filière Automobile et Mobilités

    E-Fahrzeuge gewinnen beim Verbraucher an Akzeptanz. Großzügige Kaufprämien, ein steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit von Klimaschutz und eine verbesserte Ladeinfrastruktur erleichtern Kunden den Übergang zum Elektroauto. Gesetzliche Vorgaben erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Fuhrparks umzubauen. So sieht das Klimagesetz aus dem Jahr 2021 die schrittweise Elektrifizierung von Unternehmensflotten vor. 

    Autobauer nehmen die Mittelschicht in den Fokus

    Die französischen Autobauer haben haben sich mittlerweile vollständig auf das Verbrenneraus im Jahr 2035 eingestellt und investieren in den Auf- und Ausbau ihrer E-Fahrzeug-Palette. Renault hat angekündigt, bis 2026 rund 1,5 Millionen Elektrofahrzeuge pro Jahr zu produzieren. Bis 2035 will die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz 35 neue Elektromodelle auf den Markt bringen. Die Stellantis-Gruppe plant die komplette Elektrifizierung der Produktpalette bis 2030 und sieht bis 2025 Investitionen in Höhe von 30 Milliarden Euro allein für die Elektrifizierung der Mobilität vor. Beide Gruppen investieren nicht nur in die eigene Produktpalette, sondern auch in die Sicherstellung der Zulieferungen, insbesondere bei Batterien und Halbleitern.    

    Im Fokus der Autobauer steht nunmehr die Erschließung der Mittelschicht. Wurde über Jahre hinweg die Produktion margenstarker, dafür aber teurer Oberklassefahrzeuge priorisiert, steht mittlerweile die Entwicklung erschwinglicher E-Modelle an der Tagesordnung. Ziel ist, gegenüber der starken chinesischen Konkurrenz bestehen zu können. Denn auch die französischen Autobauer befürchten, in den kommenden Jahren wichtige Marktanteile an ausländische Anbieter zu verlieren. 

    So haben sowohl Stellantis als auch Renault für 2025 E-Kleinwagen angekündigt, die nach Abzug der Kaufprämie für einen Preis von unter 20.000 Euro erhältlich sein sollen. Renault legt seinen ikonischen R5 als E-Variante wieder auf, Stellantis geht mit dem C3 in das Rennen um Marktanteile in der Mittelschicht. Zudem hat sich Stellantis im Mai 2024 beim chinesischen E-Auto-Hersteller Leapmotor eingekauft. Ab September 2024 sollen die im Vergleich kostengünstigen Leap-Modelle auch in Frankreich vertrieben werden. 

    Kaufprämien lenken die Nachfrage

    Noch sind chinesische E-Auto-Anbieter verhältnismäßig schwach vertreten. Allerdings gewannen in den vergangenen Jahren chinesische Marken wie MG oder BYD nach Markteintritt zügig Neukunden. Der E-Auto-Markt aber ist in Bewegung und diversifiziert sich laufend. Käufer agieren preissensibel, Änderungen bei staatlichen Förderprämien und damit Fahrzeugendpreisen schlagen unmittelbar auf das Kaufverhalten durch. Dies zeigte sich zuletzt bei der Aufhebung des Kaufbonus für in China produzierte Fahrzeuge seit dem 15.Dezember 2023. Sowohl MG als auch die bis dahin sehr beliebten Modelle Dacia Spring und Tesla Model 3 verloren rapide an Käufergunst. 

    Die auch auf Hinwirken Frankreichs durch die EU eingeführten Strafzölle auf den Import von in China produzierte Fahrzeuge dürfte die Nachfrage nach in China produzierten Modellen zumindest zeitweise weiterhin drosseln. Die am 5.Juli 2024 in Kraft getretenen - zunächst vorübergehenden - Zölle in Höhe von zwischen 17,4 und 37,6 Prozent des Nettopreises betreffen aber nicht nur Fahrzeuge rein chinesischer Herkunft. Auch der in China produzierte BMW iX3 sowie Teslas Model 3 sind betroffen.  

    Ausbau von Ladestationen geht in hohem Tempo voran

    Die Ladeinfrastruktur wird in hohem Tempo ausgebaut. Ende März 2024 waren in gesamt Frankreich knapp 130.000 öffentlich zugängliche Ladestationen in Betrieb, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 33 Prozent. Die Gesamtzahl der privaten und öffentlichen Ladestationen beziffert der Netzbetreiber Enedis auf knapp 2 Millionen. Im neuen Rahmenvertrag mit der Autoindustrie hat sich die Regierung verpflichtet, bis 2027 die Anzahl öffentlicher Ladestationen auf 400.000, davon 25.000 Schnellladestationen zu steigern.  

    Auch der Ausbau der nicht- oder semiöffentlichen Lademöglichkeiten steht im Fokus. Über das Programm Advenir sollen bis 2025 in Betrieben, Mehrfamilienhäusern sowie öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen insgesamt 175.000 Ladestationen eingerichtet werden. Das Förderprogramm mit einem Gesamtvolumen von 320 Millionen Euro stellt Zuschüsse zwischen 600 und 9.000 Euro pro Station in Aussicht.

    Zukunft der Kaufprämien ist unsicher

    Um die Elektromobilität anzuschieben, fördert der Staat mit Kaufprämien in Höhe von bis zu 4.000 Euro. Die Kaufprämie wird, in Abhängigkeit von Kriterien wie Wohnort, Einkommen und Altfahrzeug, ergänzt durch staatliche Umwandlungsprämien sowie lokale finanzielle Hilfen. So können die Kaufhilfen im Einzelfall bis zu 18.000 Euro erreichen. Allerdings profitieren seit dem 15. Dezember 2023 nur noch Fahrzeuge von den Förderprämien, die bei der Produktion Umwelt- und Emissionskriterien einhalten. Faktisch sind damit in China produzierte E-Autos von einer Förderung ausgeschlossen. Ob diese Kaufanreize auch in Zukunft beibehalten werden können, ist angesichts der angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte unsicher. 

    Kaufanreize für Elektrofahrzeuge und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge

    Ab 1. Januar 2023


    Neue Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge (Kaufpreis bis 47.000 Euro), für Privatkäufer

    27 % des Kaufpreises (maximal 5.000 Euro)

    Elektrofahrzeuge (Kaufpreis bis 45.000 Euro), für Firmenkunden


    27 % des Kaufpreises (maximal 5.000 Euro)

    Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge (Kaufpreis von 47.000 bis 60.000 Euro)

    1.000 Euro

    Wasserstofffahrzeuge (Kaufpreis > 60.000 Euro)

    1.000 Euro

    Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lieferwagen, Neukauf, für Privatkäufer

    27 % des Kaufpreises (maximal 5.000 Euro)

    Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lieferwagen, Neukauf, für Firmenkunden

    27 % des Kaufpreises (maximal 3.000 Euro)

    Aufladbare Hybridfahrzeuge (CO2-Ausstoß zwischen 21 und 50 g/km; Kaufpreis bis 50.000 Euro; Reichweite über Elektroantrieb über 50 km)

    0 Euro

    Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lastkraftwagen

    40 % des Kaufpreises (maximal 50.000 Euro)

    Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Busse

    40 % des Kaufpreises (maximal 30.000 Euro)

    Quelle: Ministère de l'économie des finances et de la relance

    Für den Kauf von Verbrennerautos fallen hingegen Sonderabgaben an, die in Abhängigkeit vom Gewicht und CO2-Ausstoß bis zu 60.000 Euro erreichen können. 

    Sonderabgaben auf Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß

    Sonderabgaben (CO2-Grenzwerte*)

    Seit 1. Januar 2021

    50 Euro (133 g/km) bis 30.000 Euro (über 218 g/km)

    seit 1. Januar 2022

    50 Euro (128 g/km) bis 40.000 Euro (über 233 g/km) + Sonderabgabe auf Gewicht ab 1,8 t (10 Euro/kg); aber insgesamt maximal 40.000 Euro

    Ab 1. Januar 2023

    50 Euro (123 g/km) bis 50.000 Euro (über 225 g/km) + Sonderabgabe auf Gewicht ab 1,8 t (10 Euro/kg); aber insgesamt maximal 50.000 Euro

    * nach WLTP-NormQuelle: Ministère de l'Économie, des Finances et pour la Relance

     

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

  • Branchenstruktur

    Mit den Herstellern Stellantis und Renault verfügt Frankreich über Branchenweltkonzerne. Große Zulieferer arbeiten an der Mobilitätswende. Kleine Sektorunternehmen aber leiden. 

    Frankreich ist der 12-größte Autohersteller der Welt und der in Europa zweitgrößte Absatzmarkt. Die Weltkonzerne Stellantis und Renault produzieren auch in Frankreich Pkw- und Nutzfahrzeuge für den Weltmarkt. 

    Stellantis und Renault auf neuen Wegen

    Die Großgruppe Stellantis vereinigt 14 Automarken, unter anderem Citroen, Peugeot und Opel, unter einem Dach. Entstanden ist sie 2021 aus dem Zusammenschluss von PSA und Fiat Chrysler (FCA). 

    Der Autoriese konnte sich 2023 trotz eines wirtschaftlich schwierigen Umfelds gut behaupten. Zu Beginn des Jahres 2024 aber schwächelt der Konzern. Im 1. Quartal brechen die weltweiten Umsätze um 12 Prozent ein. Nicht betroffen ist jedoch die Elektrosparte, die weiterhin Umsatzsteigerungen verzeichnet. 

    Stellantis baut um und ist dabei, seine gesamte Produktpalette auf E-Mobilität auszurichten. Bis 2030 will Stellantis in Europa ausschließlich E-Autos auf die Straße bringen, bereits ab 2026 werden alle neuen Pkw-Modelle E-Autos oder Hybridfahrzeuge sein. Dafür baut der Konzern seine Zulieferstruktur aus. So ist Stellantis in Kooperation mit der Total-Energie-Tochter SAFT und Mercedes am ACC - Gigabatterieprojekt beteiligt. Auch orientiert sich Stellantis weiter in Richtung Wasserstoffmobilität. Im Jahr 2023 hat Stellantis erste Wasserstofffahrzeuge auf den Markt gebracht. Bis Ende 2024 erweitert Stellantis seine Wasserstoffpalette auf Lastwagen. Auch ist Stellantis neben Forvia und Michelin Anteilseigner am Wasserstoffunternehmen Symbio.

    Renault fährt zweigleisig

    Die Renault-Gruppe mit Untermarken wie Dacia ist zweiter großer Hersteller. Auch Renault setzt auf Elektromobilität und hat das Unternehmen in zwei Unternehmensteile aufgespalten. Der Unternehmensteil Ampère treibt die Umkehr zur E-Mobilität voran. Die drei Produktionsstandorte Douai, Ruitz und Maubeuge in der Rgion Hauts-de-France baut Renault zum "Pôle ElectricCity" und damit zum Produktionszentrum für die Elektromobilität aus. So soll in Douai der neue Renault 5 Électrique aufgelegt werden. Die Motoren für seine Elektromodelle Megane und R5 fertigt Renault in seinem für 620 Millionen Euro umgerüsteten Werk in Cleon. Bis 2030 soll die Fertigung eine Kapazität von mehr als 1 Million Motoren pro Jahr erreichen. 

    Gleichzeitig baut Renault seine Verbrennersparte unter dem Unternehmensteil Horse unter Beteiligung mit Geely und dem saudi-arabischen Fonds Aramco aktiv weiter aus. 

    Stellantis und Renault - Konzernmarken
    StellantisRenault /  Allianz Renault - Nissan - Mitsubishi
    PeugeotJeepRenault
    CitroënLanciaDacia
    AbarthMaseratiAlpine
    Alfa RomeoOpelMobilize (VaaS*)
    ChryslerRAM-TrucksNissan (Allianz-Mitglied)
    DS AutomobilesVauxhallMitsubishi (Allianz-Mitglied)
    FiatLeasys (Leasing-Anbieter) 
    *Véhicule as a Service.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

     

    Toyota produziert ebenfalls in der Region Hauts-de-France für den europäischen Markt.  

    Das deutsch-britische Unternehmen Ineos baut seit 2022 seinen Geländewagen Grenadier im ehemaligen Smart-Werk von Daimler in Hambach. Ab 2024 sollen jährlich 25.000 bis 30.000 Stück vom Band rollen. Ursprünglich hatte Ineos auch ein E-Modell geplant. Angesichts hinreichender Nachfrage sind diese Pläne aber mittlerweile aufs Eis gelegt. 

    Daimler produziert seit Juni 2024 in Ligny-en-Barrois den E-Transporter eCitaro und ist damit das einzige deutsche Unternehmen, das in Frankreich mit einer eigenen Produktion vertreten ist. 

    Zulieferer müssen sich umorientieren

    Der französische Zuliefersektor ist geprägt durch kleine mittelständische Unternehmen. Anfang 2023 waren nach Angaben von der Zuliefervereinigung FIEV (Fédération des Industries des Equipements pour Véhicules) 282 Branchenunternehmen mit gut 57.000 Mitarbeiter aktiv. 128 dieser Zulieferer beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter. 

    Die Teilehersteller Valeo, Faurecia und OPMobility (ehemals Plastic Omnium) und dem Reifenhersteller Michelin zählen in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld hingegen zu den internationalen Marktführern. Die Konzerne verfolgen ehrgeizige Expansionspläne und wollen sich in wichtigen Zukunftstechnologien wie E- und Wasserstoffmobilität in der ersten Reihe positionieren. 

    Nordfrankreich baut am Vallée de la Battérie

    Die anstehende Umstellung auf Elektromobilität stellt die Zulieferbranche vor tiefgehende Umbrüche. Sektorunternehmen sind gezwungen, sich in den Bereichen Elektrifizierung und Digitalisierung zu positionieren. Neue Technologien und Geschäftsfelder entwickeln sich in hoher Geschwindigkeit. Neben den klassischen Zulieferern erschließen auch neue Akteure wie der Batteriehersteller Verkor den Markt für E-Mobilität. Gerade die Batteriewertschöpfungskette, von der Produktion über die Materialgewinnung bis hin zum Recycling wird ausgebaut. Die Region Hauts-de-France entwickelt sich durch Gigainvestitionen zum Vallée de la Batterie. Die Regierung fördert die den Aufbau der eigenen Batterie- und Zulieferinfrastruktur, um Abhängigkeiten bei Komponenten zu vermeiden. 

     

     

    Wichtige Investitionsprojekte in Frankreichs Kfz-IndustrieInvestitionssumme in Milliarden Euro

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Anmerkungen

    ProLogium (Taiwan);  Batterieproduktion; Dunkerque

    5,2

    Projektankündigung Mai 2023; Baugenehmigung beantragt Mai 2024, Produktionsbeginn geplant 2026

    Staatliche Förderung: 1,5 Milliarden Euro

    Verkor / RTE, Batterieproduktion; Dunkerque

    2,0

    Projektankündigung, Baubeginn 2023, Produktionsbeginn geplant 2025Staatliche Förderung: 650 Millionen
    Orano (Frankreich)/XTC New Energy Group (China), Produktion von kathodenaktiven Materialien (CAM) sowie Produktion von Vorstufen für aktive Kathodenmaterialien (PCAM); Dunkerque

    1,5

    Projektankündigung Mai 2023; Produktionsbeginn 2026

    k.A.

    Automotive Cell Company, Batterieproduktion, Hauts -de-France, Kapazitätsausbau auf gesamt 40 GWh in 2030

    0,85

    1. Produktionseinheit in Betrieb Ende 2023, Projektankündigung Ausbau der 2. Produktionseinheit März 2024, Produktionsbeginn 2. Produktionseinheit geplant 2026k.A.
    Alteo (Frankreich) / W-Scope (Korea); Produktion von Batterieseparatoren, Hauts-de-France

    0,6

    Projektankündigung Oktober 2022; Produktionsbeginn 2026

    k.A.

    EMME, Produktion zur Konversion von Mineralien für die Batterieproduktion, Gironde

    0,3

    Öffentliche Abstimmungsphase, Inbetriebnahme geplant 2027 k.A.
    Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest

    Staat unterstützt bei der Umstrukturierung

    Der Automobilverband Plateforme Automobile (PFA) befürchtet, dass durch die Wende hin zur Elektromobilität in den kommenden Jahren bis zu 52.000 Arbeitsplätze in der französischen Kfz-Zulieferindustrie wegfallen. Die Regierung unterstützt den Zuliefersektor bei der Umstellung auf neue Technologien im Rahmen des Investitionsprogramms France 2030 mit 300 Millionen Euro. Im September 2023 wurden die ersten 46 Innovationsprojekte vorgestellt. 

    Insbesondere kleinere Zulieferer haben nach margenschwachen Jahren Schwierigkeiten, die notwendigen technologischen Anpassungen zu finanzieren. Immer wieder kommt es zu Fabrikschließungen oder Betriebsverlagerungen. Vorwiegend Gießereien und metallverarbeitende Unternehmen, aber auch die Großen der Branche, sind betroffen. 

    Forvia hat Ende 2023 angekündigt, in den kommenden Jahren weltweit bis zu 10.000 Arbeitsplätze abzubauen. Die Automobilzulieferer Magnetto Automotive, ein Zulieferer für Stellantis, und der letzte Felgenhersteller Frankreichs, Imperial Wheel, haben beide im Frühsommer 2024 den Geschäftsbetrieb eingestellt. Auch Bosch Frankreich hat im Mai 2024 angekündigt, zum Ende des Jahres 2024 einen Produktionsstandort in Marignier (Haute-Savoie) zu schließen. Die Zukunft weiterer Boschstandorte wie die Produktion in Rodez ist unsicher. 

     

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Frankreich 2023In Millionen Euro, Veränderung in Prozent
     

    Einfuhren Welt

    Veränderung 2023 / 2022

    aus Deutschland

    Veränderung 2023 / 2022

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.724,1

    7,9

    368,5

    5,6

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    18.524,0

    11,1

    4.375,7

    5,8

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    1.837,5

    13,4

    33,9

    12,3

    SITC 713.2 Motoren

    1.832,9

    17,1

    102,3

    -0,6

    Summe

    23.918,5

    11,5

    4.880,4

    5,6

    Quelle: Eurostat 2024

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

  • Rahmenbedingungen

    Deutschland und Frankreich sind Teil des EU-Binnenmarktes. Entsprechend gelten grundsätzlich die gleichen Rahmenbedingungen.

     

    In Frankreich wird die europäische Typenzulassung (auch von Kleinserien) vom Centre National de Réception des Véhicules (CNRV) erteilt. Technische Untersuchungen führt das UTAC in Linas-Montlhéry und Mortefontaine durch. Eine Zulassung nur für Frankreich oder für ein bestimmtes Fahrzeug kann von regionalen Umwelt- und Bauämtern DREAL (Direction régionale de l'environnement, de l'aménagement et du logement) ausgestellt werden.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Frankreich

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministerien/Behörden/Institutionen

     
    Ministère de l'économie, des finances et de la souverineté industrielle et numériqueWirtschaftsministerium (federführend für Förderprogramme)
    Ministère de la transition écologiqueUmweltministerium (federführend für Kauf- und Verschrottungsprämien)

    Nationale Branchenverbände

     
    Plateforme automobile (PFA)Dachverband der Automobilindustrie
    Comité des Constructeurs Français d'Automobiles (CCFA)Verband französischer Hersteller
    Fédération des Industries des Equipements pour Véhicules (FIEV)Verband der Kfz-Zulieferindustrie
    Association nationale pour le développement de la mobilité électrique (Avere-France)Verband zur Förderung der Elektromobilität
    Chambre Syndicale Internationale de l’Automobile et du Motocycle (CSIAM)Verband ausländischer Hersteller
    Fachzeitschriften 
    Le Journal de l'AutomobileFachzeitschrift für die Kfz-Industrie
    Auto InfosFachzeitschrift für den Automarkt

    L'automobile et l'entreprise

    Fachzeitschrift für Flottenmanagement

    Fachmessen

     
    Mondial de ParisIm Zweijahresrhythmus stattfindende Messe für Automobile und Mobilität
    Equip AutoMesse für Reparatur- und Mobilitätsdienstleistungen

    Internetportale zur Branche

     
    auto-moto.comPortal für Markt und Industrie
    automobile-propre.comPortal für Elektrofahrzeuge

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

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