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Gabun will mehr selbst produzieren und sucht Investoren

Nach dem Regierungswechsel 2023 will der Ölstaat Gabun seine Wirtschaft diversifizieren. Geld, guter Wille und Projekte sind da. Alte Gewohnheiten aber auch.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Gabun hat nur 2,3 Millionen Einwohner und damit wenig mehr als Hamburg. Für Bosch ist das waldreiche Land in Zentralafrika trotzdem ein guter Markt für Industrieboiler, Autoteile und andere Produkte. Hinzu kommt, dass sich Gabun wie andere Länder in der Region aus der engen Bindung an Frankreich lösen will. Ayobami Ogunleye, der das West- und Zentralafrikageschäft von Bosch verantwortet, bestätigt:

"Wir sehen den Wunsch der Firmen, ihre Lieferquellen zu diversifizieren."

"Wir erleben ein Land im Aufbruch", sagt auch Vanessa Völkel von UNIDO ITPO Germany. Das Büro für Investitionsförderung und Technologietransfer der UN-Industrieorganisation war im November mit Vertretern deutscher Unternehmen in Gabun. Bei einem Investitionsforum erlebte Völkel viel Interesse. "Die Devise lautet weniger Abhängigkeit vom Ölgeschäft, dafür Zukunftsinvestitionen in neue Landtechnik, Ausbau der Lebensmittelproduktion und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen." 

Öl und Gas florieren – noch

Die Öl- und Gasindustrie erbrachte 2023 die Hälfte der Staatseinnahmen und 70 Prozent der Exporte und ist gleichzeitig wichtige Kundin deutscher Firmen. Sie hat Gabun zu einem der wohlhabendsten Staaten Afrikas gemacht. Aber auch zu einem Land, das nur wenig selbst produziert. 

Die Ölproduktion ist seit 2021 etwas gestiegen, und höhere Preise haben ebenfalls für mehr Petrodollar gesorgt. Auch 2024 liegt die Förderung nach den Zahlen bis November mit 212.000 Barrel pro Tag um 5 Prozent höher als im Vorjahr. Der Ölminister erwartet ein weiteres kleines Plus durch Investitionen in Offshore-Felder und die Aufbereitung bereits genutzter Vorkommen. Zudem will Gabun 2026 seine erste Produktion von Flüssiggas (LNG) in Betrieb nehmen.

In der Tendenz jedoch nimmt die Ölförderung seit etwa der Jahrtausendwende ab und die Ressourcen schwinden. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) wird sich dieser Trend fortsetzen. Die Regierung hofft daher auf eine höhere Wertschöpfung aus anderen reichlich vorhandenen Rohstoffen. So ist Gabun mit einem Weltmarktanteil von 23 Prozent der zweitgrößte Produzent von Mangan. Und in Belinga, im Norden des Landes an der Grenze zur Republik Kongo, liegt eines der größten unerschlossenen Eisenerzvorkommen. 

Auch in der Landwirtschaft bemüht sich Gabun um eine höhere Wertschöpfungstiefe: Die Behörden richteten eine Sonderwirtschaftszone ein, schufen Steueranreize oder beschränkten die Ausfuhr von unverarbeitetem Holz. Als größter privater Arbeitgeber sieht sich Olam. Der Konzern aus Singapur produziert in Gemeinschaftsunternehmen mit dem Staat Dünger sowie Palmöl und andere agroindustrielle Erzeugnisse. 

Investoren finden Marktlücken

Dynamik ist durch den Sturz des Langzeit-Herrschers Ali Bongo im August 2023 entstanden. "Wir hatten keinen Staatsstreich, sondern eine Befreiung", gibt die Chambre de Commerce du Gabon die gängige Erzählung im Land wieder. Ausländische Investitionen seien jetzt besonders willkommen und sicher.

"Wenn man sich hier mal etabliert hat, gibt es kaum Konkurrenz", erzählt ein ausländischer Investor. Beim Kontakt mit einer Zertifizierungsbehörde sei er gleich gefragt worden, ob er auch Labordienstleistungen anbieten könne. Die erbringe bisher niemand im Land.

Bei den Bemühungen um Diversifizierung sieht der IWF indes erst wenige Ergebnisse. Zwar stiegen die Exporte von Mangan und Holzprodukten, durch die Verarbeitung von Tropenholz auch zu teuren Möbeln. Allerdings exportiere Gabun immer noch zu fast 90 Prozent weitgehend unverarbeitete Rohstoffe. Und bei den Exportmärkten hat das Land die Abhängigkeit von den USA durch die von China eingetauscht.

Mängel in der Regierungsführung, bei der Steuerverwaltung und in der Infrastruktur: Diese Punkte nannten Unternehmen in Gabun gegenüber dem IWF als wichtigste Hindernisse für eine Diversifizierung. Für die Transportinfrastruktur laufen zwar Straßen- und Bahnprojekte. Sie ist aber löchrig in dem extrem dünnbesiedelten Land, wo fast die Hälfte der Bevölkerung in Libreville wohnt. Einer der wenigen Nahrungsmittelverarbeiter nennt fehlende Beförderungsmöglichkeiten in der Hauptstadt als wesentlichen Grund, warum er nicht ins benachbarte Kamerun exportiert. 

Behörden agieren sehr vorsichtig

Einen Einblick in die Arbeit von Behörden gibt ein Kontakt mit einer Investitionsbehörde. Sie wirbt bei einem Besuch mit einer Präsentation um ausländische Firmen. Für die Weitergabe der Datei ist auf Nachfrage aber die Zustimmung des Amtschefs erforderlich, die dann prompt verweigert wird. Ähnlich agiert eine staatliche Agentur, die für die Umsetzung großer Projekte ausländische Partner sucht und deren Mitarbeiter im modernen Ambiente einen dynamischen Eindruck vermitteln. Die informative Präsentation wolle man gerne nachreichen, eine Reaktion allerdings gibt es später auch auf zweimaliges Nachhaken nicht.

Nun stellen Beobachter auch anderswo in Afrika fest, dass sie auf E-Mails keine Antwort bekommen und man die Leute besser per WhatsApp oder am besten gleich in Persona kontaktiert. In Gabuns Behörden kommt nach Erfahrungen eines Investors aber eine große Unsicherheit hinzu. Bedingt wohl auch durch den Regierungswechsel versichere sich jeder dreimal, bloß nichts falsch zu machen. Untere Ebenen prüften ausgiebig, blockierten den Kontakt zu den Entscheidungsträgern und bekämen diese Behäbigkeit von den Chefs auch vorgelebt. 

Die Firmen kommen auch schlecht an qualifizierte Arbeitskräfte, so der nächstwichtige Kritikpunkt in der IWF-Erhebung. Dem flüchtigen Besucher kommen die Menschen in Libreville entspannter vor als etwa in Yaoundé, der Hauptstadt des benachbarten Kamerun. "Die Petrodollar haben den Leistungsdruck vermindert, man konnte ja alles importieren", sagt dazu Gelase Mbadinga. Der gebürtige Gabuner, der seit knapp 30 Jahrein in Deutschland lebt, sieht im jetzigen Umbruch gleichwohl große Chancen für deutsche Firmen. Er will deshalb die Netzwerke in sein Heimatland ausbauen. 

 

Die größten Projekte in Gabun

Projekt

Investitionssumme (Mio. US$)

Projektfortschritt (%)

Anmerkungen

Belinga Mayumba Railway

5.000

0

Frühstadium: Egyptian African Arab und and Thelo (Südafrika) sollen Interesse haben, ebenso DB Consult
Trans-Gabon Railway Upgrade

1.500

82

Beteiligung u.a.: Weltbank; Meridiam; Vereinbarung zum Ausbau der Bahnverbindung Owendo-Franceville vom September 2024
Booué Hydropower Plant

1.500

0

400-600 Megawatt, Stromleitungen; Regierung sicherte angeblich Milliardenfinanzierung
Transgabonaise Highway

1.000

84

780 km; Beteiligung u.a.: Alfcons, Colas
The Baie des Rois Special investment Zone

1.000

68

China Harbour; seit 2013 im Bau
Gabon LNG

1.000

k.A.

Perenco; im Bau seit August 2024, Kapazität 700.000 Tonnen pro Jahr 
Komo Ogooue Railway

800

0

Rise Gabon (Investmentvehikel); keine Firmenpartner bekannt
Ngoulmendjim Hydropower Plant

350

0

83 Megawatt; Projektentwicklung: Asokh Energy
Quelle: ABiQ Projektdatenbank

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