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Branchen | Georgien | Transport und Logistik

Georgiens Transport- und Logistiksektor brummt

Georgien profitiert vom Transit auf der Logistikroute Europa-Asien via Kaukasus. Wachsende Transportströme und Investitionen eröffnen viele Geschäftschancen. 

Von Uwe Strohbach | Tiflis

Der Transport- und Logistiksektor zählt zu den perspektivreichsten Wirtschaftssektoren in dem kleinen Südkaukasusland Georgien. Vor allem die Hafenwirtschaft winkt mit investitionsträchtigen Projekten. Investoren, darunter aus Kasachstan und Usbekistan, planen neue Umschlag- und Logistikkapazitäten in georgischen Seehäfen.

Georgischer Markt immer interessanter für ausländische Unternehmen

Immer mehr ausländische Unternehmen entdecken Georgiens Geschäftspotenzial und eröffnen neue Niederlassungen. Bereits ansässige Branchenplayer setzen auf Expansion. Auch das deutsche Unternehmen Schmitz Cargobull, Hersteller von Trailern, Sattelaufliegern und Motorwagenaufbauten, eröffnete im Oktober 2023 eine georgische Tochter. Der Geschäftsbereich der Schmitz Cargobull Georgia mit Sitz in Gardabani nahe der Hauptstadt Tiflis erstreckt sich über den gesamten Südkaukasus. Die meisten der im bisherigen Jahresverlauf 2023 verkauften 130 Fahrzeugeinheiten fanden georgische Abnehmer, so der Vertriebsmanager Dimitri Kajaia.

Entwicklung des internationalen Güterverkehrs in Georgien nach Verkehrsträgern (in Mio. t) *)

Verkehrsträger 

2019

2020

2021

2022

Straße 

10,7

11,0

12,3

13,9

Eisenbahn

9,1

9,2

10,3

12,9

Seehäfen Poti und Batumi

11,9

10,9

11,0

12,4

* ohne Rohrleitungen, Binnenschifffahrt, Luftverkehr und spezialisierte Ölterminals an der georgischen Schwarzmeerküste.Quelle: Zusammengestellt nach Angaben des Ministeriums für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens 2023

Der litauische Transportgigant Girteka Logistics, einer der größten europäischen Spediteure, nahm Mitte 2022 in Tiflis ein weiteres Global-Business-Services-Zentrum in Betrieb. Girteka Logistics will bis 2024 seine Dienstleistungspalette in Georgien deutlich ausweiten und plant weitere Investitionen. 

Der georgische Logistiker Information and Communication Systems errichtet in Tiflis bis Mitte 2024 ein Logistikzentrum auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern. Das Unternehmen ist Lizenznehmer des US-amerikanischen Kurier- und Logistikunternehmens FedEx Corporation. 

Auch die österreichischen Gebrüder Weiss setzen auf den georgischen Markt und planen, weitere Gelder in ihre lokale Infrastruktur zu stecken. Bisher haben sie etwa 16 Millionen Euro in ein Transport- und Logistikzentrum nahe des internationalen Flughafens in Tiflis investiert. 

Neuer Tiefseehafen Anaklia bleibt Leuchtturmprojekt

Die Hafenwirtschaft gilt in Georgien als Schlüsselelement für den Ausbau des Transport- und Logistikgeschäfts. Top-Vorhaben ist der Bau eines Tiefseehafens in Anaklia. Der am Schwarzen Meer gelegene Ort verfügt über eine Wasserschlucht mit einem natürlichen Tiefgang von 18 bis 20 Metern und bietet somit optimale Voraussetzungen. 

Der einstige Flottenstützpunkt der sowjetischen Marine sollte bereits in mehreren Anläufen zu einem Hafen entwickelt werden. Sie liefen jedoch ins Leere. Im Jahr 2022 fiel der Startschuss für einen hoffnungsvollen Neubeginn.

Die niederländische Beratungsgesellschaft MTBS (Maritime & Transport Business Solutions BV) hat inzwischen die Markt- und Hafenstudie aktualisiert. Die Projektdokumentation erneuert die im März 2023 gegründete Gesellschaft Seehafen Anaklia

Auch liegt ein neuer Stufenplan der georgischen Regierung für das Vorhaben vor. In neun Ausbauphasen soll die jährliche Hafenkapazität schrittweise auf einen Umschlag von final 100 Millionen Tonnen ausgeweitet werden. In der ersten Ausbauphase werden 7,8 Millionen Tonnen (600.000 TEU), in der zweiten 14 Millionen Tonnen und in der dritten 21 Millionen Tonnen angepeilt. Die Phasen 2 bis 9 werden nur umgesetzt, wenn die Kapazität in der jeweils vorausgehenden Phase zu mindestens 80 Prozent ausgelastet ist.

Die Kosten für die erste Projektphase werden auf vorläufige 590 Millionen US-Dollar (US$) geschätzt. Der georgische Staat will 51 Prozent der Anteile am künftigen Hafen halten und stellt für Bauarbeiten Haushaltsmittel bereit. Die übrigen 49 Prozent soll ein Investor übernehmen.

Ein chinesisch-singapurisches und ein schweizerisch-luxemburgisches Konsortium präqualifizierten sich im 1. Halbjahr 2023. Sie erarbeiten zurzeit Investitionsvorschläge. Ende 2023 oder Anfang 2024 will die Regierung den Sieger der Ausschreibung bekanntgeben und die beteiligten Firmen namentlich benennen. Der Bau soll im März/April 2024 starten. 

Ansprechpartner für das Projekt sind die Anaklia Deep Sea Port Development Agency und die Public Private Partnership Agency

Seehafen Poti will Containerumschlagkapazität verdoppeln 

Georgiens aktuell bedeutendster Seehafen in Poti mit insgesamt 15 Liegeplätzen befindet sich seit 2011 mehrheitlich im Besitz der Gesellschaft APM Terminals Poti (Teil der dänischen A.P. Möller-Maersk Group). Sie investierte bisher 130 Millionen US$ in die Sanierung, Modernisierung und den Ausbau der Hafeninfrastruktur. 

Auf der aktuellen Projektliste im Zeitraum 2024 bis 2026 stehen ein Wellenbrecher von 1.800 Metern und ein 400 Meter langer Mehrzweckkai mit einer Tiefe von 13,5 Metern sowie technische Anlagen für den Frachtumschlag (einschließlich Containerumschlag) und die Lagerung. In einer weiteren Projektphase sollen vor allem die Kapazitäten für den Containerumschlag kräftig auf jährlich bis zu 1 Million TEU ausgebaut werden.

Entwicklung der Gütertransporte in den georgischen Seehäfen 1)

 

2019

2020

2021

2022

Frachtumschlag, insgesamt (in Mio. t) 

11,9

10,9

11,0

12,4

Containerumschlag, insgesamt (in 1.000 TEU) 

647,8

490,4

401,3

477,1 2)

  Seehafen Batumi 

 

 

 

 

  Frachtumschlag (in Mio. t) 

8,6

7,4

7,1

7,7

  Containerumschlag (in 1.000 TEU)

531,7

387,4

302,1

357,6

  Seehafen Poti 

 

 

 

 

  Frachtumschlag (in Mio. t) 

3,3

3,5

3,9

4,7

  Containerumschlag (in 1.000 TEU)

116,1

103,0

99,2

119,5

1 ohne die Ölterminals Supsa und Kulevi; 2 1. Halbjahr 2023: 348.000 TEU (+57,8%).Quelle: Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens; Pressemeldungen 2023

Kasachstan nimmt Kurs auf eigenen Containerterminal in Poti 

Mitte August 2023 startete die private kasachische PTC Holding den Bau eines Containerterminals im Hafen Poti. Der Investor will hier mittels seiner Tochtergesellschaft Poti Transterminal JSC ab Mitte 2024 einen eigenen Terminal mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 80.000 TEU betreiben. Später sollen an dem Standort jährlich bis zu 450.000 TEU Container umgeschlagen werden.

Auch Usbekistan zeigt Interesse, einen Terminal in den georgischen Häfen zu errichten oder anzumieten. Die Häfen des Schwarzmeerlandes werden für den internationalen Transport von Gütern aus zentralasiatischen Ländern immer wichtiger.

Sektorstrategie und Aktionsplan stecken Schwerpunkte ab

Eine "Nationale Strategie für den Transport- und Logistiksektor im Zeitraum 2023 bis 2030“ und ein Aktionsplan für 2023 und 2024 sollen es Georgien ermöglichen, sich als regionaler Transport- und Logistikhub weiter zu positionieren. Zugleich wird die Branche weiter in das Transportsystem der EU integriert. 

 

Die beiden Dokumente fokussieren: 

  •  den Ausbau der Hafenwirtschaft und des Straßennetzes um 760 Kilometer, 

  • die weitere Anpassung des Transportsektors an internationale Standards, 

  • dessen Digitalisierung inklusive "Maritime Single Window“/vereinfachtes Meldeverfahren im Seeverkehr bis 2024, 

  • Reformen im Bahntransport und in der Binnenschifffahrt sowie 

  • einschlägige Aus- und Fortbildungen.

 

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