Wirtschaftsausblick | Georgien
Robuste Konjunktur hält in Georgien auch 2025 an
Die georgische Wirtschaft legt 2025 voraussichtlich um 5,5 Prozent zu. Haupttreiber bleiben Dienstleistungen, Investitionen und das Baugewerbe. Deutsche Produkte sind gefragt.
24.10.2024
Von Uwe Strohbach | Tiflis
Top-Thema: Georgiens Vision als Logistikhub zwischen West und Ost wird Realität
Angesichts der wachsenden Popularität alternativer Transportrouten zwischen China und Europa unter Umgehung Russlands nimmt auch der Warenumschlag über den Mittleren Transportkorridor via Georgien zu. Diese Entwicklung eröffnet der kleinen Kaukasusrepublik gute Chancen, sich als Teil eines neuen Transport-Hubs zu etablieren. Mehrere ambitionierte Ausbauprojekte sind geplant. Hierzu zählen:
- Bau des Tiefseehafens Anaklia mit ausländischen Partnern - geschätzte Kosten für den ersten Bauabschnitt 600 Millionen US-Dollar (US$);
- Bau eines Tiefseeterminals und Erweiterung der Kapazitäten für Frachtumschlag und Warenlagerung im Hafen Poti (APM Terminals Poti, Dänemark);
- Bau eines Containerterminals im Hafen Poti (PTC Holding, Kasachstan);
- Bau des multimodalen Güterverkehrszentrums Tbilisi Dry Port in Tiflis (TDP/Abu Dhabi Ports, Georgien/Vereinigte Arabische Emirate);
- Bau eines multimodalen Lagerterminals in Poti (usbekische Investoren);
- Bau eines multimodalen Logistikzentrums in Poti (Kairos Logistics, Georgien).
Der jährliche Beitrag des Transport- und Logistiksektors zur gesamtwirtschaftlichen Produktion Georgiens könnte sich in wenigen Jahren verdoppeln, gegenüber heute gut 2 Milliarden US$.
Wirtschaftsentwicklung: Viele positive Effekte durch neues geopolitisches Umfeld
Für das Jahr 2025 prognostiziert die georgische Regierung eine Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um real 5,5 Prozent, nach einem für 2024 erwarteten Plus von 8,2 Prozent. Die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank rechnen mit ähnlich hohen Wachstumsraten. Die Prognosen können sich unter Beachtung des hohen Wachstums in den Vorjahren sehen lassen.
Der anhaltende Konjunkturaufschwung Georgiens fußt auf mehreren Säulen. So steuert der Tourismus 2024 mit Einnahmen in Höhe von voraussichtlich 4,3 Milliarden US$ auf einen neuen Höchststand zu. Der Einzelhandel sowie Hotels und Gaststätten profitieren besonders stark von der Ausgabenfreude ausländischer Touristen.
Für Wachstumsimpulse sorgen außerdem die Bruttoanlageinvestitionen und das Baugewerbe. Das Gleiche gilt für weitere Bereiche des Dienstleistungssektors. Hier schlägt sich neben dem deutlichen Einnahmenplus des Transport- und Logistiksektors auch die hohe Exportdynamik der IT-Dienstleister positiv nieder. Außerdem gibt die georgische Bevölkerung wieder mehr Geld für den Konsum aus.
Staat und Unternehmen investieren weiterhin kräftig
Die Bruttoanlageinvestitionen dürften 2025 etwa 7 Milliarden US$ erreichen, nach durchschnittlich 5,8 Milliarden US$ in den beiden Vorjahren. An größeren Projekten der öffentlichen Hand beteiligen sich häufig internationale Geberbanken. Staatliche Investitionen fließen vor allem in den Straßenbau, den Agrarsektor, die Wasserwirtschaft und die soziale Infrastruktur. Zudem fördert der Staat das private Unternehmertum und den Ausbau im Bereich Wasserkraft.
Das Geld privater Investoren fließt hauptsächlich in den Tourismus, den Wohnungsbau und die Energiewirtschaft. Angesichts leicht abnehmender Reinvestitionen dürfte sich der Zufluss an ausländischen Direktinvestitionen etwas verringern. Mit mindestens 1,6 Milliarden US$ pro Jahr wird das Engagement ausländischer Akteure 2024 und 2025 aber noch immer beachtlich ausfallen.
Der Privatverbrauch zieht an
Mit dem privaten Konsum geht es wieder aufwärts. Der positive Trend geht zurück auf höhere Reallöhne, mehr Verbraucherkredite an die Bevölkerung und den anhaltenden Zustrom privater Geldüberweisungen aus dem Ausland. Die Scharen von Touristen sorgen für steigende Umsätze im Einzelhandel. Private Investoren planen vorrangig in Tiflis den Neu- oder Ausbau von Shoppingzentren.
Gleichwohl drücken eine recht hohe Armut (knapp 12 Prozent) und Arbeitslosigkeit (rund 14 Prozent) dem Verbrauchermarkt ihren Stempel auf. Auch die Löhne lassen trotz der jüngsten Zuwächse keine größeren Sprünge zu (monatlicher Medianlohn: circa 450 US$).
Außenhandel wächst weiter dynamisch
Die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen dürfte 2025 und 2026 laut Weltbank um real etwa 4 bis 5 Prozent zulegen, die entsprechenden Ausfuhren um 6 bis 7 Prozent. Das Wachstum im Außenhandel hält bereits seit 2021 an. Dies ist zurückzuführen auf höhere Reexporte, gestiegene Preise für Exportgüter (Kupfererze/-konzentrat, Düngemittel) sowie auf preisliche und mengenmäßige Zuwächse bei verschiedenen Verbrauchsgütern.
Die Reexporte - vorrangig Kfz und Arzneimittel - vereinten im 1. Halbjahr 2024 hohe 57 Prozent der Gesamtexporte auf sich. Die Lieferungen gehen traditionell vor allem an Abnehmer entweder in den Nachbarländern Aserbaidschan und Armenien oder in der Region Zentralasien. Die Hauptabsatzländer für Waren mit georgischem Ursprung sind Russland und die Türkei.
Die Importe übersteigen die Exporte traditionell um ein Vielfaches. Georgien ist insbesondere bei strategischen Ressourcen, wie Energieträgern, Lebensmitteln und Technologien, stark auf Zulieferungen aus dem Ausland angewiesen. Wichtige Partnerländer sind die Türkei, die USA, Russland, China und Deutschland.
Deutsche Perspektive: Der kleine liberale Markt hält zahlreiche Chancen bereit
Georgien gilt bei der Liberalisierung des Handels mit der EU unter den Ländern der Östlichen Partnerschaft als Vorreiter. Der Prozess, EU-Regelwerk in die nationale Gesetzgebung zu übernehmen, verläuft zügig. Gute Absatz- und Kooperationschancen haben deutsche Unternehmen vor allem bei zahlreichen Modernisierungs- und Ausbauprojekten. Zu den Schwerpunkten zählen die Versorgungsinfrastruktur (Stromversorgung/Erneuerbare Energien, Wasser/Abwasser) und die Verkehrsnetze. Gute Ansatzpunkte bieten zudem der Logistiksektor, soziale Objekte und Hotels sowie die öffentlich geförderte Ernährungswirtschaft. Der Markt empfiehlt sich zudem, um bestimmte Geschäftsprozesse auszulagern.
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite Georgien.