Special | Georgien | Wasser - Die knappe Ressource
In Georgien fließt mehr Geld in die Wasserwirtschaft
Landesweit Wasser aus dem Wasserhahn, weniger Verluste und mehr bewässerte Flächen sind die Ziele von Georgiens Regierung. Öffentliche und internationale Mittel stehen bereit.
06.05.2024
Von Uwe Strohbach, Katrin Kossorz | Tiflis, Bonn
Größtes Lieferpotenzial für deutsche Unternehmen bietet die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung. Bis vor wenigen Jahren waren die jährlichen öffentlichen Investitionen in die Sparte recht überschaubar. Seit 2021 ziehen sie an.
Der Haushalt des Ministeriums für Regionalentwicklung und Infrastruktur sieht für das Jahr 2024 rund 500 Millionen Georgische Lari (GEL/rund 175 Millionen Euro) für den Ausbau und die Sanierung der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung vor. Bereits 2023 waren 520 Millionen GEL (rund 182 Millionen Euro) bereitgestellt, so viel wie noch in keinem Jahr zuvor.
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Ambitionierte mittel- und langfristige Regierungspläne
Georgiens Regierung verabschiedete in den Jahren 2020 und 2021 ambitionierte langfristige Pläne und ein mittelfristiges Aktionsprogramm für eine bessere Wasserver- und Abwasserentsorgung. Zwischen 2021 und 2031 sollen bis zu 9 Milliarden GEL (circa 3,2 Milliarden Euro) in den Sektor fließen. Das sehen die Zehnjahrespläne für die "Sozioökonomische Entwicklung Georgiens" und die "Integrierte Entwicklung der Regionen Georgiens" für den Zeitraum 2021 bis 2031 vor.
Das Ministerium für Infrastruktur und Regionalentwicklung verfolgt drei lang- und mittelfristige Ziele:
- eine gesicherte Wasserversorgung rund um die Uhr in allen Städten bis Ende 2025 und in allen ländlichen Regionen bis 2030,
- den Ausbau der Wasserver- und Abwasserentsorgung für den Bedarf von mehr als 500.000 Einwohnern in den Jahren 2023 bis 2025/2026 (darunter erstmalig zentrale Wasserversorgung für fast die Hälfte der Bevölkerung) und
- deutlich reduzierte Verluste bei der Wasserversorgung bis 2030 auf eine Quote von weniger als 20 Prozent.
Vom 4. bis 5. Oktober 2024 findet in Tiflis die 18. Internationale Konferenz für Abwasserbehandlung, Wasserkreislauf und Rückgewinnung (ICWTWCR) statt.
KfW begleitet Großprojekt in Batumi
Ausländische Geberbanken und Förderinstitute unterstützen die geplanten Projekte im Wasser- und Abwassersektor Georgiens finanziell. Allen voran begleitet die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein umfassendes Projekt in Batumi, der Hauptstadt der Autonomen Republik Adscharien.
Die zentrale Wasseraufbereitungsanlage, Trinkwasserverteilung und Abwassersammlung Batumis sollen dabei rehabilitiert werden (Los 1, Los 2). Auf dem Programm steht auch die Erweiterung der Kläranlage und deren Anpassung an EU-Standards sowie Begleitmaßnahmen zur Stärkung des Trägers und des Betreibers. Der Baustart ist für Juni 2024 vorgesehen.
In der Branche engagieren sich zudem die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD; Green City Action Plan Tiflis 2017-2030: Verbesserung der Abwasserbehandlung und Anpassung an EU-Standards), die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Französische Entwicklungsagentur (AFD/Agence française de développement).
Das Gros dieser Gelder fließt in Vorhaben des staatlichen Wasserversorgers United Water Supply Company of Georgia und des kommunalen Wasserbetriebes Batumi Water (Autonome Republik Adscharien) sowie in weitere Sektorreformen. Auch der Primus unter den privaten Wasserbetrieben Georgia Global Utilities JSC kündigte Modernisierungs- und Ausbauinvestitionen an.
Frischwasser aus dem Wasserhahn noch nicht überall möglich
Die bereitgestellten Mittel werden dringend benötigt, denn es gibt viel zu tun: In vielen Landeseilen fließt noch nicht jederzeit sauberes Wasser aus dem Hahn. Fast drei Zehntel der Bevölkerung müssen sich noch selbst mit frischem Wasser versorgen. Noch ungleich höher ist der Nachholbedarf bei der öffentlichen Kanalisation sowie bei Klär- und Abwasserreinigungsanlagen. Im Jahr 2023 führte der Wassersektor die Anzahl der Bürgerbeschwerden der Hauptstädter an den Ombudsmann des Landes für Wasserfragen an.
Mit rund 70 Prozent sind die Wasserverluste beim Transport von den Wasserversorgern zu den Kunden extrem hoch.
Nationale und internationale Mittel für mehr bewässertes Agrarland
Im Agrarsektor bietet die Bodenbewässerung Lieferchancen. Nach der Branchenstrategie für den Zeitraum 2017 bis 2025/2026 soll die bewässerte Fläche auf 200.000 Hektar und die entwässerte auf 100.000 Hektar ausgeweitet werden. Jährliche Aktionspläne der staatlichen Gesellschaft Georgian Amelioration schreiben die konkreten Projekte fest. Das Unternehmen untersteht dem Ministerium für Umweltschutz und Landwirtschaft.
Internationale Kreditinstitute wie die Weltbank, die EIB, ADB und die AFD schießen essentielle Mittel in die Vorhaben. Ein 150-Millionen-US-Dollar-Projekt ragt hervor. Dieses will das Ministerium für Umweltschutz und Landwirtschaft mit der Weltbank (finanzieller Beitrag: 75 Millionen US-Dollar) im Zeitraum 2024 bis etwa 2029/2030 umsetzen. Geplant sind bis zu 27.000 Hektar mehr bewässerte Fläche, ein verbesserter Zugang zu den Bewässerungsanlagen und eine effizientere Be- und Entwässerung.
Der Mehrbedarf an Wasser soll aus der Sanierung bestehender Schwerkraftbewässerungssysteme, der Neuerschließung von Oberflächenwasser sowie dem großen Potenzial an Grundwasser gesichert werden. Bis 2025 soll die Tröpfchenbewässerung bis zu 10 Prozent der bewässerten Fläche ausmachen.
Auch wenn die Landwirtschaft Georgiens größter Wasserverbraucher ist, dominiert die Sparte Wasser- und Abwasser das Geschäftspotenzial für deutsche Unternehmen. Im Zuge der Landreformen Anfang der 1990er-Jahre entstanden im Agrarsektor unzählige kleine und kaum effektiv zu bewirtschaftende Parzellen. Heute besitzt ein von der Landwirtschaft lebender Haushalt im Schnitt nur 1 Hektar Ackerboden. Diese Kleinteiligkeit erschwert georgischen Landwirten die Aufnahme von Krediten und deren Refinanzierung in der Sparte Melioration.
Struktur der Wasserversorgung
Nach Angaben der Regulierungsbehörde für die Energie- und Wasserversorgung (Georgian National Energy and Water Supply Regulatory Commission/GNERC) besitzen gegenwärtig neun Unternehmen eine Lizenz für die öffentliche Wasserversorgung (Stand: März 2024), darunter ein staatliches, drei private und vier kommunale Unternehmen. Sie engagieren sich in mehr als 70 Städten und 400 Dörfern.
Der Geschäftsbereich Water Utility der privaten Gesellschaft Georgia Global Utilities (GGU; Teil der Holding Georgia Capital) besitzt und betreibt die Wasserinfrastruktur in der Hauptstadt Tiflis und an einigen Standorten im Umland (Mtskheta/Rustavi). Zum Bereich gehört auch die Abwassereinigungsanlage in Gardabani. Betreiber für Water Utility sind die Wasserbetriebe Georgian Water and Power, Mtskhetis Tskali (Mtskheta Water) und Rustavis Tskali (Rustavi Water).
Water Utiliy versorgt 1,4 Millionen natürliche Personen (38 Prozent der georgischen Bevölkerung) und rund 40.000 juristische Personen mit Trinkwasser. Seit 2022 gehört der größte georgische Wasserversorger mehrheitlich zum spanischen Wassermanagement-Unternehmen Aqualia (FCC; Aktienanteil: 80 Prozent).
Elf regionale Filialen der staatlichen United Water Supply Company of Georgia (UWSC) sichern die Wasserversorgung von rund 340.000 Haushalten (beziehungsweise 850.000 Einwohnern) und circa 25.000 juristischen Personen in zahlreichen anderen Städten und Dörfern. Unter den kleinen kommunalen Wasserversorgern sind vor allem die Batumis Tskali (Batumi Water) und Kobuleti Tskali (Kobuleti Water) zu nennen. Auf kommunaler Ebene (vorwiegend in ländlichen Landesteilen) sind auch einige kleine nicht lizenzierte Wasserbetriebe tätig.
Kennziffer | Menge |
---|---|
Anzahl der Betriebe für die Wasserversorgung | 27 |
Wasserabgabe der Betriebe an Haushalte (in Millionen m3) | 208,0 |
Jährliche Nutzung von Wasser für den Trinkwasser- und Haushaltsbedarf (in Millionen m3; Schätzung) | 450,0 bis 500,0 |
Stadtbevölkerung (Anteil an der Nutzung in Prozent; Schätzung) | 90,0 |
Landbevölkerung (Anteil an der Nutzung in Prozent; Schätzung) | 10,0 |
Anschlussgrad der Bevölkerung an die Wasserversorgung (in Prozent) | 71,5 |
Jährlicher Zuwachs des Anschlussgrades | 1,4 |
Anschlussgrad der Bevölkerung an das Abwassersammelsystem (in Prozent) | 52,4 |
Jährlicher Zuwachs des Anschlussgrades | 1,0 |
Anschlussdrad der Bevölkerung an die Abwasserbehandlung (in Prozent) | 39,8 |
Jährlicher Zuwachs des Anschlussgrades | 1,0 |