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Ausbau der erneuerbaren Energien fordert das Stromnetz
Die griechische Regierung hat sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, 28,7 Gigawatt an erneuerbaren Energien zu installieren. Doch das Stromnetz könnte dem nicht standhalten.
12.05.2023
Von Michaela Balis | Athen
Griechenland hat ausgehend von heutigen 46 Prozent das Ziel, bis 2030 rund 80 Prozent des Stroms aus Sonne, Wind und Wasser zu speisen. Das sieht der aktualisierte Nationale Energie- und Klimaplan (NECP) vor. Das Umwelt- und Energieministerium hat die NECP-Version mit den neuen Zielen im April 2023 der EU-Kommission vorgelegt. Insgesamt will das Land bis zum anvisierten Zeitpunkt 28,7 Gigawatt an erneuerbaren Energien (EE) installieren.
Dafür sollen bis zum Jahr 2030 On- und Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von 9,3 Gigawatt und Fotovoltaikanlagen (PV) mit einer Leistung von 14,1 Gigawatt installiert sein. Dies entspricht fast einer Verdreifachung der momentanen Leistung. "Griechenland ist eines der sonnenreichsten Länder Europas und verfügt über gute Windressourcen", bestätigt Costas Papamantellos, CEO der RWE Renewables Hellas. Der griechische Markt sei nach wie vor sehr attraktiv. Das zeige sich nicht zuletzt daran, dass es dem Land gelungen ist, das Interesse großer internationaler Investoren zu wecken.
Der PV-Markt boomt
Der griechische Markt für Fotovoltaik wuchs im Jahr 2022 um etwa ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr: Insgesamt gingen PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 1,3 Gigawatt ans Netz. "Das Jahr 2022 war ein Rekordjahr. Dieses Jahr kann noch besser werden, wir rechnen mit einem Zuwachs von rund 2 Gigawatt.", bestätigt Sotiris Kapellos, Chief Operating Officer Renewable Energy Sources, der Helleniq Energy und Präsident des griechischen PV-Verbands Helapco.
Auch Haris Christidis, geschäftsführender Vorstand der BayWa r.e Solar Systems Single Member SA ist überzeugt: "Wir setzen auf den griechischen Markt im Vertrieb von PV-Systemen, sowohl für den gewerblichen Sektor, als auch für den vielversprechenden Wohnungsmarkt." Ab April 2023 sollen Aufdachanlagen mit Speichern mit insgesamt 250 Millionen Euro bezuschusst werden. Auch das Unternehmen BayWa r.e zeigt sich zuversichtlich und weitet die Geschäftstätigkeit aus.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 1) | |
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Installierte Leistung/Jahr | 161 | 459 | 838 | 1.340 |
Gesamte installierte Leistung | 2.829 | 3.288 | 4.126 | 5.466 |
Griechenland importiert Module und Wechselrichter vorrangig aus Deutschland und China. Renommierte deutsche Investoren, Projektentwickler und Ausrüstungsanbieter sind vor Ort aktiv, unter anderem RWE, Juwi, BayWa r.e., Abo Wind und Aleo Solar. "Als RWE wollen wir beim Eintritt in einen neuen Markt eine signifikante Präsenz aufbauen", erklärt Papamantellos. "Dafür gehen wir oft - nicht nur hier in Griechenland - Partnerschaften mit starken lokalen Akteuren ein", fügt er hinzu. RWE Renewables Hellas und PPC Renewables, Tochtergesellschaft der ehemals staatlichen griechischen Stromgesellschaft PPC, planen, über ihr Joint Venture PV-Projekte mit einer Gesamtleistung von bis zu 2 Gigawatt zu realisieren. "Wir haben bereits die endgültige Investitionsentscheidung für die ersten fünf Solarparks getroffen und mit dem Bau begonnen", informiert der CEO der RWE Renewables Hellas.
Projektträger | Leistung in MW *) | Stand |
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PPC Renewables | 3.900 | Genehmigungen erhalten |
PPC Renewables | 550 | Terna Energy erhielt den Zuschlag für den Bau des Anlage im Rahmen einer Ausschreibung |
Fotovoltaika Kilkis (Terna Energy) | 220 | Umweltgenehmigungen erhalten |
Meton Energy S.A. (RWE Renewables-PPC Renewables) | 200 | Investitionsentscheidung getroffen; Fertigstellung: 1. Quartal 2024; Kofinanzierung aus dem EU-Aufbaufonds |
Cero Generation (Macquarie) | 100 | Im Bau; Fertigstellung: Mitte 2023 |
Plenitude (Eni) | 80 | Im Bau; Fertigstellung: im Jahr 2024 |
PPC Renewables | 65 | Im Bau; Fertigstellung: 3. Quartal 2023 |
Heliothema Energy S.A. | 30 | Produktionsgenehmigung erhalten |
PPC Renewables | 27,6 | Im Bau |
Griechisches Stromnetz erreicht seine Grenzen
Das Interesse am Markt für erneuerbare Energien bringt das griechische Stromnetz an seine Grenzen: Ende 2022 waren rund 10 Gigawatt aus PV und Windkraft am Netz. Mehr kann es kaum aufnehmen. Bei nachlassender Stromnachfrage, hat der griechische Übertragungsnetzbetreiber Admie bereits begonnen, die Stromeinspeisung aus EE-Quellen zu kürzen. Umso mehr Projekte fertiggestellt werden, desto mehr dürfte sich das Problem zuspitzen. "Deshalb ist Energiespeicherung die beste Lösung", meint Kapellos. Weitere 10,7 Gigawatt verfügen über endgültige Netzanschlussangebote, so die griechische Regulierungsbehörde RAE. Für weitere 23 Gigawatt reichten Investoren vollständige Anträge bei der RAE ein. Das wären insgesamt 44 Gigawatt, viel mehr als das Netz voraussichtlich und trotz millionenschwerer geplanter Investitionen auch im Jahr 2030 aufnehmen kann.
Um Kapazitäten im Netz zu schaffen und die "lahmgelegten" Investitionen, für die jedoch Platz im Netz reserviert ist, zu streichen, will das griechische Umweltministerium strenge Fristen für die Unterzeichnung der Netzanschlussangebote einführen, so das Gesetz 5037/2023.
Priorisierung bei der Bearbeitung der Anträge sorgt für Aufruhr
In der Praxis ist der griechische EE-Markt mittelfristig gesättigt. Damit Admie die zahlreichen Anträge bearbeiten kann, führte ein Ministerialerlass (YPEN 84014/7123) im August 2022 Kriterien bei der Priorisierung der Ausstellung endgültiger Netzanschlussangebote ein, die im Jahr 2023 (YPEN/7063/374) überarbeitet wurden. Bei den Kriterien geht es vorrangig um die Gesamtkapazität, den Standort, eingebaute Speicherkapazitäten und bilaterale Stromlieferverträge. Trotz der Überarbeitung beklagen Marktexperten die Begünstigung großer griechischer Projekte sowie fehlende Transparenz bei der Bearbeitung der Projekte. "Projekte, die nicht prioritär behandelt werden, bekommen bis 2024 kaum Netzanschlussangebote", informiert der Helapco-Präsident. "Nach 2026 gibt es jedoch dank des neuen NECP wieder Chancen", fügt Kapellos hinzu. Nicht zu übersehen ist, dass Projekte mit Netzanschlussangeboten attraktiv auf dem Sekundärmarkt sind. Das heißt, Interessenten können Lizenzen erwerben.
Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens
Um Investitionen im Land einfacher zu gestalten, verkürzte das Umweltministerium das Genehmigungsverfahren im Jahr 2022 von 5 Jahren auf 14 Monate (G. 4951/2022). "Diese Regelung zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens wird im Prinzip positiv bewertet und es bleibt abzuwarten, wie sie sich in der Praxis bewährt", informiert Dirk Reinhardt, Rechtsanwalt der Rechtsanwaltsgesellschaft MStR. Obwohl das Genehmigungsverfahren vereinfacht wurde, ist die Vielzahl der Regelungen, die in mehreren Gesetzestexten verankert sind, eine Herausforderung für alle Beteiligten.
Stadien des Genehmigungsverfahrens
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