Special | Griechenland | EU-Förderung
Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
Bis 2026 soll Griechenland moderner und wettbewerbsfähiger werden. Die EU-Fördermittel sind genehmigt. Nun müssen die geplanten Reformen und Projekte umgesetzt werden.
10.04.2024
Von Michaela Balis | Athen
Nach der Aufstockung des EU-Aufbaufonds im Dezember 2023 stehen Griechenland bis 2026 insgesamt 36 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon entfallen etwa 18,2 Milliarden Euro auf die Kreditvergabe für private Vorhaben und 17,7 Milliarden Euro auf Zuschüsse für öffentliche Projekte. Stand Anfang 2024 wurden 14,7 Milliarden Euro an Griechenland ausbezahlt.
Ende 2023 hatte die griechische Regierung bereits 746 öffentliche Projekte mit einem Gesamtbudget in Höhe von 5,2 Milliarden Euro beantragt. Private Unternehmen unterzeichneten 269 Kreditverträge. Knapp 30 Prozent der Kredite betreffen Energieprojekte und rund ein Viertel entfällt auf die Tourismusbranche. Fast die Hälfte des Kreditbudgets ging an kleine und mittlere Unternehmen.
Die Kredite dürfen maximal die Hälfte des Investitionsvolumens abdecken. Weitere 30 Prozent des Investitionsvorhabens können die Unternehmen über Kredite bei Privatbanken beantragen. Mindestens 20 Prozent der Investitionssumme müssen aus eigenen Mitteln finanziert werden.
Neben den Geschäftsbanken, die in die Kreditvergabe involviert sind (Alpha Bank, Eurobank, National Bank of Greece, Piraeus Bank), wurden auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Hellenische Entwicklungsbank einbezogen. Der Zinssatz liegt bei durchschnittlichen 2 Prozent. Alle Ausschreibungen werden auf dem europäischen sowie auf dem griechischen Ausschreibungsportal veröffentlicht.
Rasches Handeln für die Nutzung der EU-Gelder gefragt
Die griechische Regierung muss Projekte schneller und effizienter ausschreiben und an Auftragnehmer vergeben sowie Reformen umsetzen, damit die Mittel aus dem EU-Aufbaufonds rechtzeitig in die Wirtschaft fließen. Das mahnen EU-Experten. Immerhin müssen noch 21,3 Milliarden Euro bis Ende 2026 genutzt werden. Bis Ende April 2024 will das griechische Finanzministerium bei der EU-Kommission die vierte Tranche aus dem EU-Aufbaufonds über 3,3 Milliarden Euro beantragen.
Damit diese Summe tatsächlich ausgezahlt wird, muss Griechenland allerdings bestimmte Anforderungen erfüllen: Dazu zählen unter anderem die Bestimmung der Auftragnehmer für den Bau der nördlichen Autobahn in Kreta sowie für den Bau einer zwölf Kilometer langen Promenade an der Athener Riviera.
Straffer Zeitplan stellt Herausforderung dar
Verzögerungen bei Ausschreibungen und Einsprüche seitens der übrigen Kandidaten, die nicht den Zuschlag erhalten haben, stehen an der Tagesordnung. Hinzu kommen, insbesondere bei den Infrastrukturvorhaben, Probleme bei der Ausstellung von Garantieschreiben sowie Verzögerungen bei den Enteignungen.
Sollte die griechische Regierung ihre Ziele nicht rechtzeitig erreichen, gibt es eine sechsmonatige Schonfrist. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sie nur die Auszahlung der EU-Kredite beantragen. Die Zuschüsse werden erst ausgezahlt, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
Fünfte Tranche im Herbst 2024 erwartet
Im September 2024 will das griechische Finanzministerium die nächsten Auszahlung über 3,6 Milliarden Euro beantragen. Rund 2,3 Milliarden Euro werden in Form von Krediten vergeben. Weitere 1,3 Milliarden Euro werden als Zuschuss gewährt.
Breites Spektrum an „grünen“ Projekten
Etwa 38 Prozent der Fördermittel der EU fließen in umweltorientierte Projekte. Rund 1,7 Milliarden Euro stehen für Maßnahmen bereit, die der energieeffizienten Umgestaltung von Unternehmen, Privathäusern, öffentlicher Gebäude und der Infrastruktur dienen.
Um die Kapazität des griechischen Stromnetzes auszubauen und die Anbindung der griechischen Inseln an das kontinentale Stromnetz zu fördern, nutzt der griechische Übertragungsnetzbetreiber Admie einen Kredit von etwa 300 Millionen Euro aus dem EU-Aufbaufonds.
Griechenland setzt auf die Digitalisierung
Weitere 22 Prozent der Fördermittel fließen in die digitale Transformation. Sie umfasst digitale staatliche Dienste sowie die Einführung digitaler Lösungen in kleinen und mittleren Unternehmen.
Auch Glasfaserprojekte stehen auf der Agenda: So erhält beispielsweise der Anbieter von Glasfaserdiensten PPC Grid, eine Tochter des ehemals staatlichen Stromunternehmens PPC, einen Kredit in Höhe von rund 290 Millionen Euro für die Umsetzung von Glasfaserprojekten.
Agrar- und Tourismusbranche werden gestärkt
Rund 600 Millionen Euro sollen die Präzisionslandwirtschaft und die ökologische Verarbeitung von Agrarprodukten unterstützen. Um die nötige Infrastruktur wie beispielsweise ein Netz von Mikrosatelliten zu entwickeln, die auch der Telekommunikation und der Schifffahrt zugutekommen, stehen Gelder aus dem EU-Topf bereit.
Etwa 260 Millionen Euro sind für touristische Projekte und 50 Millionen Euro für die Ausbildung im Tourismus geplant. Auch Autovermieter wie Olympic und Autohellas profitieren von den europäischen Finanzspritzen: Sie nutzen die Kredite, um ihre Flotte zu erneuern und damit den Anforderungen der Touristen gerecht zu werden.
Schwächen des Gesundheitswesens sollen beseitigt werden
Griechischen Krankenhäusern stehen rund 317 Millionen Euro für medizintechnische Ausrüstung und die Renovierung zur Verfügung. Mit 278 Millionen Euro sollen E-Health-Anwendungen gefördert werden. Etwa 273 Millionen Euro stehen für die Verbesserung der gesundheitlichen Primärversorgung bereit. In diesem Bereich ergeben sich gute Chancen für deutsche Hersteller, zumal Deutschland der wichtigste Lieferant von Medizintechnik für Griechenland ist.
Große Infrastrukturprojekte sind geplant
Die Modernisierung des Straßennetzes unterstützt die EU mit 1,4 Milliarden Euro. Hierunter fallen der Ausbau des nördlichen Abschnitts der Autobahn E65, die nördliche Autobahnverbindung Kretas und die Athener Vorstadtbahn. Infrastrukturprojekte sollen vermehrt in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften realisiert werden, so beispielsweise die Modernisierung des Eisenbahnnetzes oder der Bau und die Erneuerung von Bewässerungssystemen, Dämmen und Wassertanks. Etwa 107 Millionen Euro stehen für die Modernisierung 23 regionaler Flughäfen bereit.