Wirtschaftsumfeld | Griechenland | Personal
Personalsuche und Personalmanagement
Unternehmen nutzen Personalvermittler um neue Mitarbeiter anzuwerben. Trotzdem bleibt der Fachkräftemangel hoch. Bestehendes Personal binden sie durch interne Schulungen.
28.01.2025
Von Michaela Balis | Athen
Laut einer Umfrage des griechischen Dokumentationszentrums EKT gemeinsam mit dem griechischen Exportverband SEVE zum Personalbedarf, suchten im Juli 2024 rund 63 Prozent von 1.600 befragten Unternehmen nach neuen Mitarbeitenden. Die Mehrheit darunter bietet eine Festanstellung. Nur 11 Prozent der Unternehmen wollen Saisonarbeitskräfte einstellen. Ein Drittel der Unternehmen beabsichtigt mit der Neueinstellung die Verkaufszahlen zu steigern. Knapp ein Fünftel plant eine Expansion.
Besonders hoch ist die Nachfrage bei Unternehmen aus den Branchen Informations- und Kommunikationstechnik, Finanzdienstleistungen sowie Transport- und Logistik, berichtet der Personaldienstleister ManpowerGroup in seiner Studie zu den Beschäftigungsaussichten im 4. Quartal 2024. Die Mehrheit der Unternehmen erwartet eine Berufserfahrung von bis zu 5 Jahren und bietet bis zu 1.500 Euro brutto pro Monat.
Lücke zwischen Arbeitsuchenden und Jobangeboten nimmt zu
Unternehmen berichten von unzureichenden Qualifikationen, Berufserfahrung oder mangelndem Interesse der Bewerbenden. Die steigende Zahl offener Stellen bei anhaltender Arbeitslosigkeit in Höhe von rund 10 Prozent unterstreicht die Situation. Alles deutet darauf hin, dass eine bessere Verzahnung von Arbeitsmarkt und Ausbildung notwendig ist. Es besteht ein Bedarf an einem institutionalisiertem Austausch zwischen den Arbeitgebern sowie mit den Bildungsinstituten. Insbesondere vor dem Hintergrund der rapiden Veränderungen in Richtung Digitalisierung und künstliche Intelligenz ist es notwendig, dass das zukünftige Personal adäquat ausgebildet ist.
Die Zahl der offenen Stellen in ganz Griechenland lag im 2. Quartal 2024 bei knapp 54.000. Dies entspricht fast 60 Arbeitsplätze mehr im Vergleich zum Vorjahresquartal, meldet das griechische Statistikamt Elstat. Rund 16,5 Prozent aller offenen Stellen entfallen auf den Tourismus. Den Fachkräftemangel beklagen Marktexperten auch in der Gastronomie, im Baugewerbe und in der Landwirtschaft. Bessere Arbeitsbedingungen, beispielsweise bei Unterkünften, der Einhaltung von Arbeitszeiten und höheren Löhnen könnten dem entgegenwirken, informieren Marktkenner.
In Athen gibt nur ein Fünftel der befragten Bewohner an, leicht eine neue Arbeit zu finden, die ihren Wünschen entspreche. Darüber informiert ein Bericht der Europäischen Kommission über die Lebensqualität in europäischen Städten vom Jahr 2023. Damit liegt Athen auf dem vorletzten Platz von 83 europäischen Städten. Dabei spielen sich in der griechischen Hauptstadt rund 80 Prozent der wirtschaftlichen Aktivitäten des Landes ab.
Unternehmen wenden sich an Experten bei der Mitarbeitersuche
Bei der Personalsuche greifen Arbeitgeber auf die Dienste von Personalvermittlern zurück. Sämtliche Tochtergesellschaften ausländischer Personalvermittlungsagenturen sind in Griechenland tätig, zum Beispiel Aims International, Randstad, Manpower, Kantor und ICAP Crif. Deutsche Tochtergesellschaften nutzen nach eigenen Angaben auch die Internetplattformen LinkedIn und kariera.gr. Die Kosten für die Arbeitgeber variieren und hängen vom Auftragsvolumen ab. Zunehmend nutzen Unternehmen auch Kontakte zu Universitäten und Fachhochschulen, um frühzeitig Interessenten anzuwerben. Die Deutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer bietet ihren Mitgliedern die Möglichkeit über den sogenannten Job Report Personal zu finden.
Den Schwierigkeiten bei der Personalsuche begegnen die Arbeitgeber mit unterschiedlichen Gegenmaßnahmen. Zum Teil behelfen sie sich damit, ihre bestehende Belegschaft umzuschulen oder weiterzubilden. Viele Stellen werden zunächst intern ausgeschrieben, um den Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Daneben sind Zusatzleistungen wie private Kranken- und Rentenversicherungen, Prämien und Supermarktgutscheine weitere Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung.
Das Bewerbungsverfahren läuft in der Regel wie folgt ab: Nach Erhalt des Lebenslaufs kontaktiert der Arbeitgeber die Bewerber telefonisch oder per E-Mail. Anschließend werden ein bis drei Vorstellungsgespräche mit den Kandidaten geführt. Bei größeren Unternehmen werden manchmal auch Tests durchgeführt.
Work-Life-Balance wird immer wichtiger
Genauso wichtig wie das Gehalt ist den Mitarbeitenden, laut der Studie "Workmonitor 2024" des Personaldienstleisters Randstad, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies gaben rund 94 Prozent der insgesamt 753 befragten Arbeitnehmenden an. Rund die Hälfte der Beschäftigten wäre bereit zu kündigen, wenn diese Balance gefährdet wäre. Auch die Sicherheit im Arbeitsumfeld, die Förderung der psychischen Gesundheit sowie flexible Arbeitszeiten sind für mehr als 80 Prozent wichtig.
Das Arbeitsgesetz 4808/2021 sieht die Möglichkeit zum Homeoffice vor. Deutsche Unternehmen in Griechenland bieten ihren Angestellten die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten, berichteten Unternehmensvertreter gegenüber Germany Trade & Invest. Die Anzahl der Tage wird individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegt. In der Regel handelt es sich um zwei Präsenztage. Dieses Arbeitsmodell wird vor allem von großen griechischen Unternehmen genutzt.