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Branchen | Indien | Aus- und Weiterbildung

Indien muss in die Ausbildung von Fachkräften investieren

Aus- und Weiterbildung wird wichtiger in Indien. Deutsche Unternehmen mit umfassenden Lösungen haben einen Vorteil gegenüber lokalen Anbietern.

Von Florian Wenke | Mumbai

Indien ist das bevölkerungsreichste Land der Erde mit einem Medianalter von knapp unter 29 Jahren. Trotz dieser guten Voraussetzungen für Humankapital sind deutsche Unternehmen besorgt: Am Wirtschaftsstandort Indien gibt es zwar viele potenzielle Arbeitskräfte, aber Personal mit Fachexpertise ist schwer zu finden. 

Im AHK Business Outlook für den Herbst 2024 nannten 38 Prozent der befragten Unternehmen angesprochen auf mögliche Geschäftsrisiken in Indien das Thema Fachkräftemangel. Für die Gesamtregion Asien-Pazifik (ohne Großchina) lag der Wert zwei Prozentpunkte niedriger. 

Berufsausbildung ist gering entwickelt

Ein Grund für den Mangel an Fachkräften ist das unzureichend entwickelte Ausbildungswesen im nicht akademischen Bereich. Dadurch mangelt es an Arbeitskräften mit dem nötigen Know-how für Tätigkeiten in modernen Produktionsstätten. Eine formale Berufsausbildung ist die Ausnahme. Stattdessen arbeiten viele unqualifizierte Personen oder sie erlernen die für ihre Tätigkeit notwendigen Kenntnisse auf informelle Weise, beispielsweise durch "Learning by Doing". 

Die Regierung hat erkannt, dass die wachsende indische Volkswirtschaft besser ausgebildete Menschen benötigt. Seit 2014 gibt es ein eigenes Ministerium, das Ministry of Skill Development. Zudem bündelt die "Skill India Mission" verschiedene Einzelmaßnahmen im Bereich der Fachkräftequalifikation. Der aktuelle Staatshaushalt legte ebenfalls einen Schwerpunkt auf das Thema Aus- und Weiterbildung rund 17,5 Milliarden US-Dollar (US$) sind für das Thema budgetiert (Umrechnungskurs laut Reserve Bank of India vom 3. Dezember 2024: 1 US$ = 84,75 indische Rupien)

Im Staatshaushalt steht auch der Plan, die für die Berufsausbildung wichtigen Industrial Training Institutes (ITI) zu modernisieren. Deren Anzahl hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, Mitte 2024 gab es laut offiziellen Angaben bereits 15.034 ITI. Davon waren rund 22 Prozent staatlich, der Rest ist privat geführt. Die Regierung möchte in den kommenden fünf Jahren 1.000 dieser ITI modernisieren. New Delhi hat die dafür bereitgestellte Investitionssumme noch nicht genannt. Dennoch stellt die Regierung klar, dass 200 Einrichtungen als Hubs ausgebaut werden sollen. Die verbleibenden 800 ITI sollen daran angedockt werden. Auch private Einrichtungen haben Modernisierungsbedarf: Sie zeigen zunehmend Interesse an höherwertigen Ausbildungslösungen, für welche sie noch nicht ausgelegt sind.  

Manche Unternehmen nehmen Ausbildung selbst in die Hand

Größere Unternehmen verfügen über ganze eigenständige Ausbildungszentren. Dazu zählt beispielsweise die Siemens Technical Academy. Hier werden nach Unternehmensangaben Elektriker und Schlosser nach deutschem Vorbild ausgebildet. In ganz Indien existieren ähnliche Einrichtungen und damit Bedarf an entsprechenden Ausbildungsgeräten und Lehrmaterial. 

Zudem engagieren sich Unternehmen im Rahmen von Sozialarbeit im Bereich der Berufsausbildung. Dazu gehört beispielsweise das Projekt Tata Strive des indischen Konglomerates Tata. Der Konzern möchte damit arbeitslosen jungen Menschen mithilfe einer Berufsausbildung und Weiterbildungen eine Beschäftigungsmöglichkeit im formalen Sektor ermöglichen. Auch hier werden entsprechende Produkte für die Aus- und Weiterbildung benötigt. 

Deutsche Unternehmen haben einen Vorteil

Deutsche Unternehmen stellen zumeist nicht nur Lehrmaterialen und gegebenenfalls notwendige Maschinen oder anderweitig wichtige Hardware bereit. Sie bringen auch umfassende pädagogische Konzepte zur Wissensvermittlung und den optimalen Einsatz der Lehrmaterialen mit. Das unterscheidet sie von der Mehrheit der lokalen Unternehmen. Diese bieten oft nur einzelne Teilprodukte wie Lehrbücher oder Trainingsmaschinen an, ohne dem Lernenden die bestmögliche Verwendung zu vermitteln. In Verhandlungen mit ihren Kunden sollten deutsche Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich Aus- und Weiterbildung anbieten, diese Tatsache hervorheben.   

Absolventen müssen häufig nachgeschult werden

Absolventen von Bildungseinrichtungen, sowohl im universitären als auch im nicht universitären Bereich, haben oft noch Defizite bei der Beschäftigbarkeit. Nur etwa die Hälfte der Bachelorabsolventen gilt als direkt einsatzbereit. Bei Abgängern von Einrichtungen für berufliche Bildung, wie den ITI, sinkt der Wert nochmal deutlich. Zu den Gründen gehören beispielsweise eine zu stark verschulte, wenig praxisnahe Ausbildung sowie veraltete Ausbildungsinhalte. 

Unternehmen müssen Nachschulungen beziehungsweise Weiterbildungen anbieten, um Absolventen fit für die tägliche Arbeit zu machen. Weil Unternehmen die Investitionen in Mitarbeiter scheuen, finden Nachschulung derzeit erst in geringem Maße statt. Oft wird mit Abwanderungsrisiken argumentiert, denn für gut ausgebildete Arbeitskräfte eröffnen sich neue Potenziale. Langfristig werden Unternehmen jedoch nicht umhinkommen, ihre Arbeitskräfte zu schulen, denn nur mit gut ausgebildeten Personen werden sie die Produktivität steigern können. 

Kontakte

Wichtige Anlaufstellen für das Thema Aus- und Weiterbildung in Indien
KontaktAnmerkung
Ministry of Skill Development and EntrepreneurshipMinisterium
Directorate General of TrainingInnerhalb des Ministry of Skill Development and Entrepreneurship für die Industrial Training Institutes (ITI) zuständig
Skill India MissionRegierungsinitiative
National Skill Development CorporationKooperationseinrichtung der indischen Regierung und der Privatwirtschaft zur Förderung  von Aus- und Weiterbildung
All India Council for Technical EducationRegierungsbehörde für die technisch orientierte Aus- und Weiterbildung 
DIDACFachmesse mit deutschem Gemeinschaftsstand; 18. bis 20. November 2025 in New Delhi

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