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Indien engagiert sich beim Auslandsbau zumeist in Nachbarländern

Indische Baufirmen sind beim Auslandsbau bislang – wenn überhaupt – eher regional aktiv. Die Kooperationen mit Japan und der EU können für mehr Dynamik bei Projekten sorgen.

Von Werner Kemper | New Delhi

Mit einem Volumen von schätzungsweise 790 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2023 zählt Indien weltweit zu den bedeutendsten Märkten für die Bauwirtschaft. Für 2025 geht die indische Investitionsförderungsgesellschaft Invest India sogar von einem Volumen von 1,4 Billionen US$ aus. Gründe hierfür sind unter anderem steigende Einkommen, eine eklatante Wohnraumknappheit in Großstädten, Bevölkerungswachstum und hohe Ausgaben der Regierung für Infrastrukturvorhaben.

Nur wenige indische Firmen sind im Auslandsbau tätig

Vor allem das Infrastrukturprogramm der Regierung, die "National Infrastructure Pipeline", sorgt für jährliche Wachstumsraten der Bauwirtschaft von durchschnittlich 5 Prozent. Es umfasste Ende 2024 über 12.000 Projekte in 62 Subsektoren. Die Projektkosten belaufen sich auf rund 2,3 Billionen US$. Angesichts der hohen Nachfrage auf dem Heimatmarkt engagieren sich nur wenige indische Baufirmen im Ausland.

Im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) belief sich das Ausfuhrvolumen von Ingenieurs-, Beschaffungs- und Baudienstleistungen laut Project Export Promotion Council auf 4,5 Milliarden US$. Davon entfielen 80 Prozent auf den Bau, der Rest auf Ingenieurs- und andere Beratungsleistungen.

Mehr Geld zur Absicherung von Auslandsprojekten 

Der Wert der Auslandsbauprojekte blieb in den letzten Jahren stabil. Nach Einschätzung der Regierung bleibt die Branche aber hinter ihrem Potenzial zurück. Sie will die Unternehmen stärker bei ihren Auslandsaktivitäten unterstützen. Indische Baukonzerne sind vor allem in den Golfstaaten, den südasiatischen Nachbarländern und in Afrika aktiv. Aber auch in Zentralasien und Lateinamerika gibt es Projekte mit indischer Beteiligung, so die Zahlen der staatlichen Export-Import Bank of India.

Laut Engineering News Record generieren die fünf größten indischen Bauunternehmen in den Golfstaaten einen Umsatz von fast 7 Milliarden US$, was einem Anteil von knapp 11 Prozent an dem gesamten Auslandsbau in der Region entspricht. In Asien liegt ihr Umsatz bei etwas über 880 Millionen US$, gefolgt von Afrika mit 717 Millionen US$. Die indischen Unternehmen sind vor allem aktiv im allgemeinen Hochbau (Wohngebäude, Einkaufszentren, Schulen, Krankenhäuser), im Energiesektor (Kraftwerksbau), im Transportsektor (Flughäfen, Häfen, Straßen, Brücken) sowie im Wassersektor (Dammbau, Kanäle, Wasseraufbereitung).

Die größten fünf indischen Bauunternehmen engagieren sich im AuslandsbauUmsatz in Milliarden US-Dollar
Unternehmen

Gesamtumsatz 2022

Umsatz mit Auslandsbau 2022

Umsatz mit Auslandsbau 2023 *)

Auslandsbau-Umsatz hauptsächlich aus Sektor (Anteile in Prozent)

Larsen & Toubro

19,4

6,6 

31,2

Energie (45), Industrie (40)

Shapoorji Pallonji & Co.

4,0

1,3 

k. A.

Hochbau (72)

Afcons Infrastructure 

1,7

0,4

1,0

Transport (85)

Tata Projects 

2,1

0,2

1,2

Energie (100)

Ircon International

1,4

0,07

0,04

Transport (100)

* Prognose.Quelle: Engineering News Record 2025

Indiens Finanzministerin Nirmala Sitharaman hatte 2021 eine Aufstockung der Fördermittel für die Ausfuhrwirtschaft angekündigt. Demnach soll das staatliche Kreditsicherungsinstrument für Auslandsprojekte, National Export Insurance Account (NEIA), bis 2026 zusätzlich 4,4 Milliarden US$ erhalten. Die Regierung will damit auch ihre geopolitische Position stärken und den Einfluss Chinas in Indiens Nachbarländern wie Bangladesch, Nepal und Sri Lanka begrenzen.

Indien blickt beim Thema Konnektivität nach Osten

Die Regierung in New Delhi will mit regionalen Bündnissen ein Gegengewicht zu Chinas neuer Seidenstraße schaffen. Zusätzlich zu den Nachbarländern kooperiert Indien seit einigen Jahren eng mit Japan. Im Rahmen ihrer Drittmarktkooperation führen sie Bauvorhaben unter anderem in Bangladesch, Sri Lanka und Myanmar durch. 

Indien und Japan haben ihre Zusammenarbeit auf immer mehr Bereiche ausgeweitet und intensiviert. Im Rahmen der India-Japan Digital Partnership kooperieren beide Länder unter anderem beim Aufbau des Mobilfunknetzes der fünften Generation (5G) und der Entwicklung des 6G-Netzes. Darüber hinaus engagiert sich Japan bei Infrastrukturprojekten in Indien.

In westlicher Richtung verläuft der Indien-Nahost-Europa-Wirtschaftskorridor (India-Middle East-Europe Economic Corridor, IMEC). Allerdings verwenden indische Unternehmen derzeit nur bedingt Kapazitäten auf diesen Korridor. Sie betreiben vermehrt Handel mit sanktionierten Staaten wie Russland und Iran.

Geopolitische Spannungen belasten die Zusammenarbeit

Indiens Beziehungen zu vielen Nachbarländern sind durch Konflikte geprägt. Diese machen grenzüberschreitende Kooperationen zu schweren Unterfangen. Trotz der schwierigen Ausgangslage wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Initiativen für eine stärkere Kooperation zwischen den südasiatischen Staaten gestartet, beispielsweise in Form des Handelsabkommens South Asian Free Trade Area (SAFTA), in dem eine schrittweise regionale Senkung der Zölle sowie Handels- und Reiseerleichterungen beschlossen wurden.

Regionales Bündnis mit Masterplan für Transportsektor

Das Thema grenzüberschreitende Konnektivität spielt bei der Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation (BIMSTEC) eine wichtige Rolle. Dieser Zusammenschluss strebt eine wirtschaftliche Integration ihrer sieben Mitglieder (Bangladesch, Bhutan, Indien, Myanmar, Nepal, Sri Lanka und Thailand) sowie eine engere Zusammenarbeit, unter anderem in den Bereichen Transport, Energie und Telekommunikation, an. 

Es wurden schon erste Initiativen angeschoben. Ende März 2022 wurde ein von der Asian Development Bank (ADB) erarbeiteter Generalplan zur Vernetzung im Transportsektor auf dem 5. BIMSTEC-Gipfel verabschiedet. Im Master Plan for Transport Connectivity sind 141 Leuchtturm- und 267 kleinere Projekte zur Vernetzung der Land-, See- und Luftwege im Golf von Bengalen aufgeführt. Es bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen, ob und wie sie die empfohlenen Projekte realisieren wollen. Auch eine mögliche Finanzierung durch die ADB oder die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank ist möglich.

EU und Indien wollen auf Drittmärkten kooperieren

Mit der im Mai 2021 geschlossenen Konnektivitätspartnerschaft zwischen der EU und Indien können sich auch Geschäftschancen für deutsche Unternehmen aus dem Bausektor eröffnen. Neben den angekündigten Projekten aus den Bereichen Transport, Energie und Digitalisierung wollen die EU und das südasiatische Land künftig auch auf Drittmärkten wie Afrika, Zentralasien und dem Indo-Pazifik kooperieren. Unter anderem ist eine Kooperation bei Konnektivitätsprojekten in den Mitgliedsstaaten der BIMSTEC geplant.

Die Partnerschaft ist zwar aktiv, aber in jüngster Vergangenheit etwas ins Hintertreffen geraten. Die EU hat ihr Hauptaugenmerk auf die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Indien gerichtet. Zudem waren beide Seiten mit ihren jeweiligen Parlamentswahlen beschäftigt. Die Partner planen aber, noch im Jahr 2025 eine neue Roadmap für die nächsten fünf Jahre zu erstellen, in denen konkrete Projekte enthalten sein sollen. 

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