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Europas Baukonzerne behaupten sich gegenüber China und USA
Europäische Bauunternehmen sind besonders häufig außerhalb ihres Heimatmarktes aktiv – und dabei erfolgreicher als die Konkurrenz aus China und den USA.
20.02.2025
Von Edda Schlager | Berlin
Der Auslandsumsatz international tätiger Bauunternehmen ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um knapp 17 Prozent gestiegen. Die 250 größten Unternehmen der Baubranche machten außerhalb ihres Heimatmarktes einen Gesamtumsatz von knapp 500 Milliarden US-Dollar (US$). Im Jahr 2022 waren es rund 429 Milliarden US$. Das geht aus einem Report des Fachmagazins Engineering News Record (ENR) vom September 2024 hervor.
Allerdings berichten die Unternehmen im ENR-Report, dass Inflation, Unterbrechungen von Lieferketten, die Auswirkungen des Klimawandels und regionale Konflikte die Rentabilität des Auslandsgeschäfts spürbar senkten. Insbesondere geopolitische Herausforderungen erhöhten die Projektrisiken und verlangsamten die Bautätigkeit in zahlreichen Märkten. In anderen hingegen verstärkten sich die Aktivitäten dadurch.
Europäische Konzerne bauen Spitzenposition im Auslandsbau aus
Laut der Analyse von ENR bauten europäische Firmen ihre Marktführerschaft im Auslandsbau im Jahr 2023 insbesondere gegenüber der Konkurrenz aus Asien deutlich aus. Sie setzten im Jahr 2023 rund 246 Milliarden US$ im Ausland um, eine Steigerung um ein Viertel gegenüber 2022 mit 196 Milliarden US$. Den größten Anteil am Erfolg Europas haben weiterhin konsolidierte Großkonzerne aus Frankreich, Spanien und Italien. Sie generierten rund zwei Drittel der europäischen Auslandsumsätze und bis zu 90 Prozent ihres Gesamtumsatzes im Ausland. Unter den Top 10 der im Ausland umsatzstärksten Baufirmen sind 2023 sechs aus Europa.
Regionaler Schwerpunkt für europäische Bauunternehmen sind aufgrund der geografischen Nähe und geringer regulatorischer Hindernisse die europäischen Nachbarländer. Danach folgen als wichtigste Märkte der Europäer die USA, wo sie einen Marktanteil von 73 Prozent haben, und Australien mit rund 65 Prozent.
Aufgeholt haben die Europäer seit dem Ende der Coronapandemie im Nahen Osten. Hier dominierten in den vergangenen zwei Jahren chinesische Unternehmen mit einem Marktanteil von 40 Prozent im Jahr 2021 und rund 36 Prozent im Jahr 2022. Im Jahr 2023 überholten die Europäer nun chinesische Unternehmen knapp mit 26 Prozent Marktanteil (China: 25 Prozent). Doch auch die Türkei, deren wichtigster Markt trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiterhin Russland ist, hat den Nahen Osten stärker ins Visier gefasst.
Beteiligungen an lokalen Unternehmen sind der Grund für die starke europäische Präsenz weltweit, denn sie ermöglichen einen leichteren Marktzugang. Insbesondere Spanien mit Konzernen wie der ACS-Hochtief-Gruppe oder Acciona sticht im europäischen Vergleich mit einem Umsatz von 27,6 Milliarden US$ allein in den USA und 11,5 Milliarden US$ in Australien und Ozeanien hervor. Insbesondere in den USA konnten die spanischen Konzerne ihren Marktanteil gegenüber 2022 sogar nochmals steigern.
Kaum Großkonzerne, aber viele Bauspezialisten aus Deutschland
Bauunternehmen aus Deutschland bleiben oft in der Nähe ihres Heimatmarktes, wie Frank Kehlenbach, Sprecher des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, bestätigt:
"Das Auslandsbaugeschäft deutscher Unternehmen findet zu rund 80 Prozent in Europa statt."
Doch bei den ganz großen internationalen Projekten sind deutsche Firmen meist nur noch als Unterauftragnehmer oder Technologielieferanten tätig. Das ist eine Folge der Übernahmen früherer deutscher Baugrößen durch internationale Konzerne in den 2000er Jahren. So ist etwa Hochtief mittlerweile eine Tochterfirma des spanischen ACS-Konzerns und Züblin gehört zur österreichischen Strabag-Gruppe. Die verbliebenen kleineren Baufirmen aus Deutschland können weiterhin mit Speziallösungen punkten, die den großen Baukonzernen oft fehlen.
Unter den Top 250 Baukonzernen weltweit mit den größten Auslandsumsätzen befinden sich laut ENR zwei Unternehmen aus Deutschland: Exyte aus Stuttgart auf Platz 18 mit einem Auslandsumsatz von rund 6,1 Milliarden Euro im Jahr 2023 und die Bauer-Gruppe aus dem bayerischen Schrobenhausen auf Platz 83 mit rund 900 Millionen Euro Auslandsumsatz im gleichen Jahr. In Asien belegt Exyte im Jahr 2024 sogar Platz 4 (2023: Platz 3) unter den Baukonzernen mit den größten Auslandsumsätzen in der Region und baut dort vor allem High-Tech-Fabriken.
Erfolgreich im Ausland unterwegs sind jedoch auch deutsche Ingenieurbüros, die Consulting-Leistungen für internationale Infrastrukturprojekte anbieten. Sie führen unter anderem Machbarkeitsstudien durch, prüfen Designs und überwachen den Bau. Im internationalen Vergleich sind deutsche Ingenieurbüros recht klein. Dennoch erschließen sie auch schwierigere Märkte und sind dank langjähriger Erfahrung erfolgreich in Entwicklungs- und Schwellenländern.
China baut weiterhin vor allem zu Hause
Unter den Top 10 der Bauunternehmen mit den weltweit größten Gesamtumsätzen sind 2023 acht chinesische Konzerne. Das geht aus einer Analyse des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte hervor. Beim Ranking nach Auslandsumsatz allerdings sind nur noch zwei chinesische Unternehmen unter den besten Zehn, verdrängt durch europäische und südkoreanische Konkurrenten.
Rang (Vorjahr) | Unternehmen | Land | Auslandsumsatz in Milliarden US$ | Anteil Ausland am Gesamtumsatz in Prozent |
---|---|---|---|---|
1. (1) | VINCI | Frankreich | 42,4 | 57,0 |
2. (2) | ACS | Spanien | 35,0 | 90,6 |
3. (3) | Bouygues | Frankreich | 30,6 | 50,5 |
4. (6) | China Communications Construction Company (CCCC) | China | 16,8 | 15,7 |
5. (4) | China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) | China | 16,3 | 5,1 |
6. (5) | STRABAG | Österreich | 16,0 | 83,9 |
7. (-) | Acciona | Spanien | 13,2 | 71,6 |
8. (7) | Skanska | Schweden | 12,1 | 76,8 |
9. (-) | Doosan | Südkorea | 10,8 | 74,0 |
10. (9) | Samsung C&T | Südkorea | 10,1 | 31,6 |
Generell ist der prozentuale Anteil des im Ausland erwirtschafteten Umsatzes bei chinesischen Unternehmen deutlich geringer als bei europäischen Konzernen: So generierte der Staatskonzern China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) im Jahr 2023 zwar einen Umsatz von rund 304 Milliarden US$. Doch internationale Vorhaben machten nur 5 Prozent des Gesamtumsatzes von CSCEC aus (rund 16 Milliarden US$). Der Schwerpunkt liegt trotz der Krise im Immobiliensektor auf dem Heimatmarkt.
China verliert in Afrika Marktanteile an europäische Konkurrenz
Außerhalb des Heimatmarktes sind chinesische Firmen vor allem in den Nachbarregionen wie Südostasien aktiv. Im Jahr 2023 erwirtschafteten sie in Asien 41 Prozent ihres Auslandsumsatzes. Die Bedeutung Afrikas, nach Asien der zweitwichtigste Auslandsmarkt, nimmt dagegen sukzessive ab. Hielten chinesische Baukonzerne 2022 noch 63 Prozent der Marktanteile, waren es im Jahr darauf 57 Prozent. Diese Zahlen stehen im Einklang mit der vorsichtigen Neuausrichtung der Belt and Road Initiative (BRI) auf Chinas Nachbarregionen, wo Unternehmen ein stabileres Investitionsumfeld vorfinden und die wirtschaftliche Integration aufgrund der geografischen Nähe einfacher ist. Doch während Chinas Staatskonzerne in Afrika vorsichtiger werden, investieren verstärkt private chinesische Unternehmen in die afrikanische Infrastruktur.
Profiteure dieser Entwicklung sind nicht zuletzt europäische Konzerne, allen voran aus Italien und Frankreich. Insgesamt steigerten die Europäer ihren Marktanteil in Afrika von 17 Prozent im Jahr 2022 auf 25 Prozent im Jahr 2023. Der Umsatz kletterte auf 13 Milliarden US$. Das ist ein Plus von 58 Prozent gegenüber 2022.
USA büßen im Auslandsbau an Wettbewerbsfähigkeit ein
In den USA haben ausländische Baufirmen im Jahr 2023 24 Mrd. US$ erwirtschaftet. Das entspricht einem Plus von rund 39 Prozent gegenüber 2022. Grund hierfür ist unter anderem der Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA). Dieser macht das heimische Geschäft auch für US-amerikanische Unternehmen interessanter, reduziert aber deren Auslandsaktivitäten. Die langfristigen Folgen für US-amerikanische Auslandsbauer: Ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit könnte verloren gehen, da Kapazitäten zu Hause übermäßig gebunden werden und gleichzeitig internationale Flexibilität nicht mehr gefragt ist.