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Indische Hochzeiten sind ein wirtschaftliches Großereignis

Indische Hochzeiten werden deutlich extravaganter und oft kostenintensiver gefeiert als in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft könnte sich in vielen Teilbereichen einbringen.  

Von Florian Wenke | Mumbai

Indische Hochzeiten sind nicht erst seit der Medienmeldungen zufolge zwischen 300 Millionen und 600 Millionen US-Dollar (US$) teuren Hochzeit von Anant Ambani und Radhika Merchant Mitte 2024 berühmt für ihre Extravaganz. 

Die Feierlichkeiten sind mit mehreren Hundert Gästen in der Regel weitaus größer als in Deutschland. Der Global Wedding Report 2024 von The Knot Worldwide gibt die durchschnittliche Gästezahl einer indischen Hochzeit mit 326 Personen an und positioniert somit den Subkontinent deutlich an der weltweiten Spitze. Zumeist ziehen sich die Feierlichkeiten über mehrere Tage hin und sind mit ausgiebigen Mahlzeiten und üppigen Geschenken verbunden. 

Für Hochzeiten wird früh gespart

Die Eheschließung besitzt in Indien einen hohen kulturellen Stellenwert. Gleichzeitig ist sie ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor im Land. Laut dem Wirtschaftsmagazin The Economist war die mit Hochzeiten befasste Eventbranche im Jahr 2022 die viertgrößte Branche des Wirtschaftsstandortes. Nur die Energiebranche, Banken und das Versicherungsgeschäft waren umsatzstärker. Die Investmentbank Jefferies geht davon aus, dass die Hochzeitsbranche in Indien rund 130 Milliarden US$ groß ist. 

Oft sparen Eltern bereits ab der Geburt ihres Kindes für dessen zukünftige Hochzeit, häufig durch Geldanlagen und den Kauf von Edelmetallen wie Gold und Schmuck. Grund für die frühen Vorbereitungen sind die Kosten der Feierlichkeiten, die oftmals zu den größten Investitionen einer Familie gehören. Schätzungsweise 10 Millionen Hochzeiten finden jährlich in Indien statt

Der Einzelhandelsverband Confederation of All India Traders geht zudem davon aus, dass im Jahr 2024 alleine in der traditionellen Hochzeitssaison im November und Dezember 4,8 Millionen Hochzeiten stattfanden. Diese waren verbunden mit Ausgaben in Höhe von geschätzt 69 Milliarden US$ (Umrechnungskurs laut Federal Reserve Bank vom 30. Dezember 2024: 1 US$ = 85,53 indische Rupien). Die Ausgaben verteilen sich den Experten zufolge auf Güter und Dienstleistungen gleich.

Die Ausgaben für Schmuck sind besonders hoch

Obwohl Konsumenten in Indien eher als preisbewusst gelten, sind die Ausgaben für Hochzeiten bemerkenswert. Das bietet auch deutschen Firmen die Möglichkeit zu profitieren. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Sie reichen von der Organisation der Feierlichkeiten durch Eventagenturen über Graphikdesign-Leistungen, etwa durch die Gestaltung von Einladungen, bis hin zu Geschenkartikelanbietern. In Indien sind nicht nur Gaben für die Brautleute üblich, auch Gäste erhalten normalerweise eine Kleinigkeit als "return gift".

Insbesondere hochwertige Schmuckhersteller und -Designer sollten sich den Markt genauer ansehen. Rund 60 Prozent des Schmuckabsatzes in Indien entfallen auf Hochzeiten, so die Branchenexperten Kalyan Jewellers. Der italienische Luxusgüterkonzern Bulgari brachte beispielsweise speziell für den indischen Markt ein Mangalsutra heraus – eine Halskette, die traditionell von indischen Bräuten getragen wird. Laut Ministry of Commerce and Industry importierte Indien im Finanzjahr 2023/2024 Goldschmuck im Wert von 2,9 Milliarden US$. Auf Deutschland entfielen davon rund 4 Millionen US$.

Die Eventbranche ist wie viele Branchen in Indien stark fragmentiert und zudem von einer Unterteilung in den formellen und den informellen Sektor geprägt. Insgesamt arbeiten zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten im informellen Sektor und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Das schränkt die Aussagekraft von Angaben über Marktanteile von lokalen Unternehmen stark ein.

Indisch heiraten auch in Deutschland? 

Die Anzahl der in Deutschland lebenden Inderinnen und Inder ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Laut Statistischem Bundesamt lebten Ende 2023 etwa 246.000 Personen aus dem Subkontinent in der Bundesrepublik. Möglicherweise möchten diese künftig vermehrt auch in Deutschland nach indischer Tradition heiraten. Es gibt beispielsweise bereits deutsche Fotografen und Hochzeitsplaner, die sich auf Hochzeiten nach indischem Brauchtum spezialisiert haben. 

Die finanziellen Mittel für die aufwändigen Festivitäten wären vorhanden: Die indische Diaspora in Deutschland verfügt über mehr Einkommen als andere Einwanderergruppen, aber auch als die deutsche Bevölkerung: Das Institut der Deutschen Wirtschaft veröffentlichte im Dezember 2024 eine Studie, aus der hervorgeht, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus Indien in Deutschland Ende 2023 über ein monatliches Medianeinkommen von 5.359 Euro verfügten. Das lag deutlich über dem Vergleichswert von 3.945 Euro für deutsche Personen.

Zudem hilft der Trend der "destination wedding", einer Hochzeit außerhalb des eigenen Wohnortes und auch außerhalb des eigenen Landes. Der regierungsnahen India Brand Equity Foundation zufolge geben Inderinnen und Inder 12,1 Milliarden US$ jährlich für solche Feierlichkeiten außerhalb Indiens aus. Insbesondere bei Personen mit hohen Einkommen in Indien erfreut sich diese Art der Eheschließung wachsender Beliebtheit. Eventagenturen und Reiseanbieter können sich diese Entwicklung zunutze machen. Hoch im Kurs stehen Destinationen wie beispielsweise Bali, während Deutschland bisher noch keine nennenswerte Rolle spielt. Gezieltes Werben um die Kundschaft könnte dies ändern. 

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