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Rahmenbedingungen
Einfuhr und lokale Produktion benötigen Lizenzen. Zölle und besondere Regeln bei Ausschreibungen müssen beachtet werden. Zukünftig soll es eine zentrale Anlaufstelle geben.
11.10.2024
Von Florian Wenke | Mumbai
Der indische Gesundheitssektor steht deutschen Unternehmen grundsätzlich offen. Für ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) gibt es keine Beteiligungsgrenzen. FDI in Einrichtungen zur Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser, Labore etc.) sowie im Bereich Medizintechnik werden zudem über das verkürzte Genehmigungsverfahren der Automatic Route abgewickelt, bei dem keine Zustimmung durch die indische Zentralbank notwendig ist. Laut Regierungsangaben flossen im Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) FDI in Höhe von 482,8 Millionen US$ in den Bereich Medizintechnik (22 Prozent mehr als im Vorjahr) sowie weitere 1,5 Milliarden US$ in den Bereich Krankenhäuser und Diagnosezentren (189 Prozent mehr als im Vorjahr). Von April bis Juni 2024 betrugen die Werte 320,4 Millionen US$ beziehungsweise 454,1 Millionen US$. Das gesamte laufende Finanzjahr dürfte höhere FDI als im Vorjahreszeitraum bringen.
Für lokale Produktion und Import sind Lizenzen notwendig
Gesetzliches Regelwerk zur Regulierung von Sicherheit, Qualität und Eigenschaften von Medizintechnik sind der Drugs and Cosmetics Act, 1940 und die dazugehörigen Drugs and Cosmetic Rules, 1945 sowie deren Ergänzungen. Der derzeitige Gesetzentwurfs des New Drugs, Cosmetics and Medical Devices Bill 2023 befindet sich noch immer in der Diskussionsphase. Es existiert nur eine vorheriger Entwurf. Das neue Gesetz soll künftig den veralteten Drugs and Cosmetic Act ersetzen. Derzeit ist unklar, wann eine überarbeitete Version des Gesetzentwurfes veröffentlicht und verabschiedet wird.
Weiterhin gelten die Medical Devices Rules 2017 (MDR) und die Ergänzungen der MDR für Medizinprodukte. Diese werden nach den in der MDR aufgeführten Parametern in fünf Risikoklassen A (unterteilt in abgemessen/steril und nicht abgemessen/steril) bis D eingeteilt, wobei Produkte mit dem höchsten Risiko der Kategorie D zugeordnet sind. Die Klassifizierung und das Ursprungsland der Medizinprodukte entscheiden über Umfang der Nachweispflichten und behördlichen Auflagen für den Importeur und Hersteller.
Generell müssen Medizintechnikprodukte für die lokale Porduktion als auch den Import registriert werden. Für die Lizenzerteilung ist die Regulierungsbehörde Central Drugs Standard Control Organization (CDSCO) zuständig. Dort kann auch eingesehen werden, für welche Produkte Lizenzen notwendig und wie Geräte und sogar Software eingestuft sind (zum Beispiel für die Bereiche Onkologie, Zahnheilkunde etc.). Bei der Genehmigung zur Herstellung von Medizinprodukten in Indien ist zudem eine Prüfung durch die State Licensing Authority (Risikoklassen A und B) sowie der Central Licensing Authority (Risikoklassen C und D) obligatorisch.
Verkürzte Wege sind möglich
Bei der Einfuhr von regulierten Medizinprodukten, unter anderem aus der Europäischen Union, den USA oder Japan, kann für dort bereits zugelassene Produkte ein verkürztes Konformitätsbewertungsverfahren beantragt werden. Sobald die erforderliche Zulassung vorliegt, können diese Produkte dann rechtmäßig in Indien vertrieben werden. Die Beantragung erfolgt auf elektronischem Weg über die CDSCO. Im Zuge einer National Single Window Policy will die Regierung zukünftig alle Genehmigungen und Lizenzen zentral auf einem Portal anbieten. Aus Branchenkreisen wird das Portal grundsätzlich begrüßt, allerdings wird von operativen Startschwierigkeiten berichtet. In Anbetracht der digitalen Kompetenzen der indischen Regierung dürfen diese aber zügig beseitigt werden.
Beim Import von Medizintechnik nach Indien fallen Zölle an
Für Medizintechnik (HS-Codes 90.18 – 90.22) gilt grundsätzlich ein angewandter Einfuhrzollsatz von 7,5 Prozent. Neben dem Zoll wird beim Import eine Gesundheitsabgabe (Health Cess) in Höhe von 5 Prozent vom Zollwert sowie eine Sozialabgabe (Social Welfare Surcharge) in Höhe von 10 Prozent vom Zollbetrag erhoben. Der Steuersatz der indischen Umsatzsteuer, die bei Importen als Integrated Goods and Services Tax anfällt, liegt für Medizintechnik bei 12 Prozent.
Local-Content-Anforderungen bei öffentlichen Ausschreibungen
Bei öffentlichen Ausschreibungen werden Lieferanten von Medizintechnik mit einem hohen Anteil an lokaler Wertschöpfung in ihren Produkten (Local-Content) belohnt. War zuvor der Preis das alleinige Vergabekriterium, so werden nun auch Local-Content-Anteile berücksichtigt. Dazu werden die Unternehmen in verschiedene Klassen eingeteilt, wobei Klasse I eine Local-Content-Quote von mehr als 50 Prozent bedeutet. In Klasse II sind es zwischen 20 und 50 Prozent. Ferner gibt es noch Nicht-lokale-Anbieter mit einem Anteil von 20 Prozent und weniger. Allerdings gibt es seit Juni 2024 eine neue Liste mit 354 Geräten und Teilen, für die diese Regelungen nicht zur Anwendung gelangen. Auf der Liste stehen beispielsweise Geräte wie Herz-Lungen-Maschinen oder das chirurgische gerät für endoskopische Eingriffe in den Nasennebenhöhlen. Die Liste ist ein Indikator dafür, dass es für den Aufbau der Medizintechnikproduktion vor Ort weiter Zeit braucht. Dies gilt umso mehr, wenn es sich für technisch hoch komplexe Geräte handelt.
Die Beschaffung der Zentralregierung erfolgt über das Central Public Procurement Portal. Daneben unterhalten die indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien eigene Ausschreibungsplattformen. Eine Übersicht ist auf dem Mission Mode Project Portal abrufbar. Nationale Beschaffungsagenturen sind durch Vorgaben angehalten, lokale Produkte zu kaufen.
Tipps für den Markteinstieg
- Produkte vor dem Import bei Regulierungsbehörden in Indien registrieren.
- Local Content Anforderungen für öffentliche Ausschreibungen beachten.
- Private Klinikketten haben meist zentrale Einkaufsabteilungen. Gegenüber diesen können andere Merkmale als der Produktpreis stärker hervorgehoben werden.
Weitere Informationen
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung. Monatliche Updates zu den regulatorischen Rahmenbedingungen erhalten Sie auch im MedTech Update Indien der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft.
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