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Indien kennt Trump und seine Interessen bereits
Zwischen Indien und den USA dürfte es bei den Themen Handel und Migration zu Spannungen kommen. Die amerikanische Chinapolitik könnte für den Subkontinent aber von Vorteil sein.
14.11.2024
Von Florian Wenke | Mumbai
Indien hat sich in den vergangenen Jahren für die USA zu einem wichtigen Partner in Asien entwickelt. Das zeigt sich insbesondere in einer engeren außen- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit, die auch dem Wunsch dient, ein Gegengewicht zu Chinas Einfluss in der Region zu bilden. Indien ist an Partnern interessiert, die dem Subkontinent auf Augenhöhe begegnen und dessen ökonomischen Aufstieg unterstützen – daher ist das Land offen für die Kooperation mit den USA.
Modi und Trump kennen und schätzen sich
Der indische Premierminister Narendra Modi und der erneut gewählte amerikanische Präsident kennen sich bereits seit Trumps erster Amtszeit. Im September 2019 fand in Houston die Veranstaltung "Howdy Modi" vor schätzungsweise 50.000 Menschen statt, um die engen Beziehungen der USA und Indien zu feiern. Die indische Regierung revanchierte sich im Februar 2020 mit dem Empfang "Namaste Trump" in Gujarat. Der Höhepunkt der Veranstaltung war der Auftritt von Modi und Trump vor mehr als 100.000 Anwesenden im weltweit größten Kricketstadion in Ahmedabad. Medien berichten häufig, dass sich beide Politiker auf einer menschlichen Ebene gut verstehen. Wirtschaftspolitisch gibt es jedoch Unterschiede.
Trump will den bilateralen Handel zu Amerikas Gunsten wandeln
Indien hat seinen Anteil am Handel mit den USA in den vergangenen Jahren über Parteigrenzen hinweg ausgebaut. Insbesondere beim Dienstleistungshandel gab es Zugewinne. Hier spielen vor allem in Indien erbrachte IT-Dienstleistungen und ausgelagerte Backoffice-Tätigkeiten eine große Rolle.
Auch der Warenhandel legte in den vergangenen Jahren zu. Für Indien sind die USA der wichtigste Absatzmarkt weltweit. Die indische Pharmabranche etwa verfügte über die meisten von der U.S. Food and Drug Administration zertifizierten Produktionsstätten außerhalb der Vereinigten Staaten. Andere wichtige indische Ausfuhrgüter in die USA sind Edelsteine und Schmuck, Elektronik, petrochemische Erzeugnisse und Textilien.
Indiens Exporte in die USA | Indiens Importe aus den USA | |
---|---|---|
Güter | 83,7 | 40,4 |
Dienstleistungen | 36,4 | 34,0 |
Gesamt | 120,1 | 74,4 |
Der Saldo des Waren- und Dienstleistungshandels fällt seit Jahren klar zugunsten Indiens aus, 2023 lag er bei 45,7 Milliarden US-Dollar. Trump und sein früherer – und wahrscheinlich auch kommender – handelspolitischer Berater Robert Lighthizer haben dies immer wieder bemängelt und Indien Protektionismus und zu hohe Zölle vorgeworfen. In seiner neuen Amtszeit wird Trump einen weiteren Anlauf unternehmen, um amerikanischen Waren einen besseren Zugang zum indischen Markt zu verschaffen. Hier dürfte er zum Beispiel Agrarprodukte im Auge haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er Produkte und IT-Dienstleistungen aus Indien mit Zöllen belegt, um Druck auf Modi aufzubauen. Sein Ziel wird es dabei sein, Indiens Überschüsse in der Waren- und Dienstleistungsbilanz zu verringern.
Mit einer neuen Amtszeit von US-Präsident Trump ist Indiens erneuter Zugang zum "Generalized System of Preferences" unwahrscheinlicher geworden. Über dieses System gewähren die Vereinigten Staaten Entwicklungsländern Zollvergünstigungen. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump Indien den Zugang dazu entzogen. Das Programm bietet einen Hebel für die USA, um Indien zu einer stärkeren Öffnung seiner Märkte zu bewegen.
Amerikas Chinapolitik könnte Indien helfen
Trump dürfte erneut für eine härtere wirtschaftspolitische Gangart gegenüber China plädieren. Damit steigt der Druck auf ausländische Unternehmen, die dort tätig sind und für den Export produzieren. Sie werden nun genau überlegen, wo sie zukünftig investieren werden. Das könnte Indien zugutekommen, das sich derzeit als alternativer Wirtschaftsstandort zum Reich der Mitte platziert.
Restriktivere Einwanderungsregeln wirken sich auf Indien aus
Trump möchte Einwanderung, auch legale Migration, deutlich begrenzen. Noch immer sind die USA ein begehrtes Auswanderungsziel für Menschen aus Indien. So gab es laut Angaben der US-Botschaft in Indien im akademischen Jahr 2022/2023 fast 270.000 indische Studierende in den USA, ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Eine restriktive Visa- und Einreisepolitik wird hier für einen Dämpfer sorgen.
Zudem dürfte eine neue Trump-Administration den Zuzug von Fachkräften aus Indien erschweren. Wie bereits in der Vergangenheit könnte Trump versuchen, die Vergabe von sogenannten H1-B-Visa für Spezialisten, häufig aus dem IT-Bereich, einzuschränken.
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