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Wirtschaftsumfeld | Indien | Außenwirtschaftspolitik

Indien präsentiert neue Außenhandelsrichtlinien

Die Waren- und Dienstleistungsexporte sollen durch die neuen Regelungen auf 2 Billionen US-Dollar klettern. Auch Handelsabkommen stehen wieder im Fokus. Sie könnten Zölle senken. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Ende März 2023 stellte Indien seine neuen Außenhandelsleitlinien (Foreign Trade Policy 2023) vor. Sie traten am 1. April 2023 in Kraft. Erstmals seit Erscheinen hat das Regelwerk kein Enddatum und ist vorerst unbefristet gültig - mit der Möglichkeit für Eingaben, Ergänzungen und Änderungen. Das vorherige Dokument galt ursprünglich von 2015 bis 2020, die indische Regierung verlängerte die Gültigkeit nur aufgrund der Coronapandemie.

Die Regelungen drehen an mehreren Stellschrauben

Mithilfe der neuen Richtlinien soll der Waren- und Dienstleistungsexport zusammengenommen von geschätzten 770 Milliarden US-Dollar (US$) im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) auf 2 Billionen US$ im Jahr 2030 klettern. Zum Vergleich: Die Warenexporte Deutschlands hatten 2022 einen Wert von rund 1,7 Billionen US$. Sollten Indiens Ausfuhren weiter steigen, dann eröffnet dies auch für Einkäufer deutscher Unternehmen alternative Beschaffungsmöglichkeiten.   

Geschäftsabwicklung wird weiter erleichtert

Seit Amtsantritt 2014 hat die Regierung unter Premierminister Narendra Modi stets betont, wie wichtig ihr ein verbessertes Geschäftsumfeld und einfache sowie digitalisierte Verwaltungsverfahren sind. In Fachkreisen wird vom "Ease of Doing Business" gesprochen. Die neuen Außenhandelsrichtlinien versuchen in diesem Bereich Akzente zu setzen. So sollen diverse Genehmigungen für Exporteure zukünftig schneller und digital durch Behörden bereitgestellt werden. Darunter zählt beispielsweise die Möglichkeit, Ursprungszeugnisse digital auszustellen.

Der Zugang zur Advance Authorization Issuance wird ebenfalls leichter. Damit können Unternehmen, die für den Export produzieren, bestimmte Waren zollfrei importieren. Allerdings müssen diese Waren in den Endprodukten verbaut werden. Künftig soll das Dokument innerhalb eines Tages verfügbar sein. Gleiches gilt für die Nutzung des "Export Promotion Capital Goods (EPCG) Scheme". Mithilfe von EPCG dürfen Firmen zollfrei Kapitalgüter wie beispielsweise Maschinen einführen, wenn diese im Produktionsprozess zum Einsatz kommen. 

Spezifische Branchen werden gefördert 

Einige Bereiche der Wirtschaft erhalten gesonderte Aufmerksamkeit. Dazu zählt die Textilbranche. So bekommen Unternehmen, die in speziellen Textilparks angesiedelt sind, Unterstützung beim Zugang zu Programmen wie EPCG.

Molkereien erhalten ebenfalls Hilfe. Um die Vorteile von EPCG nutzen zu können, müssen normalerweise Exportquoten erfüllt werden. Die Regierung setzt diese nun für Molkerei aus, damit sie ihre Ressourcen bündeln und für moderne Produktionstechnik verwenden. Ausnahmen von den Exportquoten soll es auch für Unternehmen in den Bereichen Elektromobilität, vertikale Landwirtschaft, Abwasserbehandlung, Recycling und Grüner Wasserstoff geben. 

Die neuen Richtlinien gehen auch explizit auf den Onlinehandel ein. Das Geschäft mit dem Kauf über das Internet ist ein boomender Milliardenmarkt. Zukünftig sollen internationale Käufer vermehrt online in Indien einkaufen und damit den Export stärken. Um das zu ermöglichen, unterstützt die Regierung die Bildung von E-Commerce-Exporthubs. Außerdem soll es Schulungsangebote für Unternehmen geben, damit diese besser zum Thema Verkauf über das Internet informiert sind.

Hinzu kommen vier neue Städte (Faridabad, Moradabad, Mirzapur und Varanasi) mit besonderer Würdigung als Exportzentren. Bisher gab es 39 dieser sogenannten "Towns of Export Excellence". Meist handelt es sich dabei um Städte, die für Produktion bestimmter Kleidungsstücke oder Nahrungsmittel bekannt sind.  

Handelsabkommen rufen gesteigertes Interesse hervor

Die neuen Außenhandelsrichtlinien sind nur eine der von der Regierung in New Delhi unternommenen Maßnahmen. Lange zeigte sich Indien beim Blick auf Handelsabkommen skeptisch. Der Rückzug in letzter Minute aus dem Abkommen "Regional Comprehensive Economic Partnership" zwischen Staaten des Asien-Pazifik-Raumes ist dabei nur eine Episode. Seit einiger Zeit zeigt sich die Regierung jedoch verstärkt an einer größeren Einbindung in internationale Lieferketten interessiert. Sie hat erkannt, dass in- und ausländische Unternehmen mit ihren Produkten den großen lokalen Markt bedienen wollen. Jedoch spielen für viele Unternehmen auch Exportmöglichkeiten bei der Standortwahl eine Rolle. 

Im Jahr 2022 wurde ein Freihandelsabkommen mit Australien unterzeichnet und auch mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ging Indien ein entsprechendes Abkommen ein. Derzeit verhandelt Indien mit dem Vereinigten Königreich (VK) und, nach mehrjähriger Pause, auch wieder mit der EU. Mit dem VK ist eine Einigung im Jahr 2023 wahrscheinlich. Für die Verhandlungen mit der EU erwarten Experten erst für 2024 ein fertiges Vertragswerk. Weitere Gespräche laufen mit Kanada und Israel. 

Zölle verteuern einige Produkte deutlich

Freihandelsabkommen können den Marktzugang deutlich erleichtern. Die Welthandelsorganisation (World Trade Organization; WTO) analysierte Indiens Zollstruktur zuletzt 2021 detaillierter. Damals kamen die Fachleute zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Zollsatz im Rahmen der Meistbegünstigungsklausel bei 18,3 Prozent lag. In China lag der Vergleichswert bei 7,5 Prozent und in Vietnam bei 9,6 Prozent. Dabei zeigte sich in Indien ein klarer Unterschied zwischen Agrar- und Nicht-Agrargütern. Für die Erstgenannten fiel im Durchschnitt ein Zollsatz von 39,2 Prozent und für Letztere von 14,9 Prozent an.

Das trifft auch deutsche Exporteure. So fallen laut WTO beispielsweise für elektrische Maschinen durchschnittlich 10,3 Prozent Zoll an. Damit werden die Produkte im preissensiblen indischen Markt teurer und machen die Importe weniger konkurrenzfähig.

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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