Die Nahrungsmittelproduktion in Indonesien muss deutlich steigen. Doch in der kleinbäuerlich geprägten und kapitalschwachen Landwirtschaft dauern Veränderungen lange.
Rückständige Landwirtschaft
Indonesien ist trotz seiner Größe und fruchtbaren Böden abhängig vom Import fast aller Grundnahrungsmittel. Die Landwirtschaft trägt inklusive Fischerei nur noch 12 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Dennoch hat der Agrarsektor eine große sozialpolitische Bedeutung, denn er absorbiert etwa 30 Prozent der Arbeitskräfte. Zudem rührt er an den Befindlichkeiten, weil viele ältere Indonesier Mangelzeiten miterlebt haben. Die Unfähigkeit Indonesiens, sich selbst zu ernähren, gilt als Scheitern.
Indonesiens Landwirtschaft ist geprägt von den 30 Millionen Kleinbauern. Ihnen fehlt es an Kapital und Know-how. Das Saatgut ist oft minderwertig. Smart Farming steht noch am Anfang. Die Folgen sind deutlich niedrigere Erträge im Vergleich zu Nachbarländern wie Thailand oder Vietnam. Eine Ausnahme ist der Palmölanbau, der auf einer Fläche von knapp 15 Millionen Hektar betrieben wird. Das entspricht der gemeinsamen Fläche der Niederlande, Schweiz und von Österreich.
Auch infolge dieser Flächenverluste für den Nahrungsmittelanbau steigt Indonesiens Importabhängigkeit. Seit 2007 verzeichnet der Archipel ein durchgehendes und steigendes Minus im Außenhandel mit Nahrungsmitteln. Der Inselstaat benötigt unter anderem Reis, Soja, Weizen, Mais, Knoblauch, Milch, Zucker und Rindfleisch.
Konsum von Milch und Fleisch steigt
Ein stetig wachsender Nahrungsmittelbereich sind Molkereiprodukte. Milch und Joghurt gelten als modern und werden vor allem in der wachsenden Mittelschicht konsumiert. Sie sind teuer: Ein 800-Gramm-Becher Joghurt oder ein halbes Pfund Butter kosten im Supermarkt bis zu 5 US-Dollar (US$).
Milch wird vor allem aus der EU, Neuseeland und den USA importiert, die Mengen werden von der Regierung über die Vergabe von Importlizenzen streng kontrolliert. Bisher ist es Indonesien nicht gelungen, eine leistungsfähige Milchwirtschaft aufzubauen. Ihr Zentrum ist das zentraljavanische Boyolali, die sogenannte Milchstadt. Ausländische Konzerne wie Frisian Flag und Nestlé investieren auf Java große Summen in neue Anlagen zur Milchverarbeitung.
Investitionsprojekte der Nahrungsmittelindustrie in Indonesien (Investitionssumme in Millionen US$)Unternehmen | Projekt | Investitionssumme |
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Frisian Flag | Bau einer Milchfabrik in Cikarang (Westjava) | 260 |
Nestlé | Bau einer Milchfabrik in Batang (Zentraljava), Erhöhung der Produktionskapazitäten in Werken in Panjang (Südsumatra), Kejayan (Ostjava) und Karawang (Westjava) | 210 |
Quelle: Presseberichte, Unternehmensangaben
Auch der Fleischkonsum steigt mit wachsendem Wohlstand. In dem mehrheitlich muslimischen Land wird der Bedarf an tierischem Eiweiß vor allem mit Hühnerfleisch aus eigener Produktion gedeckt. Nur wer es sich leisten kann, isst Rindfleisch. Es wird überwiegend in Form von lebenden Rindern aus Australien importiert. Insbesondere zum Ende der Fastenzeit, wenn in den Familien Festmahle aufgetischt werden, ist es gefragt. Die Regierung muss dann durch ein reichhaltiges Angebot erschwingliche Preise garantieren. Hier ist auf absehbare Zeit keine Selbstversorgung in Sicht. Noch teurer ist Ziegenfleisch, das vor allem zum muslimischen Opferfest konsumiert wird. Schweinefleisch wird nur von christlichen und chinesisch-stämmigen Minderheiten sowie Ausländern gegessen.
Selbst die traditionelle Küche ist in erheblichem Umfang abhängig von Importen. Knoblauch kommt mangels eigenen Anbaus fast ausschließlich aus China. Die beliebten Instantnudeln bestehen aus Weizen, der in Indonesien nicht angebaut wird. Weizen ist der teuerste Importposten und muss jährlich für bis zu 4 Milliarden US$ eingeführt werden. Die beliebten frittierten Sojafladen ("Tempeh") werden überwiegend mit importiertem Soja aus den USA hergestellt. Eigenes ist nicht in ausreichender Menge und Qualität vorhanden. Zudem ist Indonesien weltgrößter Zuckerimporteur.
Langfristiger Nachfrageschub bei verarbeiteten Nahrungsmitteln
Angesichts des Bevölkerungswachstums von fast 3 Millionen Menschen pro Jahr und steigendem Wohlstand, mit der Folge von kalorienreicherer Ernährung, ist in den meisten Nahrungsmittelsektoren ein langfristiges Wachstum zu erwarten. Da die heimische Landwirtschaft den Nachfrageschub nicht bedienen kann, dürften die Nahrungsmittelimporte weiter steigen.
Besonders stark wird die Nachfrage bei verarbeiteten Nahrungsmitteln ausfallen. Noch kaufen die meisten Indonesier zwar auf traditionellen Märkten ein, die überwiegend heimische Produkte anbieten. Auch kleinere Convenience Stores werden beliebter. Doch der Trend geht, vor allem in den Städten, hin zu Supermärkten.
Convenience-Produkte wie Snacks finden sich dort überwiegend als heimische Marken. Deutsche Marken wie Haribo und Ritter Sport sind in größeren Filialen zu hohen Preise erhältlich. Die Supermärkte in den großen Shoppingmalls in Jakarta haben ein breites Angebot an westlichen Marken im Sortiment. Deutsche Produkte werben teilweise mit ihrer Herkunft. Denn auch bei Nahrungsmitteln ist "made in Germany" ein Qualitätsmerkmal.
Verarbeitete Importprodukte in größerem Umfang in ein Sortiment zu bekommen, gilt in dem ausgesprochen protektionistischen Umfeld des indonesischen Handels allerdings als schwierig. Wichtigster Erfolgsfaktor ist ein gut vernetzter einheimischer Vertriebspartner.
Verarbeitungs- und Verpackungstechnologie muss eingeführt werden
Nicht nur im Anbau, sondern auch in der Weiterverarbeitung hat Indonesien Defizite. In den Dörfern werden Nahrungsmittel in heimischer Handarbeit für den Verkauf zubereitet. Die Produktivität ist entsprechend gering. Die professionellen Hersteller von Nahrungsmitteln sind in der Verarbeitung und Verpackung praktisch komplett auf Importe angewiesen, denn Indonesien stellt kaum eigene Maschinen her. Mit Abstand wichtigster Lieferant ist China. Deutsche Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sind vor allem in Spezialbereichen gefragt.
Die Nahrungsmittelverarbeitung ist nicht nur der mit Abstand größte Industriesektor Indonesiens, sondern gehört auch zu den am weitesten entwickelten. Hier dürfte die Nachfrage nach Hightech zulegen. Denn die Regierung hat 2018 die Industriestrategie "Making Indonesia 4.0" aufgelegt. Dabei gehört die Nahrungsmittelverarbeitung zu den fünf Kernsektoren, die digitalisiert und vernetzt werden sollen. In der Praxis dürfte es aber eher um eine erweiterte Automatisierung gehen.
Von Frank Malerius
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Jakarta