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Staatliche Anreize sollen Elektromobilität vorantreiben
Indonesien fördert Elektroautos, um den teuren Import von Benzin zu verringern. Ein chinesischer E-Kleinwagen erobert eine Nische.
01.09.2023
Von Frank Malerius | Jakarta
Die indonesische Regierung bietet neue Anreize für die Anschaffung von E-Autos. Seit April 2023 können Käufer eine Befreiung von der Mehrwertsteuer beantragen. Dieser Schritt ersetzt die zuvor diskutierten staatlichen Kaufzuschüsse von 5.000 US-Dollar (US$). Bereits seit 2021 sind E-Autos teilweise von der Luxussteuer ausgenommen.
Indonesiens Markt für E-Autos ist bisher überschaubar: Es dürfte weniger als 20.000 vollelektrische Pkw geben, das entspricht einem Marktanteil von etwa 0,1 Prozent. Sie sind mit ihren blauen Streifen auf den Nummernschildern als batteriebetrieben erkennbar. In größter Konzentration sieht man sie auf den Hauptverkehrsstraßen Jakartas. Dort dürfen sie an jedem Tag fahren. Für Verbrenner gilt hingegen je nach gerader oder ungerader Kennzeichenziffer ein zweitägliches Fahrverbot, um den Verkehr zu entlasten.
Bisher werden zwei E-Modelle in Indonesien auf CKD-Basis (Completely Knocked-Down) montiert. Das sind zum einen der Ioniq 5 von Hyundai und zum anderen der kastenförmige Kleinstwagen Air EV des chinesischen Anbieters Wuling. Auf diese beiden Modelle entfällt auch der weitaus größte Teil der verkauften E-Autos. Der Air EV hat mit etwa 10.000 verkauften Einheiten seit August 2022 eine veritable Nische erobert. Er kostet umgerechnet zwischen 17.000 und 20.000 US$. Eine neue Kurzstreckenvariante für 13.000 US$ soll die Zielgruppe erweitern. Der Ioniq 5 kostet hingegen etwa 50.000 US$ und ist selbst für die Mittelschicht unerschwinglich.
Modell | Preis (in US$) | Verkaufszahlen |
---|---|---|
Hyundai Ioniq 5 | ca. 50.000 | ca. 5.000 seit März 2022 |
Wuling Air EV (Kleinstwagen) | 13.000 bis 20.000 | ca. 10.000 seit August 2022 |
Chinesische Hersteller stellen E-Modelle vor
Nur vereinzelt sind andere als die beiden im Land gefertigten E-Autos auf Jakartas Straßen zu sehen. Zumeist handelt es sich dabei um Luxusmodelle. Doch jetzt nehmen vor allem chinesische Hersteller das mittlere Marktsegment ins Visier. Im August 2023 stellten Seres, GMV, Chery, Neta, Maxus und MG auf der Gaikindo Indonesia International Auto Show (GIIAS) ihre E-Modelle für den indonesischen Markt vor. Seres will mit einem Kleinstwagen dem Air EV Konkurrenz machen.
Vor allem der Preis der Neueinsteiger dürfte über ihren Erfolg entscheiden. Denn die zumeist kompakten E-Autos konkurrieren mit den konventionellen Familienvans aus indonesischer Fertigung, die neu bereits ab 10.000 US$ zu haben sind.
Ladeinfrastruktur ist ein Flaschenhals
Aber es gibt noch andere Hindernisse für eine Mobilitätswende. So ist die Ladeinfrastruktur für E-Autos schwach ausgebaut und jenseits der Großstädte nicht existent. Nicht einmal 1.000 öffentliche Ladestationen gibt es bisher im Land, den Großteil davon in Jakarta. Wichtigstes Fortbewegungsmittel sind aber nicht Pkw, sondern die etwa 130 Millionen Motorräder. Bisher gibt es kaum E-Motorräder auf den Straßen, allenfalls bei städtischen Lieferdiensten sind sie zu sehen.
Um die Verkaufszahlen voranzutreiben, bietet die Regierung Käufern – oder jenen, die ihr Motorrad auf einen Elektromotor umrüsten lassen – in einem limitierten Programm einen Zuschuss von umgerechnet 500 US$ an. Medienberichten zufolge stößt es aber auf geringe Resonanz. Denn auch für E-Motorräder ist neben den geringen Reichweiten das Aufladen der Batterie das größte Hindernis. Zu Hause können sie vielerorts gar nicht geladen werden, weil ärmere Bevölkerungsschichten nur eine geringe elektrische Leistung installiert haben (dafür aber einen stark subventionieren Tarif erhalten). Das gilt für mehr als 100 Millionen Endverbraucher.
Wer nur über 450 Voltampere verfügt, kann kein E-Motorrad laden. Bei 900 Voltampere sollten während des Ladeprozesses größere Haushaltsgeräte ausgeschaltet bleiben. Dafür zahlt dann der Staat weitgehend den Strom. Dass diese Stromsubventionen für ärmere Verbraucher aber auch aus dem Ruder laufen können, zeigt ein jüngst gescheitertes Programm zum Umstieg von Import-Kochgas auf Elektroherde. Deshalb sollen Batteriewechselstationen aufgebaut werden. Für eine flächendeckende Versorgung müssten landesweit wohl hunderttausende Austauschstationen entstehen.
Kohlestrom statt Benzin und Diesel
Und dann ist da noch die Frage nach der Stromproduktion. Die Regierung treibt die Mobilitätswende zwar unter einem grünen Deckmantel voran, etwa als Maßnahme gegen die Luftverschmutzung in den Städten. Doch das eigentliche Ziel ist die Verringerung der Benzin- und Dieselimporte. Indonesien ist Nettoölimporteur und hat darüber hinaus viel zu geringe Raffineriekapazitäten. Mehr als die Hälfte des Treibstoffs muss importiert und dann an der Zapfsäule subventioniert werden.
Ärmeren Bevölkerungsschichten wird so erst die Mobilität ermöglicht. Obwohl diese Staatshilfen Ende 2022 stark zurückgefahren wurden, beliefen sich die entsprechenden Ausgaben im 1. Halbjahr 2023 auf 3,8 Milliarden US$. In früheren Jahren wurden bei hohen Weltmarkpreisen für Öl mitunter mehr als 20 Prozent der Gesamtstaatsausgaben für Energiesubventionen eingeplant. Der größte Teil davon zur Stabilisierung der Benzin- und Dieselpreise.
Die Alternative zu Benzin und Diesel heißt Kohlestrom. Indonesiens Kohlewirtschaft boomt. Es gibt große Überkapazitäten bei der Kohlestromerzeugung, für die der staatliche Strommonopolist Perusahaan Listrik Negara (PLN) dringend Abnehmer sucht. Kohle ist für zwei Drittel der indonesischen Stromversorgung verantwortlich – und es ist keine Wende in Sicht. Der Ausbau der Erneuerbaren wird zwar beworben, geschieht aber nur langsam. Bis heute gibt es kein einziges größeres Solarkraftwerk, ein nennenswerter Ausbau von Windkraft ist im windarmen Archipel nicht geplant.
Zudem könnte ein starker Ausbau der Elektromobilität zu einem Problem für die Stromnetze werden. Selbst in Jakarta sind kurze, stadtteilbezogene Stromausfälle keine Seltenheit.