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Branche kompakt | Israel | Nahrungsmittel

Die Nahrungsmittelindustrie ist für Israel strategisch wichtig

Israels Nahrungsmittelbedarf nimmt zu. Die Branche steigert ihre Produktivität, doch spielen auch Importe eine bedeutende Rolle. Deutschland ist ein wichtiges Lieferland.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

 

  • Markttrends

    Israels  Nachfrage nach Nahrungsmitteln wächst. Die einheimische Branche spielt die entscheidende Rolle bei der Marktversorgung, doch nimmt die Einfuhr schnell zu.

    Die israelische Nahrungsmittelindustrie ist - nach der Elektronikindustrie - die zweitgrößte Branche des verarbeitenden Gewerbes in Israel. Im Jahr 2021 erzielte sie einen Umsatz von umgerechnet 24,9 Milliarden US-Dollar (US$).

    Bevölkerung und Wohlstand nehmen zu

    Die Rahmenbedingungen der Branche sind günstig. Das mit durchschnittlich 1,9 Prozent pro Jahr schnelle Bevölkerungswachstums treibt die Nachfrage nach Lebens- und Nahrungsmitteln nach oben. Daran dürfte sich auf absehbare Zeit nichts ändern: Nach der mittleren Variante der Bevölkerungsprognose des Zentralamts für Statistik steigt die Zahl der Landesbewohner bis 2035 um 30 Prozent.

    Zudem nimmt der Pro-Kopf-Konsum und damit der Wohlstand der israelischen Verbraucher zu. Das fördert unter anderem die Nachfrage nach hochwertigen Nahrungsmitteln und verschafft auch ausländischen Anbietern bessere Absatzchancen.

    Die führenden Sparten der Nahrungsmittelindustrie waren laut der jüngsten verfügbaren Aufschlüsselung 2019 Molkereiprodukte, Backwaren, Fleischerzeugnisse sowie die als gemeinsame Position erfassten Fischereiprodukte und verarbeitete Obst- und Gemüseprodukte.

    Produktion steigt, Investitionen stagnieren

    Die Nahrungsmittelindustrie ist um Rationalisierung bemüht, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Im Zeitraum 2017 bis 2021 nahm ihre Wertschöpfung je Beschäftigtem um insgesamt 18,1 Prozent zu. Das entsprach einer jahresdurchschnittlichen Zunahme um 2,8 Prozent. Zugleich stieg die Produktion geringfügig schneller als die Bevölkerung.

    Allerdings wiesen die Investitionen der Branche in importierte Maschinen und Ausrüstungen in den Jahren 2018 bis 2021 keinen Wachstumstrend auf. Damit wurde eine bis 2017 anhaltende, zwar nicht ununterbrochene, insgesamt aber deutliche Expansionsphase erst einmal beendet. Der Investitionsrückgang des ersten Coronajahres 2020 konnte 2021 ausgeglichen werden, doch waren die Investitionen in diesen beiden Jahren insgesamt nicht höher als in den beiden Vorkrisenjahren.

    Der Erwerb von Maschinen und Ausrüstungen aus einheimischer Produktion wird nicht nach Branchen aufgeschlüsselt, doch versorgt sich die israelische Industrie größtenteils mit ausländischen Fabrikaten. Daher spiegeln die Investitionen in Importfabrikate die Gesamtsituation durchaus genau wider.

    Die Einfuhr von Nahrungsmittelmaschinen wies in den Jahren 2017 bis 2021 zum Teil erhebliche Schwankungen auf.

    Zwar entstammen die Angaben zu Investitionen in importierte Maschinen und Ausrüstungen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und sind daher mit den von der Außenhandelsstatistik ausgewiesenen Importen von Nahrungsmittelmaschinen nicht ganz vergleichbar. Allerdings zeigen die Daten, dass Nahrungsmittelmaschinen nur den kleineren Teil der Maschinen- und Ausrüstungsimporte der Nahrungsmittelindustrie ausmachen.

    Maschineninvestitionen der Nahrungsmittelindustrie 2017 bis  2021 (in Millionen US$)

    Jahr

    Investitionen in importierte Maschinen und Ausrüstungen 1, 2)

    Einfuhr von Nahrungsmittelindustriemaschinen 3)

    2017

    211

    71

    2018

    275

    71

    2019

    275

    66

    2020

    236

    69

    2021

    292

    89

    1) Importpreis zuzüglich binnenwirtschaftlicher Kosten wie Anlieferung, Installation und Inbetriebnahme; 2) Umrechnung von Binnenwährungsangaben; 3) Laut Außenhandelsstatistik

    Quelle: Zentralamt für Statistik (Central Bureau of Statistics), UN Comtrade Database, zuletzt aufgerufen am 13.7.2022

    Importquote bei 13,4 Prozent

    Importe von Nahrungsmitteln spielen keine entscheidende, aber doch eine bedeutende Rolle, Tendenz steigend. Im Jahr 2021 beliefen sie sich laut der Außenhandelsstatistik auf fast 3,7 Milliarden US$.

    Unter Abzug der Exporte, die bei knapp 900 Millionen US$ lagen, erreichte der Inlandsabsatz der einheimischen Branche 24 Milliarden US$. So belief sich der auf den Binnenmarkt mit Nahrungsmitteln erzielte Umsatz auf 27,7 Milliarden US$, während die Importquote bei 13,4 Prozent lag.

    Damit konnte der Importanteil zwar nur geringfügig gegenüber dem Vorjahr steigen, in dem er bei 12,7 Prozent gelegen hatte. Das lag aber sowohl an einer Zunahme des Binnenmarktumsatzes in einheimischer Währung als auch an der Aufwertung des Neuen Schekels gegenüber dem US-Dollar um 6,5 Prozent. Diese Aufwertung dämpfte rechnerisch den Anteil der Importe an der Marktversorgung. In absoluten Dollarwerten aber konnte die Nahrungsmitteleinfuhr um 20,6 Prozent steigen und einen neuen Rekordwert erreichen.

    Schweiz führender Lieferant

    Das mit Abstand führende Lieferland war 2021 die Schweiz mit Lieferungen im Wert von 537 Millionen US$, gefolgt von den USA mit 286 Millionen US$ und den Niederlanden mit 275 Millionen US$. Deutschland belegte mit 178 Millionen US$ Rang vier unter den Top Ten.

    Die Nahrungsmitteleinfuhr aus der Bundesrepublik wies im letzten Jahrfünft keinen Aufwärtstrend auf, nachdem sie in den davorliegenden Jahren kräftig zugenommen hatte. Im Jahr 2021 lag der deutsche Importmarktanteil bei 4,9 Prozent. Die wichtigsten deutschen Lieferpositionen waren Zucker und Zuckerwaren, Kakao und Kakaozubereitungen sowie Getränke.

    Vegane Lebensmittel sind ein interessantes Marktsegment

    Umfragen zufolge ernähren sich etwa 5 Prozent der Israelis vegan. Damit ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung im internationalen Vergleich relativ hoch, worauf sich die Nahrungsmittelindustrie und der Nahrungsmittelhandel zunehmend einstellen.

    Das Angebot veganer Produkte wird immer vielfältiger. Die Zahl der Unternehmen, die Produkte ohne Ingredienzien tierischen Ursprungs als Mittel der Absatzförderung mit dem Etikett “vegan“ auszeichnen, nimmt ebenfalls zu.

    Führender Standort für kultiviertes Fleisch

    Das steigende Interesse israelischer Verbraucher an alternativen Proteinen bezieht sich aber nicht nur auf pflanzliche Produkte. Vielmehr ist Israel auch ein wichtiger Standort für die Entwicklung und Produktion von kultiviertem Fleisch. Eine Reihe israelischer Unternehmen ist auf diesem Gebiet tätig.

    Im April 2022 gab Israels Innovationsbehörde (Israel Innovation Authority) die Schaffung eines von ihr geförderten Konsortiums zur Entwicklung und industrieller Herstellung von kultiviertem Fleisch bekannt. Dem Konsortium gehören neben Tnuva, einem der führenden Nahrungsmittelhersteller des Landes, auch einige Startups und akademische Forschungseinrichtungen an.



    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Branchenstruktur

    Die Nahrungsmittelindustrie spielt für Israel eine strategische Rolle. Allerdings gibt es Klagen über hohe Preise. Ausländische Unternehmen sind an prominenter Stelle vertreten.

    Die israelische Nahrungsmittelindustrie (inklusive Getränken und Tabak) nimmt eine herausragende Stellung im Industriesektor des Landes ein. Im Jahr 2021 lag der Anteil der Branche am Gesamtumsatz der Industrie bei 17,8 Prozent. Mit 17,0 Prozent war ihr Anteil an der Gesamtzahl der in der Industrie beschäftigten Arbeitskräfte ähnlich hoch.

    Strategische Bedeutung, aber kaum Exporte

    Der Nahrungsmittelindustrie wird strategische Bedeutung zuerkannt, da Israel aus geopolitischen Gründen den Selbstversorgungsgrad mit Agrarprodukten und Nahrungsmitteln für den Fall einer lang anhaltenden Krise so hoch wie möglich halten will.

    Auf dem Weltmarkt verzeichnet die israelische Branche keine durchschlagenden Erfolge. Nach jüngsten verfügbaren Angaben der Industriestatistik lag ihre Exportquote 2019 bei 3,7 Prozent.


    Produktion ausgewählter Nahrungsmittel und Getränke in Israel 2019 (in Millionen US$; Veränderung in Prozent) 1)

    Sparte

    Umsatz 2)

    Veränderung 2019/2018

    Fleischverarbeitung inklusive Schlachthäuser

    4.215

    3,2

    Fertiggerichte, Fertigtierfutter und Nahrungsmittel a.n.g.

    3.913

    4,6

    Milchprodukte

    3.694

    4,6

    Getränke und Tabak

    2.474

    5,2

    Backwaren

    2.422

    2,0

    Verarbeitung von Fischen, Krebstieren, Weichtieren, Obst und Gemüse

    1.966

    -0,2

    1) jüngste verfügbare Angaben 2) Binnenpreisangaben, umgerechnet nach dem jahresdurchschnittlichen WechselkursQuelle: Zentralamt für Statistik, zuletzt aufgerufen am 13.7.2022

    Großhersteller dominant

    Nach den jüngsten vorliegenden Zahlen des Zentralamts für Statistik waren 2019 insgesamt 2.080 Hersteller von Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren im Lande tätig. Dabei waren die Unternehmen im Bereich der Getränke und Tabakwaren durchschnittlich deutlich größer als bei Nahrungsmitteln. Im Durchschnitt erzielte ein Unternehmen der Getränke- und der Tabaksparte einen Umsatz von umgerechnet 15,6 Millionen US$, während die entsprechende Zahl bei Nahrungsmittelherstellern 9,7 Millionen US$ lag.

    Die Spannweite der Betriebsgröße ist groß. Relativ wenige Spitzenunternehmen vereinigen in ihrer Hand einen erheblichen Anteil des Branchenumsatzes. Ihnen gegenüber steht eine Vielzahl von Kleinbetrieben.

    Klagen über hohe Preise

    Die dominante Rolle einer kleinen Zahl großer Hersteller trägt nach Meinung von Kritikern zu einem überhöhten Preisniveau für Nahrungsmittel auf dem israelischen Markt bei.  Der Staat wiederum kontrolliert lediglich die Einzelhandelspreise für bestimmte Brotsorten, Milch, Butter, Hartkäse und Eier, sodass diese Kontrollen keinen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtpreisniveau haben. 

    In einem 2021 veröffentlichten Bericht stellte das Amt des Staatskontrolleurs (in etwa mit dem Bundesrechnungshof vergleichbar, aber mit größeren Befugnissen ausgestattet) fest, die Nahrungspreise lägen in Israel deutlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder. In seinen Empfehlungen forderte das Amt entschlosseneres Eingreifen der Behörden zur Stärkung des Wettbewerbs – im Inland, aber auch im Importbereich, unter anderem durch die Förderung von Parallelimporten.

    Demgegenüber erklärte die Industriellenvereinigung im Oktober 2021, bei den Preisvergleichen mit anderen OECD-Ländern seien methodologische Fehler begangen worden. So seien weder die unterschiedliche Zusammensetzung des Nahrungsmittelkonsums in verschiedenen Ländern noch die Wechselkursveränderungen korrekt berücksichtigt worden. Daher böten die als Beweis für überhöhte Preise herangeholten Vergleiche ein verzerrtes Bild.

    Globale Konzerne an der Branchenspitze vertreten

    Ausländische Unternehmen spielen eine beherrschende Rolle vor allem bei den Marktführern der israelischen Nahrungsmittelindustrie. So gehört Frutarom dem US-amerikanischen Unternehmen International Flavors & Fragrances, während der chinesische Nahrungsmittelkonzern Bright Food Group einen Mehrheitsanteil an Tnuva hält und Osem Teil der schweizerischen Nestlé S.A. ist. Unilever Israel fungiert als eine Tochterfirma des britischen Unilever-Konzerns.

    Coca Cola Israel/Central Bottling Company ist ein Franchisenehmer des US-amerikanischen Getränkeherstellers Coca Cola Company. Die Central Bottling Company stellt auch andere ausländische Marken in Lizenz her.

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Rahmenbedingungen

    Israel versucht, Nahrungsmittelimporte zu vereinfachen. Sogenannte empfindliche Produkte benötigen aber eine Vorabgenehmigung. Die meisten importierten Nahrungsmittel sind koscher.

    Alle eingeführten Nahrungsmittelprodukte werden in zwei Kategorien unterteilt: „nicht empfindlich“ und „empfindlich“. Kriterien dieser Unterscheidung sind gesundheitliche Risiken, die vom jeweiligen Nahrungsmittel ausgehen.

    Oft reicht eine Konformitätserklärung für die Einfuhr

    Bei den nicht empfindlichen Nahrungsmitteln genügt eine Konformitätserklärung des Importeurs, der zufolge das betreffende Produkt der dafür geltenden israelischen Norm entspricht. Das Gesundheitsministerium behält sich das Recht auf Stichprobenkontrollen vor.

    Sogenannte empfindliche Erzeugnisse, zu denen beispielsweise Fleisch- und Fischprodukte sowie Honig gehören, bedürfen einer Vorabgenehmigung des Gesundheitsministeriums für die Einfuhr. Sie unterliegen auch strengeren Kontrollen.

    Vier EU-Normen werden übernommen

    Ende 2021 hat Israel eine weitere Vereinfachung der Nahrungsmittelimporte ab 2023 beschlossen. Dabei übernimmt Israel vier EU-Normen als seine eigenen.

    Die Normen betreffen biologische und chemische Rückstände sowie Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln und Quecksilberverbindungen. Indessen sind bestimmte Produkte wie rohes Fleisch, Milch, frische Eier und Honig von der Übernahme dieser Normen ausgenommen.

    Koschere Nahrungsmittel sind die Regel

    Die meisten importierten Nahrungsmittel sind koscher, entsprechen also den religiösen Speisegesetzen des Judentums. Die Einfuhr nicht koscherer Nahrungsmittel - mit Ausnahme von Fleischprodukten - ist zwar nicht untersagt, doch essen rund 70 Prozent der israelischen Juden koscher. Ein großer Teil von ihnen würde Lebensmittelgeschäfte, die auch nicht koschere Erzeugnisse anbieten, nicht aufsuchen.

    Importierte Nahrungsmittel bedürfen, um in Israel als koscher verkauft zu werden, des Koscherzertifikats eines vom israelischen Oberrabbinat für diesen Zweck anerkannten Rabbiners. Koscherzertifikate werden auch in Deutschland erteilt. Nähere Auskünfte erteilt die Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Allerdings können deutsche Hersteller auch die Zertifizierungsdienste von Rabbinern aus dem Ausland in Anspruch nehmen.

    Koschere Produktion verlangt gewisse Anpassungen inklusive der Errichtung separater Produktionslinien. Die für die Herstellung verwendeten Substanzen unterliegen rabbinischer Kontrolle.

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Wirtschaft

    AHK Israel

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Health

    Gesundheitsministerium

    Ministry of Economy and Industry

    Wirtschaftsministerium (u.a. für Außenhandel und Normenwesen zuständig)

    Ministry of Agriculture and Rural Development

    Landwirtschaftsministerium (u.a. mit der Entwicklung neuer Lebensmittel befasst)

    Food Industries Association

    Fachverband der Nahrungsmittelindustrie (im Rahmen der Industriellenvereinigung - Israel Manufacturers Association tätig)

    Federation of Israeli Chambers of Commerce

    Vereinigung der Handelskammern (agiert u.a. als Vertretung der Importwirtschaft)

    Israfood

    Fachmesse für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie

    Von Wladimir Struminski | Jerusalem

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