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Special | Israel | Klimawandel lokal

Klimawandel: Landwirtschaft entwickelt Adaptationsstrategie

Israel wird von der Erderwärmung hart getroffen. Das stellt die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Maßnahmen zur Schadensbegrenzung sind aber schon in Arbeit.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Wie in anderen Ländern ist der Agrarsektor auch in Israel vom Klimawandel betroffen - und zwar überdurchschnittlich stark, liegt doch das Land in einer Region, in der der Temperaturanstieg deutlich schneller als im internationalen Durchschnitt voranschreitet. Das macht eine umfassende Adaptationsstrategie umso vordringlicher, weil eine Einschränkung der Agrarerzeugung für Israel aus strategischen Gründen nicht infrage kommt. Im Notfall will das Land imstande sein, sich selbst zu ernähren. Da die Bevölkerung rapide wächst, bedeutet es, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit nicht reduziert werden kann, sondern ganz im Gegenteil beständig ausgebaut werden muss.

Planung macht Fortschritte

Die Vorarbeiten zur Entwicklung einer Adaptationsstrategie für die Agrarwirtschaft sind in Israel relativ weit fortgeschritten. In einem Gespräch mit Germany Trade & Invest nahmen Hagai Snir, Direktor des landwirtschaftlichen Beratungsdienstes, sowie Gideon Toporov, leitender Fachkoordinator für nachhaltige Agrarwirtschaft und Vorbereitung auf den Klimawandel im Landwirtschaftsministerium (Ministry of Agriculture and Rural Development), zu den anvisierten Adaptationsmaßnahmen Stellung.

Ein ständiger Temperaturanstieg werde in Israel, so Snir und Toporov, bereits seit drei Jahrzehnten gemessen, doch habe er sich in den letzten Jahren beschleunigt. Das Landwirtschaftsministerium beobachte diese Entwicklung unter vielen Gesichtspunkten und sammelt eine Vielfalt von Daten, um detaillierte Gegenmaßnahmen entwickeln zu können.

Beispielsweise steige die Zahl der Tage im Jahr beständig, an denen die Temperaturen ein für die landwirtschaftliche Tätigkeit gefährliches Niveau erreichen. Um die Folgen des Temperaturanstiegs präzise vorhersagen zu können, hat das Ministerium 53 Indikatoren zur Klimaanfälligkeit der Landwirtschaft entwickelt, deren Entwicklung es verfolgt und auswertet. Einer dieser Indikatoren ist die jährliche Zahl der Tage, an denen die Temperatur 38 Grad Celsius überschreitet. Dieser Index ist vor allem für den heißen Süden des Landes relevant. Mit steigender Häufigkeit der Tage, an denen diese Temperatur überschritten wird, werde nicht zuletzt die Rinderzucht gefährdet oder unmöglich. Dasselbe gelte auch für den Anbau von Bananen, die in Israel eine wichtige Rolle spielen.

Alle Temperaturindizes weisen nach oben

Zwar würden Extremtemperaturen nicht im ganzen Land in gleichem Maße erreicht, doch sei das kein Trost, denn im dünn besiedelten Süden gebe es für die landwirtschaftliche Tätigkeit besonders viel Raum, für den sich nicht ohne Weiteres Ersatz in anderen Landesteilen finden lässt.

In jeder Region werden an die jeweiligen Klimabedingungen angepasste Bewertungskriterien herangezogen. Dabei, so Snir und Toporov, zeigten alle Temperaturindizes im Land nach oben. Im Einklang mit dieser Entwicklung erstelle das Landwirtschaftsministerium Risikoeinschätzungen, auf deren Grundlage konkrete agrarpolitische Schritte bestimmt werden können.

Die Anpassung an höhere Temperaturen werde eine breite Palette von Schritten umfassen. Zu diesen gehörten unter anderem Forschungsinvestitionen, Schulungen und Subventionen für klimagerechte Investitionen.

Gewächshäuser, Klimakontrolle, Saatgut

Die Verlegung des Pflanzenbaus in temperaturregulierte Gewächshäuser ist eine Möglichkeit, die Erträge trotz des Klimawandels zu steigern. Zwar würden Gewächshäuser jetzt schon in großem Umfang eingesetzt, doch könne ihr Einsatz noch erheblich ausgebaut werden.

Davon erhofft sich das Landwirtschaftsministerium eine bedeutende Steigerung des Ertrags je Flächeneinheit. Es weist darauf hin, dass es Länder gebe, die in diesem Bereich als Vorbilder dienen könnten. So etwa liege der durchschnittliche Jahresertrag beim Tomatenanbau in den Niederlanden bei 50 Tonnen je 1.000 Quadratmeter, während es in Israel nur 20 Tonnen seien. Auch Hydroponik (Pflanzen erhalten Nährstoffe über angereichertes Wasser) gilt als in hohem Maße ausbaufähig. Eine weitere Adaptationsmaßnahme sei die Entwicklung von Saatgut, das auch bei höheren Temperaturen gedeihen könne.

Die Erwärmung habe auch Konsequenzen für die Tierhaltung. So etwa werde es unumgänglich sein, den Einsatz von Klimakontrollen in Rinder- und Hühnerställen auszubauen. Damit solche ehrgeizigen Projekte zu vertretbaren Kosten realisiert werden könnten, müsse die israelische Landwirtschaft auch ihre Energieeffizienz steigern.

Snir und Toporov merken an, der Agrarsektor sei gut organisiert und innovationsfreudig. Das biete bei der Anpassung an den Klimawandel Vorteile. Hilfreich sei auch der hohe Stand der einheimischen Agrotechnologie. So seien in Israel rund 400 Agrotech-Firmen tätig.

Geschäftschancen für ausländische Unternehmen

Das fortschrittliche Niveau der israelischen Landwirtschaft werde nicht nur die Adaptation erleichtern, sondern auch neue Möglichkeiten für Geschäftskontakte zwischen israelischen und ausländischen Unternehmen schaffen. Das gilt sowohl für die Kooperation bei der Entwicklung und Anwendung klimagerechter Agrartechnik als auch für den Handel. Das Landwirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Ausfuhren israelischer Technologien für die Anpassung an den Klimawandel in den kommenden Jahren steigen werden. Diese Exporte dürften sich auf in Israel entwickeltes Know-how und technologieintensive Komponenten konzentrieren.

Auf der anderen Seite ist Israel für die Einfuhr landwirtschaftlicher Maschinen und Ausrüstungen sowie technologischer Lösungen offen. Das könnte ausländischen Anbietern neue Absatzmöglichkeiten auf dem israelischen Markt eröffnen.

Kennziffern zur israelischen Landwirtschaft 2020

Kennziffer

Wert

Anteil in Prozent

Landwirtschaftliche Erzeugung (Mio. US$)

8.963

100,0

 Pflanzenbau

 5.246

58,5

       Feldfrüchte

554

6,2

       Gemüse, Kartoffeln und Melonen

1.683

18,8

        Plantagen

2.547

28,4

        Blumen und Gartenpflanzen

155

1,7

        Sonstige

306

3,4

Tierzucht

3.718

41,5

       Fleisch

2.064

23,0

       Milch

931

10,4

       Eier und Küken

595

6,6

       Fische

96

1,1

       Sonstige

32

0,4

Investitionen in Maschinen, Ausrüstungen (Mio. US$)

461

-

Wasserverbrauch (2019; Mio. Kubikmeter)

1.191

100,0

  Trinkwasser

420

35,3

  Nicht trinkbares Wasser (behandelte Abwässer, Salz-, Brack- und Regenwasser

771

64,7

Landwirtschaftliche Anbaufläche (2019; Quadratkilometer)

2.883

-

Weideflächen  (2019; Quadratkilometer)

1.646

-

Quelle: Zentralamt für Statistik (Central Bureau of Statistics), Wasserbehörde (Water Authority)

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