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Italien will kritische Rohstoffe recyceln

Über ein Drittel der italienischen Wirtschaftsleistung ist auf importierte kritische Rohstoffe angewiesen. Um diese Abhängigkeit zu verringern, laufen große Recyclingprojekte.

Von Torsten Pauly | Mailand

Italiens stark steigender Bedarf an kritischen Rohstoffen macht Investitionen in deren Rückgewinnung attraktiv. So investiert das Unternehmen Iren an zwei toskanischen Standorten. In Terranova Bracciolini entsteht eine hydrometallurgische Recyclinganlage, die jährlich je 235 Kilogramm Gold, Palladium und Silber sowie 115 Tonnen Kupfer zurückgewinnen kann. Die Inbetriebnahme soll noch 2024 erfolgen. In Siena werden durch das Recycling von Fotovoltaikpaneelen jährlich 120 Tonnen Silizium, 500 Tonnen Aluminium, 33 Tonnen Kupfer, 238 Tonnen Kunststoff und 3.300 Tonnen Glas gewonnen.

Recycling von Batteriezellen entwickelt sich

Die italienischen Unternehmen Enel X und Midac forschen seit 2023 gemeinsam an einer Anlage zur Aufbereitung alter Lithiumbatterien aus Elektrofahrzeugen. Nach einem Pilotbetrieb soll das Werk 10.000 Tonnen Lithium pro Jahr gewinnen. Dies entspricht 5 Prozent der Menge, die sich die EU für 2030 insgesamt zum Ziel gesetzt hat. Das Vorhaben hat den EU-Förderstatus eines Important Project of Common European Interest (IPCEI). Enel X entwickelt darüber hinaus unter dem Projekttitel Pioneer eine Batterieverwertung am römischen Flughafen Fiumencino. 

Drei weitere italienische Projekte erhalten eine IPCEI-Förderung für das Batterierecycling. Der Chemiehersteller Italmatch Chemicals spezialisiert sich auf Ausgangsstoffe für Batterien von Elektroautos. Im Rahmen des Programms Parses entwickelt das Unternehmen chemische Prozesse, um aus gebrauchten Batterien Lithium, Kobalt und Nickel zu gewinnen. In Teverola bei Neapel weitet der Hersteller von Lithium-Ionien-Batterien für Elektroautos Faam seine Fertigung aus. Dabei wird auch eine Pilotlinie zum Recyceln gebrauchter Batterien entstehen. Das Unternehmen Engitech Technologies entwickelt ebenfalls eine Versuchs- und dann eine Pilotrecyclinganlage für Lithiumbatterien.

Die italienische Kfz-Industrie forciert den Umstieg auf die Elektromobilität. Im Zuge dessen entstehen weitere große Werke zur Batterieproduktion. Das Unternehmen Italvolt wird 2025 seine Fertigung am sizilianischen Standort Termini Imerese hochfahren. Auch im molisischen Termoli sollen Batterien produziert werden. Dieses Projekt ist eine Gemeinschaftsinvestition von Stellantis, Mercedes und dem französischen Energiekonzern Total. Zum Kfz-Konzern Stellantis gehören die italienischen Marken Fiat, Alfa Romeo, Lancia, Maserati und Abarth.

Forschungsprojekt zur Wiederaufbereitung von Windkraftanlagen

Das Recyceln von Windkraftanlagen entwickelt der Energiekonzern Enel Green Power zusammen mit 30 anderen Unternehmen aus Belgien, Finnland, Österreich, Portugal, Slowenien und Spanien. Das an der Polytechnischen Universität Mailand koordinierte Projekt DeremCo (De- & Remanufacturing for Circular Economy Investments in the Composite Industry) erhält Fördergelder der Europäischen Union und läuft bis 2025.

Das Entsorgungsunternehmen Hera eröffnet im Kfz-Cluster Motor Valley unweit von Bologna eine Recyclinganlage für Karbonfaserstoffe. Dort fertigen unter anderem die Premiummarken Ferrari, Maserati und Lamborghini. Das Verfahren beruht auf einem neuartigen Patent und soll auch an weiteren Standorten mit Karbonfaserrückständen aus Windkraftanlagen, der Luft- und Raumfahrtindustrie oder von Werften zum Einsatz kommen.

Starke Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen

Die italienische Wirtschaft benötigt mehr als jedes andere EU-Land kritische Rohstoffe. Deren Einsatz hat 2022 eine Wirtschaftsleistung in Höhe von 686 Milliarden Euro ermöglicht, berechnet eine EU-weite Studie von The European House Ambrosetti. Dies entspricht 38 Prozent des in jenem Jahr erwirtschafteten italienischen Bruttoinlandsproduktes (BIP). In Deutschland waren es 2021 etwa 33 Prozent des BIP und im EU-Durchschnitt 23 Prozent des BIP.

The European House Ambrosetti erwartet, dass der italienische Bedarf an kritischen Rohstoffen in der Kfz-Industrie wegen der Elektromobilität zwischen 2019 und 2030 um das Sechsfache und in der Energiewirtschaft um das Neunfache steigt. Um die Energiewirtschaft nachhaltig umzubauen, kommen vermehrt Windkraft und Solarenergie zum Einsatz. Für die Herstellung von Windturbinen und Solarpaneelen werden kritische Rohstoffe benötigt.

Bereits zwischen 2012 und 2021 war die Verwendung kritischer Rohstoffe in Italien um 35 Prozent gestiegen. Im Mittel der EU betrug die Zunahme in derselben Zeit 22 Prozent.

Geringe Recyclingquoten bei Elektrik und Elektronik

Während Italien die EU-Recyclingziele für 2030 beim Kommunalmüll bei fast allen Wertstoffen bereits erfüllt, muss das Land beim Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten noch deutlich zulegen. Im Jahr 2023 wurden 30,2 Prozent der Geräte recycelt. Bis 2030 muss die Quote auf 65 Prozent steigen, heißt es in der entsprechenden Richtlinie 2012/19/EU.

Bei der Wiederverwertung gibt es in Italien regionale Unterschiede. Die Quoten sind in nördlichen Gebieten oftmals höher als in südlichen. Zur Entsorgung von Elektro- und Elektronikschrott existieren in Italien sowohl mehrere einzelne Anbieter als auch Konsortien, in denen sich diese zusammenschließen.

Recycling von Elektro- und Elektronikaltgeräten in ItalienIn Tonnen; Veränderung und Anteil in Prozent
Kategorie

2022

2023

Veränderung 2023/22

Anteil

Insgesamt, darunter:

535.180

510.708

-4,6

100,0

Haushalte

376.882

366.909

-2,6

71,8

Unternehmen

158.298

143.798

-9,2

28,2

Quelle: Centro di Coordinamento RAEE 2024

Kontaktanschriften
Ministero dell'Ambiente e della Sicurezza EnergeticaMinisterium für Umwelt und Energiesicherheit
IsprambienteHöheres Institut für den Schutz und die Erforschung der Umwelt
CDC RAEEÖffentliche Einrichtung für die Koordinierung des Aufkommens an Elektro- und Elektronikaltgeräten
COBAT RAEEKonsortium für die Entsorgung elektrischer und elektronischer Altgeräte
API RAEEKonsortium für die Entsorgung elektrischer und elektronischer Altgeräte
Consorzio RAEE e PileKonsortium für die Entsorgung elektrischer und elektronischer Altgeräte, Batterien und Akkumulatoren
Erion WEEEVon Herstellern getragener Entsorger von Elektro- und Elektronikaltgeräten
ERION ProfessionalEntsorger von Elektro- und Elektronikaltgeräten aus Unternehmen
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